Dcera: Blutfürst

Erschienen: 12/2015
Serie: Dcera
Teil der Serie: 3

Genre: Fantasy Romance, Historical Romance

Location: Russland, St. Petersburg

Seitenanzahl: 368


Erhältlich als:
paperback & ebook

ISBN:
Print: 978-3-86495-115-2
ebook: 978-3-86495-116-9

Preis:
Print: 12,90 €[D]
ebook: 6,99 €[D]

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Dcera: Blutfürst


Inhaltsangabe

Auf der Flucht vor dem Vampir Anton Drazice gelangt die Dcera Katja Karolyì nach St. Petersburg. Dort will sie sich nicht nur vor Dracize verstecken, sondern nach dem Blutfürst Alexander suchen, um sich an der Ermordung ihrer Familie zu rächen.
Katja bewirbt sich bei der Opernsängerin Olga Petrowa, die Geschäfte mit dem Blutfürst betreibt. Olgas Elevinnen sind nicht nur künstlerisch begabt, sondern werden auf dem Gebiet lustvoller Verführung geschult.
Katja erringt die Aufmerksamkeit des Blutfürsten und glaubt sich am Ziel, denn nur in seinen Armen kann sie ihn vernichten. Doch allen guten Vorsätzen zum Trotz erliegt sie seiner Ausstrahlung und seinen Verführungskünsten - Katjas Racheplan gerät ins Wanken.
Sie ahnt nicht, dass Anton Drazice auf der Suche nach ihr bereits in St. Petersburg angekommen ist, denn Katja ist sein Tribut für seinen Pakt mit den Schattendämonen gegen den Butfürsten …

Der Abschlussband der Dcera-Trilogie.

Über die Autorin

Kim Landers lebt in der Nähe von Hannover. Unter ihrem richtigen Namen veröffentlichte sie bereits mehrere Liebesromane und eine Vampirtrilogie. Als Kim Landers schreibt sie erfolgreich für verschiedene Verlage in den Genres Romantic Fantasy und erotische Fantasy.

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Weitere Teile der Dcera Serie

Leseprobe

Verräter mussten bestraft werden. Keiner entging dem Blutfürsten. Weder die Bauern, die einen abtrünnigen Vampir deckten, noch Anton Drazice, der bei ihnen Unterschlupf gesucht hatte.
Alexander ritt durch das flammende Inferno. Jede brennende Hütte erfüllte ihn mit Genugtuung. Alles würde er dem Erdboden gleichmachen. Die Menschen stoben in Panik schreiend auseinander wie ein aufgescheuchter Haufen Ameisen. Seine Häscher würden einen nach dem anderen wie Insekten aussaugen. Alexander ballte die Hand zur Faust. Geschah ihnen recht. Jeder bekam seine strafende Hand zu spüren, der gegen ihn rebellierte. Was bedeuteten schon sterbliche Schicksale gegen die Ewigkeit? Sie kümmerten ihn nicht, vielmehr trachtete...

...er danach, den verräterischen Vampir zu finden. Er würde ihn an einen Pfahl binden und der aufgehenden Sonne aussetzen. Jeder Zentimeter seines toten Fleisches sollte verbrennen.
Seit Jahren verfolgte er Drazice. Doch irgendwie war es diesem immer wieder gelungen, zu entwischen. Es war wie verhext. Sobald er glaubte, den Vampirbaron stellen zu können, glitt er ihm aus der Hand wie ein Fisch. Das ärgerte Alexander maßlos. Seit über hundert Jahren jagte er den Baron quer durch Osteuropa, von Prag über die Karpaten. Dabei ging es nicht um dessen Blut- und Hurengeschäfte, sondern um dessen Bestreben um einen heimlichen Pakt mit den Schattendämonen, der die dunkle Welt bedrohte. Drazice war unberechenbar und machtgeil. Für das Erreichen seiner Ziele wäre er zu allem bereit, selbst Alexander zu vernichten, um die Vormachtstellung in Osteuropa zu erlangen.
Vor einem Vierteljahrhundert hatte Drazice sich mit einem Schattendämon verbündet. Seitdem trug er ihn in seinem Körper. Es war auch für einen Vampir gefährlich, sich mit einem Dämon einzulassen, weil dieser stets die Oberhand über seinen Wirt gewinnen wollte. Alexander hatte erlebt, wie Schattendämonen ihre Opfer ins Verderben trieben. Nur wenn ein Vampir den Kampf gegen seinen inneren Dämon gewann, erlangte er unermessliche Kraft. Drazices Ziel war es, die uneingeschränkte Herrschaft über die Geschöpfe der Nacht zu bekommen, gleichgültig zu welchem Preis. Mit jedem Tag, der verstrich, festigte sich das Bündnis zwischen dem Schattendämon und dem Vampir. Alexander befürchtete, dass der Dämon unterlag und ein Verschmelzen zuließ. So weit durfte es nicht kommen. Nicht, wenn er es verhindern konnte.
Er war der Blutfürst, Fürst aller Dämonen und Vampire, und vereinte beide Blutlinien in sich. Alle hatten sich ihm zu beugen, auch Drazice. Niemand durfte die Schattendämonen gegen ihn aufwiegeln. Ein Knurren entstieg Alexanders Kehle, als er Drazices Gesicht vor seinem geistigen Auge sah. Gleich würde er ihn zu fassen bekommen und wenn nötig den Dämon aus dessen totem Leib schneiden. Doch noch hatten seine Gefolgsleute ihn nicht gefunden.
Irgendwo musste dieser elende Vampir sich doch verstecken. Die Bluthuren hatten Drazices Anwesenheit verraten. Als er schließlich mit seinem Gefolge das Dorf erreicht hatte, schien Drazice wie vom Erdboden verschluckt. Wenn er auch alle Hütten niederbrennen und die Dorfbewohner den Werwölfen opfern müsste, er würden diesen niederträchtigen Vampir finden.
Einer seiner Gefährten ritt ihm entgegen.
„Und?“ Alexander brannte auf eine Erfolgsmeldung. Doch die Hoffnung schwand im selben Moment, als sein Getreuer den Kopf schüttelte. Noch immer keine Spur von Drazice? Das konnte doch nicht möglich sein.
Alexander beschloss, sich selbst auf die Suche nach ihm zu begeben. Seine dämonische Seite besaß Sinne, noch schärfer als die eines Vampirs. Nicht die feinste Vibration würde ihm entgehen. Der Schattendämon in Drazice würde ihn verraten.
Entschlossen drückte Alexander seinem Hengst die Sporen in die Flanken und galoppierte zwischen den brennenden Häusern hindurch, gefolgt von seinen Gefährten. Die Todesschreie der Sterbenden prallten an ihm ab. Was bedeutete schon das Leben eines Menschen? Attraktiv waren ihre Körper nur für eine kurze Weile, bis sie mit fortschreitender Zeit wie welke Blätter verdorrten. Oft genug hatte er zwischen den Schenkeln der sterblichen Frauen gelegen, um von ihnen Lust zu erfahren, und für einen Augenblick Befriedigung gefunden. Doch schnell langweilten sie ihn. Nur seine Beziehung zu Ludmila hielt länger als gewöhnlich. Mittlerweile sah er sich nach frischem Blut um, weil die Lust allmählich abflaute. Die ersten Anwärterinnen gehörten zu Olgas Elevinnen. Die Ausbilderin galt als Meisterin der Lust. Sie bildete Gesangs- und Schauspielschülerinnen aus und wies sie gleichzeitig in die Kunst der Verführung ein. Das barg den Vorteil für die Elevinnen, mithilfe ihrer Liebeskünste einen Gönner für sich zu gewinnen, der ihr Talent förderte.
Auch Ludmila gehörte dem Schauspielressort an und war allein durch Alexanders Fürsprache an den bekanntesten Theatern Sankt Petersburgs zu einer der begehrtesten Akteurinnen avanciert. Schnell zählte sie zu den meist umworbenen Frauen der Stadt. Stets bemühte sie sich, Alexander zu gefallen, und gab sich ihm willig hin, wann immer es ihn nach ihr gelüstete. Tabus waren ihr fremd. Es gab keine Liebesstellung, die sie scheute. Am meisten genoss sie es, sich devot zu geben und nach Bestrafung zu verlangen. Nur bereitete es ihm wenig Vergnügen, ihren Hintern mit der Reitgerte zu züchtigen, bis sie sich vor Lust unter ihm wand. Begierde entflammte bei ihm dabei nie. Alexander mochte es zwar, die Frauen zu unterwerfen, aber er wollte keine zu seiner Sklavin machen. Vielmehr schätzte er es, wenn eine Frau ihm Paroli bot. Leider war er bislang keiner begegnet, die ihn mit weiblicher Raffinesse verführte und andererseits stark und stolz war.
Als er Ludmila zum ersten Mal bei Olga gesehen hatte, war er von ihrer Schönheit und Anmut eingenommen gewesen. Die rassige Moskauerin zeigte ihm die kalte Schulter, was ihn nur noch mehr faszinierte und den Jagdtrieb in ihm auslöste. Er musste sie besitzen, sie zu seiner Geliebten machen.
Von seiner Mätresse verlangte er ausnahmslose Loyalität. Dieser Vampir hatte es tatsächlich gewagt, nicht nur seine Favoritin gegen ihn aufzuhetzen, sondern hatte Unruhe unter allen Vasallen gestiftet. Sehr schnell hatte Alexander die Gefahr, die von Drazice ausging, erkannt und sie im Keim erstickt, bevor sie sich zu einem Flächenbrand entwickelte. Noch heute erfüllte ihn das mit Zorn. Alexander duldete diese Anmaßung nicht. Niemals. Er würde den Respekt verlieren, wenn er sich seines Gegners nicht entledigte. Also drohte er, Drazice aus Russland zu jagen.
Nie würde Alexander das hasserfüllte Funkeln in den Augen des Vampirs vergessen. Fast hatte Alexander geglaubt, Anton Drazice würde aufbegehren. Als er in dessen Augen das blaue Dämonenfeuer aufflackern sah, wusste er, dass der Baron sich noch höhere Ziele gesteckt hatte. Alexander war klar, einen neuen Gegner zu besitzen, den er nicht unterschätzen durfte. Der Vampir würde nicht zögern, sich bei passender Gelegenheit an ihm zu rächen. Zu Alexanders Unmut fand Drazice auch noch Verbündete unter den Schattendämonen und seinen Untertanen.
Keuchen und Kampfgeräusche rissen Alexander aus seinen Erinnerungen. Nicht weit vor ihm stand eine junge Frau, kaum den Mädchenschuhen entwachsen, die sich mit einem brennenden Axtstiel gegen zwei Werwölfe verteidigte.
Neugierig ritt er auf die drei zu, um sich das Geschehen näher zu betrachten. Wie lange mochte die Sterbliche sich gegen die Geschöpfe der Dunkelheit verteidigen? Dieser ungleiche Kampf könnte amüsant werden, wenn er länger anhielt, auch wenn der Ausgang vorhersehbar war.
Einen Steinwurf entfernt zügelte er sein Pferd und bedeutete seinen Gefährten mit einer Geste, nicht einzugreifen. Die Schwarzhaarige von vielleicht zwanzig Jahren war von außergewöhnlicher Schönheit. Ihr fein geschnittenes Gesicht mit den klassischen Zügen und den hohen Wangenknochen einer römischen Göttin berührte etwas in ihm. Fast verspürte er so etwas wie Mitleid, weil sie gegen die Werwölfe chancenlos war. Umso mehr bewunderte er, wie sie sich voller Verzweiflung wehrte. Sie bewegte sich mit einer überraschenden Wendigkeit und gleichzeitigen Anmut, wie Diana, die Göttin der Jagd, auf einem der Gemälde in seinem Palast.
Er lächelte, als er erkannte, dass sie ihre Gegner geschickt auf Distanz hielt. Wer war sie, dass sie dem Angriff der Werwölfe standhielt? Sie blutete an der Schläfe. Als die Werwölfe ihre Angriffsposition änderten, schien sie für einen Moment irritiert und ihre Hiebe liefen ins Leere. Ein Prankenhieb traf sie am Hals. Aus der Wunde sickerte ein fingerdicker Blutstrahl und rann in ihren Kragen. Alexander stand kurz davor, den Kampf zu unterbrechen, denn er wollte nicht zulassen, dass ihre zarte Haut noch eine weitere Blessur davontrug. Wie gern hätte er sie berührt, um sich davon zu überzeugen, ob sie sich genauso weich anfühlte, wie er vermutete. Er schüttelte über sich selbst den Kopf. Was fiel ihm ein? Vielleicht war sie, was Männer betraf, völlig unerfahren. Jungfrauen hatten ihn nie interessiert und würden es auch in Zukunft nicht. Es übte auf ihn keinen Reiz aus, eine Unerfahrene in die Gefilde der Lust zu führen. Ein Erlebnis vor einem halben Jahrhundert hatte ihn gelehrt, dass Unerfahrenheit ihn mit der Zeit schnell langweilte. Was jedoch hatte diese Frau an sich, dass sie ihn trotz ihres Alters derart in den Bann zog? Es musste der unverbrauchte, süße Geruch ihres Blutes sein und die Frische der Jugend.
Sie stand an der Schwelle zur reifen Frau. Er wollte, er musste sie kennenlernen.
Bist du von Sinnen? Zum Teufel mit ihr.
Als einer der Werwölfe seine Pranke hob, um ihr den Stock aus der Hand zu schmettern, hielt Alexander den Atem an. Dennoch zögerte er einzugreifen. Würde sie aufgeben oder bis zum letzten Atemzug um ihr Leben kämpfen? Er musste wissen, wie weit ihr Mut und Überlebenswille reichten.
Ehe der Werwolf den Stock ergriff, holte sie mit dem brennenden Holz blitzschnell aus und traf ihn an der Klaue. Ihr Gegner jaulte auf und alarmierte die anderen des Rudels. Schon stürzte sich ein zweiter auf sie, während ihm vor Zorn der Geifer aus dem Maul tropfte. Die anderen umzingelten die junge Frau. Gespannt wartete Alexander darauf, ob sie jetzt angesichts der Gefahr weinend zusammenbrechen und den Bestien ihre Kehle darbieten würde. Tapferkeit verdiente nicht den Tod.
Im Schein des Feuers schimmerte ihre Haut wie Alabaster. Unter ihrer Haut pulsierte die Halsschlagader, und er hörte ihren Puls. Mit jedem Pumpen ihres Herzens verbreitete sich der Duft ihres Blutes. Gierig sog er ihn auf. Er war köstlich, verführerisch und lenkte seine Gedanken in eine andere, nicht gewollte Richtung. Kleine Brüste zeichneten sich unter der verschmutzten Kleidung ab und ließen sein Glied anschwellen. Wütend über die Reaktion seines Körpers biss er sich auf die Lippen.
Verzweiflung lag in der Miene der Schwarzhaarigen, die seine Anwesenheit scheinbar bis jetzt immer nicht bemerkt hatte. Sie wehrte sich noch immer, obwohl die Erschöpfung ihre Bewegungen langsamer werden ließ. Bald würde sie zusammenbrechen, und die Werwölfe würden voller Gier ihren begehrenswerten Körper zerfetzen.
Pass auf! Nur mit Mühe hielt Alexander den Warnruf zurück, als einer der Werwölfe hochsprang und bereits mit der Pranke zum Schlag ausholte. Im selben Augenblick duckte sie sich blitzschnell und sprang zur Seite. Wieder auf dem Boden gelandet, wandte sie den Kopf in Alexanders Richtung. Für Sekunden schien die Luft zu flirren. Ihre blauen Augen wirkten starr und sahen durch ihn hindurch. Erst jetzt erkannte er ihre Blindheit. Umso bewundernswerter erschien ihm ihr Mut. Alexander drückte die Sporen in die Flanken seines Hengstes.
„Halt!“ Alexanders voluminöse Stimme tönte durch die Nacht, den Werwölfen Einhalt gebietend. Sie wagten nicht, dem Herrscher des dunklen Russlands zu widersprechen, obwohl in ihren Mienen Unmut lag.
Wütendes Knurren folgte, aber keiner von ihnen trat einen Schritt vorwärts. Keuchend den Stock mit beiden Händen fest umklammert, stand die furchtlose Kämpferin da.
Einer der Werwölfe, von seiner Gier nach Fleisch übermannt, ignorierte Alexanders Befehl und preschte vor. Noch im Sprung entflammte ihn der Blick des Blutfürsten.
Die Bestie brüllte auf, als Flammen aus seinem Leib schlugen, und knallte auf den Boden. In wenigen Sekunden war von dem Körper nicht mehr als ein Aschehaufen übrig, den die anderen Wölfe anstarrten.
„Niemand widersetzt sich meinem Befehl!“, donnerte Alexanders Stimme.
Er sprang vom Pferd und bedeutete seinen Begleitern mit einer Geste, zurückzubleiben.
Die junge Frau sank auf die Knie. Ihr Brustkorb hob und senkte sich in schnellem Rhythmus und sie zitterte am ganzen Leib. Alexander sah, wie ihre Finger sich öffneten und der Stock auf den Boden fiel. Sie verdrehte die Augen und kippte zur Seite.
Mit weit ausholenden Schritten lief er auf sie zu, begleitet von den respektvollen Blicken der Werwölfe. Alexander packte das Mädchen an den Schultern, bevor es auf den Boden sackte und blickte auf sie herab. Der Duft ihres Blutes stieg in seine Nase und benebelte seine Sinne. Eine Mischung aus harzigem Holz und Waldhonig.
Sie drohte ohnmächtig zu werden. Lange würde er die Werwölfe nicht davon abhalten, über sie herzufallen, Geifer tropfte ihnen aus dem Maul Sie musste ihre Benommenheit abschütteln, wenn sie eine Chance auf Flucht haben wollte.
„Komm zu dir!“, forderte er und tätschelte ihre Wangen.
Leben kehrte in ihren Körper zurück. Einen Moment lang überlegte er, sie an den Schultern hochzureißen und ihr den Gehorsam einzubläuen, bis er diesen Gedanken wieder verwarf. Irgendetwas hatte sie an sich, das ihn auf eine seltsame Art fesselte und eine unbekannte Welle von Zärtlichkeit aufsteigen ließ.
Er legte einen Finger unter ihr Kinn und hob es sanft an.
Über ihren blauen Augen lag ein silbriger Schleier. Dennoch besaßen sie eine seltene Klarheit, wie er es noch nie bei einer Sterblichen gesehen hatte. Lange, schwarze Wimpern warfen Schatten auf die Porzellanwangen. Er roch die Angst in ihrem Schweiß. Irgendetwas an ihrem Gesicht erinnerte ihn an dunkle Geschöpfe. Doch ihre Körperwärme sprach dagegen. Die wildesten Fantasien rotierten in seinem Kopf. Ein tiefer Laut des Unmuts drang aus seiner Kehle. Selbst wenn er Spaß daran besäße, ihr die Unschuld zu nehmen, nicht einmal eine reife Frau vermochte es, auf Dauer Begierde in ihm zu wecken. Seinen Erfahrungen zufolge hatte er sich deshalb geschworen, keiner Jungfrau seine Gunst zu schenken. Dennoch zogen die weichen Rundungen ihrer Brüste seinen Blick wie magisch an. Sie versteifte sich, als spürte sie sein Interesse an ihrem Körper. Alexander lächelte, denn er war sich seiner Wirkung auf Frauen durchaus bewusst, der sich auch ein junges Mädchen wie sie nicht entziehen konnte. Sein dämonischer Blick schmolz jede Gegenwehr beim weiblichen Geschlecht.
Alexander fiel es schwer, sich von dem reizvollen Anblick loszureißen. Die Kuppe seines Daumens, die noch immer auf ihrem Kinn ruhte, prickelte noch immer. Als hätte er sich verbrannt, zog er seine Hand hastig zurück. Was hatte sie nur an sich, dass sein Körper derart verrückt spielte?
„Warum tötet Ihr mich nicht? Ich fürchte mich nicht vor dem Tod!“, flüsterte sie und unterbrach seine Gedanken. Sicher hätte Olga an ihrer Schönheit Freude. Für einen Augenblick war er versucht, die junge Frau in die Obhut der Sängerin zu geben, wo sie sicher wäre und bis er sich eines anderen besann. Er hatte schon viele der Mädchen Olgas geübten Händen überlassen. Eine unbekannte Scheu hielt ihn zurück, diese hier der Liebesschule zu überlassen. Sie bedurfte keiner Schule, denn sie besaß eine seltene Natürlichkeit, die erhalten werden musste. Wenn sie einem Vampir wie Drazice in die Hände fiele, würde ihr Leben bald enden. Ihr Körper würde verkauft werden. Die Vampire würden sich einer nach dem anderen an ihr vergehen. Binnen kurzer Zeit würde ihr Blut schal schmecken und der unschuldige Ausdruck in ihren Augen weichen. Bei diesem Gedanken verspürte Alexander Zorn in sich aufsteigen. Als wenn er irgendwelche Ansprüche auf sie erheben könnte!
Abrupt ließ er sie los, und sie versuchte, sich abzufangen. Sie wäre der Länge nach hingeschlagen, hätte er nicht erneut zugefasst. Jetzt lehnte ihr Gesicht an seiner Brust. Sie keuchte und ihre Finger krallten sich in seine Arme. Er konnte ihren schnellen Herzschlag hören und das Blut, das wild durch ihre Adern pulsierte. Die Wärme ihres Körpers durchdrang seine wollene Jacke. Unwillkürlich presste er sie fester an sich. Tief sog er ihren Geruch ein und das Verlangen, davon zu kosten, wurde in ihm übermächtig. Doch viel mehr bereitete ihm seine wachsende Erregung Sorge. Als hätte sie seine Gedanken gelesen, stemmte sie die Hände gegen seinen Brustkorb. Obwohl sein Verstand ihm riet, sie sofort loszulassen, weigerte sein Körper, dem Befehl zu folgen. Stattdessen legte er eine Hand auf ihren Rücken und presste sie nur noch fester an sich. Nur mit Mühe unterdrückte er sein Verlangen und redete beruhigend auf sie ein.
„Nichts wird dir geschehen. Fürchte dich nicht“, raunte er ihr zu.
Für einen Moment erlahmte ihre Gegenwehr und sie blickte zu ihm auf, als könnte sie ihn sehen.
„Wer seid Ihr? Warum? Was habt Ihr mit mir vor?“
Ihre Stimme klang heiser und außergewöhnlich sinnlich für eine Frau ihres Alters. Im Laufe der Jahrhunderte war er vielen begehrenswerten Frauen begegnet, hatte genügend Erfahrungen gesammelt. Warum zur Hölle ließ er sich dann von ihr irritieren? Schluss. Aus. Vorbei. Sie war eine überaus mutige Frau, wenn auch nur eine Sterbliche.
„Einer, der deinen Mut bewundert. So was darf nicht bestraft werden.“
„Ich lasse mich doch nicht von diesen Bestien fressen.“ Sie besaß einen leichten Akzent. Dann reckte sie ihr Kinn empor. Stolz war sie auch noch.
„Höre ich da einen gewissen Eigensinn heraus?“ Welchen Spaß würde es ihm bereiten, diese Range zu bändigen, sie gehörig übers Knie zu legen. Bei der Vorstellung, sie quer über seinen Schenkeln liegen zu lassen und ihr Gesäß unter seiner Handfläche zu spüren, regte sich erneut sein Glied. Langsam wurde er zornig auf sich selbst. Nie hatte er solche Schwäche gezeigt. Wütend presste er die Lippen zusammen und unterdrückte ein Knurren.
Mit jedem Wort, jeder Geste fand er sie anziehender. Einen Augenblick lang war er versucht, sie in seinen Palast zu entführen, um sich selbst ihrer Erziehung zu widmen. Allein die Stimme der Vernunft hielt ihn zurück.
Was wollte er sich mit einer Unerfahrenen belasten? Und wenn er auch noch an Ludmila, seine Mätresse, dachte… Sein Ansehen in Sankt Petersburg würde sinken. Noch dazu, wo er einen Gegner wie Drazice besaß, konnte er sich das nicht leisten.
Alexander erstarrte, als die junge Frau unerwartet eine Hand hob und sanft über sein Gesicht strich, als wollte sie sich jede Kontur einprägen. Nach wenigen Atemzügen prickelte es auf seiner Haut, als hätte er sich verbrannt. Er widerstand dem Wunsch, sie ungestüm in die Arme zu reißen, um seinen Mund auf ihren zu pressen.
„Euer Gesicht …“
Er hielt ihre Hand fest und schob sie derb von sich. „Niemand darf mich berühren. Und jetzt lauf, bevor ich es mir noch anders überlege und dich den Werwölfen überlasse!“
Sie zitterte und zögerte einen Moment.
„Hast du mich nicht verstanden? Lauf, wenn dir dein Leben lieb ist. Lauf!“
Schwankend drehte sie sich um und torkelte die Straße entlang, die aus dem Dorf führte. Die Werwölfe sahen ihr knurrend und Zähne fletschend hinterher. Allein Alexanders Anwesenheit hielt sie zurück, dem Mädchen zu folgen. Jeder von ihnen war begierig darauf, sie in Stücke zu reißen. Ihre hungrigen Blicke folgten ihr, obwohl sie ihre Fressgier kaum noch im Zaum zu halten vermochten.

Fort, nur fort von hier und nicht umdrehen. Katja stolperte die unebene, vereiste Dorfstraße entlang. Hin und wieder glitt sie aus, fing sich aber jedes Mal ab. Tränen rannen über ihr Gesicht. Wenn sie doch nur etwas sehen könnte. Doch vor ihren Augen blieb es dunkel. Würde sie etwa für immer blind bleiben? Die Verzweiflung drückte ihre Kehle zu. Nur ihrem Dcera-Sinn verdankte sie es, sich trotz der Blindheit zurechtzufinden. Wie bei einem Tier stellten sich alle Härchen auf. Sie reagierten hochsensibel auf jede Bewegung und Temperaturveränderung. Die Todesschreie der letzten Dorfbewohner waren verklungen. Erschöpft und atemlos blieb Katja stehen und lauschte. Neben ihr hörte sie das Feuer lodern und hinter sich das Knurren der Werwölfe. Der Wind kühlte ihre erhitzte Haut und trug die letzten Rauchschwaden mit sich.
Deutlich spürte sie auf ihrer Handfläche noch den Abdruck des markanten Gesichts ihres Retters. Seine Kontur hatte sich ihr eingeprägt. Die gerade Nase mit dem schmalen Rücken, seine sinnlichen Lippen und die bartlosen Wangen. Alles hatte sich angenehm glatt und warm angefühlt. So angenehm, dass sie ihn am liebsten länger berührt hätte. Überall hatte es auf ihrer Haut gekribbelt. Nie hätte sie gedacht, dass sich ein Mann so gut anfühlen konnte, viel besser als ein Vampir. Er musste ein Sterblicher sein und trotzdem gehorchten ihm die Werwölfe? Der Blutfürst? Doch weshalb fehlt ihm der typische Vampirgeruch, und vor allem, warum hatte er sie verschont? Fragen über Fragen, auf die sie keine Antwort wusste.
Zweifel stiegen in ihr auf, er hätte ihr nur einen gewissen Vorsprung gewährt, bevor die Werwölfe sie einholten. Sie schüttelte den Kopf. Eine Stimme tief in ihrem Innern wehrte sich gegen diese Vorstellung. Er hatte ihr das Leben gerettet. Hätte er gewollt, wäre sie längst nur noch ein Klumpen Fleisch. Es half ihr nicht einen Deut, über ihn zu sinnieren. Sie musste weiter. Sankt Petersburg war in der Nähe, das wusste sie von Drazice. Wenn es ihr gelänge, die Stadt zu erreichen, wäre sie einigermaßen sicher. In der Stadt fiel es leichter, unerkannt zu bleiben und Menschen zu finden, die ihr helfen konnten.
Doch bei diesen eisigen Temperaturen musste sie sich beeilen. Der Wind war zu einem Sturm geworden, der neuen Schnee verkündete. Es war riskant, sich bei dieser Witterung auf den Weg zu begeben. Sie könnte erfrieren.
Die ersten Schneeflocken fielen bereits. Nach kurzer Zeit fühlte sich ihr Gesicht erfroren an. Immer wieder klopfte sie mit den Händen gegen ihre Wangen. Sie zog den Kragen enger um den Hals und stapfte in gebeugter Haltung weiter, gegen den immer heftiger werdenden Schneesturm. Die eisige Luft brannte in ihrer Kehle. In Gedanken ging sie noch einmal die Szene im Dorf durch. Ihre Angst vor dem Feuer und ihr Kampf gegen die Werwölfe. Das war jedoch nichts im Vergleich zur Berührung ihres Retters, die ihr mehr Angst bereitet hatte, als ihr lieb war.
Sie hoffte so sehr, ihm eines Tages wiederzubegegnen. Und wenn er sich nur dieses eine Mal als gnädig erwiesen hat, dich zu verschonen?
Ganz in Gedanken versunken hatte Katja die Orientierung verloren. Wo war denn nur die Straße nach Sankt Petersburg? Irgendwann musste sie doch darauf treffen. Nässe war durch ihre Stiefel gedrungen, und ihre Zehen fühlten sich taub an. Während sie hier um ihr Leben kämpfte, saß Drazice sicher gut gelaunt in einem der vielen Wirtshäuser vor einem Becher Wodka und amüsierte sich über das naive Mädchen, das den Werwölfen zum Opfer gefallen war. Katja lief die Galle über. Aber der Tag der Rache rückte näher. Das hatte sie sich geschworen. Irgendwann würde sie ihn erlegen. Sie konnte nicht lächeln, denn ihre Lippen waren aufgesprungen.
Mit Vergnügen würde sie dem Dasein dieses blutrünstigen Vampirs ein Ende setzen. Sie hasste ihn und alle anderen Blutsauger.
Aber in deinen Adern fließt doch auch Vampirblut, meldete sich eine innere Stimme. Daran wollte sie lieber nicht erinnert werden. Sie hasste diese zweite Natur, die sie ins Unglück gestürzt hatte. Wenn sie erwachsen war, würde sie wie ihre Mutter Vampire jagen und vernichten. Mit dem größten Vergnügen. Warum musste nur alles immer so lange dauern?
Die eisige Luft schmerzte in ihren Lungen, und sie zitterte am ganzen Leib. Ihre Beine wurden mit jedem Schritt schwerer. Lange könnte sie diesem Unwetter nicht mehr standhalten. Es war nur eine Frage der Zeit, bis ihre Glieder den Dienst versagten und sie in den Schnee stürzen würde. Dann wäre ihr Tod gewiss. Die Winter in Russland waren besonders hart und nicht mit denen Prags zu vergleichen. Das Klima hier war rauer und bedurfte besonderer Vorsicht. Das hatte sie am eigenen Leib zu spüren bekommen.
Weiter, du musst weiter!, trieb sie sich an und setzte einen Fuß vor den anderen. Immer tiefer versank sie im Weiß. Irgendwann übermannte sie die Erschöpfung und Katja strauchelte. Sie fiel der Länge nach in den Schnee. Ihre Glieder waren so steif, dass sie sich nicht mehr aufrappeln konnte. Alles erschien ihr mit einem Mal gleichgültig und belanglos. Sie wollte nur noch liegen blieben und sich ausruhen, denn sie war müde. Sehr müde. Immer wieder fielen ihr die Augen zu. Katja träumte vom väterlichen Schloss und glaubte, die Stimmen ihrer Eltern zu hören, die nach ihr riefen.
„Ich komme!“, antwortete sie. Aber es klang mehr wie ein Krächzen. Sie sah das Feuer im mannshohen Kamin der Bibliothek prasseln. Langsam schritt sie darauf zu und hielt die Hände über die Flammen. Das tat gut. Ihr Vater saß wie jeden Nachmittag am Sekretär. Er blickte von den Papieren auf und lächelte sie an. Sie war endlich wieder zu Hause …

Aus einem unerklärlichen Grund verspürte Alexander den Wunsch, der Schwarzhaarigen zu folgen.
Noch nie hatte er sich für das Schicksal einer Sterblichen interessiert. Weshalb dann bei ihr? Sie musste eine Hexe sein, die ihn durch magische Fähigkeiten in den Bann zog, anders konnte er es sich nicht erklären.
An ihren Spuren im Schnee erkannte er, dass sie ohne Augenlicht orientierungslos herumirrte. Sie lief im Kreis, dann wieder im Zickzack.
Sein Hengst fiel in den Trab und nach kurzer Zeit hatte er sie bereits eingeholt. Sie war mitten in den tiefen Schnee gelaufen, jeder Schritt von ihr wirkte mühsam. Mit vorgestreckten Armen versuchte sie, den Weg und die Umgebung zu ertasten. Anstatt zum nächsten Dorf zu laufen, ging sie zielstrebig in die entgegengesetzte Richtung. Als er ihr sich näherte, stoppte sie kurz.
„Hallo? Ist da jemand?“
Aber Alexander antwortete ihr nicht, sondern wollte sie nur beobachten. Er zügelte sein Pferd und betrachtete sie. Sie zitterte am ganzen Körper wie Espenlaub und verschränkte die Arme vor der Brust, als könnte sie sich so vor der Kälte schützen. Ihre Lippen waren blau angelaufen. In ihrem Haar glitzerten Eiskristalle. Ihre blauen Augen blickten fragend in seine Richtung, und er fragte sich, ob sie überhaupt etwas sehen konnte. Ihre Hilflosigkeit rührte ihn und er war nicht nur einmal versucht, sie vor sich auf den Sattel zu ziehen und in seinen Zobel einzuhüllen. Verzweiflung und Furcht lagen in ihrer Miene. Alexander streckte eine Hand aus, als könnte er sie berühren. Was hatte diese Frau nur an sich, dass sie in ihm Gefühle weckte, von deren Existenz er nie etwas geahnt hatte?
Sie wandte sich um und stapfte weiter. Ihr Keuchen wurde lauter. Immer wieder knickten ihre Beine ein. Doch sie besaß einen ungeheuren Überlebenswillen, der sie dazu trieb, sich immer wieder aufzurichten. Alexander folgte ihr in gebührendem Abstand. Sie steuerte direkt auf einen Baum zu. Spürte sie denn nicht wenigstens, dass dieser ihr im Weg stand? Noch immer schritt sie darauf zu. Kurz davor streckte sie ihre Arme vor und tastete durch die Luft. Vermutlich hätte sie den Stamm rechtzeitig bemerkt, aber nicht die knorrige Wurzel, die aus dem Weiß herausragte. Alexander wollte sie warnen. Zu spät. Sie stürzte darüber und fiel mit dem Gesicht in den Schnee. Alexander wartete ab, ob sie sich erneut aufrappelte. Doch dieses Mal blieb sie reglos liegen.
Er trabte auf sie zu und sprang ab. Jemand, der so stark und mutig war und so schön, noch dazu in der Blüte ihrer Jahre, durfte nicht auf diese Weise enden. Mit wenigen Schritten war er an ihrer Seite und beugte sich zu ihr herab. Ihr Herzschlag war kaum zu fühlen, ihre Atmung flach. Ihre Glieder waren weiß und steif wie die einer Porzellanpuppe. Er hob sie auf die Arme und trug sie zu seinem Pferd. Ihr Kopf ruhte an seiner Brust. Ihr Haar roch nach Rauch, aber ihr Blut umso süßer. Er drückte die süße Last an seinen Körper. Das Leinenhemd klebte feucht an ihrem Leib und gab jede Rundung preis. Die Knospen ihrer Brüste schimmerten durch den Stoff. Seine Hand unter ihrer Achsel berührte ihre Brust. Sie besaß kleine, feste Brüste wie die Statue der Aphrodite in seinem Schloss. Er betrachtete ausgiebig ihr Gesicht, an dem er sich nicht sattsehen konnte. Die Ebenmäßigkeit ihrer Züge faszinierte ihn. Noch nie hatte er eine solch schöne Frau wie sie gesehen. In ihm wuchs der Wunsch, sie zu küssen. Sicher schmeckte ein Kuss von ihr süß wie das Bouquet ihres Blutes. Alexander. Ihre Lippen formten Wörter, aber es kam kein Ton heraus. Sie wog kaum mehr als ein halbwüchsiges Mädchen. Selbst bei der knabenhaften Figur war sie viel zu dünn. Deshalb spürte er kaum ihr Gewicht, als er mit ihr aufs Pferd stieg. Behutsam setzte er sie vor sich in den Sattel und hüllte sie in seinen Zobel ein. Er überlegte, sie direkt in Olgas Obhut zu geben. Doch schnell verwarf er diesen Gedanken wieder, denn sie würde den Weg bis Sankt Petersburg auf dem Pferderücken nicht lebend überstehen. Deshalb wendete er sein Pferd und schlug den Weg zu einem Dorf ein, nicht weit entfernt, dessen Bewohnern er vertrauen konnte.
Sie zu halten, fühlte sich seltsamerweise vertraut an. Noch nie war er mit einer Frau zusammen auf einem Pferd geritten. Er war sich ihrer Nähe, ihres Körpers nur zu deutlich bewusst. Sie lehnte mit dem Rücken gegen seinen Burstkorb. Er hielt sie fest mit einem Arm umfangen, weil er befürchtete, sie könnte zur Seite kippen und aus dem Sattel rutschen. Die Sattelfläche war groß genug für beide, aber ihr Po rieb im Rhythmus des Pferdeschritts an seinem Glied. Alexander spürte, wie die Erregung von ihm Besitz ergriff und er eine Erektion bekam. Das ständige Reiben ihres Hinterteils an seinem Geschlecht war derart erregend, dass er an sich halten musste, um sie nicht zu nehmen. Allein sein Gewissen hielt ihn zurück. Sein Körper war angespannt bis in den kleinen Zeh. Wie sollte er das noch länger aushalten? Er beugte seinen Kopf herab zu ihrer Halsbeuge und sog tief ihren Geruch ein, eine Mischung aus Rauch und wildem Honig.
Ihr Körper wurde allmählich wärmer und mit der steigenden Temperatur wurde sie unruhiger. Er hörte ihr Herz schneller schlagen. Das Leben war wieder in sie zurückgekehrt.
„Elena …“, wisperte sie.
Er legte sein Ohr an ihren Mund, um sie besser zu verstehen. Sie redete wirr von Messern und Pferden. Immer wieder rief sie nach Elena. Wer mochte diese Elena sein? Ihre Schwester?
Als er ein Feld überquert hatte, lag zu seinen Füßen das kleine Dörfchen. Vor dem Ort erkannte er aus der Ferne die Wagen eines Wanderzirkus. Langsam ritt er darauf zu. Der Zirkus warb mit einer Attraktion, einer Artistin mit arabischen Pferden. Die untere Seite eines Plakats, das an einem der Wagen befestigt war, flatterte im Wind. Alexander ritt daran vorbei und hielt es fest. Ein steigendes Pferd war darauf zu erkennen und seine Reiterin.
Elena, die todesmutige Reiterin, stand in großen Lettern darüber. Meinte die Schwarzhaarige vielleicht diese Elena? Gehörte sie zum Zirkus? Das könnte ihre Geschmeidigkeit und ihre Geschicklichkeit erklären, wie sie gegen die Werwölfe vorgegangen war. Die junge Frau unter seinem Mantel zuckte, richtete sich auf und schlug um sich. Sie träumte wie ein aufgewühltes Kind. Tränen liefen ihre Wangen hinab.
„Alles ist gut, Kótjenka“, flüsterte er und streichelte ihr übers Haar. Er wusste nicht, weshalb er diesen Kosenamen benutzte und weshalb ausgerechnet sie zärtliche Gefühle in ihm weckte. Er verglich sie mit einem scheuen Kätzchen.
Es dauerte eine Weile, bis sie sich beruhigt hatte. Mit einem tiefen Seufzer sank ihr Kopf wieder zurück an seine Brust. Ihre Stirn war glühend heiß. Alles, was sie jetzt brauchte, war Ruhe.
Alexander streckte den Arm aus, um an den Wohnwagen zu klopfen, als er ein Geräusch hörte, das ihn an das Spannen eines Bogens erinnerte. Jemand stand hinter ihm, er hörte das Atmen.
„Bleibt, wo Ihr seid.“
Alexander wandte den Kopf und erkannte eine Frau von etwa dreißig, mit wallendem Kupferhaar wie auf dem Plakat. Ihre grünen Augen funkelten ihn misstrauisch an. Wie vermutet, richtete sich eine silbrige Pfeilspitze auf ihn. Ein Geschoss, das zum Töten von Vampiren und Werwölfen gedacht war.
„Ich bin in friedlicher Absicht hier.“
Die Frau lächelte zynisch. „Mich könnt Ihr nicht hereinlegen. Ich spüre Eure dunkle Aura, Ihr seid ein Geschöpf der Finsternis.“ Sie krümmte den Finger und spannte damit die Sehne des Bogens noch ein Stück mehr.
Alexander wollte das Pferd wenden, um ihr Katja zu zeigen, aber sie missverstand es offensichtlich.
„Wenn Ihr Euch umdreht, wird mein Pfeil Euch vernichten“, prophezeite sie ihm.
Alexander verbiss sich ein Lächeln. Die Fremde ahnte nicht, dass Silber einem gebürtigen Vampir nichts anhaben konnte. „Schon gut. Ich bin auf der Suche nach einer Elena.“