Austin Blackstone lebt und atmet für seinen Club - seine Familie. Mit siebzehn Jahren brachte eine Tragödie Austin und seine Schwester nach Polson, Montana, zu einem Großvater, den sie noch nie zuvor gesehen hatten. Dieser lebensverändernde Umzug führte Austin auch zum Kings of Retribution MC, der für Familie und Brüderlichkeit steht. Immer wieder bewies Austin als Prospect seine Loyalität, und heute, Jahre später, trägt Austin voller Stolz das Abzeichen seines Clubs.
In New Orleans trifft er auf Lelani. Sie wird von seinem Club gerettet und Austin will sie beschützen - sie als sein Eigentum beanspruchen. Der Moment, in dem Austin sie küsst, wird ihm zum Verhängnis.
Im Alter von dreizehn Jahren gerät Lelani Mancinis Welt aus den Fugen, als sie bei einem tragischen Unfall nicht nur ihre Eltern, sondern auch ihr Augenlicht verliert. Lelanis Bruder gibt ihr für alles die Schuld. Der Tod ihrer Eltern hinterlässt eine klaffende Lücke in der Familie Mancini. Lelani fühlt sich verloren und hat damit zu kämpfen, sich an ein Leben in der Dunkelheit zu gewöhnen. Trotz ihrer Angst vor dem Unbekannten findet sie die Kraft und den Mut, weiterzumachen.
Jahre später kommt Lelani einem Geheimnis auf die Spur und erfährt, dass sie ihr Vertrauen in die falschen Hände gelegt hat. Die Menschen, die sie beschützen sollen, sind diejenigen, die Lelanis Tod wünschen. Alles, was ihr vertraut war, ist über Nacht verschwunden.
Die Dunkelheit, in der Lelani lebt, ist erstickend. Bis sie das Licht in einem überfürsorglichen, tätowierten Mitglied des Kings of Retribution MC findet.
Austin zu lieben ist gefährlich. Um ihr neues Leben zu schützen, ist Lelani nun diejenige, die ein Geheimnis hüten muss.
Crystal Daniels und Sandy Alvarez sind ein Schwestern-Duo und die USA Today-Bestsellerautorinnen der beliebten "Kings of Retribution MC"-Serie.
Seit 2017 hat das Duo zahlreiche Romane veröffentlicht. Ihre gemeinsame Leidenschaft für Bücher und das Geschichtenerzählen führte sie auf eine aufregende Reise,...
Crystal Daniels und Sandy Alvarez sind ein Schwestern-Duo und die USA Today-Bestsellerautorinnen der beliebten "Kings of Retribution MC"-Serie.
Seit 2017 hat das Duo zahlreiche Romane veröffentlicht. Ihre gemeinsame Leidenschaft für Bücher und das Geschichtenerzählen führte sie auf eine aufregende Reise,...
Lelani
„Weißt du, wo wir sind, Lelani?“, fragt mich Piper.
„Nein, aber die Wände und die Tür sind aus Metall, also bin ich mir fast sicher, dass wir nicht in einem Haus sind. Und du hast gesagt, es sei dunkel und du könntest nichts sehen. Als du mit deiner Freundin gebracht wurdest, hörte sich die Tür außerdem schwer an. Ich vermute, dass wir uns in einem Metallschuppen oder einer Art Lagercontainer befinden.“
Gerade als ich Piper meine Theorie erläutert habe, öffnet sich die Tür erneut und eine Frau kreischt: „Lasst mich los!“ Gefolgt von dem unverkennbaren Geräusch von Schlägen.
„Halt’s Maul,...
...du Schlampe“, bellt ein Mann und ich erkenne ihn als den Typen, der mich vorhin geschubst hat. Kurz darauf stoßen mehrere schluchzende Frauen zu uns.
„Zeit zum Aufbruch“, kommentiert ein Mann. „Was machen wir mit der blinden Schlampe?“ Bei seiner Frage dreht sich mir der Magen um.
„Dieses Arschloch Derrick hat gesagt, er würde uns eine Belohnung bringen.“
Sie reden über meinen Bruder.
„Er hat nicht erwähnt, dass das Mädchen blind ist. Wir werden den Boss entscheiden lassen, was er mit ihr machen will. In der Zwischenzeit möchte ich, dass du Derrick verpfeifst. Wenn der Wichser denkt, dass wir damit quitt sind, sollte er noch mal scharf nachdenken. Eine einzige Frau tilgt seine Schuld nicht.“
Es kostet mich alles, den Mund zu halten, während diese Männer über mich reden. Ihre beiläufige Konversation lässt mich vermuten, dass das Entführen von Frauen für sie zum Tagesgeschäft gehört.
Wie aus dem Nichts ergreift Piper das Wort. „Du hast keine Ahnung, was du getan hast.“ In ihrer strengen Stimme schwingt eine Warnung mit.
„Ach ja,“ sagt ein Mann in einem herablassenden Ton. „Und was willst du schon unternehmen?“
„Ich werde gar nichts unternehmen müssen, Arschloch“, fährt Piper fort.
„Was zum Teufel soll das heißen, du Miststück?“
Ich fange an, mir Sorgen um Piper zu machen, als sie sich weiter mit diesen Männern anlegt.
„Das wirst du noch früh genug herausfinden.“
Die Luft um mich herum wirkt erdrückend. Ich halte den Atem an und warte darauf, was als Nächstes passiert.
„Lass es gut sein, Boz. Die Alte will uns bloß provozieren. Wir müssen uns auf den Weg machen.“
Es vergehen einige Sekunden, bis die Tür erneut zuschlägt. „Piper?“, krächzt Jia.
„Ja?“
„Was glaubst du, was mit uns passieren wird?“
Jias Frage erzeugt einen Knoten in meiner Magengrube und die anderen Frauen wimmern.
„Meine Familie wird mich holen kommen“, sagt Piper mit Überzeugung. Die Art und Weise, wie sie das sagt, veranlasst mich, zu überlegen, wer ihre Familie wohl sein mag und wie sie uns finden könnte. Gerade als mir diese Gedanken durch den Kopf gehen, heult ein Lkw-Motor auf und die Stahlböden unter mir beginnen zu vibrieren. Wir ruckeln vorwärts. In diesem Moment wird mir klar, dass wir uns in Bewegung gesetzt haben.
Ich weiß nicht, wie lange wir schon unterwegs sind, aber es kommt mir wie Stunden vor. Meine Blase protestiert und in unserem Gefängnis ist es so heiß und schwül, dass meine Kleidung durchgeschwitzt ist. Gerade als mir die Stille zu viel wird, ertönt Pipers Stimme. „Lelani?“
„Ja?“, krächze ich.
„Der Typ, von dem die Männer gesprochen haben, Derrick. Wer ist er?“
„Derrick ist mein Bruder.“
„Dein Bruder hat dir das angetan?“, fragt Piper und ich kann die Traurigkeit in ihrer Stimme spüren.
„Ja“, murmele ich. Ich möchte glauben, dass das alles ein Irrtum ist und mein Bruder so etwas nicht mit mir machen würde. Aber egal, wie sehr ich es mir wünsche, die Wahrheit ist, dass er es getan hat.
„Mach dir keine Sorgen, Lelani. Wir werden bald hier rauskommen.“
„Warum bist du dir da so sicher?“, fragt eine der anderen Frauen.
Jia, Pipers Freundin, ist diejenige, die antwortet. „Weil Pipers knallharte Bikerfamilie uns finden wird. Stimmt’s, Piper?“
„Das werden sie. Ich weiß, dass sie es werden“, beruhigt Piper ihre Freundin. „Woher sollen sie wissen, wo sie euch finden können?“, schalte ich mich ein.
„Das werden sie einfach. Vertrau mir.“
„Ich bete, dass du Recht hast“, sage ich und meine Stimme klingt leise. Wenn es stimmt, was Piper sagt, dass ihre Familie sie irgendwie finden wird, ist das vielleicht unsere einzige Hoffnung, hier rauszukommen. Außerdem bin ich neugierig, wer diese Biker sind.
Ich bin mir nicht sicher, wann ich es geschafft habe, einzuschlafen, aber das nächste, was ich weiß, ist, dass der Truck mit einem lauten Knall zum Stehen kommt und uns aufschrecken lässt. Eine Minute später schwingt die Tür auf. Ich atme die frische Brise ein, die hereinströmt.
„Ihr habt fünf Minuten Zeit“, sagt ein Mann, gefolgt von einem krachenden Aufprall neben meinen Füßen. Ich lehne mich weiter an die Wand, ohne zu wissen, was los ist.
„Für was?“, zischt Piper.
„Um zu pissen“, entgegnet das Arschloch.
Wovon redet er eigentlich?
„Wir pinkeln nicht in einen Eimer“, knurrt Piper.
Hat dieser Mann uns einen Eimer zugeworfen, damit wir uns darin erleichtern?
„Wie du willst“, antwortet er. „Was ist mit dir?“ Eine Sekunde später spüre ich eine Hand auf meinem Oberschenkel. „Da du nichts sehen kannst, wäre ich bereit, für dich eine Ausnahme zu machen und dir zu helfen.“ Ich erschaudere bei den Worten des Widerlings und schlage seine Hand weg. Blitzschnell gibt es eine Bewegung zu meiner Linken.
„Lass deine ekligen Hände von ihr.“ Piper kommt zu meiner Verteidigung.
„Hör mal zu, du kleine Hure!“
„Ich bin keine Hure!“, schreit Piper.
„Du wirst eine sein. Vielleicht bin ich sogar derjenige, der dich einweiht.“ Ich schnappe nach Luft bei der plumpen Drohung, die aus dem Mund des Mannes kommt. „Nur über meine Leiche, Arschloch“, sagt Piper mit Überzeugung, und plötzlich brüllt der Mann, der sie verhöhnt hat. „Ahh! Du verdammte Schlampe!“ Der Mann hört sich an, als hätte er Schmerzen und ich habe Mühe, bei dem ganzen Trubel den Überblick zu behalten, bis ein Körper in meinem Schoß landet. Ich weiß sofort, dass es Piper ist. Ich schlinge meine Arme um sie und tue mein Bestes, um sie zu schützen.
„Das nächste Mal, wenn du so eine Nummer abziehst, bringe ich deine Freundin um.“ Piper, die ich immer noch festhalte, erstarrt in meinen Armen angesichts der Morddrohung gegen eine von uns Gefangenen. Mit diesen Worten fällt die Tür wieder zu.
„Was ist gerade passiert?“
„Ich habe dem Mistkerl, der dich angefasst hat, eine verpasst“, antwortet Piper.
Eine lange Zeit vergeht und dann hält der Lastwagen an. Ich warte mit angehaltenem Atem darauf, dass sich die Tür wieder öffnet, aber das tut sie nicht. Wir Frauen sind alle still, während wir dem Zuschlagen der Türen und den Gesprächen der Männer lauschen. „Glaubst du immer noch, dass deine Familie uns finden wird?“, frage ich Piper und meine Hoffnung schwindet mit jeder Sekunde, die verstreicht.
„Ich weiß, dass sie kommen.“ Piper ergreift meine Hand und drückt sie. „Man legt sich nicht mit den Kings of Retribution an. Diese Arschlöcher werden ein böses Erwachen erleben. Ich wette, sie sind schon hier. Ich kann es spüren.“ In diesem Moment bricht die Hölle los und hinter den Stahlwänden, die uns gefangen halten, ertönen Schüsse.
„Ich hab’s euch gesagt“, verkündet Piper.
Austin
Die Nacht ist hereingebrochen, während wir uns zu acht auf den Weg nach Süden machen, zu unserem Ziel. Cowboy, Riggs’ Partner aus Texas, hat sich vor mehr als einer Stunde gemeldet. Die Männer, die Piper festhalten, sind etwa seit drei Stunden unterwegs, was uns ein kleines Zeitfenster verschafft, in dem wir uns hoffentlich vor ihrer Ankunft auf dem Gelände verstecken und sie in einen Hinterhalt locken können. Mein Motorrad dröhnt, als ich mein Tempo erhöhe. Schon bald lenken uns Riggs und seine Männer auf Nebenstraßen, damit wir nicht die Aufmerksamkeit auf uns ziehen, wenn mehrere MC-Mitglieder wie wild durch die Gegend rasen. Adrenalin fließt durch meine Adern. Es ist schon eine Weile her, dass wir Montana-Männer in Aktion waren. Als wir in ländlichere Gegenden kommen, leuchten die Straßenlaternen in größeren Abständen.
Nach der Anzahl der Häuser zu urteilen, an denen wir vorbeigefahren sind, leben nicht viele Menschen in dieser Umgebung. Schließlich verschluckt uns die Dunkelheit vollständig. Die Luft ist feucht und klebt auf meiner Haut, ein schweres, quälendes Gefühl macht sich in meinen Knochen breit, als ob der Tod selbst hinter mir her wäre.
Heute Nacht wird hier Blut fließen. Die Männer, die einen von uns getötet haben, werden ihre gerechte Strafe von den Kings of Retribution erhalten. Vor ein paar Tagen ist mein Club von Montana nach Louisiana gereist, um unserem New Orleans Chapter zu helfen, die Eröffnung eines zweiten Kings Custom zu feiern. An dem Tag, an dem wir die Heimreise antreten wollten, erreichte uns die Nachricht, dass Novas Tochter Piper und ihre Freundin während eines Ausflugs nach Vegas entführt worden waren, weshalb wir nun hier sind.
Vor uns fahren Riggs und Jake langsamer und biegen rechts auf eine unbefestigte Straße ab, die auf beiden Seiten mit hohem Gras bewachsen ist. Nach weniger als zehn Kilometern kommen wir zum Stehen. Der Geruch von verrottender Vegetation und Kuhmist steigt mir in die Nase, zusammen mit dem unverkennbaren Gestank von fauligem Sumpfwasser. Riggs stellt sein Motorrad ab und geht die Reihe der Harleys entlang. „Wir lassen die Maschinen hier stehen“, befiehlt er. Hinter uns kommt Cowboy mit dem Transporter an. Er klettert heraus und gesellt sich zu uns. „Das Zielgelände liegt am Ende der nächsten Straße, eingebettet in die Flussmündung. Von hier aus gehen wir zu Fuß weiter.“
Alle Männer überprüfen synchron ihre Waffen. Ich stecke meine Handfeuerwaffe zurück ins Holster, dann hole ich die abgesägte Schrotflinte, die an der Seite meines Motorrads befestigt ist. Habe immer eine Reserve dabei. Das hat mir mein Großvater, ein ehemaliger Soldat, stets eingebläut. Er hat mir beigebracht, wie man eine Waffe bedient. Bevor ich mich jedoch in Erinnerungen verliere, schiebe ich meine Gedanken beiseite und reihe mich hinter Gabriel und Logan ein. Wir beginnen, uns einen Weg durch das hohe Gras zu bahnen und stapfen durch den Schlamm, in den unsere Stiefel einsinken.
Vor uns tauchen schummrige Lichter auf, als wir einen kleinen Hügel erklimmen. Riggs hält seine Faust in die Luft und bedeutet uns anzuhalten. Von hier aus kann ich die Container am anderen Ende des Geländes erkennen und ein paar bewaffnete Männer, die sich auf dem Hof herumtreiben.
Das Rumpeln eines herannahenden Fahrzeugs veranlasst die meisten von uns, den Kopf zu drehen. Die Bremsen des Trucks zischen, als er langsam zum Stillstand kommt. Männer klettern aus dem Führerhaus und schlendern auf zwei Kerle zu, die in ihre Richtung laufen. Sie halten einen Moment inne, unterhalten sich kurz und gehen dann zum hinteren Ende des Anhängers.
Ich höre meinen Herzschlag in meinen Ohren pochen, während wir uns im hohen Gras versteckt halten. Mit gezogenen Waffen befehlen sie den Frauen, den Container zu verlassen. Zu meiner Rechten verkrampft sich Kiwi, als sein Blick auf Piper fällt, die als Letzte auf den Boden springt. Ein Mann schubst sie hart, sodass Piper den Halt verliert. Kiwi macht eine Bewegung, aber Logan packt ihn am Arm und hält ihn zurück. Sobald sie wieder auf den Beinen ist, umklammert Piper zwei andere Frauen, aber es ist so dunkel, dass ich keine Einzelheiten ausmachen kann.
Riggs blickt in die Runde und erteilt Kommandos. „Logan und Reid, ihr haltet euch bedeckt und geht zum Nordende des Lagers. Dort habt ihr den besten Aussichtspunkt, um eure Scharfschützengewehre einzusetzen.“ Riggs blickt nach links und befiehlt Nova und Fender, sich am südlichen Rand des Lagers zu positionieren. Nachdem er seine Anweisungen an die übrigen Brüder gegeben hat, wendet sich Riggs an mich. „Bleib bei Jake und mir.“ Er sieht sich um, bevor sich alle entfernen. „Sie sind uns zahlenmäßig überlegen. Timing ist alles. Wenn ihr mein Signal hört, geht ihr rein. Dieser Überfall muss schnell gehen. Wir lassen nicht eher ab, bis alle tot sind und Piper in Sicherheit ist.“
Jake, Riggs und ich machen uns auf den Weg zur Mitte des Geländes, in Richtung eines Wohnwagens, der an der Ostseite des Grundstücks steht, isoliert von den Containern. Das Gemurmel anderer Männer, die sich in der Nähe unserer Position unterhalten, lässt uns innehalten.
Das Gras in diesem Gebiet ist spärlich. Wir drücken uns auf den nassen Boden und kriechen auf dem Bauch ein paar Meter weiter, um so nah wie möglich an den Rand des offenen Hofes zu gelangen. Jake, Riggs und ich beobachten, wie sich Männer auf dem Gelände bewegen. Dieselben Typen, die die Frauen geliefert haben, schlendern über das Areal in Richtung des Wohnwagens. Die Tür öffnet sich und ein Mann im Anzug tritt heraus. Er zündet sich eine Zigarre an und bläst eine Rauchwolke aus, während er spricht. „Macht die Boote für den Transport der Frauen bereit.“ Ein paar Meter entfernt, mit geschulterten Waffen, laufen zwei Männer in Richtung der Südseite des Grundstücks in der Nähe des Wassers. Der Mann im Anzug schlendert zu einer dunkelgrauen Limousine mit verdunkelten Scheiben, die in der Nähe geparkt ist. Kurz darauf schwingt die Tür des Wohnwagens wieder auf und ein zweiter Mann steigt heraus. Ganz in Schwarz gekleidet und schwer bewaffnet geht der Kerl auf das Auto zu. Er öffnet die Hintertür für den Anzugträger. Mit dem Erscheinen des Mannes nimmt die Aktivität auf dem Hof zu.
Riggs hält seinen Blick nach vorne gerichtet und flüstert: „Jake, zwei Uhr.“ Prez hebt seine Langstreckenpistole und zielt auf die Person, die am Kofferraum des Wagens steht. „Austin, schalte den Leibwächter aus“, befiehlt Riggs dann mir, ich lege die Schrotflinte an meine Seite und ziehe meine Pistole aus dem Holster in meiner Kutte.
Ein Adrenalinstoß schießt durch meine Adern, als ich den großen Mistkerl im Fadenkreuz habe. Ein paar Meter entfernt steht ein bewaffneter Mann und pisst. Riggs zielt auf ihn, dann drückt er ab. Die Kugel durchschlägt den Kopf des Wichsers und sein schlaffer Körper fällt zu Boden. Gleichzeitig schießen Prez und ich auf unsere Ziele. Die Kugel von Jake trifft den Mann im Anzug. Er greift sich an den Hals und versucht, auf den Rücksitz des Autos zu gelangen. Mein Schuss trifft den Leibwächter in die Brust. Er geht hinter der Limousine zu Boden. Unsere Schüsse lösen eine Kettenreaktion aus und um uns herum bricht ein Höllensturm von Kugeln los.
Ich schnappe mir meine Schrotflinte, wir drei tauchen aus dem Gras auf und stürmen das Gelände. Geschosse schwirren an meinem Kopf vorbei, als ich auf die Schießerei zulaufe. Ich ziele und strecke einen weiteren Mann nieder, der auf uns zustürmt.
„Durchsucht den Wohnwagen!“, brüllt Jake über das Chaos hinweg.
Ich drücke mich mit dem Rücken an die Seite des Bauwagens, um nicht von Kugeln getroffen zu werden. Dann klettere ich die wackelige Holztreppe hinauf. Die Schreie der Männer und die Schüsse treten in den Hintergrund, als ich die Tür des Wohnwagens eintrete und inständig bete, dass ich nicht direkt in den Lauf einer Waffe stolpere. Der Geruch von Gras und Alkohol schlägt mir entgegen, als ich den Raum betrete und mich umschaue. Der Wohnbereich gleicht einem Crackhaus. Gebrauchte Nadeln liegen offen auf dem Couchtisch herum. Ich durchsuche den Wohnwagen. Leere Whiskeyflaschen stehen auf der Küchentheke und ich gehe weiter in Richtung Rückseite. Eine Kugel durchschlägt das Fenster über der Küchenspüle und Glassplitter streifen mein Hosenbein. Mein Herz hämmert gegen meinen Brustkorb, als ich den dunklen Durchgang betrete, der zum hinteren Schlafzimmer führt. Ich trete die Tür auf. „Scheiße.“ In der Mitte des kleinen Raums liegt eine bewusstlose Frau auf einer schmutzigen Matratze. Mit erhobener Pistole überprüfe ich den Raum, bevor ich mich hinknie. Bei dem schwachen Licht kann ich nicht erkennen, ob sie atmet. Also drücke ich meine Finger an ihren Hals und fühle ihren Puls. Er ist schwach, aber sie lebt. Der erbärmliche Scheißkerl hat sie zum Sterben zurückgelassen. Da ich weiß, dass ich ihr Leben und mein eigenes riskiere, wenn ich sie mitten in einer Schießerei hinaus trage, lasse ich die junge Frau zurück. Sie ist sicherer auf der Matratze, bis das alles vorbei ist. Bevor ich den Wohnwagen verlasse, verstummt der Schusswechsel draußen.
Die Stille verstärkt meine Wachsamkeit noch mehr. Vorsichtig trete ich hinaus und biege um die Ecke des Wagens. Wie aus dem Nichts schleudert mich eine gewaltige Wucht auf den Boden. Die Flinte wird mir aus der Hand geschleudert. Ich liege mit dem Gesicht im Dreck und auch meine Handfeuerwaffe ist unter mir eingeklemmt. Ein Schlag auf meinen Hinterkopf lässt meine Sicht verschwimmen. Weitere Hiebe folgen auf meine Nierengegend und der Schmerz strahlt über meinen unteren Rücken.
Ich habe Mühe, unter dem Gewicht des Mannes, der mich festhält, die Kontrolle zu behalten, aber schließlich kann ich meinen Körper so weit bewegen, dass ich das Jagdmesser an meiner Hüfte erreiche. Ich stoße nach hinten und spüre den anfänglichen Widerstand, bevor sich meine Klinge in sein Fleisch bohrt und der Mann vor Schmerz aufstöhnt. Ich rolle mich auf den Rücken und schaue zu dem Kerl auf, der über mir steht. Es ist der verdammte bullige Leibwächter.
„Hat dir niemand beigebracht, dass du dafür sorgen solltest, dass die Toten auch wirklich tot bleiben?“ Er packt mich mit seinen massiven Händen an der Kehle, meine Klinge steckt noch immer in seiner Seite. „Jetzt wirst du derjenige sein, der stirbt.“ Er drückt zu und schneidet mir die Luftzufuhr ab. Geblendet von seiner Mordlust sieht er nicht, wie ich nach meiner Waffe greife, die ich in meiner Kutte versteckt halte. Ich presse das Ende des Laufs unter sein Kinn und drücke den Abzug. Der Mann sackt gegen mich und seine Hände werden schlaff. Sauerstoff strömt in meine Lungen zurück, als ich röchelnd einatme. Ein Schwall seines warmen Blutes tropft auf mein Gesicht. Ich schiebe seinen leblosen Körper zur Seite, stehe auf, orientiere mich und blicke auf seine leeren Augen hinunter, die in den Nachthimmel starren. „Wer ist jetzt tot, du Arschloch?“ Noch immer atme ich schwer von dem Kampf, der zwischen uns stattgefunden hat. Ich hebe den Saum meines Hemdes an und wische mir sein Blut aus dem Gesicht. Dann greife ich nach unten, ziehe mein Messer aus seiner Seite und wische das Blut an meiner Jeans ab. Ich entdecke meine Schrotflinte zwei Meter entfernt und hole sie aus dem Schlamm, in dem sie liegt.
Von dort aus laufe ich zu den anderen Kings, die auf die beiden Frachtcontainer mit den Frauen zusteuern. Logan blickt in meine Richtung und betrachtet mein geschundenes Äußeres. „Ist das dein Blut?“
„Nein“, erwidere ich. „Im Wohnwagen ist eine junge Frau, die kaum noch lebt“, erwähne ich, während wir darauf warten, dass Kiwi das Schloss des Containers aufbricht.
In dem Moment, in dem die schweren Metalltüren aufschwingen, stürmen meine Brüder und ich hinein. Die Luft ist heiß und es riecht nach Moschus und Schweiß. Ich habe keine Zeit zum Nachdenken oder um die vielen Gesichter zu betrachten, die uns wild anstarren und sich zu fragen scheinen, was wohl als Nächstes mit ihnen geschehen wird, und so knie ich nieder und greife nach einem der Opfer, um zu helfen.
„Wer sind Sie? Fassen Sie mich nicht an!“, schreit die junge Frau und entzieht sich meiner Berührung so heftig, dass ihr Hinterkopf gegen die Metallwand schlägt.
„Ich bin nicht hier, um dir wehzutun.“ Meine Worte klingen ein wenig schärfer als beabsichtigt und die Frau zuckt zusammen. Im Inneren des Containers scheint nicht viel Licht, aber es reicht aus, um die blaue Farbe ihres Kleides und das lockige, feuerrote Haar zu erkennen, das ihr bedrücktes Gesicht verdeckt.
Piper erscheint zu meiner Linken und lässt sich neben der verängstigten Frau nieder. „Pst. Ist ja gut. Diese Männer sind meine Familie und sie sind hier, um zu helfen“, tröstet Piper sie, dann sieht sie mich an.
„Ihr Name ist Lelani. Sie ist blind.“
Verdammt. Es ergibt Sinn, dass sie ganz anders reagiert als die anderen Frauen, die die Männer an die frische Nachtluft begleiten. Ich werfe Piper einen Blick zu, um ihr zu versichern, dass ich alles im Griff habe. „Lelani, mein Name ist Austin“, sage ich, in der Hoffnung, dass eine kurze Vorstellung ihr die Situation erleichtern wird. Sie hebt den Kopf, wendet sich meiner Stimme zu und ein Lichtschimmer fällt auf ihr Gesicht. Auf ihrer Wange ist ein großer Bluterguss zu sehen und Tränenspuren zieren ihre Porzellanhaut. Mein Blick trifft ihren. Für den Bruchteil einer Sekunde vergesse ich, dass sie mich nicht sehen kann. Ich verscheuche den Nebel aus meinem Kopf. Jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt, um sich von ihrer Schönheit beeindrucken zu lassen. „Ich werde dich jetzt berühren“, warne ich sie, bevor ich meine Hände unter sie schiebe. Sie wiegt nicht mehr als ein kleines Kind und ist federleicht in meinen Armen, als ich sie anhebe und aufrichte, dann drücke ich ihre zierliche Gestalt an meine Brust. Lelani zittert am ganzen Körper, während sie sich an meinen Arm klammert. „Bei mir bist du sicher“, sage ich ihr und verspüre ein überwältigendes Bedürfnis, sie zu beschützen. Ihr Atem ist warm an meinem Hals, als sie ihren Kopf an meine Schulter legt.
Lelani ist die letzte Frau, die den Container verlässt, als ich sie hinaustrage. Niemand hält mich auf, als ich an ihnen vorbeigehe. Ich halte Lelani weiter fest, bis Cowboy kurze Zeit später mit dem Transporter eintrifft. Logan kommt heran, nachdem er die junge Frau aus dem Anhänger geholt hat, und trägt sie in den Kleinbus. Die übrigen Brüder beeilen sich, die verbleibenden Frauen einzuladen. „Sie kommt mit uns zurück, zusammen mit Pipers Freundin Jia“, informiert mich Logan, bevor ich Lelani zusammen mit den anderen in den Transporter trage, während er eine letzte Zählung vornimmt.
Die Clubmitglieder beeilen sich und helfen Piper, Lelani und Jia in ein anderes Fahrzeug, das uns zurück zu unseren Motorrädern bringt. Wir haben weniger als zwanzig Minuten, um unsere Ärsche die Straße hinunterzubewegen, bevor der Sprengstoff, den Cowboy in mehreren Gebäuden deponiert hat, hochgeht. „Lasst uns abhauen“, bellt Jake und klopft an die Seitentür des Transporters, bevor er in das Fahrerhaus klettert. Während die Frauen sich aneinanderdrängen, schlingert das Fahrzeug vorwärts und wir lassen das Gelände und die Leichen hinter uns.
Einen Moment später steigen wir vom Wagen auf unsere Bikes um.
Jake weist Jia an, hinter ihm aufzusitzen und sich gut festzuhalten, was sie auch tut. Ohne zu zögern, greife ich nach Lelani und führe sie zu meiner Harley. Beschützend hilft Piper ihr, sich hinter mir niederzulassen. Ich berühre ihre Hand, die auf meiner Seite ruht. „Du musst dich fester an mich schmiegen“, befehle ich mit ruhiger Stimme. Sie rückt näher an mich heran und ich spüre, wie sich ihre Brüste gegen meinen Rücken drücken. Mit beiden Händen gleitet sie an meinen Bauchmuskeln entlang und ihr Griff um mich wird fester. Ich muss zugeben, ich mag die Wärme ihrer Haut an meiner verdammt gerne. Die Reifen unserer Motorräder wirbeln Schmutz und Schotter auf, als wir losfahren. Das Grollen unserer Harleys erfüllt die Nacht mit Leben, während wir die Straße entlangbrausen.
Eine schwere Stille bricht herein, als die Reifen den Asphalt erreichen. Ich beschleunige das Tempo, um die Zerstörung schnellstmöglich hinter uns zu lassen. In meinem Seitenspiegel beobachte ich, wie sich der Nachthimmel leuchtend orange färbt. Donner durchbricht die Stille. Er kracht wie eine Peitsche in unserem Rücken nieder, als eine der Bomben explodiert. Ein weiterer lauter Knall folgt. Weiß-graue Rauchschwaden wabern durch die Luft. Lelani umklammert meine Taille und sucht Schutz bei der einzigen Person, die in diesem Moment in ihrer Nähe ist – bei mir.
Die Fahrt zurück zum Anwesen der Kings war nicht gerade kurz, aber ich wünschte mir, sie hätte noch länger gedauert. Obwohl ich noch nicht einmal ihren Namen kenne, möchte ich mich nicht von dieser Frau trennen.
Das Tor öffnet sich und unsere Motorräder rollen in den Hof. Ich parke neben Jake. Lelani hält mich immer noch fest umklammert, als ich den Motor abstelle. Ich berühre ihre Hand. „Du bist in Sicherheit“, beteuere ich und sie lässt langsam los. Ich klettere von meiner Maschine, lege meine Hände um Lelanis schlanke Taille, hebe sie vom Rücksitz und versuche, sie hineinzutragen.
„Du kannst mich jetzt absetzen.“ Ihre Stimme ist sanft und süß.
Zögernd lasse ich ihre nackten Füße auf den Boden sinken. Lelani legt ihre Hand in meine und lässt sich von mir in das Clubhaus führen, wo die Old Ladies schon ungeduldig warten. Kiwi lässt Piper los, die auf mich zugeht. „Danke, Austin“, sagt sie und ihr Blick fällt auf meine Hand, die immer noch die von Lelani festhält. „Lelani, komm mit mir, wir bringen dich in ein Zimmer und machen dich frisch.“
Ich drehe mich zu Lelani und gucke sie an. „Ich werde später nach dir sehen“, sage ich und lasse ihre Hand aus meiner gleiten. Wie angewurzelt beobachte ich, wie die Frauen Lelani die Treppe hinaufführen.
Eine Hand legt sich auf meine Schulter. „Bist du okay, Bruder?“, fragt Reid.
„Ja“, sage ich und verschränke meine Arme vor der Brust. Er folgt meinem Blick und schaut die Treppe hinauf, wo die Frauen bereits verschwunden sind. „Ich werde mir ein Bier holen und mich ausruhen.“ Damit verabschiedet sich Reid.
„Morgen früh treffen wir uns zur Church, Männer. Es war ein höllischer Tag. Piper und die Frauen sind in Sicherheit. Um die Nachwirkungen kümmern wir uns morgen. Auftrag erfüllt. Geht schlafen“, verkündet Riggs.
Während die anderen ein Bier trinken und auf ihre Frauen warten, gehe ich hinter die Bar, schnappe mir eine halb leere Flasche Whiskey und mache mich dann aus dem Staub, um etwas Einsamkeit zu finden.
Die schwüle Luft von New Orleans schlägt mir ins Gesicht, sobald ich aus der Tür des Clubhauses trete. Vor ein paar Tagen habe ich an der Seite des Gebäudes eine Leiter für den Zugang zum Dach entdeckt. Ich laufe um die Ecke, um nachzusehen, ob sie noch dort steht. Sie ist verrostet und es fehlen einige Sprossen, aber ich beschließe, sie trotzdem zu besteigen.
Auf dem Dach des Clubhauses angekommen, knirscht der lose Kies unter meinen Füßen, als ich auf die dem Wasser zugewandte Seite schlendere. Ich setze mich auf den Vorsprung und schwinge meine Beine über die Kante. Der schwere Geruch der Louisiana-Luft dringt tief in meine Lungen ein. Es gibt keinen vergleichbaren Ort wie den Big Easy, New Orleans ist einzigartig. Ich lege meine Lippen an die Flasche in meiner Hand, lehne meinen Kopf zurück und trinke einen Schluck Whiskey.
Meine Gedanken schweifen zu Lelani, während ich auf den Mississippi hinausblicke. Ich trinke noch einen Schluck, dann stelle ich die Flasche neben mir ab. Ich ziehe eine Zigarette aus meiner Tasche, hole ein Streichholzheftchen hervor, das in der Zigarettenschachtel steckt, und ziehe die Streichholzspitze an dem schwarzen Streifen entlang. Unten am Boden, etwa zwanzig Meter entfernt, sehe ich Kiwi und Fender am Ufer sitzen und eine Kippe untereinander weiterreichen. Ich nehme einen Zug und blase ihn dann aus.
Ich weiß nicht genau, wie lange ich auf dem Dach des Clubhauses sitze, aber es ist lang genug, dass ich die Wirkung des Alkohols spüre. Nachdem ich aufgestanden bin, überquere ich das Dach und klettere wieder auf den Boden hinunter.
Drinnen angekommen, mache ich mich auf den Weg zu meinem Zimmer. Bella tritt aus dem Raum zwei Türen weiter heraus und schließt leise die Tür. Sie sieht mich an. „Geht es dir gut?“
Ich streiche mir mit der Hand über das Gesicht. „Ja.“ Meine Gedanken wandern wieder zu Lelani zurück.
Als ob sie meine Gedanken lesen könnte, sagt Bella: „Lelani schläft. Teagan hat ihr etwas gegeben, damit sie sich ausruhen kann.“ Da Bella sich immer um andere sorgt, fügt sie hinzu: „Du solltest dich auch frisch machen und etwas schlafen.“ Ich nicke und sie lächelt. „Gute Nacht, Austin.“ Bella geht durch den Flur in ihr und Logans Zimmer. Ich bewege mich erst, als sie die Tür schließt.
Anstatt in mein Zimmer zu gehen, bleibe ich vor der Tür des Raumes stehen, in dem Lelani schläft. Meine Hand schwebt über der Klinke und ich überlege, ob ich eintreten sollte. Das Bedürfnis, sie zu sehen, überwiegt, und ich gehe leise in ihr Zimmer. Als ich den Stuhl neben ihr entdecke, durchquere ich den Raum und starre sie an, während sie schläft. Ihr rotes Haar ist zu einem lockeren Zopf zurückgebunden. Ein paar lose Locken fallen ihr auf die geprellte Wange, aber ich traue mich nicht, sie wegzustreichen. Um sie nicht zu wecken, bleibe ich eine kurze Zeit sitzen und beobachte sie einfach. Ich entspanne mich und meine Augen werden schwer, als ich ihrem leisen Atmen zuhöre.
Scheiße. Was denke ich mir nur dabei? Ich stehe abrupt auf. Das Letzte, was Lelani nach dem, was sie gerade durchgemacht hat, braucht, ist die Anwesenheit eines Mannes in ihrem Zimmer. Ich will sie nicht verängstigen. Ich möchte, dass Lelani sich sicher fühlt.
Ich schaue sie ein letztes Mal an und verlasse dann das Schlafzimmer.