Inhaltsangabe
Jack Kingston ist für seine Stärke auf dem Eis bekannt, abseits davon ist er jedoch ein bodenständiger Typ, der echte Beziehungen mehr schätzt als bedeutungslose Affären.
Ich liebe es, Mitglied der Pittsburgh Titans zu sein, auch wenn meine Teamkollegen mich ständig wegen der Frauen aufziehen, die sich an mich ranmachen. Könnte ich mich auf eine schnelle Affäre einlassen? Sicher, aber das entspricht nicht meiner Art. Ich bin eher der Typ für langfristige Beziehungen. Stattdessen werde ich weiterhin das tun, was ich am besten kann: Auf dem Eis alles geben. Alles andere wird sich schon irgendwie ergeben … Irgendwann.
Dieser Moment kommt schneller, als gedacht. Als ich in der Eishalle die Kinder unseres Torwarts beim Hockey beobachte, treffe ich Willa Montreaux. Irgendwie habe ich ihr am Ende unseres Gesprächs angeboten, ihr beim Training der Kinder zu helfen. War das Altruismus, oder steckte etwas anderes hinter meinem Angebot? Um ehrlich zu sein, ein bisschen von beidem.
Je mehr Zeit ich mit Willa verbringe, desto sicherer bin ich mir, dass ich mehr von ihr will. Sie ist wunderschön, klar, aber das ist nur die Oberfläche. Willa ist witzig, liebevoll, entschlossen und unglaublich klug. Sie ist vermutlich viel zu intelligent für einen Sportler wie mich, aber das wird mich nicht davon abhalten, mein Glück zu versuchen.
Willa sucht nichts Ernstes und ist besorgt, dass sie zu alt für mich ist. Deshalb will sie sich nicht auf etwas Festes einlassen. Ich bin bereit, ihr den Freiraum zu geben, den sie braucht, und ihr zu zeigen, dass unsere Verbindung weit über das Körperliche hinausgeht. Willa und ich sind füreinander bestimmt. Ich bin bereit, Überstunden zu machen, wenn nötig, um sie an meiner Seite zu haben.
Leseprobe
Willa
Brittany füllt ihre Kaffeetasse auf, schenkt mir nach, und dann setzen wir uns zu Izzy. Ich nehme meiner Nichte das iPad weg. Sie murrt, lässt sich jedoch leicht von den Pancakes ablenken und strampelt unter dem Tisch mit den Beinchen.
„Tante Willa, glaubst du, dass ich heute ein Tor schieße?“, fragt sie voller Vorfreude.
Ich bezweifle, dass heute irgendwer ein Tor schießen wird, doch das würde ich ihr nie sagen. „Du wirst bestimmt toll spielen, Schatz. Denk dran, das Wichtigste ist, Spaß zu haben.“
Sie runzelt die Stirn und verzieht den kleinen Mund. „Aber ich will ein Tor schießen.“
Lachend stupst Brittany ihre Tochter am Kinn an. „Streng dich an, und ich bin sicher, du wirst es schaffen und wenn nicht, wird Tante Willa dir zeigen, wie man das macht.“
Ich werfe Brittany einen angsterfüllten Blick zu. Sie weiß, wie stressig das Ganze für mich ist, denn ich verstehe nichts von Eishockey, außer dass es darum geht, den Puck ins Netz zu schießen. Das nennt man Tor.
Brittany lächelt mich beruhigend an. „Du schaffst das schon.“
„Wäre gut“, murmle ich und nippe an meinem Kaffee. Ich habe die letzten zwei Nächte damit verbracht, mich über die Regeln der Kinderliga zu informieren und YouTube-Videos darüber anzusehen, wie man Kindern das Eishockeyspielen beibringt. Jetzt weiß ich genug, um mir einzugestehen, dass ich von der Materie überfordert bin.
Dann macht Izzy eine Ankündigung, die den Druck zusätzlich erhöht. „Ich werde die beste Eishockeyspielerin aller Zeiten sein, weil ich die beste Trainerin aller Zeiten habe.“
Ich weiß, dass ich damit meinen Atem verschwende. Dennoch habe ich das Bedürfnis, sie zu erinnern: „Du weißt, dass deine Tante Eiskunstläuferin ist und noch nie Eishockey gespielt oder ein Spiel gesehen hat?“
Weil ich die schlaue Sechsjährige ständig unterschätze, bin ich schockiert, als sie sagt: „Ja … andererseits bist du Ärztin und klüger als jeder andere Mensch, den ich kenne. Du lernst einfach, wie es geht, und zeigst es mir dann.“
So simpel … und ironischerweise wird genau das passieren. Auch wenn es heute wirklich nur ein lustiges Spiel sein wird, bei dem die Kinder auf dem Eis stehen, habe ich schon einen Plan für die grundlegenden Stockfertigkeiten, an denen wir bei unserem nächsten Training arbeiten werden. Das heutige Ziel ist allerdings schlicht, sie davon abzuhalten, sich gegenseitig mit den Stöcken zu schlagen und hoffentlich maximal drei Temperamentsausbrüche auf dem Eis zu erleben.
***
Beim Betreten des IcePlex bin ich sofort eingeschüchtert. Neulich, als ich zu Izzys Training hier war, herrschte eine entspannte Atmosphäre, und danach war ich plötzlich unerwartet Trainerin. Aber heute Morgen spüre ich eine elektrische Welle elterlichen Stolzes, sobald ich im Gebäude bin, dazu den Enthusiasmus übereifriger kleiner Kinder.
Der Lärm ist nahezu ohrenbetäubend, denn es gibt drei große Eisflächen, und pro Fläche finden zwei Spiele gleichzeitig statt. Man hört das Kratzen der Schlittschuhe auf dem Eis, das Klacken der Stöcke und die schrillen Pfiffe, und dazu kommen noch Hunderte von Eltern, die jubeln, schreien und ihre Kinder anfeuern.
Ich bin bestürzt, als wir an einer Reihe von Tribünen vorbeigehen und ein Vater ruft: „Check ihn, Marty. Leg ihn aufs Eis.“
Eine andere Person – eine Großmutter, wie ich aufgrund der Altersfalten in ihrem Gesicht und ihres schlohweißen Haares vermute – kreischt: „Das war ein Penalty, Schiri. Verdammt noch mal, machen Sie Ihren Job.“
„O Gott“, flüstert mir Brittany zu, als wir uns zur Eisbahn begeben, wo die Ice Pups gegen die Mini Blizzards spielen werden. „Diese Leute sind verrückt.“
„Wahrscheinlich unrühmliche Ausnahmen“, brumme ich, aber dann brüllt ein Mann: „Ich trete dir in den Hintern, Schiri.“
Mein Gott, das wird ein Albtraum.
Ich finde die Ice Pups um unsere Bank versammelt. Sie sind alle in der empfohlenen Ausrüstung gekommen, und die Eltern helfen ihnen gerade, ihre Schlittschuhe zu schnüren.
Nervös werfe ich einen Blick auf die drei Tribünenreihen hinter uns, von denen einige bereits mit Zuschauern gefüllt sind, und nehme an, dass die Eltern unserer Mannschaft den Rest besetzen werden, sobald die Kinder ihre Schlittschuhe anhaben.
„Aufgepasst“, sage ich und lenke die Blicke der Eltern auf mich. „Könnt ihr euch bitte alle mal einen Moment hier versammeln?“ Dann wende ich mich an die kleinen Jungen und Mädchen und gebe ihnen Anweisungen. „Ihr geht jetzt raus aufs Eis. Erinnert ihr euch, was wir vor ein paar Tagen geübt haben, dass Hin- und Herlaufen zwischen den Banden? Ich möchte, dass ihr das macht, um euch aufzuwärmen.“
Als die Kids außer Hörweite sind und die Eltern sich versammelt haben, atme ich tief durch. „Ich wollte nur noch einmal Erwartungsmanagement betreiben. Also: Ich weiß nicht, was ich tue, und wenn jemand den Trainerposten an meine Stelle übernehmen möchte, ist jetzt der richtige Zeitpunkt, um sich zu melden.“ Die Antwort ist eisiges Schweigen, was nicht unerwartet ist. Ich nicke. „Okay, da ich die Trainerin bin, möchte ich ein paar Regeln aufstellen. Die Kinder sind in erster Linie hier, um grundlegende Fähigkeiten zu erwerben und Sportsgeist zu entwickeln. Gewinnen steht bei mir ganz unten auf der Liste, und das sollte bei Ihnen auch so sein. In diesem Alter sollten Kids vor allem Spaß haben. Ich möchte nicht, dass ein Familienmitglied oder ein Freund, der zum Anfeuern hier ist, etwas anderes schreit als absolut ermutigende Dinge. Keine Flüche, keine Bedrohung von Trainerin oder Schiedsrichtern, und die kleinen Sportlerinnen und Sportler sollten auf keinen Fall andere verletzen. Ich dulde nicht, dass jemand sich negativ oder herabsetzend äußert. Ist das klar?“
Alle schauen mich mit großen Augen an, nicken aber – bis auf einen der Väter. Ich vertiefe das Thema nicht weiter, denn es reicht, dass er meine Regeln gehört hat. Ja, das war vielleicht ein bisschen übertrieben und möglicherweise dadurch bedingt, dass ich einen Vater habe, der allzu gut austeilen kann, doch für meinen eigenen Seelenfrieden musste ich das sagen.
„Okay, dann wäre das geklärt … hoffen wir, dass die Kinder Spaß haben, und wir werden jede Woche daran arbeiten, uns zu verbessern.“
Schließlich kommt ein Schiedsrichter aufs Eis und erklärt die Regeln für die halbe Eisfläche und wie wir wechseln, damit jeder eine Chance hat, zu spielen. In diesem Alter haben die Kinder noch nicht die körperliche Ausdauer, um die ganze Eisfläche zu nutzen. Deshalb bespielen wir die halbe, und in jedem Spiel sind beide Mannschaften abwechselnd in der Offensive und in der Defensive, mit dem einfachen Auftrag, den Puck ins Netz zu bringen.
Der andere Trainer, ein sehr fähig aussehender Mann, der nur fünfmal erwähnt hat, dass er in der Minor League Eishockey gespielt hat, und ich gehen zur Bank und schicken unsere ersten kleinen Krieger los. Sie sind ungeschickt auf ihren Schlittschuhen, wissen nicht so recht, wie sie den Schläger halten sollen, und treffen den Puck meist nicht. Ich bin froh, dass sie bloß auf einer halben Eisfläche spielen, denn es dauert ewig, bis sie sie mit Schlittschuhen überquert haben, und etwa einmal pro Minute stürzt einer meiner Schützlinge.
Aber es ist urkomisch, und die Kleinen scheinen Spaß zu haben. Ich lache mehr, als dass ich mich darüber ärgere, wie schlecht wir aussehen, und es gibt keinen Zweifel … wir sind ein erbärmliches Team. Die Mini Blizzards gehen mit 3:0 gegen uns in Führung, und ihr schlechtester Spieler ist besser als unser bester.
Trotzdem jubeln die Eltern pflichtbewusst und rufen aufmunternde Worte, einige lachen sogar mit mir, bis … einer ausschert.
Es ist der Vater, der meine Ansprache vor dem Spiel nicht abgenickt hat. Er verlässt die Tribüne und stellt sich direkt hinter die Bank. Sein Sohn Theo ist auf dem Eis, und er schreit ihn an: „Theo, du musst auf den Puck schauen. Wie wir es geübt haben.“
Ich knirsche mit den Zähnen, nicht wegen seiner Worte, sondern weil er die Tribüne verlassen und sich den Kindern genähert hat. Genervt höre ich ihn schreien: „Bist du überhaupt mit dem Kopf bei der Sache? Mein Gott … fahr schneller und sei nicht so schüchtern.“
Okay, das geht zu weit. Ich drehe mich um und sage: „Mister …“ Tja, Mist – ich kenne die Namen der Eltern nicht, also rufe ich: „Hey … Sie.“
Er erwidert meinen Blick. Dann schaut er verärgert wieder seinen Sohn an.
Ich mache einen Schritt auf ihn zu. „Hey … Sie.“ Als ich seine Aufmerksamkeit habe, deute ich auf die Tribüne. „Gehen Sie auf Ihren Platz zurück, und wenn Sie nichts Nettes zu sagen haben, schreien Sie besser nicht herum.“
„Ich habe das Recht, meinem Kind Ratschläge zu geben“, schimpft er.
„Nein. Ich bin die Trainerin. Niemand sonst wollte den Job. Wenn Sie also nicht das ganze Team übernehmen wollen, setzen Sie sich wieder hin.“
Der Mann starrt mich an, macht aber auf dem Absatz kehrt und lässt sich neben einer Frau nieder, vermutlich seiner Gattin. Sie sieht absolut peinlich berührt aus.
Mein Herz rast ein bisschen, doch alles in allem war das gar nicht so schlimm. Ich wende mich wieder dem Geschehen auf dem Eis zu und versuche, den Spielern so viel Ermutigung zuzurufen, wie ich kann.
Guter Einsatz!
So arbeitet man als Team!
Bleibt konzentriert und habt Spaß!
Ihr schafft das!
Kein einziger technischer Ratschlag, aber ich werde mehr über das Spiel lernen und für das nächste Training bereit sein. Ich mache mir auch geistige Notizen zu einigen Dingen, die der andere Trainer sagt.
Lasst eure Schläger auf dem Eis und achtet auf den Puck!
Denkt daran, vor dem Passen den Kopf zu heben und eure Mannschaftskollegen zu finden!
Steht tief und haltet das Gleichgewicht!
Schließlich ist das Spiel zu Ende, und da es sich um kleine Kinder handelt und niemand sie entmutigen will, ist die Anzahl der erzielten Tore auf fünf für das Siegerteam begrenzt. Wir fördern den Sportsgeist, indem wir die Mannschaften auf dem Eis antreten und sich die Hände schütteln lassen, wir Trainer zuletzt.
Ich bin überglücklich, als zwei Zwillingsjungen mir tatsächlich die Hand schütteln und sagen: „Gutes Spiel, Coach.“
Drei kleine Worte, aber sie klingen so erwachsen, dass ich sie einfach nicht überhören kann.
Verdammt süß.
Nach dem Händeschütteln kommt Izzy zu mir, und wir verlassen das Eis. Ich gehe langsam, um nicht auszurutschen, da ich keine Schlittschuhe trage, und sie plappert mit 150 Kilometer pro Stunde weiter. „War ich gut, Tante Willa? Ist dir aufgefallen, dass ich kein einziges Mal hingefallen bin und sogar einmal den Puck mit meinem Schläger getroffen habe?“
„Stock“, korrigiere ich sie lachend.
„Stock“, wiederholt sie. „Aber einige der Kinder haben ein bisschen zu viel geschubst.“
Ich zucke zusammen, denn das ist einer der Gründe, warum ich mir Sorgen gemacht habe, dass Izzy diesen Sport betreibt. Jungs können stärker und härter sein, und dies ist eine gemischte Liga.
„Wir müssen uns etwas einfallen lassen, damit du nicht hinfällst, wenn sie dich schubsen.“
„Ich habe keine Angst vor ihnen. Im Gegenteil, ich will zurückschubsen, damit sie wissen, dass ich mich nicht umschüchtern lasse.“
Lachend streiche ich ihr über den Kopf. „Du meinst einschüchtern.“
„Richtig“, pflichtet sie mir bei, und als wir das Eis verlassen, ist Brittany zur Stelle und umarmt sie.
Mir fällt auf, wie Theos Vater dem Jungen eine Hand auf die Schulter legt und ihn aus der Arena führt. „Unglaublich! Weißt du überhaupt, wie man Eishockey spielt? Lass den Schläger auf dem Eis, verdammt!“
Ich folge ihm, weil ich mit ihm über dieses Verhalten sprechen will. Auf Höhe der gegnerischen Tribüne, die immer noch zur Hälfte mit Mini-Blizzard-Eltern gefüllt ist, schreit er: „Du bist auf dem Eis herumgeeiert, als würdest du einen Sonntagsspaziergang machen! Wann lernst du endlich, den Kopf zu heben, bevor du passt? Ihr habt da draußen wie Witzfiguren ausgesehen! Ich habe schon von Kleinkindern besseres Umschaltspiel gesehen. Reiß dich zusammen oder du betrittst nie wieder eine Eisfläche.“
Dieser letzte Satz, die Drohung, dass er nicht spielen darf, wenn er nicht perfekt ist, erdrückt den armen kleinen Theo regelrecht.
„Hey … Moment mal“, rufe ich und greife nach dem Arm von Theos Vater. Er dreht sich um und starrt mich an, und mir ist schmerzlich bewusst, dass wir direkt vor der gegnerischen Elternschar stehen, also versuche ich, höflich zu bleiben. „Wir hatten noch keine Gelegenheit, uns richtig vorzustellen. Ich bin Willa Montreaux, die Trainerin, und ich habe Ihren Namen nicht verstanden.“
„Isaac McVey“, murmelt er und wendet sich ab.
„Mr. McVey“, sage ich bestimmt. „Könnte ich Sie unter vier Augen sprechen?“
Er dreht sich ganz zu mir um, die Hand immer noch fest auf Theos Schulter. „Was wollen Sie?“
Ich beuge mich zu Theo hinunter, um ihn anzulächeln. „Tolles Spiel, Kleiner. Du wirst einer unserer stärksten Spieler werden und den anderen ein gutes Vorbild sein.“
„Hören Sie auf, Lady“, knurrt Mr. McVey. „Er hat beschissen gespielt …“
„Reden Sie nicht so mit ihm“, blaffe ich ihn an. „Das ist eine Freizeitliga für Anfänger, da darf man keine so hohen Anforderungen stellen.“
Der Mann beugt sich zu nah an mich heran, den Mund zu einem hässlichen Grinsen verzogen. „Mein Sohn spielt Teicheishockey, seit er drei Jahre alt ist. Er hat scheiße gespielt, und das weiß er auch, und niemand wird mir vorschreiben, was ich zu meinem Kind sagen darf und was nicht. Schon gar nicht irgendeine Eisprinzessin, die versucht, einen Sport zu trainieren, von dem sie keine Ahnung hat.“
Ich möchte den Mann am liebsten erwürgen, zumal ich diesen Job von Anfang an nicht wollte. Er hatte jede Gelegenheit, die Verantwortung zu übernehmen – hat er aber nicht. Ich weiß, dass ich recht habe, wenn ich verlange, dass er nicht so mit den Kindern reden soll, doch ich weiß auch, dass ich nicht weiter mit ihm streiten kann. Er wird kein Wort von dem zur Kenntnis nehmen, was ich sage, und jetzt habe ich es mit einem wütenden Stier zu tun.
Also lasse ich die Schultern hängen, und er stürzt sich auf meine Schwächebekundung. „So ist es richtig, kleine Eisprinzessin. Sie klopfen den anderen Kindern weiterhin auf die Schultern und ermutigen sie, während ich meinem Sohn nützliches Wissen vermittle. Solange Sie noch keine Erfahrung als Trainerin haben, schlage ich vor, Sie halten Ihre hübsche Klappe.“
Ich habe nicht einmal Zeit, mich zu ärgern, denn jemand – jemand sehr Großes – nähert sich hinter mir und sagt: „Sie hat allerdings jemanden mit Erfahrung als Trainer, der ihr hilft.“
Das ist mir neu, und ich drehe mich zu dem Fremden um. Als ich den Kopf hebe, sehe ich den möglicherweise attraktivsten Mann, dem ich je begegnet bin. Zugegeben, er ist jung, vielleicht Anfang bis Mitte zwanzig, aber das hält mich nicht davon ab, ihm einen bewundernden Blick zuzuwerfen.
Dunkles, kurzes Haar, schräg stehende Augenbrauen, eine gerade Nase und scharfe Wangenknochen. Seine Lippen sind voll, seine Augen schimmern in ganz hellem Goldbraun. Eigentlich sogar mehr Gold als Braun, und sie passen perfekt zu seiner gebräunten Haut. Er könnte Model sein, so ebenmäßig ist sein Gesicht, und ich muss mich zwingen, den Blick abzuwenden.
„Heilige Scheiße“, ruft Mr. McVey mit begeistertem Überschwang und streckt die Hand aus. „Sie sind Jack Kingston.“
Ich habe keine Ahnung, wer Jack Kingston ist, aber ich kann mir vorstellen, dass es ihm unangenehm ist, McVeys Hand zu schütteln. Und doch tut er es aus Höflichkeit. Ohne die Hand des aggressiven Vaters wieder loszulassen, sagt der große Mann: „Ich habe zufällig mitbekommen, wie Sie mit Ihrem Sohn und seiner Trainerin gesprochen haben.“
Mr. McVey stammelt: „Nun, wissen Sie … ich bin einfach hart zu meinem Jungen, denn dies ist ein harter Sport. Ich bin sicher, Sie wissen das.“
„Nein“, antwortet der Mann namens Jack Kingston, und ich stelle fest, dass er Mr. McVey nach wie vor die Hand drückt. Es sieht schmerzhaft aus, um ehrlich zu sein, und Theos Vater versucht, seine Hand wegzuziehen. „Weder ein Trainer noch meine Eltern haben je so mit mir geredet, und wie Sie wissen, bin ich trotzdem ein ziemlich guter Eishockeyspieler.“
Ich bin völlig verwirrt darüber, was vor sich geht, zugleich jedoch fasziniert, dass dieser Tyrann von einem Mann in diesem Moment leicht zu erbleichen scheint. Er schafft es, die Hand zurückzuziehen, aber ich merke, dass ihm das nur gelungen ist, weil Mr. Kingston loslassen wollte.
„Wie gesagt, ich werde die Ice Pups mittrainieren, das werde ich Ihnen und allen anderen beim nächsten Training offiziell mitteilen, doch Coach Montreaux’ Anweisungen sind die gleichen wie meine. Wissen Sie noch, wie sie gelautet haben?“
Mr. McVey schüttelt den Kopf, ihm steht vor Verwirrung der Mund offen.
„Coach Montreaux sagte, dass die wichtigsten Lernziele für die Kinder grundlegende Fähigkeiten und guter Sportsgeist sind, am allerwichtigsten ist in diesem Alter allerdings, dass sie Spaß haben. Das Anfeuern sollte zur Ermutigung geschehen, und nicht mit Kritik oder gar Beschimpfungen einhergehen. Haben Sie damit ein Problem?“
Ich starre mit offenem Mund diesen Mann an, der, wenn ich mich nicht irre, nicht nur erklärt hat, dass er mit mir zusammen dieses Team trainiert, sondern der auch eindeutig meine kurze Ansprache an die Eltern gehört hat. Ich habe keine Ahnung, wer er ist, woher er kommt oder warum er Mr. McVeys Respekt zu genießen scheint, aber ich muss sagen, dass es mir verdammt viel Spaß macht, wie er dieses Arschloch in seine Schranken weist.
„Nein, King“, stottert Mr. McVey. „Wir, ähm … sehen uns beim Training, schätze ich.“
Jack Kingston ignoriert Mr. McVey und geht vor Theo in die Hocke. „Ich habe dich beobachtet, und du hast da draußen einen tollen Job gemacht. Weiter so, okay?“
Der kleine Junge schaut respektvoll, also weiß offenbar auch er, wer dieser Mann ist. Theo nickt, sein Mund steht offen.
„Gut.“ Kingston richtet sich auf. Er dreht sich zu mir um, nimmt meinen Ellbogen und sagt: „Haben Sie ein paar Minuten Zeit für ein Gespräch, Coach?“
„Ähm … klar“, murmle ich und lasse mich von ihm zu einem ruhigen Platz abseits der Tribüne führen. Brittany wirft mir einen Blick zu, ihre Brauen sind hochgezogen, um mich zu fragen, was hier los ist. Ich zucke nur die Achseln.
Als wir allein sind, bin ich die Erste, die spricht. „Wer sind Sie? Warum sagen Sie, Sie wollten mir beim Training helfen?“
„Ich werde Ihnen als Coach helfen“, bestätigt er mit einem Lächeln, das so schön ist, dass mir beinahe schwindelig wird. „Mein Name ist Jack Kingston, aber man nennt mich King.“
Er reicht mir die Hand, und ich schüttle sie. „Das hat auch Mr. McVey gesagt, doch ich weiß nicht, wer Jack Kingston ist. Theos Vater scheint Sie auf jeden Fall für ziemlich wichtig zu halten.“
Als er meine Hand loslässt, legt er den Kopf in den Nacken und lacht. „Das ist köstlich. Ich bin Verteidiger bei den Pittsburgh Titans.“
Bei diesen Worten reiße ich die Augen auf. Ich weiß, wer die Pittsburgh Titans sind, denn ich lebe nicht auf dem Mond. Außerdem habe ich mitbekommen, dass das ursprüngliche Team vor etwas mehr als anderthalb Jahren bei einem Flugzeugunglück ums Leben gekommen ist.
O mein Gott. Ein Eishockeyprofi hat gerade Mr. McVey in die Schranken gewiesen und …
„Moment mal“, sage ich und schüttle den Kopf. „Sie wollen mir beim Training helfen?“
„Ja“, antwortet er mit einem weiteren bezaubernden Lächeln, und ich schüttele wieder den Kopf, um meine unkeuschen Gedanken zu vertreiben. Er ist viel zu jung, als dass ich mich zu irgendetwas hinreißen lassen könnte. „Ich weiß nicht, ob ich zu jedem Training und jedem Spiel kommen kann, aber wenn ich es nicht schaffe, werde ich Ihnen vorher Anweisungen geben.“
„Ich verstehe das nicht“, unterbreche ich ihn und breite die Arme aus. „Warum haben Sie das getan? Sie kennen mich doch gar nicht, und überhaupt, warum sind Sie eigentlich hier? Haben Sie Kinder in einem anderen Team?“
„Nein, ich habe keine Kinder. Ich bin mit dem Torwart der Titans hier, Drake McGinn. Seine Zwillinge spielen bei den Mini Blizzards.“
Ich wende den Kopf und taste mit meinem Blick die Menge ab. Da steht ein wunderschöner Mann mit langem blonden Haar und einem Bart mit den beiden hübschen Zwillingen auf dem Eis, die mir ein „Gutes Spiel“ attestiert haben. Offenbar hat ihr Vater seinen Jungs Sportsgeist beigebracht.
„Ich habe Sie beobachtet“, fährt King fort. „Ich konnte nicht umhin, Ihre sehr kluge Rede an die Eltern zum Thema Grundregeln zu hören. In diesem Alter müssen die Kinder einfach Spaß haben, und nun ja … als dieser Idiot anfing, seinen Sohn zu beschimpfen, wollte ich gerade etwas zu ihm sagen, aber dann sind Sie auf ihn losgegangen, und ich habe Sie machen lassen. Es war großartig.“
„Bis Sie sich für mich eingesetzt haben“, brumme ich und schenke ihm schließlich ein dankbares Lächeln, nachdem ich mir jetzt zusammengereimt habe, was Sache ist. „Vielen Dank. Das war sehr nett und so. Aber ich kann Ihr Angebot, mit dem Team zu helfen, unmöglich annehmen. Sie sind sicher furchtbar beschäftigt und …“
„Womit verdienen Sie Ihren Lebensunterhalt?“, fragt er, stützt sich mit einem Arm auf den Rand der Bande ab und steckt die andere Hand in seine Jeans.
O mein Gott … warum ist das eine sexy Pose, und warum erkenne ich sie als solche?
Ich blinzle und versuche, mich zu konzentrieren. „Ich bin Ärztin. Allgemeinmedizinerin.“
„Ach, und Sie haben Zeit, als Trainerin tätig zu werden?“, entgegnet er und hat damit einen Punkt.
„Na ja, meine Nichte spielt in diesem Team. Ich habe ein persönliches Interesse.“
„Ich habe auch ein persönliches Interesse, weil ich gern zusehe, wie jemand sein Bestes in einer Rolle gibt, die er vermutlich nicht wirklich will. So wie Sie. Das ist bemerkenswert. Außerdem habe ich schon immer mit Vorliebe Kinder trainiert, also würde es mich freuen, wenn ich helfen dürfte!“
Gott, ist das süß, doch ich will mich nicht aufdrängen, und dieser Typ ist einfach viel zu … konzentrationsstörend. Auf eine sehr üble Art und Weise. „Ähm … ich weiß Ihr Angebot wirklich zu schätzen, Mr. Kingston …“
„King … oder Jack, wenn Ihnen das lieber ist“, sagt er leichthin.
„King“, entgegne ich streng. „Aber ich habe mich freiwillig gemeldet, und ich werde allein zurechtkommen, vor allem jetzt, wo Sie diesen Vater in seine Schranken gewiesen haben. Nochmals vielen Dank, auch wenn ich leider ablehnen muss.“
Diese warmen, honigfarbenen Augen mustern mich einen Moment lang, und ich halte den Atem an, weil ich mich frage, ob er mir widersprechen wird. Doch er schenkt mir ein leises Lächeln und legt den Kopf schief. „Wenn Sie Ihre Meinung ändern …“
„Werde ich nicht“, beharre ich.
„Nur für den Fall …“, fährt er fort und streckt seine Hand aus. „Geben Sie mir mal Ihr Handy.“
Okay, ich bin ein wenig entzückt, und ehrlich gesagt fühle ich mich von seiner Aufmerksamkeit geschmeichelt, obwohl ich nicht glaube, dass er tatsächlich mit mir flirtet, weil ich alt genug bin, um seine … nun ja, seine viel ältere Schwester zu sein. Ich schlage alle Vorsicht in den Wind, entsperre mein Mobiltelefon und halte es ihm hin.
Dann beobachte ich, wie er zu den Nachrichten navigiert, seine Nummer eingibt und einen Text von meinem Smartphone an seins schickt. Jetzt hat er meine Nummer.
Er gibt mir das Mobiltelefon zurück. „Rufen Sie mich an, wenn Sie Hilfe brauchen. Das meine ich ernst.“
„Danke“, antworte ich und stecke das Telefon ein. „Ich weiß das zu schätzen, aber ich komme zurecht. War schön, Sie kennenzulernen.“
„Es war mir ein Vergnügen“, sagt er, und ich schwöre, seine Stimme wird dabei um eine Oktave tiefer. Oder bilde ich mir das nur ein? Er schaut kurz auf meinen Mund, ehe er mir wieder in die Augen sieht. „Passen Sie auf sich auf, Dr. Montreaux.“
„Gleichfalls“, murmle ich, aber er ist bereits auf dem Weg hinüber zu dem Mann, den er als den Torwart der Titans bezeichnet hat und den die Leute gerade um Autogramme bitten. Als King zu ihnen stößt, wendet sich die Menge auch ihm zu.
Er lächelt, spricht mit Eltern und Kindern, posiert für Fotos und unterschreibt Dinge.
„O mein Gott“, seufzt Brittany und hakt sich bei mir unter, während Izzy sich mit einem kleinen Mädchen aus ihrem Team unterhält. „Wer war diese leckere Augenweide, und was wollte er?“
„Das glaubst du nie.“
„O doch“, beharrt sie. „Spuck’s aus.“
Ich erzähle ihr von unserem Gespräch. „Aber ich habe sein Angebot abgelehnt.“
Brittany gibt mir einen Klaps auf den Hinterkopf. „Bist du wahnsinnig? Er ist Eishockeyprofi und sieht aus wie ein griechischer Gott.“
Ich sehe meine Schwester an und verdrehe die Augen. „Mag sein, doch ich brauche keinen griechischen Gott.“
„Du brauchst unbedingt einen griechischen Gott“, antwortet sie.
Lachend stoße ich spielerisch die Hüfte gegen ihre. „Du hast absolut recht. Ich brauche unbedingt einen griechischen Gott in meinem Leben. Einen, der all meine Fantasien erfüllt und mir am besten noch morgens Frühstück macht, bevor er geht.“
„Du hättest auf sein Angebot eingehen sollen“, tadelt sie. „Jetzt ist die Chance vertan.“
„Ich habe seine Nummer“, antworte ich nach drei Sekunden des Zögerns, ehe ich mich davon abhalten kann. „Doch nein … selbst wenn ich in Versuchung käme, er ist viel zu jung.“
„Ganz sicher nicht“, widerspricht sie.
„Viel zu jung“, beharre ich. „Aber er war hübsch anzusehen, oder?“
„Du bist eine Idiotin“, sagt sie mürrisch.
„Wenn du meinst“, entgegne ich und nehme ihren Ellbogen. „Komm schon … lass uns die Kleine holen und etwas Lustiges machen. Wie wär’s mit Shopping?“