Dcera: Karpatenfürst

Erschienen: 12/2010
Serie: Dcera
Teil der Serie: 2

Genre: Fantasy Romance
Zusätzlich: Dominanz & Unterwerfung

Location: Tschechien, Prag

Seitenanzahl: 240


Erhältlich als:
paperback & ebook

ISBN:
Print: 978-3938281659
ebook: 978-3-86495-012-4

Preis:
Print: 14,90 €[D]
ebook: 6,99 €[D]

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Dcera: Karpatenfürst


Inhaltsangabe

Osteuropa im 19. Jahrhundert: Anton Drazice kehrt nach Prag zurück, um die Dcera, den Orden der Vampirjägerinnen, auszurotten. Einzig Daniela, ein Mischwesen aus Dcera und Dhampir, kann entkommen.
Drazice reist nach Rumänien in die Karpaten, um mit Fürst Valerji cel Bâtrân, Oberhaupt eines der ältesten und mächtigsten Vampirclans, zu paktieren. Als Daniela erfährt, dass Drazice in die Karpaten zu dem Vampirfürst gereist ist, schließt sie sich fahrenden Zigeunerinnen, Bluthuren, an und folgt ihm. Mehrere Vampire, unter ihnen Fürst Valerji, suchen die Bluthuren im Zigeunerlager auf. In Notwehr tötet Daniela einen der Vampire.
Getrieben von seinem Verlangen, Daniela zu besitzen, droht Valerji, sie und die Zigeunerinnen wegen des Mordes an seinem Gefolgsmann zu töten, wenn Daniela ihm nicht für Liebesdienste zur Verfügung steht. Daniela fühlt sich von dem dunklen Fürsten angezogen und lässt sich willig verführen. Doch Drazice sinnt nach wie vor auf Rache, und auch Valerji würde nicht zögern, sie töten, wüsste er um Danielas wahre Identität ...

Band 2 von Kim Landers' Serie um den Orden der Dcera.

Über die Autorin

Kim Landers lebt in der Nähe von Hannover. Unter ihrem richtigen Namen veröffentlichte sie bereits mehrere Liebesromane und eine Vampirtrilogie. Als Kim Landers schreibt sie erfolgreich für verschiedene Verlage in den Genres Romantic Fantasy und erotische Fantasy.

...

Weitere Teile der Dcera Serie

Leseprobe

Szene 1:

Valerij umkreiste Daniela und verschlang sie mit seinen Blicken. Er konnte sich nicht sattsehen. Sofort spannte sich ihr Körper an. Welche Verschwendung, dass sie ihre reizvollen Rundungen unter der weiten Jacke verbarg. Mit ihrer schmalen Figur hätte sie tatsächlich als junger Mann durchgehen können. .
„Worauf warten Sie noch? Verraten Sie mich an die Blutsauger“, sagte sie mit ungewöhnlicher rauchiger Stimme, die nicht verstellt klang.
Sie reckte selbstbewusst ihr Kinn in die Höhe. In ihren Augen, die Eisseen glichen, könnte er ertrinken. Ihre Lippen zitterten leicht und verrieten eine gewisse Unsicherheit.
„Das brauche ich nicht. Ich werde dich dafür...

...töten“, antwortete er und war erstaunt, wie gelassen seine Worte klangen.
Sofort wich sie zurück und zückte erneut das Messer. Hass sprühte aus ihren Augen.
„Versuchen Sie es nur.“ Sie schwenkte das Messer. Als wenn sie ihn damit beeindrucken könnte. Valerij lächelte. Sie wollte sich tatsächlich auf ihn stürzen. Ehe er sich versah, sprang sie auf ihn zu, bereit, ihm wie Petre das blutige Messer in den Leib zu rammen.
Aber er war schneller und packte ihren Arm. Langsam drehte er sie um und zog sie an sich heran. Sie versuchte, sich mit aller Kraft zu wehren, doch Valerij presste sie so fest an seinen Körper, dass er die weiche Rundung ihres Hinterns an seinem erigierten Phallus spürte. Mit einem Griff entwand er ihr das Messer.
„Wollen Sie mich, bevor sie mich töten, auch noch vergewaltigen?“, presste sie hervor.
„Genau das hatte ich vor.“ Er spürte ihre Angst und das Zittern, was ihn noch mehr erregte.
„Worauf warten Sie noch?“ Ihr Mut war nicht zu übertreffen. Er hätte sich mit Leichtigkeit alles nehmen können, ihren Körper, ihr Blut, aber ihr unerschütterlicher Mut beeindruckte ihn. Er schob sie von sich und drehte sie zu sich herum, um ihr in die Augen zu sehen.
„Erst töte ich dich und dann deine Zigeunerfreunde. Niemand kommt ungeschoren davon, wenn er einen meiner Gefährten in die Hölle befördert.“
Sie schrak zusammen, ihre Augen weiteten sich vor Entsetzen.
„Die Zigeuner haben den Vampir nicht getötet. Sie sind unschuldig. Sie dürfen sie nicht umbringen.“ Jetzt stellte sie sich auch noch vor diese vermaledeiten Zigeuner. Er traute ihr durchaus zu, für sie zu kämpfen.
„Höre ich da etwa Mitleid heraus? Wie rührend. Es gäbe da vielleicht noch eine Möglichkeit, ihr erbärmliches Leben zu retten …“
„Und die wäre?“, sprudelte aus ihr heraus. Sie sah erwartungsvoll zu ihm auf.
Sicherlich war sie sich in diesem Moment nicht bewusst, welchen Reiz sie auf ihn ausübte mit ihren feuchten, halb geöffneten Lippen. Wie leicht sie sich doch erpressen ließ. Und das für diese Zigeuner. Aber gut für ihn. Gefühle waren verräterisch und schwächten alle Geschöpfe.
„Wenn du dich für sie opferst.“
„Dann töten Sie mich endlich und die Schuld ist abgegolten.“ Stolz lag in ihrem Blick, als sie ihr Kinn hob, trotz ihrer sichtbaren Angst.
„Das verschiebe ich auf später. Zuerst wirst du mir als Geliebte zu Diensten sein, wann immer es mich nach dir gelüstet“, raunte er ihr ins Ohr und lachte leise. Er erkannte eine beginnende Gänsehaut an ihrem Hals, die er auf die Wirkung seiner Worte zurückführte.
„Niemals. Eher sterbe ich oder bringe Sie um“, sagte sie bestimmt und trommelte mit den Fäusten gegen seine Brust. Valerij hielt ihre Hände fest. Ihr Widerstand entfachte eine Lust, wie es keine Frau getan hatte. Sie war kühn genug, sich ihm entgegenzustellen. Bewundernswert. Für einen Moment war Valerij versucht, seine Lippen auf ihre zu pressen, um die Süße ihres Mundes zu schmecken. Es fiel ihm schwer, seine Begierde zu kontrollieren. Als er sich ihrem Gesicht näherte, rümpfte er angewidert die Nase – sie benötigte dringend ein Bad.
Unter halb geöffneten Lidern sah sie ihn an und ahnte nicht, wie verführerisch dieser Anblick war. Valerij zog sich abrupt zurück. Dieses Weib verwirrte seinen Geist und erhitzte sein Blut. Er musste wieder Herr seiner Sinne werden.
„Du weißt nicht, wen du vor dir hast. Ich bin Valerij, Fürst cel Bâtrân, der Herrscher dieses Landes. Keiner widersetzt sich meinem Wunsch. Und ich bestimme, wann du stirbst.“
Wieder zuckte sie zusammen, was Valerij zu seiner Zufriedenheit bemerkte. Es lag ihm fern, eine Frau einzuschüchtern, vielmehr wollte er in ihr das gleiche Begehren wecken, das ihn beherrschte. Aber das Mädchen forderte ihn mit ihrem Trotz und ihrer Beharrlichkeit geradezu heraus, sie zu provozieren.
Es störte ihn, dass sie ihr schwarzes Haar vor ihm verbarg. Überhaupt sah sie in dieser Verkleidung lächerlich aus. Er riss ihr den Hut vom Kopf und schleuderte ihn fort. Endlich fiel ihr weiches, duftendes Haar in sanften Wellen auf die Schultern hinab. Valerij strich es an einer Seite hinter ihr Ohr, um an ihrer Halsbeuge zu schnuppern. Er wollte ihren Duft tief einatmen, sich an ihm berauschen, um seine Lust aufs Neue anzufachen. Allein ihr süßer Geruch konnte ihn in Ekstase versetzen. Aber der Gestank der Salbe tötete fast seine Sinne. Deutlich erkannte er das Pochen ihres Pulses unter der zarten Haut. Sie stand starr da, die Lippen fest aufeinandergepresst und ertrug seine Berührung, obwohl ihre Haltung Widerwillen ausdrückte. Er suchte an ihrer Halsbeuge weiter und fand eine Stelle, an der ihr Schweiß die Paste abgespült hatte. Da war er wieder, dieser berauschende Duft.
Seine Zungenspitze fuhr sanft über diesen Punkt, umkreiste ihn, als wollte er ihn kennzeichnen, während eine Hand zu ihrer Brust wanderte und umfasste. Ihre Brüste waren rund und fest, genau so, wie er es sich vorgestellt hatte. Sein Daumen massierte sanft über ihre harte Brustwarze. Ihr Körper versteifte sich, und sie zitterte stärker, als er seine Erektion an ihr rieb.
„Warum zögern Sie, mich zu töten?“, fragte sie heiser.
Sie zitterte nicht nur aus Furcht, das spürte er, sondern vor unterdrücktem Verlangen. Anscheinend war sie sich dessen nicht bewusst und wehrte sich mit aller Kraft gegen dieses Gefühl. Eine erfahrene Frau genoss die Liebkosungen und wurde gefügiger. Daraus schloss Valerij, dass sie noch nie von einem Mann berührt worden war.
Laute Stimmen schallten durch das Lager.
Abrupt ließ er von ihr ab, als sich seine Gefährten näherten.
„Ich töte dich, wann es mir passt. Du wirst meine Gefangene sein, so lange, bis ich genug von dir habe. Ich lasse mir doch nicht das Vergnügen entgehen, das du mir bereiten wirst.“
Sie öffnete ihren Mund und schrie. Er presste seine Hand auf ihren Mund, umschlang ihren Körper und verließ schnell und lautlos mit ihr das Lager.
Nur einen Wimpernschlag später standen sie neben seinem Pferd. Doch wenn er geglaubt hatte, sie würde sich willig in ihr Los fügen, wurde er eines Besseren belehrt. Als er sie aufs Pferd heben wollte, wand sie sich aus seiner Umarmung und wollte fliehen. Im letzten Moment hielt er sie zurück.
„Tu das nie wieder, denn wenn dich meine Gefährten in die Hände bekommen, werden sie dich nicht so pfleglich behandeln wie ich.“ Er fingerte zwei Lederriemen aus seinen Taschen.
„Alles ist besser, wenn ich nur nicht mit Euch gehen muss“, begehrte sie auf und wehrte sich gegen seinen Griff. Er hatte alle Hände voll zu tun, sie in Schach zu halten, denn immer wieder überraschte es ihn, wie geschickt sie aus der Schlinge schlüpfte. Sie schrie auf, als er derber zupackte. Sie hatte es nicht anders gewollt. Er wickelte die Riemen so fest wie möglich um ihre Handgelenke.
„Verdammte Närrin! Unter meinem Schutz wird es kein Vampir oder Werwolf wagen, dich auch nur zu berühren.“
Sie runzelte ihre Stirn, als würde sie überlegen.
„Damit du dich schon einmal an deine Gefangenschaft gewöhnen kannst.“
Sie warf ihm einen vernichtenden Blick zu und schnaubte. Ihr Temperament gefiel Valerij. Es war so erfrischend anders.
Sie zerrte an den Fesseln. Aber diese gaben nicht einen Deut nach.
„Gib auf, es hat keinen Zweck. Das Leder schneidet sich nur tiefer in dein Fleisch, bis das Blut herausquillt. Oder willst du mich verführen, davon zu kosten?“ Leise lachte er auf. Er konnte nicht verleugnen, dass es ihm Spaß bereitete, sie zu demütigen, aber nur ein wenig, um sie gefügiger zu machen, bis sie sich seinem Willen unterwarf.
Valerij band auch ihre Fußknöchel stramm aneinander, sodass sie ihre Beine nicht bewegen konnte. Schließlich hob er das verschnürte Paket hoch und warf sie quer über den Sattel.
„Diese unkomfortable Lage soll dich daran erinnern, dass ich keine leeren Worte spreche“, erklärte er ihr, zog ihren Kopf an den Haaren empor und blickte in ihre blauen Augen, die ihn mit einer Mischung aus Abscheu und Verzweiflung ansahen. Sie war stark und gleichzeitig begehrenswert, was ihn faszinierte. Valerij fragte sich, wie lange er ihre Gegenwart ertragen würde, bevor er sie verstieß oder tötete. Weshalb verspürte er dabei ein gewisses Bedauern? „Du bist von ihr besessen“, klangen Aurikas Worte in seinem Kopf.
Er schwang sich in den Sattel hinter die Frau und drückte seine Hacken in die Flanken des Pferdes, das sofort in einen weichen Galopp fiel.

Szene 2:

Wenig später war sie allein. Sie lauschte, ob sie nebenan ein Geräusch hörte, aber es war totenstill. Ihr Blick fiel auf die dicken Samtvorhänge. Sie könnte durch das Fenster klettern. Schließlich befand sie sich nur im ersten Stock. Auf Zehenspitzen schlich sie zum Fenster und schob den Vorhang beiseite. Erschrocken wich sie zurück, eilte zum nächsten Fenster, um auch dort nachzusehen. Ihre Hoffnung sank aufs Neue, denn dieser Raum besaß kein einziges Fenster, sondern nur gemauerte Nischen hinter den Vorhängen. Daniela war zum Heulen zumute. Die Mauern der Burg waren zu dick, um mithilfe ihrer mentalen Kräfte nach draußen zu gelangen. Wenn sie hier nicht bald herauskäme, würde sie noch verrückt werden.
Vielleicht gelang es ihr, die Tür zu öffnen, ohne dass er es bemerkte? Der Hoffnungsschimmer beflügelte sie.
Sie lugte durchs Schlüsselloch in sein Zimmer. Zu ihrer Erleichterung war es verwaist. Bestimmt hatte er sie seinem Gerede, ihm würde nichts entgehen, einschüchtern wollen. Wenn er dachte, sie von ihrem Vorhaben, zu fliehen, abzubringen, hatte er sich geschnitten. Daniela hätte vor Erleichterung fast gejauchzt. Wenn sie erst einmal hier draußen wäre, könnte sie niemand mehr aufhalten. Dieses Mal musste sie besonders vorsichtig vorgehen. Jedes noch so kleinste Geräusch würde ihm nicht entgehen. Ihr Herz raste, während sie lauschte. Alles blieb still. Nichts rührte sich. Sie hätte zu gern gewusst, was er wirklich trieb. Nachdem sie die Klinke hinuntergedrückt hatte, trat sie in den kerzenbeleuchteten Flur. Schatten tanzten an den Wänden, in denen sie Vampire zu erkennen glaubte. Ihre Nerven spielten ihr einen Streich, sagte sie sich, weil sie Angst davor hatte, an der Flucht gehindert zu werden.
Auch jetzt war der Flur leer. Sie grinste, bevor sie zur Treppe schlich, die am anderen Ende des Korridors lag. Kaum hatte sie das Geländer umfasst, erschrak sie. Deutlich spürte sie das Pulsieren des Blutdiamanten, der sich hier in der Burg befinden musste. Sie brauchte nur den feinen Schwingungen nachzugehen, um ihn zu finden. Es war das letzte Erinnerungsstück an ihre Mutter und die Dceras, das ihr geblieben war. Wenn sie ihn zurückließe, käme ihr das wie Verrat vor. Ohne ihn durfte sie nicht fliehen. Als sie sich umdrehte, prallte sie zu ihrem Entsetzen gegen Valerji, der mit verschränkten Armen vor der Brust und strenger Miene auf sie herabsah. In diesem Augenblick schien es, als würde ihr Herz aussetzen und das Blut in ihre Füße sacken. Ihre Flucht war früher beendet als befürchtet. Wie konnte sie nur so dumm sein, auch nur einen Moment lang zu denken, sie könnte ihn täuschen? Lernte sie denn gar nicht dazu? Wo war die wachsame Dcera geblieben, die sie einst gewesen war? Ihr Spürsinn? Ihr inneres Auge? Was war nur mit ihr los? Das war nicht mehr die Daniela, die Prag verlassen hatte, um sich an Drazice zu rächen. Die Schnelligkeit des Fürsten war beeindruckend und überraschte sie immer wieder aufs Neue.
Sie hätte vor Enttäuschung schreien können. Stattdessen blickte sie ihn herausfordernd an. Was mochte in ihm vorgehen? Darüber nachzudenken, verblieb ihr keine Zeit, wenn sie fliehen wollte. Aber was wäre mit dem Blutdiamanten? Sie konnte ihn nicht zurücklassen. Daniela fühlte sich hin- und hergerissen zwischen ihrem Wunsch, zu fliehen und der Aufgabe, den Blutdiamanten zu holen.
„Ich sagte doch, dass es zwecklos ist“, sagte er und schüttelte den Kopf. War es das wirklich? Sollten all ihre Bemühungen umsonst gewesen sein? Daniela fühlte sich miserabel, weil sie kapitulieren musste. Es blieb ihr nichts anderes übrig, als hierzubleiben, denn den Blutdiamanten konnte sie unmöglich in seiner Obhut lassen. Aber sie durfte ihm auf keinen Fall zeigen, dass sie davon wusste und vor allem, welche Bedeutung er für sie besaß. Also musste sie das Fluchtspiel fortsetzen, um seinen Argwohn nicht zu wecken. Sie war so niedergeschlagen, dass sie fast in Tränen ausgebrochen wäre, und wagte nicht, ihn anzusehen.
Als er einen Arm nach ihr ausstreckte, duckte sie sich unter ihm hindurch und rannte die Treppe hinunter. Hoffnungslosigkeit erfüllte sie und ließ ihre Kräfte erlahmen. Valerij packte ihren Oberarm und hielt sie zurück. Sie starrte auf seine Hand, unter der ihre Haut prickelte. Eine angenehme Wärme breitete sich in ihrem Körper aus. Unvermutet umschlang er sie, und ehe sie begriff, befanden sie sich wieder im Schlafgemach. Er warf sie aufs Bett und sah wütend auf sie herab. Seine Nasenflügel blähten sich bei jedem Atemzug.
„War ich nicht deutlich genug?“, herrschte er sie an.
Daniela blinzelte die aufsteigenden Tränen fort. Er hatte gewonnen, weil ihr Plan nicht durchdacht gewesen war, und sie ihn unterschätzt hatte. Aber irgendwann, wenn sie nur fest daran glaubte, würde die Stunde ihrer Flucht kommen, zusammen mit dem Blutdiamanten. Sie durfte nicht aufgeben. Die Hoffnung war das Einzige, was sie aufrechterhielt, ihm und seiner düsteren Faszination zu entkommen.
Ich sagte Euch doch, Ihr könnt mich hier nicht festhalten. Ich werde nie aufgeben, zu fliehen.“
Zuerst sah es aus, als wollte er etwas erwidern, doch dann drehte er sich um und verließ schweigend den Raum. Mit einem Knall fiel die Tür hinter ihm ins Schloss. Sie war gefangen wie ein Vogel in einem schwarzen Käfig. Rabenschwarz wie die Seele dieses Vampirs.
Daniela warf sich schluchzend in die Kissen. Sie hatte eine gute Gelegenheit verpatzt und bereute es bitter. Wann würde sich eine nächste bieten? Vielleicht war sie gezwungen, wochen-, gar monatelang zu warten, immer den eigenen Tod vor Augen. Und wie lange würde sie ihre Gefühle im Zaum halten können, die jedes Mal mit ihr durchgingen, wenn er sie berührte?
Sie weinte lautlos, bis sie irgendwann erschöpft einschlief.

Daniela wusste nicht, ob es Tag oder Nacht war. Wie lange mochte sie geschlafen haben? Sie fühlte sich völlig zerschlagen. Irgendjemand hatte ihr ein Tablett mit Brot und Milch ins Zimmer gestellt und neue Kerzen angezündet. Anscheinend hatte sie lange geschlafen und das Frühstück verpasst. Ihr Magen knurrte. Sie sprang aus dem Bett und verschlang gierig das Essen. Plötzlich hörte sie eilige Schritte auf dem Flur, Türenschlagen, dann Stille. Wenig später vernahm sie flüsternde Stimmen und dann folgte Gekicher. Waren das Dienstboten? Neugierig lief sie auf Zehenspitzen zur Tür und drückte vorsichtig die Klinke hinunter. Sie war erstaunt, denn die Tür war wider Erwarten nicht abgeschlossen. Das wirkte geradezu wie eine Einladung zur Flucht. Ihr Herz hüpfte vor Freude in der Brust. Daniela öffnete die Tür nur so weit, bis sie hinausspähen konnte. Der Korridor war leer. Durch die hohen Rundfenster sah sie die roten Streifen am Himmel der untergehenden Sonne. Sie musste nicht nur eine Nacht, sondern auch noch einen ganzen Tag geschlafen haben. Wieder ein vergeudeter Tag, den sie besser für eine Flucht hätte nutzen können. Das Gekicher und Geflüster kam vom anderen Ende des Flurs. Eine Tür öffnete sich und ein Mädchen in weißer Korsage und Unterhose schlüpfte hinaus, um hinter der gegenüberliegenden Tür wieder zu verschwinden.
Verwundert folgte Daniela diesem seltsamen Schauspiel. Ein anderes Mädchen im Haus? Noch dazu ein Mensch und keine Vampirin? Sie konnte noch nicht lange da sein, sonst hätte sie ihren Geruch längst gewittert. Irgendwie war es ein beruhigendes Gefühl, eine andere Sterbliche hier zu wissen. War sie vielleicht eine Hure? Doch sie roch kein getrocknetes Blut. Sie zuckte zusammen, als feste Tritte auf der Treppe erklangen und über der Brüstung ein dunkler Schopf auftauchte. Es bestand kein Zweifel, wem er gehörte: Valerij cel Bâtrân. Er hatte ihr gerade noch gefehlt. Ihre Hoffnung auf eine Flucht schwand mit seinem Erscheinen. Hastig zog sich Daniela zurück und verharrte mit klopfendem Herzen hinter der Tür. Der Fürst stoppte vor ihrem Zimmer und schien zu lauschen.
Ahnte er etwa, dass sie einen neuen Fluchtversuch plante, oder wollte er sich nur vergewissern, dass sie noch immer schlief? Ihr wurde ganz anders bei dem Gedanken, er könnte gleich ins Zimmer stürmen. Nach einer Weile hörte sie, wie er weiter den Flur entlanglief, und atmete erleichtert auf. Sie lugte wieder zur Tür hinaus und sah, wie er den Raum betrat, in dem kurz zuvor das Mädchen verschwunden war. Seine Stimme klang gedämpft, und sie konnte seine Worte nicht verstehen, aber der samtige Klang verursachte eine Gänsehaut. Das Mädchen kicherte erneut. Fürchtete die sie sich gar nicht in der Nähe dieses gefährlichen Vampirs? Ein Poltern erklang, wieder Kichern, ein lautes Stöhnen, bis es wieder still wurde. Hatte der Fürst das Mädchen etwa umgebracht und saugte ihr gerade das Blut aus? Aber hätte sie dann nicht vorher geschrien? Und das Stöhnen klang nicht schmerzvoll oder angsterfüllt, sondern im Gegenteil erregt. Danielas Neugier war geweckt. Sie schlüpfte in den Korridor und schlich zur Tür, hinter der eben noch die Geräusche erklungen waren. Weil es noch immer totenstill war, presste sie ihr Ohr gegen das Türblatt und lauschte. Nichts. Daniela zuckte mit den Achseln und überlegte, ob sie die Tür öffnen sollte, aber dann verwarf sie den Gedanken und kehrte um, als plötzlich hinter ihr die Tür knarrend aufsprang. Sie zuckte zusammen und befürchtete, dem Fürsten gegenüberzustehen, der sie beim Lauschen ertappte. Eine Bestrafung wäre ihr gewiss, und sie wollte gar nicht über die Art nachdenken. Aber niemand erschien, als hätte ein Geist die Tür geöffnet. Daniela wandte sich wieder um und warf einen Blick in den Raum. Kostbare orientalische Teppiche lagen auf dem steinernen Boden, Tierfelle zierten die Wände. Marmorne Skulpturen, nackt und in anzüglichen Posen bildeten eine Art Gang, der zu einer spanischen Wand führte. Lederbezogene Stühle mit hohen Lehnen standen aufgereiht davor und gewährten Voyeuren einen Blick durch die ausgeschnittenen Ornamente des Paravents auf das dahinterliegende Geschehen. Stoff raschelte und blondes Haar schimmerte durch die Löcher im Paravent.
„Wie möchtest du mich gerne haben?“, fragte eine Mädchenstimme. Daniela war sicher, dass es das Mädchen war, das sie vorhin auf dem Korridor gesehen hatte. Sie verbarg sich hinter der Skulptur eines nackten Mannes und betrachtete den Sockel, auf dem ein Name eingemeißelt worden war. Daniela verdrehte sie Augen, denn ausgerechnet Eros, der Liebesgott, bot ihr Schutz. Als ihr Blick auf den erigierten Phallus der Statue fiel, musste sie schlucken. War das das Liebesnest Valerij cel Bâtrâns? Sie wagte kaum, zu atmen, um sich nicht zu verraten. Hatte der Vampir sie bereits gewittert oder war er so trunken vor Lust, dass er sie nicht wahrnahm? Jedenfalls ließ er sich nicht anmerken, dass er von ihrer Gegenwart wusste. Am liebsten wäre Daniela umgedreht, aber ihre unbändige Neugier ließ sie bleiben und verlangte, zuzusehen. Bei der Vorstellung, heimlich seine Liebesspiele anzuschauen, kitzelte es auf ihrer Haut, als liefe eine Armee Käfer darüber. Was würde der Fürst von der Blonden fordern? Daniela beugte sich weiter vor, um mehr sehen zu können. Durch das ovale Ornament erkannte sie das Mädchen, das langsam und mit einem lasziven Lächeln auf den vollen Lippen die Bänder ihrer Korsage öffnete. Sie warf den Kopf in den Nacken und schüttelte ihr Haar aus. Valerij cel Bâtrân lag auf einem Diwan und beobachtete sie amüsiert. Das lüsterne Funkeln in seinen Augen versetzte Daniela einen Stich. Genauso hatte er sie auch angesehen. War das bei jeder Frau so?
„Was hast du denn zu bieten?“, stellte er die Gegenfrage. In seinem Blick lag etwas Lauerndes.
„Alles, was Ihr Euch wünscht, mein Herr.“
„Zieh dich weiter aus. Ich möchte deinen Körper ausgiebig betrachten.“
„Ich tue alles, was Ihr von mir verlangt.“
Die Blonde verhielt sich für Danielas Geschmack etwas zu unterwürfig. Anscheinend auch für den Karpatenfürsten, denn ihr war nicht dieser Anflug von Langeweile in seinem Blick entgangen, der für einen winzigen Moment aufflackerte. Zum Teufel, was hatte dieser Vampir an sich, dass die Frauen sich ihm bereitwillig anboten? Was würde er danach von ihr verlangen? Daniela musste es wissen, um darauf vorbereitet zu sein. Lügnerin, schalt sie sich, du willst wissen, ob er ein guter Liebhaber ist. Ihr wurde heiß unter seinem Blick, obwohl er nicht ihr galt. Du willst, dass er dich genauso betrachtet wie das Mädchen.
Jetzt stand die Blonde nackt vor ihm. Daniela konnte nur ihre Kehrseite begutachten, die wirklich sehr ansehnlich war, viel runder und weiblicher als ihre eigene, bemerkte sie neidisch. Wenn der Fürst lieber eine Rubensfigur vorzog, was wollte er dann von ihr? Dich bestrafen. Daniela leckte sich über die trockenen Lippen.
„Dreh dich um“, befahl Valerij. Die Blonde tat, wie ihr geheißen. „Und jetzt bück dich.“
Auch das führte sie aus. Jetzt betrachtete er auch noch ausgiebig die Spalte des Mädchens. Daniela spürte, wie es in ihrer zu pochen begann. Valerij streckte seine Hand aus und berührte das Hinterteil der Blonden. Wie hypnotisiert verfolgte Daniela der Spur seiner schlanken, gepflegten Finger und hielt den Atem an. Sie wusste nur allzu gut, wie sie sich auf der Haut anfühlten. Unglaublich sanft. Sie schloss die Augen und glaubte fast, seine Hand an ihren Backen zu fühlen. Das Pochen in ihrem Schoß wurde immer stärker und ging in ein Ziehen über, das sich bis zu ihren Brüsten erstreckte. Auf einen Wink des Fürsten hin setzte sich das Mädchen vor ihn auf den Diwan und lehnte sich mit dem Rücken gegen seinen wohlgeformten Oberkörper. Er beugte sich vor und seine Lippen fuhren über ihren Oberarm hinauf zur Schulter und wanderten weiter zur Halsbeuge, während seine Hände ihre prallen Brüste umfassten und massierten. Stöhnend wand sie sich in seinen Armen, als er mit der Zungenspitze über ihre Ohrmuschel fuhr und mit einem schmatzenden Geräusch in der Mitte verschwand. Wie gebannt beobachtete Daniela jede seiner Liebkosungen und wagte kaum, zu atmen. Ihr Herz schlug wie verrückt und bei jeder neuen Körperstelle, der er seine Aufmerksamkeit zuwandte, schien es in der Brust zu springen. Ihre Haut brannte an den gleichen Körperstellen wie bei dem Mädchen, als wären Valerijs Lippen darüber gefahren. Das Beobachten erregte sie wie eine reale Berührung. In ihr loderte das ungezügelte Feuer der Leidenschaft, das nach Befriedigung schrie. Umso mehr störte es sie, nicht diejenige zu sein, der die Zärtlichkeiten galten. Wie geschickt seine Finger die Brustwarzen der Blonden zwirbelten, bis sie knallrot waren. Zwischen den leicht geöffneten Schenkeln der Blondine schimmerte es bereits feucht, was durch die rasierte Scham gut sichtbar war. Der intensive Geruch der erregten Frau stimulierte Daniela dazu, ihre eigene Hand unter das Hemd zu schieben, um ihren Venushügel mit dem Handballen zu kneten. Verdammt, sie wollte, dass Valerij sie ebenso anfasste wie die andere, um das Feuerwerk der Lust in sich zu spüren und in einem Sinnestaumel zu versinken.
Immer stärker gierte sie nach seinen Streicheleinheiten, sodass ihr Unterleib sich vor Verlangen zusammenzog. Daniela lehnte sich mit dem Rücken an die Säule und widmete sich ihrem eigenen Körper. Das laute und rhythmische Stöhnen des Mädchens verlangte erneut ihre Aufmerksamkeit. Sie war so in ihrer Lust gefangen gewesen, dass sie überdies die beiden fast vergessen hätte.
„Ich überlasse mich Euren geschickten Händen, mein Gebieter“, stieß das Mädchen hervor, bevor sie sich quer über den Schoß des Fürsten legte und ihr Becken anhob.
Der Fürst legte eine Hand unter ihren Hintern und fixierte sie, während er sich vornüberbeugte und seine Zunge um ihren Bauchnabel kreisen ließ. Seine andere Hand schob sich zwischen ihre Schenkel und bearbeitete ihren Schoß sanft. Die Blondine zitterte leicht und rekelte sich, während sie ihre Finger in das Polster krallte. „Ihr versteht es, einer Frau die größte Lust zu bereiten“, sagte sie heiser.
Ja, das verstand er wirklich. Am liebsten wäre Daniela zu ihm gelaufen und hätte die andere von seinem Schoß gestoßen, um sich von ihm verwöhnen zu lassen. Ihre Erregung schwoll so an, dass sie nur mit Mühe den Wunsch unterdrücken konnte, sich dem Gestöhne des Mädchens anzuschließen. Stattdessen biss sie sich fest auf die Lippen, damit ihr kein Laut entwich. Als Valerijs Zungenspiel immer kühner wurde und sich dem Venushügel der Blondine näherte, schnappte Daniela unwillkürlich nach Luft. Es war nur leise, aber sein Kopf ruckte hoch. Er sah zu ihr herüber, und sein Blick ließ keinen Zweifel offen, dass er sich ihrer Gegenwart bewusst war. Auch das noch! Hätte sie sich das nicht gleich denken können? Wie naiv sie war. Daniela schämte sich, weil sie ihn beim Liebesspiel beobachtete und obendrein dabei ertappt worden war. Ihre Wangen glühten. Es blitzte amüsiert in seinen Augen auf, bevor er sich weiter dem ihm dargebotenen Mädchenkörper widmete.
„Ja, macht weiter“, stieß die Blondine hervor, während sie ihre zitternden Beine, soweit es ihr der Diwan erlaubte, spreizte. Das Brennen in Danielas Schoß wurde unerträglich. Der Drang, zu ihm zu laufen, wurde übermächtig. Es quälte sie, nur zuzusehen, anstatt sich selbst seinen Berührungen hinzugeben. Sie stand von Kopf bis Fuß in Flammen und konnte nicht mehr klar denken, weil das Verlangen sie beherrschte.
Immer wieder sah er zwischendurch auf, als wollte er sich vergewissern, dass sie ihn noch immer beobachtete. Sie spürte, wie viel Vergnügen es ihm bereitete, sie zu martern, in dem er eine andere verführte, um zu zeigen, was ihr in diesem Augenblick entging. Sie wollte nicht, dass er diese Frau berührte. Sie wollte, dass er sich überhaupt keiner anderen widmete, sondern sich ihr zuwandte. Plötzlich peinigte sie jeder Kuss, den er dem Mädchen schenkte. Daniela raste vor Eifersucht, ballte die Hände zu Fäusten und wäre am liebsten losgestürmt, um das Lustspiel zu unterbrechen.
Während sie verzweifelt darum bemüht war, ihre Fassung zurückzugewinnen, näherten sich feste Schritte durch den langen Korridor. Auch das noch! Hatte Valerij mithilfe seiner Gedanken seine Gefährten gerufen, um sie wieder einzusperren? Für eine Flucht war es zu spät, es gab nur den von den Statuen gesäumten Gang zur Tür, wo sie den Vampiren direkt in die Arme laufen würde oder alternativ die Flucht zu Valerij hinter den Paravent. Welch grandiose Aussichten. Der Karpatenfürst würde ihr spöttisch zulächeln und vielleicht sogar von ihr verlangen, an dem Liebesspiel teilzunehmen. Bei diesem Gedanken schüttelte es sie. Nie würde sie einen Mann mit einer anderen teilen.
Zu ihrem Erstaunen nahmen die beiden hereinstürmenden Vampire keine Notiz von ihr, sondern eilten direkt zum Karpatenfürsten. Sie wirkten sehr aufgeregt und begrüßten ihn nur mit einer knappen Verbeugung, bevor der Schmächtige das Wort an seinen Herrn richtete. „Verzeiht die Störung, Durchlaucht, aber unsere Nachricht duldet keinen Aufschub.“
Valerij cel Bâtrân fluchte leise, während das Mädchen enttäuscht seufzte. Daniela konnte nicht verleugnen, wie sehr sie diese Unterbrechung begrüßte, weil das Treiben der beiden ein jähes Ende genommen hatte.
Valerij cel Bâtrâns Miene verdüsterte sich, als er seine Gefährten anblickte.
„Ihr platzt in meine Gemächer ohne Erlaubnis und erwartet, dass ich euch zuhöre?“, donnerte der Fürst los und schubste das Mädchen, das immer noch über seinen Knien hing, von seinem Schoß hinunter. Sie zog einen Schmollmund, hob ihr Mieder auf und bedeckte damit ihre Blöße.
„Bitte, verzeiht …“, stammelte der Vampir mit der Glatze.
„Herrgott, nun kommt zur Sache, damit ich mit meinen Vergnügungen fortfahren kann. Was ist so wichtig, dass es nicht warten kann?“
Valerij stellte sich vor seine beiden Gefährten. Er überragte beide um einen Kopf und mit seinem finsteren Gesichtsausdruck wirkte er nicht nur auf Daniela Respekt einflößend. Die beiden Vampire senkten ihre Blicke und nestelten nervös an ihren Hüten. „Prinz Razvans Rudel hat Bukarest verlassen und nähert sich unserer Grenze. Sie haben einige Dörfer verwüstet und zwingen die Bauern, sich ihnen zu unterwerfen.“
Vampire versetzten die Menschen schon genug in Angst und Schrecken, aber jetzt auch noch Werwölfe? Daniela dachte an ihre Begegnung mit dem Werwolf zurück und die Angst, die sie empfunden hatte, kehrte schlagartig zurück. Bis auf dieses eine Erlebnis besaß sie keinerlei Erfahrung mit Werwölfen, aber das reichte ihr. Weitere Gräueltaten kannte sie nur aus Erzählungen, weshalb es ihr vor einem Kampf mit ihnen grauste. Auch weil sie diese Kreaturen nicht einschätzen konnte.
„Wie konntet ihr das zulassen?“, rief der Karpatenfürst und schnaubte vor Wut. Starr stand er da und fixierte sie, als könnte sein Blick die beiden durchbohren. Die Mienen der Vampire verzerrten sich, und sie griffen sich an die Kehle. Plötzlich gingen sie in die Knie und röchelten. Dellen zeichneten sich an ihren Hälsen ab, als drücke eine unsichtbare Hand ihren Hals zusammen. Das konnte nicht möglich sein und doch sah sie es vor sich. Valerij cel Bâtrâns geistiges Potenzial übertraf alles, was sie je gesehen hatte. Es war ihm möglich, allein durch die Kraft seiner Gedanken den Vampiren die Kehlen zuzudrücken. Wozu war dieser Vampir noch fähig? Sie fröstelte angesichts der Fähigkeiten, die die eines gewöhnlichen Vampirs überstiegen.
„Hatte ich euch nicht befohlen, die Grenze zu bewachen? Und was habt ihr getan? Meinen Befehl missachtet. Stattdessen habt ihr eurer Wollust gefrönt. Ihr braucht es gar nicht zu leugnen, denn ich weiß genau, dass ihr wieder bei den Huren gewesen seid. Noch immer haftet an euch der Geruch ihres schalen Bluts.“ Er beugte sich vor und schnupperte wie ein Raubtier, das Witterung aufnahm. Seine Stimme klang tief und verzerrt, wie die eines Dämons und trieb Daniela eiskalte Schauder über den Rücken. Die Augen der Vampire traten hervor, und ihre Fänge schoben sich aus dem Kiefer. Unerwartet entspannten sie sich, denn Valerij cel Bâtrân wandte sich um. Die beiden sackten auf die Knie und rieben sich ihre Hälse.
„Ja“, gaben die beiden keuchend zu.
„Ihr brecht noch heute Nacht auf, um Razvans Gefolge zu stoppen. Solltet ihr euch erneut meinem Befehl widersetzen, lasse ich euch an einem Pfahl in der Sonne schmoren.“ Die Vampire fielen vor ihm auf den Boden.
Daniela bewegten die widersprüchlichsten Gefühle. Eben noch war der Fürst ein liebevoller und einfühlsamer Liebhaber gewesen und nun unerbittlich und ohne Gnade gegenüber seinen Gefolgsleuten.
„Mein Herr, das könnt Ihr nicht tun. Wie können wir zu zweit die Werwölfe stoppen?“, fragte der Schmächtige mit heiserer Stimme.
„Das ist doch Wahnsinn, Durchlaucht. Wir haben keine Chance gegen sie. Bitte, habt doch ein Einsehen. Wir bereuen unsere Schwäche zutiefst“, pflichtete der andere seinem Kumpan bei.
Der Schmächtige zitterte, und Daniela glaubte, ein feuchtes Schimmern in seinen Augen zu sehen. Aber Vampire konnten doch nicht weinen, oder? Jedenfalls hatte sie nie dergleichen erlebt. Der andere wirkte wie erstarrt. Nicht einmal ein Fingerglied rührte sich.
Daniela musste zugeben, dass auch sie sich anstelle der Vampire vor Valerij cel Bâtrân gefürchtet hätte, der wie ein Racheengel vor seinen Gefährten stand und auf sie hinabblickte als wären sie Wanzen, die es zu zertreten galt.
„Das hättet ihr euch früher überlegen sollen. Aus meinen Augen!“, brüllte er. „Und wagt es ja nicht, hierher zurückzukehren, ohne den Auftrag erfüllt zu haben. Eine Flucht ist zwecklos, ihr entkommt mir nicht. Und jetzt geht endlich!“
‚Eine Flucht ist zwecklos, ihr entkommt mir nicht‘, diese Worte dröhnten weiter in ihrem Kopf wie ein unheimliches Echo und ließen ihr die eigene Lage wieder bewusst werden. Gab es wirklich kein Entrinnen? Diese Vorstellung raubte jegliche Hoffnung. Schweigend verließen die Vampire den Raum.
Das Mädchen, das die ganze Zeit gelangweilt auf dem Diwan gesessen und alles beobachtet hatte, glaubte nun, das Liebesspiel wieder fortzusetzen und legte den Arm um den Nacken des Karpatenfürsten. Mit einer unwilligen Geste streifte er ihn ab, dass sie nach hinten fiel. Unter seiner Oberlippe kamen die Spitzen seiner Fangzähne zum Vorschein. „Es ist besser, wenn du ebenfalls gehst, sonst vergesse ich mich noch und lasse dich meine Wut spüren“, sagte er und fauchte. Die Augen der Blonden weiteten sich vor Entsetzen. Daniela konnte ihren Angstschweiß riechen.
Das rüde Verhalten cel Bâtrâns bestürzte Daniela. So würde er sie also auch fortstoßen, wenn er in Rage geriet oder genug von ihr hatte. Die Vorstellung versetzte ihr einen Stich, und sie schluckte gegen den plötzlichen Kloß in ihrem Hals an. Die Blonde sprang auf, griff schluchzend nach ihrer Unterwäsche und eilte hinaus in den Korridor.
Wie betäubt verharrte Daniela auf der Stelle, obwohl alles in ihr danach drängte, wie die andere aus dem Raum zu flüchten. Der Marmor unter ihren Händen fühlte sich noch eine Nuance kälter an. Jetzt war sie mit ihm allein, ein äußerst beunruhigendes Gefühl, das ihr Herz rasen ließ.
„Ich weiß, dass du dich hinter der Statue versteckst“, hörte sie ihn sagen und schrak zusammen. Das Blut schien vor Furcht in ihren Adern zu stocken. Sie hatte es sich nicht eingebildet, sondern er war sich ihrer Gegenwart die ganze Zeit über bewusst gewesen. Ihm entging wirklich nichts. Was sollte sie ihm antworten? Dass sie ihn beim Liebesspiel beobachtet und es auch noch genossen hatte? Ihre Wangen brannten vor Scham.
„Komm her“, befahl er mit ruhiger Stimme, aber Daniela zögerte. Was wollte er von ihr? Glaubte er etwa, mit jedem umspringen zu können, wie er wollte? Sie würde sich jedenfalls nicht so demütig zeigen wie die anderen.
„Damit Ihr Eure Wut an mir auslassen könnt? Da könnt Ihr lange warten.“ Sie erschrak über ihre kühnen Worte, aber manchmal gelang es ihr eben nicht, ihre Zunge im Zaum zu halten.
„Du bist störrischer als ein Maulesel. Komm her.“ Sein Befehl duldete keinen Widerstand. Aber es bereitete Daniela ein diebisches Vergnügen, sich ihm zu widersetzen. „Muss ich dich dazu zwingen?“ Der Klang seiner Stimme verriet, wie ungehalten er war. Womöglich würde er sie auch mithilfe seiner dämonischen Kräfte erwürgen. Daniela fröstelte und verschränkte die Arme vor der Brust. Er näherte sich ihr langsam, und als er vor ihr stand, streckte er seine Hand aus.
„Komm näher“, bat er jetzt sanfter. Der weiche Tonfall und sein plötzlicher Stimmungswechsel verwirrten Daniela. „Bitte.“ Dieses eine Wort war süßer als Honig.
Daniela fasste sich ein Herz und trat einen Schritt vor, aber sie vermied es, ihn anzusehen. Was würde jetzt geschehen? Ihr Körper spannte sich voll banger Erwartung an. Würde er sie züchtigen? Bloß nicht darüber nachdenken, nicht in Panik geraten, ermahnte sie sich. Ihre Beine zitterten und ihre Hände wurden feucht. Sie zuckte zusammen, als seine Hand ihr Kinn anhob und sie zwang, ihn anzusehen.
„Ich weiß, dass du uns beobachtet hast. Und es hat dich erregt. Du hast dir vorgestellt, an ihrer Stelle auf meinem Schoß zu liegen.“ Sein Daumen strich über ihre Lippen und hinterließ ein Prickeln. Wieder schoss ihr die Schamesröte ins Gesicht. Unter halb geöffneten Lidern sah sie zu ihm auf und erschrak über das wilde Verlangen, das sie in seinen dunklen Augen las.
Ihr Körper reagierte mit einem sehnsüchtigen Ziehen, weshalb sie sich insgeheim verfluchte. Aber sie war machtlos gegen seine Anziehungskraft, die sie an nichts anderes mehr denken ließ als das Stillen ihrer Begierde. Ja, er hatte recht, sie hatte sich nichts mehr gewünscht, als von ihm liebkost zu werden. Doch das würde sie niemals zugeben.