Inhaltsangabe
Willow Keaton hat gelernt, dass niemand sie rettet – außer sie selbst. Mit nichts als ein paar Dollar und dem festen Willen, nie wieder zurückzublicken, flieht sie nach Hope Bend, Texas. Dort will sie endlich neu anfangen, ihre Vergangenheit hinter sich lassen und den Mut finden, sich selbst wieder wertzuschätzen.
Lawson Masterson hat seine Pflicht erfüllt – für sein Land und in seinem gefährlichen Job als Kopfgeldjäger. An der Seite seiner zwei besten Freunde jagt er Verbrecher, lebt ohne Verpflichtungen und genießt seinen Ruf als charismatischer Playboy der Stadt. Doch alles ändert sich, als die stille, verletzliche Willow in sein Leben tritt. In ihrem Blick verbirgt sich mehr, als sie nach außen hin zeigt – und Lawson spürt, dass sie mehr für ihn ist als nur eine weitere Affäre.
Während die von der Flucht erschöpfte Willow versucht, sich ein neues Leben aufzubauen, holen sie die Schatten ihrer Vergangenheit ein.
Lawson ist bereit, alles zu riskieren – selbst sein Leben –, um sie zu beschützen.
Ein emotionaler Smalltown-Roman über Mut, Vertrauen und die heilende Kraft der Liebe aus der Feder der USA Today-Bestsellerautorinnen Crystal Daniels & Sandy Alvarez.
Leseprobe
Lawson
Ich stelle das Wasser ab und trete aus der Dusche. Eine Minute stehe ich regungslos da und lasse die plötzlich kalte Luft meine erhitzte Haut streicheln. „Reiß dich zusammen, Lawson. Sie ist nur eine Freundin.“ Ich wickle mir ein Handtuch um die Taille. Aber was, wenn ich mehr will? Dieser unerwartete Gedanke lässt mich auf dem Weg vom Bad zu meinem begehbaren Kleiderschrank wie angewurzelt stehen bleiben. Ich kenne Willow kaum. Ich zwinge jeden Gedanken an sie aus meinem Kopf, konzentriere mich auf die Aufgabe, mich für einen weiteren Arbeitstag fertigzumachen, und werfe mir meine Sachen über.
Später am Tag treffe ich mich mit Ransom und Gideon im Park in der Innenstadt. Entlang des Weges sind ein Dutzend Buden aufgebaut, in denen Händler ihre Waren ausgelegt haben. Auf der anderen Seite der offenen Wiese stehen mehrere Fahrgeschäfte. Die ganze Stadt ist zusammengekommen, um ihre Unterstützung für einen der ihren zu zeigen. Heute findet die Spendenaktion für Gator und seine wundervolle Familie statt. Die Jungs und ich helfen der Feuerwehr beim Barbecuestand aus, wo wir die Menschenmenge mit Würstchen, Flusskrebsen und dem berühmten Chili meines Dads verköstigen werden.
Ich lasse die Klappe an der Ladefläche meines Trucks herunter und fange an, die Kochutensilien auszuladen. Auf meinem Weg zum Zelt, wo Gideon bereits auf uns wartet, begegne ich Ransom. Direkt neben unserem Zelt haben Genesis, Lilly und Willow eine herrliche Auswahl an Backwaren auf Klapptischen aufgebaut. „Ist das etwa das, was ich glaube, das es ist?“ Ich kann den süßen Duft von Erdbeeren bis hier rüber riechen.
Ransom grinst. „Genesis und die Mädchen waren die halbe Nacht auf, um zu backen.“
An unserem Zelt schließe ich den Propangastank an den großen Kochtopf für die Flusskrebse und die Kochplatte an. Die Grillkohle ist schon am Glühen und wartet nur auf das erste Grillgut. Gideon, der für die Flusskrebse zuständig ist, wirft nacheinander Knoblauch, Lorbeerblätter, eine Gewürzmischung, Orangen, Zitronen und Kartoffeln in seine riesige Gulaschkanone. Ich atme die Aromen ein. „Verdammt, das wird so lecker!“
Zischend öffnet Gideon ein kaltes Bier. „Wenn mir meine Mom eins beigebracht hat, dann, wie man einen ordentlichen Flusskrebseintopf macht.“ Für den Bruchteil einer Sekunde schleicht sich dieser distanzierte Blick in seine Augen, den er immer dann bekommt, wenn er an seine Mom denkt. Ich lasse ihn für einen Moment mit seinen Gedanken allein und schlendere zum Zelt nebenan, um den Frauen Hallo zu sagen.
„Hi, Lawson“, begrüßt mich Jax, Genesis’ Sohn. Er fischt einen Keks aus seiner Hosentasche.
„Hi, Kumpel.“ Ich lächle ihn an.
„Jax, lass gefälligst die Finger von meinen Schokokeksen, oder es bleiben keine mehr übrig, die ich noch verkaufen kann!“, ruft Genesis herüber.
Jax wirft mir einen vielsagenden Blick zu und grinst. „Bis später.“ Er flitzt zum nahe gelegenen Spielplatz davon. Ich muss lachen.
„Der Bursche ist einfach immer am Futtern.“ Mit in die Hüfte gestemmten Händen blickt Genesis ihrem Sohn hinterher.
„Wie läufts bei euch, meine Damen?“ Ich mustere die Auslage und mein Blick landet auf einer Reihe ausgesprochen professionell aussehender Kuchen.
„Die sehen einfach fantastisch aus, oder?“, fragt Genesis und tritt an den Tisch mit den drei Kuchen. „Die hat Willow gebacken.“
Mein Kopf fliegt zu Willow herum. „Im Ernst?“ Sie nickt schüchtern. „Verkauft ihr die stückweise?“
„Vierzig Dollar für einen ganzen Kuchen“, macht mir Genesis ein Angebot.
„Einverstanden.“ Ich zücke mein Portemonnaie.
„Einen ganzen Kuchen?“, fragt Genesis lachend.
„Ja, absolut. Ich nehme den Schokokuchen mit dem Erdnussbutterzeug obendrauf.“ Ich lege die Geldscheine auf den Tisch. „Reserviert ihn einfach für mich, dann nehme ich ihn heute Abend mit nach Hause.“ Ich betrachte die restlichen Teller mit den Köstlichkeiten. „Bis dahin muss es ein kleiner Snack tun.“
„Du kannst einen von meinen Keksen probieren – wenn du willst, meine ich.“ Willows sanfte Stimme hüllt mich unerwartet ein wie eine warme Umarmung.
„Und wie ich deinen Keks probieren will.“ Die Worte haben meinen Mund verlassen, bevor ich realisiere, wonach es klingt, und prompt wandern meine Gedanken zurück zu meiner Dusche heute Morgen. Scheiße. Mein Kommentar war viel zu doppeldeutig. Willows Wangen werden rot. Genesis versucht, ihr Grinsen zu verstecken.
„Warum klingt eigentlich immer alles, was du sagst, sexuell?“ Lilly verdreht die Augen, und ich zucke wortlos mit den Schultern.
Willow nimmt einen der Kekse vom Tablett und hält ihn mir hin. „Das sind Schokokekse mit brauner Butter.“ Als ich in den Keks beiße, beobachtet sie mich aufmerksam. Ein köstlicher Geschmack explodiert auf meiner Zunge, und ich stelle mir vor, dass Willow mindestens genauso süß schmeckt.
Genesis lächelt und winkt jemandem hinter meinem Rücken zu. „Ms. Masterson“, ruft sie, und ich reiße meine Aufmerksamkeit von Willow los, drehe mich herum und erblicke meine Mom, die mit einem Korb voll selbst gebackenem Bananenbrot auf uns zukommt.
„Lawson, Schatz.“ Mom drückt mir einen Kuss auf die Wange.
„Hast du Dad auch mitgebracht?“, frage ich und blicke mich suchend um.
„Er fährt zusammen mit den Jungs im Feuerwehrauto her. Sie sollten jeden Augenblick hier sein. Ich wollte nur schnell mein Bananenbrot für den Kuchenverkauf vorbeibringen.“ Mom reicht Genesis den Korb. „Genesis, hast du die etwa alle gebacken?“, fragt Mom und bewundert die Kuchen.
„Die hat Willow gebacken“, sage ich, bevor Genesis antworten kann. „Mom, hast du Willow schon kennengelernt?“ Ich deute in Willows Richtung.
„Natürlich. Ich shoppe doch ständig im GiGi’s.“ Mom lächelt Willow an. „Honey, die Kuchen sehen wirklich großartig aus.“
„Vielen Dank, Dr. Masterson.“
Mom wedelt abwehrend mit der Hand durch die Luft. „Bitte, nenn mich Trudy. Aber im Ernst, du solltest über eine Karriere als Konditorin nachdenken.“
„Ihre Kekse sind der Wahnsinn.“ Ich verputze den letzten Bissen des Schoko-Butter-Kekses in meiner Hand und sehe Willow dabei direkt in die Augen. Wieder wird sie rot.
„Ach ja?“, zwitschert meine Mom und mustert mich nachdenklich. Einen Moment später verabschiedet sie sich. „Nun, ich muss los. Ich habe Gale versprochen, dass ich ihr und Carol beim Biscuitstand helfe.“
Als meine Mom davongeht, kommt Ransom zu uns, Chloe und Sloane im Schlepptau – Genesis’ Tochter und seine eigene Tochter. „Die Leute trudeln in Scharen ein.“ Er gibt seiner Frau einen Kuss. „Ich haue besser mal ein paar Würstchen auf den Grill.“
Ich sollte seinem Beispiel folgen, also werfe ich Willow noch einen letzten Blick zu und stibitze mir noch einen Keks. Sie lächelt mich an, und ich erwidere ihr Lächeln und zwinkere ihr zu. Zuletzt tippe ich mir an die Hutkrempe. „Wir sehen uns.“
Langsam geht die Sonne über Hope Bend unter, doch im Park herrscht noch immer nicht enden wollendes, reges Treiben. Vor ein paar Minuten hat Gideon die letzte Schale seines Eintopfs verkauft, und Ransom wirft in diesem Moment die letzten Burgerpattys und Hotdogs auf den Grill. Mein Blick fällt auf den leeren Chilitopf vor mir. Es war ein verdammt guter Tag, und ich bin optimistisch, dass die Spenden, die wir heute gesammelt haben, Gators Familie in den kommenden Monate helfen werden.
Die Damen kommen zu unserem Stand herübergeschlendert. „Wir sind komplett ausverkauft.“ Genesis bindet ihre Haare zu einem Pferdeschwanz. „Die Mädels wollen mit ihren Freundinnen losziehen, und Willow und ich gehen so lange mit Jax zu den Fahrgeschäften.“ Sie gibt Ransom einen Kuss.
„Ich räume hier jetzt auch zusammen. Treffen wir uns in einer halben Stunde bei der Berg-und-Talbahn“, erwidert er.
Es dauert nicht lange, bis auch die letzten Würstchen verkauft sind und wir alles zusammenpacken. Gideon bekommt einen Anruf und hilft uns noch schnell beim Beladen unserer Autos, dann verschwindet er eilig. Ich schiebe die letzte Kühlbox auf die Ladefläche meines Trucks und schließe die Klappe. „Kommt dir Gideon irgendwie seltsam vor?“
„Tja, er wirkt in letzter Zeit definitiv abgelenkt“, stimmt Ransom zu, während wir über die Wiese schlendern. „Aber du weißt so gut wie ich, dass Gideon seine Probleme oft für sich behält. Was auch immer es sein mag, er wird es uns verraten, wenn er so weit ist.“
Wir entdecken Genesis und Willow, die an einem Tauchbecken stehen, wo Jax mit einem Baseball auf die Zielscheibe wirft. Schon beim ersten Versuch erwischt der kleine Bursche das Ziel und befördert den Rektor der Schule damit ins Becken. Willow und Jax schlagen begeistert ein. Als wir zu ihnen treten, schlingt Ransom seinen Arm um Genesis’ Taille. „Guter Wurf!“, lobe ich den Jungen. „Weiter so, und du kannst nächstes Jahr als Pitcher im Baseballteam antreten.“ Ich wuschele ihm durch die Haare.
„Wenn ich groß bin, werde ich Pitcher in der Major League!“, verkündet Jax mit bewundernswertem Selbstbewusstsein. Er sieht zu Willow hinauf. „Jetzt du, Willow.“ Er strahlt sie an.
„Ich weiß nicht, ich kann nicht besonders gut werfen.“ Sie zögert.
„Ich kann dir helfen, wenn du willst. Ist total einfach“, ermutigt Jax sie.
Willows Blick fliegt zu mir, und ich muss grinsen. „Na los“, ermutige ich sie, fische eine Fünf-Dollar-Note aus meinem Portemonnaie und reiche sie der Dame, die an der Kasse für das Tauchbecken sitzt. Sie gibt mir drei Baseballbälle. Einen davon drücke ich Willow in die Hand, die ihn zögerlich entgegennimmt. Dann dreht sie sich zum Becken herum, über dem ein Mann auf dem schmalen Sitzbrett hockt und darauf wartet, ins Wasser katapultiert zu werden. Willows erster Wurf geht daneben, und sie lässt niedergeschlagen die Schultern sinken. Ich trete hinter sie, bis meine Brust ihren Rücken berührt, und drücke ihr einen zweiten Baseball in die Hand. Mir entgeht nicht, wie sie bei meiner Berührung erschaudert, doch davon lasse ich mich nicht aufhalten. „Hier. Du musst den Ball so halten.“ Ich richte ihre Finger auf dem Ball aus. Meine Hand bedeckt ihre, und ich ziehe ihren Arm zurück. „Du willst den Ball so werfen.“ Ihre Bewegung folgt meiner, als ich ihr vormache, wie man einen Pitch wirft. „Spürst du den Unterschied?“
Willow leckt sich über die Lippen, bevor sie mit einem atemlosen „Ja“ antwortet.
„Nimm dein Ziel ins Visier und wirf.“ Ich lasse ihre Hand los, bleibe jedoch hinter ihr stehen. Willow atmet tief ein, um sich Mut zu machen, zieht den Arm zurück und wirft. Der Ball trifft mitten ins Schwarze, und der Mann landet im Wasser. Willow wirbelt herum, wirft sich in meine Arme und schlingt die Hände um meinen Hals. „Ich habs geschafft!“ Genauso schnell, wie sie mich umarmt hat, lässt sich mich auch wieder los, weicht zurück und wirft mir einen beschämten, erschrockenen Blick zu. „Oh Gott. Tut mir leid.“
„Muss es nicht.“ Ich möchte sie am liebsten direkt wieder in meine Arme ziehen, lasse es aber.
„Warum suchen wir nicht nach den beiden Mädchen?“, schlägt Willow vor und greift nach Jax’ Hand.
„Können wir alle zusammen mit dem Riesenrad fahren, bevor wir nach Hause gehen?“, fragt er.
„Aber klar doch, Kumpel“, erwidert Ransom, dann wandert sein Blick zu Willow und mir. „Wollt ihr mitkommen?“
„Ich wollte Willow eigentlich gerade fragen, ob sie mit mir einen Happen essen gehen will.“ Fragend blicke ich zu ihr. „Was meinst du?“
Für eine Sekunde zögert sie, doch dann antwortet sie: „Okay.“
Ich bemerke die gleichermaßen amüsierten wie schockierten Blicke, mit denen Ransom und Genesis mich bedenken, doch dankenswerterweise verkneifen sie sich ihre Kommentare. „Viel Spaß. Wir finden euch schon, wenn wir mit dem Riesenrad durch sind und nach Hause wollen. Wir nehmen dich zum Motel mit“, sagt Genesis zu Willow.
„Nicht nötig. Ich nehme sie mit nach Hause“, erkläre ich, und Genesis blickt mich mit hochgezogener Augenbraue an. „Zu ihrem Motel“, verbessere ich mich, als auch Ransom mich argwöhnisch beäugt.
„Okay. Dann sehen wir uns morgen früh.“ Genesis umarmt Willow, bevor sie mit ihrer Familie davongeht.
Willow weicht meinem Blick aus, und das gefällt mir nicht. „Was ist los?“
„Nichts.“
„Komm, lass uns ein paar Schritte gehen. Ich beiße nicht, versprochen“, versichere ich grinsend, und Willows Mundwinkel zucken leicht.
„Sorry. Es ist nur …“ Mehr sagt sie nicht, sondern seufzt nur schwer. Zusammen schlendern wir zum anderen Ende des Parks, wo noch ein paar der Essensbuden offen sind.
„Es ist nur was?“
Willow schüttelt den Kopf. „Nichts“, behauptet sie.
„Du musst in meiner Gegenwart nicht nervös sein, Darling. Wir sind nur zwei Freunde, die sich etwas zu essen kaufen und sich besser kennenlernen.“
Willow vergräbt die Hände in den Taschen ihres blumigen Sommerkleids. Verdammt, ist sie schön. „Freunde, hm?“
„Fürs Erste.“ Die Worte kommen mir über die Lippen, kaum dass ich sie gedacht habe. Ich kann sie nicht mehr zurücknehmen. Zum Glück taucht Mr. Boones alter Streamliner vor uns auf, bevor Willow etwas erwidern kann. Mr. Boone hat den alten Campinganhänger zu einem Foodtruck umgebaut, und nun dringt der aromatische Duft von Hickory und Barbecue aus dem Wagen, dass mir das Wasser im Mund zusammenläuft. „Mach dich auf die beste Rinderbrust gefasst, die du jemals probieren wirst.“ Ich greife nach Willows Hand und ziehe sie zu Mr. Boones Foodtruck.
„Na, sieh mal einer an. Wen haben wir denn da?“ Mr. Boone erhebt sich von seinem Hocker draußen vor dem Anhänger. Er streckt mir seine Hand hin und ich schüttle sie.
„Wie gehts Ihnen, Mr. Boone?“
„Oh, ich kann mich nicht beklagen.“ Sein Blick landet auf Willow. „Und wer ist diese reizende Dame?“
„Das ist Willow“, stelle ich sie vor, und Willow schenkt dem alten Mann ein Lächeln.
„Freut mich, Sie kennenzulernen.“
„Die Freude ist ganz meinerseits.“ Mr. Boone erwidert ihr Lächeln. „Was kann ich euch Gutes tun?“
„Zwei Rinderbrust-Sandwiches, schön saftig, mit gebratenen Zwiebeln.“ Ich krame ein paar Dollarscheine hervor.
„Sehr gern. Möchtet ihr auch was trinken?“ Mr. Boone zieht die Tür des Wagens auf und verschwindet im Inneren.
Fragend blicke ich zu Willow. „Trinkst du Bier?“
„Hin und wieder“, antwortet sie.
Ich drehe mich um und rufe in den Foodtruck hinein. „Haben Sie Bier da?“
„Sicher.“
„Dann bitte noch zwei Bier.“ Wenige Minuten später halten wir unser Essen in Händen. Suchend blicke ich mich nach einem leeren Picknicktisch um, doch sie sind alle besetzt. Dann entdecke ich eine Bank in der Nähe des Riesenrads. „Komm mit.“ Ich gehe voran und warte ab, bis Willow Platz genommen hat, bevor ich die Biere zwischen uns abstelle und Willow ihr Essen anreiche. Wir beißen in unsere Sandwichs. „Gut, oder?“
„Richtig gut.“ Schweigen breitet sich zwischen uns aus, während wir das Essen verputzen. Willow sieht zum Riesenrad hinauf. Für keine Sekunde wende ich den Blick von ihrem Gesicht ab. In Willows Augen spiegelt sich das bunte Licht des Rummels, und sie sieht fröhlich und entspannt aus.
„Ich kann kaum glauben, dass du das alles auf die Beine gestellt hast.“
„Was? Die Spendenaktion?“ Ich spüle den letzten Bissen meines Sandwichs mit einem Schluck Bier hinunter.
„Genau.“
„Das war ja nicht ich allein. Ich habe es vorgeschlagen, aber der ganze Ort ist zusammengekommen und hat dafür gesorgt, dass sie auch stattfindet“, sage ich. Ich kann die Lorbeeren für diese Aktion unmöglich einheimsen.
„Stell dein Licht nicht so unter den Scheffel, Lawson. Genesis hat mir erzählt, was du alles beigesteuert hast. Du hast den Anstoß gegeben. Die Stadt ist zusammengekommen und hat Geld für eine Familie gesammelt, die es dringend benötigt. Noch nie in meinem Leben habe ich erlebt, dass so viele Menschen helfen wollen – nicht, bis ich nach Hope Bend gezogen bin.“ Willow ist ebenfalls fertig mit essen und wirft die Verpackung in den Mülleimer neben der Bank.
„Hast du Lust, eine Runde zu drehen?“, frage ich und zeige auf das Riesenrad, das gerade angehalten hat, um die Fahrgäste auszuspucken und neue einzuladen.
„Sehr gern.“ Sie steht auf und klopft sich die Krümel vom Kleid.
Ich kaufe zwei Tickets und helfe Willow auf den Schalensitz, dann nehme ich neben ihr Platz, ziehe den Sicherheitsriegel herunter und lege anschließend wie selbstverständlich meinen Arm um Willows Schulter. Der Sitz beginnt zu schaukeln, und wir setzen uns langsam in Bewegung.
„Wie lange lebst du schon in Hope Bend?“, fragt Willow.
„Mein ganzes Leben.“
„Das muss wundervoll sein, an einem Ort aufzuwachsen und dort verwurzelt zu sein“, bemerkt Willow und klingt traurig. „Erzähl mir von deiner Familie.“
Ich muss lächeln, als ich an sie denke. „Meine Eltern sind toll. Dad ist der Feuerwehrhauptmann von Hope Bend. Meine Mom ist Kinderärztin und hat ihre eigene Praxis hier im Ort. Und ich habe drei jüngere Schwestern.“
„Eine große Familie zu haben, klingt super. Aber es muss ein ziemliches Erlebnis gewesen sein, mit drei Schwestern aufzuwachsen“, kichert Willow, und ihr süßes Lachen berührt etwas tief in mir.
Ich lache ebenfalls und muss den Kopf schütteln. „Du machst dir keine Vorstellungen. Was ist mit dir?“
Willow wirft mir einen Blick zu. „Wo ich aufgewachsen bin?“
„Ja, Darling. Ich will alles über dich erfahren“, gestehe ich, doch sie wendet den Kopf ab.
„Da gibts nicht viel zu erzählen.“
„Was ist mit deinen Eltern und deinen Geschwistern?“, frage ich. Ich hasse die Traurigkeit in ihrer Stimme.
Willow zuckt mit den Schultern. „Wie gesagt, da gibts nicht viel zu erzählen. Meinen Vater habe ich nie kennengelernt, und meine Mutter hat sich nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Geschwister habe ich keine.“ Sie sieht wieder zu mir und schenkt mir ein schwaches Lächeln. „Ich bin nichts Besonderes, Lawson. Ich bin mir sicher, dein Leben ist tausendmal interessanter als meins.“ Wieder wendet sie sich ab.
Das Bild, das sie von sich selbst hat, gefällt mir nicht. Willow hat keine Ahnung, wie großartig sie ist. Ich strecke die Hand aus, berühre ihr Kinn und drehe ihr Gesicht behutsam zu mir. „Sieh mich an.“ Sie hebt ihre hellbraunen Augen. „Du bist eine bemerkenswerte Frau, Willow. Das kannst du mir glauben. Alles an dir fasziniert mich.“ Bevor ich mich versehe, beuge ich mich vor und streife mit meinen Lippen federleicht über ihre. Es ist ein flüchtiger Kuss, nur eine Sekunde, doch er bringt mein Herz zum Rasen. Keine Frau und kein Kuss hatten jemals eine solche Wirkung auf mich.
Willow legt ihre Hand auf meine Brust und schiebt mich sanft zurück, und ich muss gestehen, dass mir das nicht gefällt. „Lawson. Ich kann nicht. Ich denke, wir sollten besser nur Freunde sein.“ Ich kann die Schwere in ihren Worten hören, als ob ihr selbst nicht gefallen würde, was sie da sagt.
Doch die Anziehung zwischen uns ist nicht zu leugnen, und ich weiß, dass Willow sie auch spürt. Für eine Sekunde starre ich sie wortlos an. Dann wendet sich Willow ab und fragt: „Kannst du mich zum Motel fahren?“
„Natürlich.“
Immer wieder werfe ich verstohlene Blicke zu Willow hinüber, die wortlos aus dem Fenster meines Trucks starrt. Sie ist still und wirkt zurückgezogen, seit wir den Park verlassen haben, und ich will unbedingt wissen, was in ihrem Kopf vor sich geht – was sie denkt. Willow ist ein Mysterium, das ich lösen möchte.
Wenig später biege ich auf den Parkplatz des Hope Bend Inn. Ich steige aus, gehe um das Auto herum, ziehe die Beifahrertür auf und helfe Willow aus dem Truck. „Lawson, es tut mir leid.“
„Was tut dir leid?“
„Ich wollte den Abend nicht ruinieren.“ Nervös fingert sie am Zimmerschlüssel in ihrer Hand herum.
„Baby, sieh mich an.“ Ich warte ab, bis sie die Augen vom Boden hebt und in meine blickt. „Ich hatte einen tollen Abend.“
„Du bist also nicht sauer? Wir sind noch Freunde?“
„Nein, ich bin nicht sauer.“ Ich trete einen Schritt auf sie zu und streiche ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Wenn Freundschaft das ist, wozu du bereit bist, dann akzeptiere ich das.“
„Wirklich?“
„Wirklich.“ Ich bringe sie bis zu ihrer Zimmertür, und sie schließt auf. „Geh rein und schließ hinter dir ab. Wir sehen uns morgen früh.“
Verwirrt sieht sie mich an. „Morgen früh?“
„Ich hole dich ab und bringe dich zur Arbeit.“
„Du musst nicht extra einen Umweg machen, nur um mich zur Arbeit zu bringen.“
„Das Motel liegt auf meinem Weg, und du arbeitest direkt gegenüber von der Gray Wolf Corp. Das ist kein Umweg.“ Ich rechne damit, dass sie protestiert, doch das tut sie nicht.
„Okay.“ Ihr Blick fällt auf meine Lippen, und wenn ich nicht auf der Stelle verschwinde, werde ich sie wieder küssen.
„Gute Nacht, Willow.“
Sie wirft mir ein ungezwungenes Lächeln zu. „Gute Nacht, Lawson.“