Wohin das Herz führt

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Teil der Serie: 1
Originaltitel: Where the Heart Leads (Hope Bend Series Book 1)
Übersetzung: Stephanie Walters
Location: USA, Texas
Buchtyp: Roman
Veröffentlichung: 25.07.2025
Preis eBook: 7,99 € (D)
Preis Print: 16,90 € (D)
ISBN eBook: 978-3-86495-759-8
ISBN Print: 978-3-86495-758-1
Inhaltsangabe

Nach dem tragischen Verlust ihres Mannes hat Genesis McKenna nur einen Wunsch, und zwar einen Neuanfang. In der verschlafenen Kleinstadt Hope Bend, tief im Herzen von Texas, will sie ihrer Familie wieder Halt geben – weit weg von Erinnerungen, Schmerz und dem Gefühl, verloren zu sein. Was sie nicht erwartet hat: dass ein einzelner Blick in die sturmgrauen Augen eines Kopfgeldjägers ihr ganzes Leben auf den Kopf stellen würde.

Ransom Rockwell lebt für Gerechtigkeit – tagsüber jagt er Gesetzlose, nachts sorgt er für seine kleine Tochter. Sein Herz hat er längst hinter dicken Mauern verborgen. Doch als Genesis in sein Leben tritt, beginnt etwas in ihm zu brennen – wild, unaufhaltsam, tief. Genesis zu seiner Frau zu machen, wird zu Ransoms neuer Mission.

In einer Stadt, in der jeder jeden kennt und das Schicksal seine ganz eigenen Pläne hat, kann selbst ein gebrochenes Herz wieder lernen, zu lieben.

Ein Smalltown-Western voller Herz, Leidenschaft und der heilenden Kraft der zweiten Chance von den USA Today-Bestsellerautorinnen Sandy Alvarez & Crystal Daniels.

Ransom

Es ist bereits später Nachmittag, als ich meinen Arbeitstag beende. Bevor ich nach Hause fahre, lege ich einen Zwischenstopp im Baumarkt ein und besorge alles, was ich für die Reparatur eines tropfenden Spülrohrs brauche, dann fahre ich zum anderen Ende der Stadt weiter.
In der Einfahrt des Hauses steht ein SUV, und ein Kinderfahrrad liegt achtlos zur Seite geworfen auf dem Rasen. Ich parke am Straßenrand, steige aus dem Auto, schnappe mir meinen Werkzeugkoffer und die Sachen aus dem Baumarkt und gehe zum Haus. Ich ziehe das Fliegengitter auf und klopfe zweimal an die Tür. Eine Kinderstimme brüllt durchs ganze Haus, dass jemand an der Tür sei. Ich warte kurz ab, dann klopfe ich erneut, diesmal kräftiger.
„Eine Sekunde!“, ruft eine süße Stimme aus dem Innern, dann schwingt die Haustür auf. „Kann ich Ihnen …“ Die Worte der Frau bleiben ihr im Halse stecken und ihre Augen werden groß.
Dort, direkt vor mir, steht die mysteriöse Frau aus der Bar. Die Frau, die ich nicht mehr vergessen kann, seit ich sie das erste Mal gesehen habe.

Genesis

„Mom! Da ist jemand an der Tür!“, brüllt Chloe durchs ganze Haus, eine Sekunde, nachdem es an der Haustür geklopft hat.
„Ich komme, ich komme!“, schnaube ich leise, während ich einen Berg frischer Wäsche auf mein Bett werfe. „Jax, dreh das leiser“, befehle ich, als ich durchs Wohnzimmer zur Haustür sprinte, von wo ein weiteres Klopfen ertönt. Es ist ein Wunder, dass ich es über das Plärren des Fernsehers hinweg überhaupt gehört habe.
„Tut mir leid, Mommy.“
„Gar kein Problem, Buddy, stell den Fernseher einfach nur leiser, okay?“, sage ich, kurz bevor es wieder an der Tür klopft. „Eine Sekunde!“, rufe ich und ziehe die Haustür auf. „Kann ich Ihnen …“ Ich erstarre. Alle Luft rauscht aus meinen Lungen. Vor mir steht Ransom. „Du?!“, stoße ich atemlos hervor. „W… was machst du hier?“
Ransoms Mundwinkel zucken. „Ich bin hier, um den Rohrschaden zu reparieren.“
Ich blinzle ein paarmal und versuche, mein Gehirn wieder zum Laufen zu bringen. Plötzlich bemerke ich, dass er einen Werkzeugkoffer in einer Hand hält und eine braune Papiertüte in der anderen.
„Ich … Was denn für einen Rohrschaden?“
Als Ransom mich diesmal angrinst, blitzen seine perfekten weißen Zähne auf. „Jackie hat mir erzählt, dass das Rohr unter der Küchenspüle tropfen würde.“
Endlich reiße ich mich aus meiner Benommenheit. „Oh. Ach ja. Das Rohr“, zwitschere ich. „Aber warum hat Jackie dir Bescheid gesagt? Bist du Klempner?“ Wieder zucken Ransoms Mundwinkel auf diese heiße Art und Weise, als ob es ihn amüsieren würde, was ich sage.
„Nein, ich bin kein Klempner, aber mit einer Küchenspüle komme ich schon klar. Außerdem gehört mir dieses Haus.“
Ihm gehört dieses Haus?
Das würde ja bedeuten … „Du bist mein Vermieter?“, bemerke ich das Offensichtliche. Ransom antwortet nicht, sondern zieht auf meine Bemerkung hin nur eine Augenbraue hoch. Plötzlich wird mir bewusst, dass ich ihn praktisch einem Kreuzverhör unterzogen haben und jetzt plötzlich stumm wie ein Fisch dastehe und ihn anstarre. „Entschuldigung. Komm rein, bitte.“ Eilig mache ich ihm den Weg frei.
„Danke sehr.“ Ransom neigt den Kopf, als ob er mich von Kopf bis Fuß mustern wollte, dann marschiert er an mir vorbei und steuert schnurstracks auf die Küche zu. Als er mich passiert, erhasche ich einen Anflug seines Aftershaves.
Oh Gott, riecht er gut.
Moment! Habe ich das etwa gerade laut herausgeseufzt?
Schlagartig erinnere ich mich daran, was ich trage. Mist. Mein Blick wandert an meinem Outfit hinunter. Eine alte Jogginghose und ein ausgeleiertes T-Shirt voller Bleicheflecken. Mein typischer Putzaufzug. Aber hätte ich gewusst, wer hier auftaucht, um mein Rohr zu flicken, hätte ich etwas anderes angezogen. Jetzt kann ich mich natürlich nicht mehr umziehen, denn dann sähe es aus, als ob ich Ransom beeindrucken wollte.
Was nicht der Fall ist.
Lügnerin.
„Mommy, warum sieht dein Gesicht so aus?“, fragt Jax und reißt mich aus meiner Benommenheit.
„Wie sieht es denn aus?“ Ich starre den kleinen Stinker, der jetzt direkt neben mir steht, aus schmalen Augen an.
Jax zuckt mit den Schultern. „Weiß nicht. Es sieht einfach komisch aus.“
„Nein, tut es nicht. Und jetzt raus mit dir in den Garten.“ Ich tue so, als ob ich ihm in den Hintern treten würde, und schaue ihm hinterher, als er kichernd zur Gartentür flitzt. Ich folge ihm ein paar Schritte, dann halte ich in der Küche inne, wo Ransom bereits ausgestreckt auf dem Fußboden liegt und das Rohr unter der Spüle inspiziert. An der Küchenzeile bleibe ich stehen und erlaube mir einen ausführlichen Blick auf die enge Jeans, die Ransoms muskulöse Oberschenkel umarmt, und auf sein weißes T-Shirt, das hochgerutscht ist und eine Spur dunkler Haare zeigt, die von seinem Nabel bis unter seinen Hosenbund führt. Meine Augen machen, was sie wollen, und wandern weiter hinunter bis zu seinem Schritt, bis mich plötzlich ein Räuspern aus meiner Schwärmerei reißt und ich zusammenzucke.
Prompt brechen meine Augen ihre Erkundungsmission ab, und mein Blick fliegt hinauf zu zwei intensiv blauen Augen, in denen ein Funken Belustigung aufblitzt.
Oh nein! Hat Ransom mich gerade ernsthaft dabei erwischt, wie ich ihn auschecke? Mein Gesicht brennt vor Scham.
„Tut mir leid. Hast du was gesagt?“ Ich wende mein mit Sicherheit feuerrotes Gesicht ab und überspiele meine Scham, indem ich die Kühlschranktür aufziehe. Insgeheim bete ich, dass sich der Erdboden auftut und mich verschluckt. „Möchtest du was trinken? Ich habe Eistee, Cola, Kool-Aid oder Wasser da“, fasle ich.
„Nein, danke, ich möchte nichts trinken, Darling. Ich habe nur gefragt, ob du ein altes Handtuch hast, das ich benutzen könnte?“
Ein Schauder läuft mir den Rücken hinunter, als ich höre, wie er mich Darling nennt. Es gefällt mir. Ehrlich gesagt gefällt es mir viel zu sehr, und wieder spüre ich diese Woge der Schuldgefühle, die mich überrollt.
„Ich heiße Genesis“, korrigiere ich ihn. Ich kann nichts gegen das Beben in meiner Stimme tun. „Und ja, ich habe ein Handtuch.“ Ich schließe die Kühlschranktür und versuche angestrengt, mein rasendes Herz zu beruhigen, während ich in den Flur gehe und den Wäscheschrank öffne.
Nachdem ich ein altes Handtuch herausgezogen habe, verdrücke ich mich kurz ins Badezimmer und schließe ab. Ich lasse mich gegen die Tür fallen, schließe die Augen und atme tief durch. „Reiß dich zusammen, Genesis.“ Als ich die Augen öffne, starrt mich mein Spiegelbild an. Es ist zwei Jahre her. Zwei Jahre, in denen ich keinen anderen Mann auch nur angesehen hätte, geschweige denn, mich so verhalten, wie ich es Ransom gegenüber gerade tue. Logisch betrachtet weiß ich, dass es normal ist, was ich empfinde. Aber mein Herz ist schwer. Eine derart starke Reaktion auf einen anderen Mann zu empfinden, fühlt sich auf eine Art an wie Verrat. Doch ich schüttle diese Gedanken ab, sammle mich und verlasse das Bad. In der Küche ist Ransom damit beschäftigt, das tropfende Rohr zu reparieren. Er muss meine Anwesenheit spüren, denn er zieht den Kopf aus dem Spülschrank hervor. Ich halte ihm das Handtuch hin. „Da.“
Diesmal sind da keine zuckenden Mundwinkel mehr zu sehen, als Ransoms Blick auf mich fällt, und auch das amüsierte Funkeln in seinen Augen ist verschwunden. Stattdessen ist da etwas in seinem Ausdruck, das ich nicht deuten kann. „Danke, Genesis.“
Ich schlucke den Kloß in meinem Hals hinunter und nicke. „Gern. Ich habe mich noch gar nicht bedankt, aber ich weiß es sehr zu schätzen, dass du an einem Sonntag vorbeikommst, um die Spüle zu reparieren.“
„Ist überhaupt kein Problem. Dürfte nicht allzu lange dauern.“ Ransom macht sich wieder an die Arbeit und die nächsten Minuten verstreichen schweigend, bevor er wieder spricht. „Also, erzähl mal, wie gefällt dir Hope Bend? Jackie sagt, ihr wärt aus Houston hergezogen?“
„Wie viel hat Jackie denn erzählt?“, frage ich nervös.
„Nicht viel. Nur das, und dass du zwei Kinder hättest.“
„Oh. Na ja, es gefällt uns hier. Ist etwas ganz anderes als die Großstadt, aber auf eine gute Art und Weise.“
„Wie alt sind deine Kinder?“, fragt er.
Ich lächle. Über die Kinder zu sprechen, ist sicheres Terrain. „Jax ist acht und Chloe zwölf.“
Ransom späht unter der Spüle hervor und lächelt. „Zwölf und geht auf die Dreißig zu, möchte ich wetten.“
Ich werfe den Kopf in den Nacken und lache. „Woher weißt du das?“
Er gluckst. „Ich habe selbst eine Tochter. Glaub mir, ich weiß nur zu gut Bescheid.“
„Wirklich? Wie heißt sie?“
„Sloane. Sie ist auch zwölf“, erklärt er, und der Ausdruck in seinen Augen verrät mir, dass er seine Tochter vergöttert.
„Und warum seid ihr nach Hope Bend gezogen? Habt ihr Familie hier?“, fragt Ransom. Er macht sich wieder am Rohr zu schaffen, und ich bin froh, dass er nicht sehen kann, wie nervös ich bei seiner Frage herumzapple. Die Gründe zu erläutern, weshalb wir hierhergezogen sind, ist keine Unterhaltung, die ich mit diesem Mann führen möchte.
„Ich habe eine Veränderung zur Großstadt gebraucht und dachte mir, warum nicht Hope Bend?“
Unter der Spüle dringt ein leises „Aha“ hervor, doch mehr sagt er nicht. Gott sei Dank.
Wie versprochen braucht Ransom nicht lange, um das Rohr zu reparieren, und bevor ich michs versehe, packt er schon sein Werkzeug zusammen. „Das nächste Mal, wenn du etwas brauchst, ruf mich einfach direkt an. Hier.“ Er greift in seine Hintertasche, zückt sein Portemonnaie und zieht eine Visitenkarte heraus. „Da stehen meine Handynummer und meine Dienstnummer drauf.“ Ransom reicht mir die Karte an und ich mustere sie. Gray Wolf Corp steht in dicken schwarzen Lettern auf der Karte, und darunter prangt ein Wolfslogo. „Du kannst mich jederzeit anrufen, ohne erst Jackie zu fragen. Das ist einfacher.“
Ich schenke ihm ein kleines Lächeln. „Danke“, sage ich und bringe Ransom zur Tür.
„Überhaupt kein Problem. Wir sehen uns.“ Er zwinkert mir zu, bevor er auf dem Absatz kehrtmacht, die Veranda überquert und zu seinem Truck geht. Irgendwie klingen seine Worte wie ein Versprechen.
In dem Augenblick, in dem Ransom verschwunden ist, schließe ich die Tür und rase in mein Zimmer, wo mein Handy liegt. Ich schnappe es mir vom Nachttisch, rufe Jackies Nummer auf und drücke auf Anrufen. Es klingelt dreimal, bevor sie abnimmt. „Hallo?“
„Warum hast du mir nicht gesagt, dass Ransom mein Vermieter ist?“, zische ich.
„Auch dir einen wunderschönen guten Tag.“ Ich kann das Grinsen in ihrer Begrüßung hören.
„Jackie!“
„Was denn?“ Sie ist die Unschuld in Person. „Ist ja nicht so, als ob sein Name nicht auf dem Mietvertrag stehen würde.“
„Das habe ich irgendwie übersehen. Wieso hast du mich nicht vorgewarnt?“
„Warum hätte ich das nur tun sollen?“ Jetzt wird sie wirklich frech.
„Ich habe mich wie eine totale Idiotin verhalten. Und er hat mich dabei erwischt, wie ich ihn ausgecheckt habe!“
„Oh, erzähl mir mehr. Ransom ist ein echtes Prachtexemplar von Mann.“
„Er hat mich buchstäblich dabei erwischt, wie ich auf seinen Schritt gestarrt habe“, fauche ich leise, damit die Kinder mich nicht hören. Am anderen Ende der Leitung prustet Jackie los.
„Es war so peinlich! Gott sei Dank hat er nichts dazu gesagt.“
„Genesis, es ist nichts falsch daran, einen so attraktiven Mann wie Ransom zu bewundern.“
„Nein, aber ich … ich kann das einfach nicht.“ Dieses Mal klingt meine Stimme viel schwächer.
„Oh Süße.“ Auch Jackies Stimme wird weich.
„Ist auch egal, Jackie“, schneide ich ihr das Wort ab, bevor sie mehr sagen kann. Für einen Moment sagen wir beide nichts, dann wechselt sie zum Glück das Thema. „Läuft für die Eröffnung von GiGi’s weiterhin alles nach Plan? Lilly ist schon total aufgeregt und spricht von nichts anderem mehr. Sie sagt, dass ihre Freundinnen aus der Schule alle zur Eröffnung vorbeikommen wollen.“
„Ja, es läuft alles nach Plan. Ich für meinen Teil bin auch schrecklich aufgeregt.“
„Ich auch, Süße. Ich komme definitiv vorbei und zeige meine Unterstützung.“
„Danke, Jackie.“
„Wir sprechen uns bald, okay?“
„Okay. Bis dann.“ Gerade, als ich auflege, kommt Chloe in mein Zimmer.
„Fahren wir noch shoppen heute?“, fragt sie.
„Absolut! Hol schon mal deinen Bruder rein. Ich ziehe mich in der Zwischenzeit um.“
„Mega!“ Mit einem begeisterten Jubelschrei stürmt Chloe davon. Ihr Wochenende endet mit einem Highlight.

Der Tag, auf den ich so lange gewartet habe, ist endlich gekommen. Heute findet die große Eröffnung von GiGi’s statt, und der Laden platzt bereits aus allen Nähten. „Willow, kannst du dich kurz um die Kunden kümmern? Ich hole schnell neue Bonrollen aus dem Lager.“
„Na klar“, erwidert sie, ihre Stimme kaum mehr als ein Flüstern.
Ich habe Willow vor zwei Tagen eingestellt. Es hatten sich mindestens ein Dutzend Bewerberinnen auf die Stellenanzeige gemeldet, und ich hatte sogar schon eine von ihnen ausgesucht, die ich zum Vorstellungsgespräch einladen wollte, als Willow persönlich im Laden vorbeikam, um sich zu bewerben. Sie hatte offen erklärt, noch nicht viel Erfahrung zu haben, und wirkte ausweichend, als ich sie nach früheren Anstellungen fragte, doch irgendetwas an dieser jungen Frau verriet mir, dass sie einen Neuanfang brauchte. Und es war die richtige Entscheidung gewesen, sie einzustellen. Was ihr an Erfahrung fehlt, macht sie durch ihren Fleiß und ihre Freundlichkeit mehr als wett.
Nachdem ich die Bonrollen gefunden habe und zurück in den Verkaufsraum komme, sehe ich, wie sich Lilly mit einer älteren Dame unterhält. Als mich die Frau bemerkt, leuchten ihre Augen auf. „Hi. Sie müssen die Inhaberin der Boutique sein.“
Ich begrüße sie. „Das bin ich. Ich heiße Genesis.“
„Ich bin Gwen.“ Sie streckt mir ihre Hand hin. „Die ganze Stadt spricht über diesen Laden, also dachte ich, ich komme vorbei und sehe es mir selbst an. Junge, bin ich froh, dass ich das gemacht habe!“ Gwen hebt ihren Arm, über dem die Sachen hängen, die sie ausgesucht hat.
„Freut mich ebenfalls, dass Sie das gemacht haben. Danke, dass Sie vorbeigekommen sind und Ihre Unterstützung zeigen.“
„Lilly hier hat mir erzählt, dass Sie aus Houston hergezogen sind“, fährt Gwen mit ihrem Small Talk fort.
Ich nicke. „Genau. Ich habe mich nach einem langsameren Lebensstil gesehnt, und so sind meine Kinder und ich in Hope Bend gelandet.“
„Und wie gefällt es Ihnen bisher?“
„Ich liebe es, wirklich. Die Leute im Ort sind so freundlich und offen. Bisher hatte ich noch keine Zeit, mir ganz Hope Bend und alles, was es zu bieten hat, anzusehen, aber ich habe schon ein paar Orte rausgesucht, die wir unbedingt besuchen wollen.“
„Na, in diesem Fall müssen Sie unbedingt zur Ranch meiner Familie rauskommen. Ihre Kinder werden es dort lieben. Ich bitte einen meiner Söhne oder meinen Mann Levi, mit Ihnen einen Trail-Ausritt zu unternehmen. Und meine Enkelin würde ihre Kinder mit Sicherheit auch gern kennenlernen. Machen Sie doch einen Tagesausflug! Sie sind herzlich zum Mittagessen eingeladen.“
„Das klingt großartig. Welche ist denn Ihre Ranch?“
„Die Rockwell Ranch“, erwidert Gwen, und mein Herz setzt für einen Schlag aus. Die Rockwell Ranch ist die Ranch, die Jaxon besuchen wollte. Die Ranch, die er nicht mehr sehen konnte. Ein seltsames Gefühl ergreift mich, und aus irgendeinem Grund kommt es mir auf einmal vor, als ob das Schicksal selbst Gwen in meinen Laden geführt hätte.
„Hier.“ Gwen wühlt in ihrer Handtasche herum und zieht eine Broschüre heraus. „Da steht die Adresse und alles drauf, was Sie sonst noch wissen müssen. Wie wäre es mit diesem Sonntag? Ich mache Mittagessen und wir können uns besser kennenlernen. Außerdem gibt es für die Kinder jede Menge zu tun.“
Mein Blick fällt auf die Rockwell-Ranch-Broschüre und ich lächle. „Abgemacht. Ich kann es kaum erwarten, Jax und Chloe davon zu erzählen.“
Gwen klatscht in die Hände. „Dann ist das also gebongt. Wir sehen uns Sonntag.“

Sechs Stunden später drehe ich das Schild in der Ladentür von Offen auf Geschlossen. Gerade, als Willow mit dem Aufräumen des Verkaufstresens fertig ist, kommen auch Chloe und Lilly aus dem Lager. „Wo ist Jax?“, frage ich Chloe.
Sie deutet mit dem Daumen hinter sich. „Ist vor zwanzig Minuten im Lager eingepennt.“ Chloe und Jax hatten darauf bestanden, heute nach der Schule vorbeizukommen und zu helfen.
„Okay. Lilly und Willow, ihr beide könnt Feierabend machen. Danke für diese fantastische Eröffnung. Ihr zwei habt euch richtig reingehängt.“ Mein Blick fällt auf Willow. „Soll ich dich nach Hause fahren?“
Sie schüttelt den Kopf. „Nein, ist nicht nötig. Ich kann zu Fuß gehen.“
„Auf gar keinen Fall. Es ist schon dunkel. Ich fühle mich nicht gut dabei, wenn du nachts allein nach Hause gehst.“
„Ich kann sie fahren, Ms. McKenna“, bietet Lilly an.
„Danke, Lilly. Schreib mir bitte sofort, wenn du Willow nach Hause gebracht hast und sobald du selbst zu Hause bist, okay?“
„Mache ich. Wir sehen uns.“ Lilly und Willow winken uns zum Abschied zu und verlassen den Laden.
„Tu mir einen Gefallen und schließ hinter ihnen ab. Ich brauche noch eine Viertelstunde, um den Papierkram zu erledigen, dann fahren wir nach Hause“, sage ich zu Chloe.
Als sie zur Ladentür gehen will, rufe ich ihr hinterher und sie bleibt stehen. Sie dreht sich zu mir herum und ich ziehe sie in eine feste Umarmung. „Danke für deine Hilfe mit dem Laden heute. Ich weiß nicht, was ich ohne dich gemacht hätte.“
„Gern geschehen, Mom.“

Ransom

Das Klingeln meines Handys reißt mich aus dem Schlaf. Ich rolle mich auf den Rücken und schnappe es mir vom Nachttisch. In den vergangenen Nächten habe ich so gut wie gar nicht geschlafen. Ich kann an nichts anderes denken als an Genesis. Sie sucht Tag und Nacht meine Gedanken heim.
Ein Blick auf das Handydisplay verrät mir, dass es halb vier Uhr morgens ist. Das heißt nichts Gutes. „Hallo?“ Ich fahre mir mit der Hand über das Gesicht und werfe die Bettdecke zur Seite.
„Auf meinem Handy ist gerade ein Alarm eingegangen, dass an der Gebäuderückseite unseres Büros Bewegungen registriert wurden“, informiert mich Gideon.
Verdammt. Ich rolle mich aus dem Bett und ziehe mir das nächstbeste Kleidungsstück über, eine Jeans, die ganz oben auf dem Wäschekorb liegt. „Ist auf den Überwachungsaufnahmen irgendwas zu erkennen?“ Ich klemme das Handy zwischen Ohr und Schulter und knöpfe die Jeans zu.
„Wer auch immer es war, er wusste, wie er nicht auf den Aufnahmen auftaucht. Das Einzige, was zu erkennen ist, ist eine Hand, die nach der Kamera greift, dann bricht die Aufnahme ab.“
„Scheiße“, fluche ich. „Bist du auf dem Weg?“
„Ja. Ich bin in zwanzig Minuten da.“
„Ich bin unterwegs.“ Ich lege auf und stopfe das Handy in meine Jeanstasche, dann ziehe ich mir ein T-Shirt über, schlüpfe in meine Stiefel und befestige meine Pistole an meiner Hüfte, bevor ich mir die Autoschlüssel von der Kommode schnappe. Wir hatten noch nie Probleme mit der Sicherheit des Büros.
Instinktiv gehe ich zu Sloanes Zimmer am Ende des Flurs, bevor mir einfällt, dass sie bei ihrer Mutter schläft. Ich verschwende keine Zeit, verlasse das Haus und steige in meinen Truck. Gideon lebt noch weiter von der Innenstadt entfernt als ich, also sollte ich vor ihm am Büro ankommen.
Fünfzehn Minuten später biege ich auf die Hauptstraße ein und entscheide, meine Frontscheinwerfer auszustellen. Ich verlangsame den Truck auf Schritttempo und halte ein paar Gebäude von der Gray Wolf Corp entfernt an. Als ich aus dem Auto steige, zieht das kurze Aufflackern eines Lichtscheins meine Aufmerksamkeit auf sich. Ich bemerke zwei Männer, die aus der Gasse zwischen unserem Büro und dem angrenzenden Gebäude kommen. Das Licht gehört zu einem Handy, mit dem einer der Männer telefoniert. Weil ich nicht gesehen werden will, weiche ich hinter meinen Truck zurück und beobachte, wie sie die Straße überqueren und zu einem kleinen, dunklen Auto gehen.
In diesem Moment fluten Autoscheinwerfer die Straße und strahlen die beiden Männer an. Ich werfe einen Blick über die Schulter und erkenne augenblicklich Gideons schwarzen 1967er Chevy Impala. Plötzlich knallen Schüsse, und ich reiße den Kopf herum. Eine Kugel schlägt in die Seite meines Trucks ein. Einen Sekundenbruchteil später quietschen Reifen über den Asphalt.
„Steig ein!“, brüllt Gideon, der mit seinem Auto neben mir hält, und ich springe auf den Beifahrersitz. Er beschleunigt. Vor uns biegt das kleine Auto in die Auffahrt des Highways ein, der aus dem Ort hinausführt. Kaum haben wir die offene Straße erreicht, tritt Gideon das Gaspedal durch. Er lenkt den Impala auf die Parallelspur und holt zum anderen Auto auf. Als wir neben ihnen herfahren, streckt der Fahrer eine Pistole aus dem Fenster und zielt auf uns. Die Kugel schlägt ins hintere Fenster ein, und Glassplitter regnen auf die Rückbank. „Dieser Wichser“, spuckt Gideon zwischen zusammengebissenen Zähnen aus.
Mit meiner Pistole in der Hand beuge ich mich aus dem Beifahrerfenster und ziele auf die Vorderreifen des Autos. Zwei Kugeln verlassen die Mündung meiner Waffe und eine davon erwischt das dicke Gummi. Der Mistkerl hinter dem Steuer lenkt sein Auto nach links auf die Spur vor uns. Reifenfetzen fliegen durch die Luft und prasseln gegen Gideons Windschutzscheibe, Funken spritzen, als die Felge des anderen Autos über den Asphalt kratzt, doch der Fahrer rast noch immer mit ungebremster Geschwindigkeit über den Highway.
„Kannst du vor sie fahren?“, frage ich. Gideon gibt erneut Gas, und ich werde von der Fliehkraft in den Sitz gepresst. Es ist ein Leichtes für ihn, den Kleinwagen zu überholen. Nur leider bringt uns dieses Manöver einmal mehr in ihre Schusslinie, und prompt lassen Kugeln unsere Heckscheibe zersplittern. Ich nutze unsere Position zu meinem Vorteil und nehme diese Hurensöhne ins Visier. Ich leere mein Magazin, und die Kugeln schlagen ins Auto ein, bis der Fahrer endgültig die Kontrolle verliert. Das Auto schlingert unkontrolliert und trudelt vom Highway. Ich sehe zu, wie sich das Auto dreimal überschlägt, bevor es auf dem Dach zum Liegen kommt.
Gideon zieht die Handbremse an, lässt sein Auto um hundertachtzig Grad herumschleudern und rast zum Wrack zurück. Seine Scheinwerfer erleuchten das zerknautschte Auto. Einer der Männer krabbelt unter dem Wagen hervor und macht Anstalten, davonzurennen, strauchelt jedoch und stürzt zu Boden. Bevor ich aussteige, lade ich meine Pistole nach.
„Stratton wird es feiern, uns deswegen den Arsch aufzureißen“, bemerkt Gideon, während er ebenfalls seine Waffe kontrolliert.
„Die Wichser haben zuerst geschossen.“
Wir treten auf den Typ auf der Erde zu. „Wie heißt du?“, frage ich und blicke auf ihn hinunter, während er im grellen Licht der Taschenlampe blinzelt, die Gideon auf ihn richtet. Das Arschloch ist maximal eins fünfundsechzig groß und stämmig. Ich bemerke ein dunkles Tattoo auf der Innenseite seines Unterarms, einen Sensenmann, unter dem die Worte Angel of Death stehen – Engel des Todes. Das gleiche Tattoo, das auch auf dem Unterarm des toten Typen von letzter Woche prangte.
„Fick dich, Rockwell“, spuckt der Mann aus und stöhnt, als er versucht, sich zu bewegen. „Ich bin niemandem Rechenschaft schuldig, außer dem Teufel selbst.“
Dass er meinen Nachnamen kennt, geht mir durch Mark und Bein, doch ich lasse mir nichts anmerken – vorerst. „Sieh nach dem Fahrer“, sage ich zu Gideon, und er verschwindet hinter dem auf dem Dach liegenden Auto.
Ich wende mich wieder dem Mann zu meinen Füßen zu. „Wonach habt ihr heute Nacht gesucht?“, frage ich, aber seine Antwort ist ein ausdrucksloses Starren. „Arbeitest du für Angel Marcola?“ Dieses Mal bestätigt er meine Frage mit einem abfälligen Grinsen, gefolgt davon, dass der Arsch mich anspuckt. Ich habe die Schnauze langsam voll davon, ständig von diesen Wichsern angespuckt zu werden. Mit der Stiefelspitze trete ich ihm in den Brustkorb.
„Der andere Kerl ist tot“, informiert mich Gideon und kommt zu mir geschlendert. „Hat das gleiche Tattoo wie der hier.“
Fuck. „Leg ihm Handschellen an“, fordere ich Gideon auf und fische mein Handy aus der Hosentasche. „Ich informiere Stratton.“

 

Crystal Daniels & Sandy Alvarez
Crystal Daniels und Sandy Alvarez sind ein Schwestern-Duo und die USA Today-Bestsellerautorinnen der beliebten "Kings of Retribution MC"-Serie. Seit 2017 hat das Duo zahlreiche Romane veröffentlicht. [...]
Crystal Daniels & Sandy Alvarez
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