Guilty Pleasure - Verbotene Liebe

Erscheint: 04/2025

Genre: Contemporary Romance, Romantic Thrill
Zusätzlich: Thriller

Location: USA, Florida, Miami


Erhältlich als:
paperback & ebook

ISBN:
Print: 978-3-86495-762-8
ebook: 978-3-86495-763-5

Preis:
Print: 16,90 €[D]
ebook: 6,99 €[D]

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Guilty Pleasure - Verbotene Liebe


Inhaltsangabe

Gefangen in der Dunkelheit seiner eigenen Seele und von unerbittlichen Schuldgefühlen zerfressen, lebt Wyatt Booth ein Leben ohne Ziel und ohne Hoffnung. Doch als der Pate der französisch-kubanischen Mafia in Miami brutal hingerichtet wird und die Undercover-Ermittlungen seines besten Freundes ins Leere laufen, setzt Wyatt alles auf eine Karte und eilt ihm ohne Zögern zu Hilfe.

Nicht nur die Zerschlagung der Mafia-Organisation steht auf dem Spiel, sondern auch die Jagd nach einem Verräter, der vor nichts zurückschreckt – noch nicht einmal vor seinen eigenen Männern. Und so lässt Wyatt sich auf die geheimnisvolle Amelie Delacroix ansetzen, die die Erbin der Mafia und somit die potenzielle neue Patin ist. Doch was er nicht erwartet hat: Sie entzündet in ihm ein Feuer, das er längst für erloschen hielt, und weckt in ihm Begierden, die er lange unterdrückt hatte. 

Amelie kehrt nach dem tragischen Tod ihres Vaters zurück in die Staaten, um ihre Familie zu unterstützen und die Geschäfte zu führen. Auf der Suche nach Geborgenheit und ihrer eigenen Identität trifft sie auf den ebenso gefährlichen wie atemberaubend sexy Ex-Soldaten Wyatt. Zwischen ihnen fliegen die Funken, doch sie ahnt nicht, dass sie sich mit ihm in ein gefährliches Spiel voller Macht, Verrat und Leidenschaft begibt – ein Spiel, das sie alles kosten könnte.

In einer Welt voller Intrigen, Blut und verbotener Gefühle werden Wyatt und Amelie immer tiefer in ein Netz aus Gefahr und Begierde verstrickt. Doch zwischen Macht und Hingabe gibt es keinen sicheren Platz. Wer wird in diesem perfiden Spiel am Ende die Oberhand gewinnen – und wer wird brennend hinter den Flammen der Leidenschaft zurückgelassen?

 

Über die Autorin

Cheryl Kingston wurde 1990 geboren und lebt gemeinsam mit ihrem Mann und drei Hunden in einer kleinen nordrhein-westfälischen Stadt. Großstadt Luft hat sie während ihres Kommunikations- und Multimediamanagementstudium schnuppern können, ist aber eher der Typ für romantische Idylle. Bereits in ihrer frühen Kindheit hat...

Weitere Bücher der Autorin

Leseprobe

Verdammt. Amelie hatte gewusst, dass heute nicht ihr Tag werden würde. Der Gurt ihrer heiß geliebten und leider auch uralten Sporttasche war gerissen, sodass sie nun samt ihres Inhalts auf dem Boden lag. Zu allem Überfluss war dies auch noch so ungünstig im Eingangsbereich des Fitnessstudios passiert, dass jemand in sie hineinlief, als sie gerade dabei war, ihre Habseligkeiten aufzuheben. Sofort stieg ihr der frische Geruch von Duschgel und Mann in die Nase und veranlasste sie dazu, sich aufzurichten. Ein durchtrainierter Körper und muskulöse Arme fielen ihr als Nächstes auf. Erst dann realisierte sie, dass zwei starke Hände ihre Oberarme...

...umschlossen und so verhindert hatten, dass sie durch den Zusammenstoß gefallen war. Im gleichen Moment traf ihr Blick auf die hellsten blauen Augen, die sie je gesehen hatte. Unwillkürlich durchlief ein Schauer ihren Körper.
»Hoppla, was haben wir denn hier?«
Bei dem tiefen Bariton seines Lachens überlief sie ein Schauer. Sie seufzte: »Eine kaputte Tasche.« Ehrlich deprimiert und gleichzeitig von ihrer körperlichen Reaktion auf den Fremden irritiert, beugte sie sich erneut herunter und sammelte ihre Habseligkeiten zusammen.
»War das meine Schuld?«, fragte der Mann und machte sich daran, ihr beim Aufheben zu helfen.
»Nein, der Gurt ist vor einigen Augenblicken gerissen«, gab sie zurück und klaubte nervös ihre Sachen zusammen, während der Mann ihr weiter half. Unglücklicherweise war das letzte Teil, das er aufhob, ihr Sport-BH. Unwillkürlich wurde sie rot. Es war ein einfacher BH, noch nicht mal ein aufreizendes Dessous, aber dennoch spürte sie, wie die Schamesröte in ihr aufstieg.
Langsam richtete sie sich wieder auf und nahm ihre Sachen entgegen. Als ihr Blick seinen traf, schien es ihr, als wäre ihm die Tatsache, dass er einen Teil ihrer Unterwäsche in der Hand hielt, nicht bewusst. Möglicherweise ließ es ihn auch kalt. Ein attraktiver Typ wie er hatte sicher schon hübschere Sachen gesehen bzw. den Besitzerinnen ausgezogen.
Wyatt musste sich ein Grinsen verkneifen. Ihre Reaktion auf ihn, vielleicht auch wegen des BHs, den er ihr zusammen mit Shorts und ihrer Haarbürste entgegenhielt, war – niedlich. Gleichzeitig fragte er sich, ob eine Frau, die in kriminelle Geschäfte verwickelt war, wirklich so unschuldig sein konnte. Oder tat sie nur so, um eine perfekte Tarnung anzunehmen? Er wusste es nicht. Nur eins war ihm sofort klar gewesen: Vor ihm befand sich Amelie Delacroix, seine Zielperson. Er hatte sie sofort erkannt. Live und in Farbe sah sie jedoch noch attraktiver aus als auf dem Schwarz-Weiß-Foto.
»Danke.« Amelie nahm ihm die Sachen ab und stopfte sie seufzend in die kaputte Tasche.
»Alles okay?« Wyatt wusste selbst nicht, weshalb er sie das fragte. Natürlich war es für seinen Auftrag sinnvoll, sie in ein Gespräch zu verwickeln, aber gleichzeitig wirkte sie so niedergeschlagen, dass es ihn zu seiner Überraschung ehrlich interessierte.
Sie schnaubte. »Ja, ich habe bloß eine Pechsträhne. Aber egal. Danke für die Hilfe.«
»Kein Problem. Ich kenne das. Ich hatte in der letzten Zeit auch einige beschissene Tage.« Wyatt hoffte, sie würde auf das lockere Gespräch eingehen und deutete mit dem Kopf auf das Studio hinter sich. »Manchmal hilft es, sich auszupowern. Aber manchmal können nur Kaffee und viel Zucker den Tag retten.«
»Ist heute so ein Tag?«, fragte sie und legte den Kopf etwas schräg.
»Ich weiß nicht. Würden ein Kaffee und etwas Süßes Sie aufheitern?« Mit einem – wie er hoffte – charmanten Lächeln fügte er hinzu: »Ich lade Sie ein.«
Die Tür des Studios schwang auf, und bevor die nächste Person in Amelie hineinlaufen konnte, zog Wyatt sie an die Seite und somit gleichzeitig näher zu sich. Er hatte es eher unbewusst getan, doch bei ihr schien es irgendetwas ausgelöst zu haben, denn sie fragte misstrauisch: »Machen Sie so etwas öfter?«
»Was meinen Sie genau?« Verwirrt zog er die Augenbrauen hoch und sah sie mit einem harmlosen Lächeln an. Gleichzeitig wurde ihm das volle Ausmaß ihrer Schönheit bewusst. Sie hatte bernsteinfarbene Augen, goldbraunes Haar, eine schlanke, durchtrainierte Figur und den sinnlichsten Mund, den er je gesehen hatte.
Er wusste nicht, zu welchem Typ Frau er sie zählen sollte, klar war jedoch, dass sie selbst ungeschminkt, mit einem Pferdeschwanz und Sportoutfit die attraktivste Frau war, die er in den letzten Jahren gesehen hatte. Gleichzeitig fielen ihm aber auch kleine Makel wie die etwas zu markanten Wangenknochen oder die leicht zu spitze Nase auf. Auch ihre Brüste waren für seinen Geschmack zu groß, vielleicht auch zu prall, um echt zu sein.
»Na, Frauen erst umrennen und sie dann zum Kaffee einladen.«
»Nur wenn sie mir interessant erscheinen. Da ich aber grundsätzlich kein großes Interesse an Menschen habe, ist das bisher noch nicht vorgekommen«, erwiderte er mit einem Grinsen und war von sich selbst überrascht. Flirtete er tatsächlich mit ihr?
Wenn der Fremde nicht so ein einnehmendes Lächeln gehabt hätte, hätte sie ihn wirklich plump gefunden und wäre wahrscheinlich einfach weitergegangen. »Hat diese Masche schon mal gezogen?«
»Ich weiß es nicht. Sagen Sie es mir, Sie sind die Erste, die ich erst umgerannt und dann zu einem Kaffee eingeladen habe«, gab er gelassen zurück.
Auch wenn seine Augen irgendwie kalt wirkten, machte der Fremde einen charmanten und sympathischen Eindruck auf Amelie. Seufzend sah sie auf ihre kaputte Tasche. Lust auf Sport hatte sie nun wirklich keine mehr. Davon abgesehen war es an diesem Tag zu warm, auch wenn es im Studio eine Klimaanlage gab, und sie hatte sich regelrecht zwingen müssen, zum Training zu fahren. Ihr war eigentlich schon den ganzen Tag eher nach einer Massage oder nach einer anderen Art von Sport gewesen. Sie sehnte sich so langsam wirklich nach einem kleinen Flirt und ein wenig männlicher Aufmerksamkeit. Etwas mehr als vier Monate war sie nun schon in den Staaten und hatte noch niemanden außerhalb der Arbeit kennengelernt. Das Personal ihres Clubs war zwar locker und nett, aber irgendwie kamen sie ihr alle unehrlich vor. Selbst mit ihrem Cousin war sie immer noch nicht warm geworden, obwohl er meistens wirklich zuvorkommend und aufmerksam zu ihr war. Er versuchte sogar, sie immer wieder von dem Mord an ihrem Vater abzulenken.
Schnell schob sie den Gedanken daran beiseite und konzentrierte sich auf den Mann, der vor ihr stand. Bisher hatte sie immer gedacht, sie würde auf den typisch lockeren und lustigen blonden Surferboy stehen, doch keiner von ihnen hatte sie bisher so angezogen wie dieser Mann. Und der war definitiv kein Surferboy, dafür hatte er eine zu starke und dominante Ausstrahlung. Sie fand ihn definitiv interessant, aber vor allem – heiß. Dennoch ließ sie ihn zappeln und fragte kokett: »Was wäre denn, wenn ich Ihnen sagen würde, dass ich gar keinen Kaffee trinke?«
»Dann würde ich antworten, dass das kein Problem wäre und wir auch gerne auf Tee ausweichen könnten. Wäre ich jedoch ein Draufgänger, würde ich Ihnen direkt ein Abendessen vorschlagen. Zu Abend essen tut jeder.« Mit seinem intensiven Blick schien er sie zu durchleuchten und zu erkennen, was in ihr vorging, denn plötzlich fragte er: »Nehmen wir an, ich wäre ein Draufgänger, was hätten Sie dann geantwortet?«
»Dann hätte ich schätzungsweise ja gesagt.« Ein echtes Lächeln machte sich auf ihren Lippen breit, und sie ging nun ebenfalls ein wenig in die Offensive. »Da Sie aber kein Draufgänger sind, müssen Sie sich wohl mit einem Tee begnügen.«
»Wer weiß, vielleicht vermassle ich es beim Tee nicht und traue mich, Sie noch um ein Abendessen zu bitten.« Wyatt war erneut über sich überrascht. Der Job könnte in der Zukunft noch durchaus interessant, wenn nicht sogar spaßig werden. »Für den Anfang dürfen Sie mir einen Eistee spendieren.«
»Zuerst sollte ich mich aber vorstellen. Ich bin Wyatt, und mit wem habe ich das Vergnügen?«
»Amelie.« Lächelnd ergriff sie seine Hand. Wyatt hatte definitiv etwas an sich, das sie sehr neugierig machte.
»Freut mich, Sie kennenzulernen, Amelie. Das ist ein wirklich schöner Name, aber eher untypisch für eine Amerikanerin. Eher zu einer Französin passend?«
»Wodurch habe ich mich verraten?«
»Sie haben einen unterschwelligen Akzent, aber nur einen sehr, sehr leichten.«
Erstaunt sah sie ihn an. »Wirklich? Das ist mir bisher noch nie aufgefallen. Genau genommen bin ich aber Amerikanerin und habe französisch-kubanische Wurzeln.«
»Eine interessante Mischung.« Anhand ihrer positiven Reaktion auf ihn schätzte Wyatt, dass sie wohl nichts dagegen haben würde, wenn er ihr die kaputte Tasche trug. Also nahm er sie und klemmte sie sich unter den Arm. »Ich schlage vor, wir bringen Ihre Tasche zu Ihrem Auto und kümmern uns dann um eine Erfrischung. Sie sind doch mit dem Auto da?«
»Ich stehe direkt dort vorne.« Amelie zog einen Schlüsselbund aus ihrer Hosentasche und deutete mit ihm in Richtung Parkplatz, wo sich auf Knopfdruck der Kofferraum eines Volvo SUVs öffnete.
»Schickes Auto«, kommentierte Wyatt, während sie auf das Auto zugingen.
»Danke, ich gewöhne mich noch an die Größe. Der letzte Wagen, den ich gefahren habe, war gefühlt ein Viertel von diesem«, antwortete Amelie und merkte, wie sie sich langsam in Wyatts Gegenwart entspannte. »Wollen Sie Ihre Sachen auch kurz wegbringen?«
»Ich bin mit dem Motorrad da, sprich, kein Kofferraum vorhanden, nur Platz für meinen Helm.« Mit dem Kopf deutete er auf seine Maschine, die drei Parkplätze weiter hinten stand.
»Ach so.« Kurz zögerte Amelie. »In meinem Kofferraum ist noch genug Platz.«
»Ach, das geht schon, trotzdem danke. Ich bin noch nicht lange in Miami, daher kenne ich mich noch nicht sonderlich gut in der Gegend aus, aber dort vorne ist ein Starbucks, wie wäre es damit?«
»Starbucks klingt gut.«

Als sie wenige Minuten später in zwei bequemen Sesseln Platz genommen hatten, fing Amelie ihren letzten Gesprächspunkt wieder auf und reagierte genau wie Wyatt gehofft hatte. »Sie sagten, Sie seien gerade erst hergezogen? Wo haben Sie früher gewohnt?«
»Mal hier mal dort, die letzten Monate habe ich auf See oder an der Küste verbracht.«
»Auf See oder an der Küste? Sind Sie Hochseefischer?«, fragte Amelie und nippte an ihrem geeisten Hibiskustee. »Übrigens vielen Dank für den Tee.«
»Gerne.« Wyatt trank ebenfalls einen Schluck von seinem Kaffee und sprach dann weiter. »Nein, das wäre nichts für mich. Aber ich lebe auf einem Hausboot. Ich war lange Zeit bei der Army und nehme mir gerade eine kleine Auszeit.«
Daher also diese autoritäre Aura und der durchtrainierte Körper. Zu ihrer Bewunderung mischte sich jedoch auch ein kleiner Funke Bedauern. »Das heißt, Sie sind auf der Durchreise und bleiben nicht allzu lange?«
»Um ehrlich zu sein, habe ich gerade überlegt, für einige Zeit hierzubleiben, denn vielleicht habe ich jetzt einen guten Grund zum Bleiben gefunden.« Vielsagend zwinkerte er ihr zu. »Hätten Sie es etwa schade gefunden, wenn ich nur auf der Durchreise gewesen wäre?«
Für einen kurzen Moment ließ sie sich von der weißen, fast perfekten Zahnreihe blenden, die zwischen seinen Lippen hervor blitzte, sodass sie völlig aus dem Konzept geriet. Dennoch antwortete sie: »Möglicherweise.«
Auch wenn ihre kokette Antwort quasi eine Einladung war, um weiter mit ihr zu flirten, bremste er sich. Er wollte nicht das Risiko eingehen, dass sie ihn für einen Aufreißer hielt, und so zu riskieren, dass die Stimmung zwischen ihnen kippte, also fuhr Wyatt mit einer unverbindlichen Frage fort: »Was ist mit Ihnen? Leben Sie schon immer hier in Miami?«
»Nein, bis vor Kurzem habe ich noch in Brüssel gelebt.«
»Belgien, sicher ein schöner Ort zum Leben. Erst recht, wenn man Französisch spricht.«
Amelie nickte. »In Brüssel hatte ich eine tolle Zeit, Miami ist …« Kurz suchte sie nach den richtigen Worten, denn sie würde immer noch in Europa leben, wenn ihr Vater nicht aufs Brutalste ermordet worden wäre. »An das Leben in Miami gewöhne ich mich langsam wieder. Das Klima macht mich manchmal fertig.«
»Klingt, als wäre Miami nicht übel. Ich hoffe, ich lebe mich ebenfalls schnell ein. Aber zuerst brauche ich einen Job.«
Nachdenklich legte Amelie den Kopf zur Seite und sah ihn an. »Was haben Sie denn bisher für Jobs gehabt?«
»Alle möglichen. Ich bin weder zimperlich, noch habe ich zwei linke Hände.«
»Haben Sie etwas zum Schreiben?« Amelie ließ sich von ihm einen Stift reichen und schrieb etwas auf eine der Servietten. »Hier, das ist eine Diskothek. Wir suchen im Moment Personal. Kommen Sie bei Interesse heute Abend vorbei und sprechen mit Carlos. Er wird schon was Passendes für Sie finden.«
»Danke.« Innerlich beglückwünschte er sich dafür, seiner Intuition gefolgt und zum Fitnessstudio gegangen zu sein. Besser hätte es nicht laufen können. »Ich muss mich am Ende aber nicht zwischen einem Job und einem Date mit dir entscheiden?«
Seine Direktheit und die Art wie er einfach zum Du übergegangen war, brachte Amelie zum Lächeln. »Du bist ganz schön selbstbewusst, oder? Du gehst davon aus, sowohl Carlos als auch mich von dir überzeugen zu können.«
Wyatt erwiderte ihr Lächeln mit einem schelmischen Grinsen. »Ich nehme zumindest an, dass ich keine schlechten Karten habe.«
»Dann hoffe ich, dass du sie weise ausspielst.« Mit einem Zwinkern nahm Amelie einen Schluck von ihrem Eistee. Wann hatte sie sich das letzte Mal so leicht, fast schon sorglos gefühlt?
»Sollte ich erwähnen, dass ich ein Poker-Ass bin?« Auch Wyatt konnte sich nicht erinnern, wann er das letzte Mal so oft gelächelt hatte. »Aber im Ernst, ich bin dir für das Jobangebot echt dankbar.«
»Keine Ursache, ich weiß, wie es ist, wenn man versucht, Fuß zu fassen. Außerdem empfinde ich großen Respekt dafür, dass du dem Land gedient hast.«
Wyatt musste sich zusammenreißen, damit er nicht den Mund verzog und zeigte, was er bei ihren lobenden Worten über seine Dienstzeit wirklich empfand. Stattdessen fragte er in einem scherzhaften Ton: »Du machst dir also keine Sorgen, dass ich ein geistesgestörter Straftäter oder Verrückter sein könnte?«
Wieder legte sie den Kopf auf diese süße Art zur Seite und sah ihn an. »Bist du es denn?«
»Selbstverständlich nicht. Aber das würde auch ein Psychopath über sich sagen.« Wyatts Lächeln verschwand. »Ich freue mich zwar, dass wir hier zusammen sitzen, aber du solltest im Hinterkopf behalten, dass nicht jeder etwas Gutes im Sinn hat.«
Die Art, wie sie ihn ansah und wie sie ihren Mund verzog, zeigte Wyatt, dass er einen Fehler gemacht hatte.
»Na, es ist ja nicht so, dass ich dich in einer dunklen Gasse gegen Mitternacht aufgegabelt und mit nach Hause genommen hätte. Außerdem ist die Wahrscheinlichkeit, dass mir bei Nacht oder in irgendeinem Club etwas passiert, wesentlich größer als bei einem Tee in einem öffentlichen Café, und wie gesagt, du bist eine Ausnahme gewesen.« Natürlich war es nett von ihm gemeint, dass er ihr diesen Rat gegeben hatte. Gleichzeitig bekam sie dadurch jedoch das Gefühl, als hielte er sie für ein kleines, naives Mädchen, das keine Ahnung vom Leben hatte. Und dies war definitiv nicht der Fall. Sie war mit sechs Jahren auf ein Schweizer Internat geschickt worden und hatte seit dem ganz alleine in Europa gelebt. Erst in der Schweiz, nach ihrer Matura in England und nach ihrem Studium in Oxford war sie nach Belgien gezogen – sie war immer auf sich alleine gestellt gewesen. Umgeben von anderen Menschen – ja, aber ohne jegliche Vertrauensperson. Ihr war nie etwas passiert, also warum zur Hölle sollte sie nicht weiterhin das tun, was sie wollte und für richtig hielt?
Schnell ruderte Wyatt zurück. »Versteh mich nicht falsch. Ich bin der Letzte, der dir irgendetwas vorschreiben sollte, aber du bist eine sehr attraktive Frau, und ich weiß, wie sehr manche Männer sich vergessen können. Das war im Prinzip alles, was ich damit ausdrücken wollte. Ich hätte es geschickter formulieren sollen.«
Plötzlich war sie Wyatt nicht mehr böse. Im Gegenteil, seine Erklärung freute sie. Nicht weil er ihr gesagt hatte, dass sie schön und attraktiv war, sondern weil seine Sorge scheinbar aufrichtig schien und kein doofes Alphamännchengehabe gewesen war. Vielleicht hatte sie ein wenig schroff reagiert, weil er sie verunsichert und gleichzeitig einen wunden Punkt getroffen hatte. Um die Situation zu entschärfen und die Stimmung wieder aufzulockern, meinte sie mit einem Zwinkern: »Okay, beim nächsten Mal überlege ich mir zweimal, wem ich einen zweiten Blick schenke.«
»Das solltest du auf jeden Fall, vor allem, da ich derjenige bin, dem das nächste Date gehört«, ging er erleichtert auf ihre neckische Antwort ein.
Seine selbstbewusste und irgendwie entwaffnende Unverfrorenheit brachte sie wieder zum Lachen. »Das hier ist also ein Date?«
»Nein, etwas viel besseres, eine schicksalhafte Begegnung, denn wann trifft man schon eine umwerfende Frau und bekommt zur selben Zeit auch noch einen Job angeboten?«
»Nun hör aber auf zu übertreiben.« Langsam machten seine Komplimente sie wirklich verlegen.
»Womit?« Ernsthaft ratlos sah er sie an.
»Na – mit deinen Komplimenten.« Wieder lief sie rot an. »Ich bin doch noch nicht mal angemessen gekleidet.«
Auch ohne sie noch mal zu betrachten, wusste er, was sie trug: kurze Sportshorts und ein enges Top. »Manche Frauen sehen selbst in ein paar Lumpen noch gut aus, und manche Männer mögen es leger lieber als durchgestylt.«
Ungläubig lachte sie. »Da bist du aber der erste.«
»Wie kommst du darauf?«
»Ich sehe das doch jeden Abend aufs Neue. Je auffälliger das Make-up und kürzer die Kleidung, desto mehr Drinks bekommst du ausgegeben. Versteh mich nicht falsch, ich mache mich auch gerne hübsch, aber manche …« Amelie schüttelte den Kopf. »… manche könnten auch gleich nackt aus dem Haus gehen.«
»Ich für meinen Teil gebe gerne meiner Fantasie die Chance, sich zu entfalten.« Mit einem Zwinkern trank er seinen Kaffee aus und stellte die leere Tasse zurück auf den Tisch.
»Einen Moment bitte.« Entschuldigend sah sie ihn an und holte ihr Handy aus ihrer Hosentasche. »Hallo? Ernsthaft? Okay, ich bin gleich da, bis dann.« Verärgert beendete sie das Gespräch. »Tut mir leid, ich muss zurück in den Club, aber wenn du willst, kannst du mitkommen, Carlos ist heute scheinbar schon früher da.«
Wyatt konnte sein Glück kaum fassen, besser und unauffälliger würde er sich nicht einschleusen können. »Klar, gerne, ich habe heute eh nichts mehr vor.«
»Schön.« Bei Wyatts Lächeln hellte sich ihre Laune ebenfalls wieder auf, und sie trank schnell ihren Tee aus. »Danke noch mal für den Tee.«
»Gerne wieder, und um deine Tasche kümmere ich mich auch noch.«
»Nein, schon okay, sie war sowieso schon alt.« Zusammen mit ihm stand Amelie auf und warf ihm dabei einen Blick über die Schulter zu. »Aber vor dem Essen wirst du dich nicht drücken können.«
»Das würde mir auch niemals in den Sinn kommen. Falls ich den Job bekomme, bin ich dir wohl ein Essen schuldig.«
»Du bekommst den Job auf jeden Fall.« Wieder sah sie ihn über die Schulter hinweg an. »Ich bin Teilhaberin des Clubs, er gehört meiner – Familie. Ich mache aber nur das Event-Management beziehungsweise Teile des Managements, deshalb weiß ich nicht, wo Carlos dich einsetzen wird. Hast du irgendwelche Wünsche?«
»Wünsche?«
»Ja, bei der Security brauchen wir zum Beispiel immer jemanden, genau wie in der Logistik.«
»Ich bin ganz gut im Cocktailmixen.« Das war noch nicht mal eine Lüge, denn er hatte ein ziemlich gutes Gedächtnis, sodass er sich im Nu viele Rezepte würde merken können, und das, was Tom Cruise mit dem Shaker konnte, war ein Klacks.
»Wenn das so ist, dann musst du mir unbedingt mal einen Cosmo mixen.«
»Ich widme dir sogar einen, wenn du möchtest.«
»Das würde mich freuen.« An ihrem Wagen angekommen, stand Amelie ein wenig verlegen neben ihm, sah ihn an und fragte sich, woher ihre Schüchternheit herrührte.
Plötzlich hatte Wyatt die wenigen Zentimeter zwischen ihnen überwunden, bis sein Mund nur noch wenige Millimeter von ihren Lippen entfernt war. Als sie flatternd die Augen schloss, küsste er sie ganz sanft, fast schon keusch. Für ihren Geschmack beendete er den Kuss viel zu schnell und lächelte sie an. »Für den Fall, dass du deine Meinung bezüglich unserer Zusammenarbeit doch noch ändern solltest und du vielleicht doch nicht mit mir ausgehen willst, musste ich unbedingt wissen, ob deine Lippen wirklich so weich und verführerisch sind, wie sie aussehen.« Zärtlich strich er mit dem Daumen über ihre Unterlippe und trat dann einen Schritt zurück.
Sprachlos sah sie ihn an und leckte sich über die Lippen. So etwas war ihr noch nie passiert, und Himmel, auch wenn der Kuss harmlos gewesen war, fühlte sie ein unglaubliches Kribbeln in ihrem Körper. »Und sind sie es?«
»Definitives Suchtpotenzial.« Das war noch nicht mal gelogen, sein ganzer Körper schmerzte vor Sehnsucht nach ihrer Nähe. Am liebsten würde er sie noch mal küssen oder gleich auf dem heißen Asphalt nehmen. Unauffällig atmete er durch. Er durfte sich nicht von seinen Hormonen steuern lassen. Es ging immerhin um wesentlich mehr als das. Davon mal abgesehen wollte er sie nicht glauben lassen, dass er ein Draufgänger war, der jede Frau nahm, die nicht bei drei auf dem Baum war.
»Das ist schön zu hören.« Sie war nie eine große Verführerin gewesen, und dennoch fühlte Amelie sich im Moment wirklich verdammt verrucht und begehrenswert. »Mehr gibt es aber erst bei unserem Date.«
»Anders hätte ich es auch gar nicht gewollt.« Wyatt stopfte die Hände in die Hosentaschen, damit er sie nicht noch mal berühren konnte.
Amelie hingegen machte einen Schritt auf ihn zu und fuhr mit dem Finger über seine starke Brust. »Gut, dann schlage ich vor, dass wir jetzt zum Club fahren, und nach deinem Gespräch mit Carlos können wir weiterschauen.«
»Das klingt nach meinem Geschmack.«

Während der fünfzehnminütigen Fahrt zum Club musste Amelie gleichzeitig lächeln und den Kopf schütteln. Sie wusste immer noch nicht, was in sie gefahren war, sie wusste nur, dass sie sich seit einer sehr, sehr langen Zeit nicht mehr so lebendig und gut gefühlt hatte. Selbst das ständige Stop and Go konnte ihr die Laune nicht verderben. Kurz warf sie einen Blick in den Rückspiegel und sah, dass Wyatt immer noch hinter ihr herfuhr. Für ihn musste es besonders ärgerlich sein, er wäre mit seiner schicken Maschine in der Lage gewesen, sich durch den Verkehr zu schlängeln. Aber im Grunde war es seine Schuld, sie hatte immerhin angeboten, ihm den Weg zu erklären, damit er vorfahren konnte. Als sie einen weiteren Blick in den Rückspiegel warf, sah sie, wie er seine Hand hob und ihr einen stummen Gruß zuwarf. Auch ohne sein Gesicht zu sehen, wusste sie, dass er dieses umwerfende Lächeln lächelte. Sie war wirklich gespannt, was Wyatt für ein Mann war. Dass es zwischen ihnen gefunkt hatte, konnte man nicht leugnen. Vor allem nicht, nachdem er es bereits ganz genau auf den Punkt gebracht hatte und sie sich auch schon geküsst hatten.
Bevor sie weiter ihren Gedanken hinterher hängen konnte, lichtete sich der Verkehr, und sie konnte das letzte Stück bis zum Club ohne Probleme durchfahren. Auf dem Parkplatz angekommen, stellte sie den Wagen auf ihrem persönlichen Parkplatz ab und stieg aus. Fasziniert beobachtete sie, wie Wyatt seine Maschine neben ihrem Auto abstellte und abstieg. Dabei waren seine Bewegungen so geschmeidig, dass sie ihn gleich noch ein wenig eindrucksvoller, aber vor allem attraktiver fand.
»La Aventura – interessanter Name.« Ohne den Club auch nur von innen gesehen zu haben, ahnte er bereits, dass es ein wirkliches Abenteuer oder auch Wagnis werden würde – sowohl der Fall, als auch die Zusammenarbeit mit Amelie.
Wyatt war klar, dass es für den Fall nicht besser hätte laufen können, doch für ihn selbst wurde es bereits jetzt gefährlich. Er war viel zu fasziniert von ihr. Im Hinterkopf wusste er, dass sie sein Job war, dass er alles nur Erdenkliche tun musste, um an sie und an Informationen heranzukommen, aber dennoch wollte er sie – als Mann – kennenlernen, die sexuelle Anziehung war dabei gar nicht soo ausschlaggebend.
»Danke.« Fröhlich lächelte sie ihn an. »Komm, lass uns reingehen.«
»Gerne.« Gentlemanlike hielt Wyatt ihr die Tür auf, und nachdem sie den Vorraum passiert hatten, brauchten seine Augen einige Sekunden, um sich an das dämmrige Licht zu gewöhnen.
»Amy. Endlich.« Eine sichtlich aufgedrehte Frau stürzte auf sie zu. »Ich bin am Verzweifeln. Zwei Mädels haben abgesagt, die Choreografie klappt nicht, und Ben hat eine komplett falsche Lieferung angenommen.«
»Erst mal durchatmen«, versuchte Amelie ihre Angestellte zu beruhigen. »Ich muss mich jetzt erst mal um etwas anderes kümmern. Wo sind Mathieu und Jean-Luc? Die können sich doch um all das kümmern.«
»Matt ist noch auf seinem Segeltörn, und dein Onkel musste heute Morgen ganz dringend nach Europa.«
Amelie seufzte: »Okay, also zuallererst rufst du Nick an und fragst, ob er jetzt gleich kommen kann. Soviel ich weiß, hat er Ahnung von dem ganzen Kram. Danach sagst du Ben, er soll mir die Nummern von den Lieferanten raussuchen, und die neuen Bestandslisten brauche ich auch. Falls ich bis dahin nicht mit meinem Gespräch fertig bin, redest du bitte mit den Mädels, fragst sie, ob sie Freundinnen haben, die tanzen können und heute Abend in den Käfig wollen. Bezahlung so wie immer, einen kleinen Bonus für alle Tänzerinnen, die heute Abend auftreten, und für alle Neuen, nach guter Show, die Möglichkeit auf eine Festanstellung. Bis ihr das geregelt habt, bin ich sicher fertig und kann mich um die Choreografie und alles Weitere kümmern.«
Amelies ruhige Art schien auch ihre Angestellte beruhigt zu haben, denn die nickte nur und verschwand im hinteren Teil des Clubs.
Entschuldigend sah Amelie zu Wyatt und blickte sich dann nach Carlos um. »Carlos.« Der Mann, den sie rief, saß am DJ-Pult und unterhielt sich mit einem der Tontechniker.
Da Amelie scheinbar keine Lust hatte, ein weiteres Mal quer durch den Club zu rufen, nahm sie zwei Finger in den Mund und pfiff. Sofort hatte sie die Aufmerksamkeit aller, und die Musik verstummte. »Carlos. Komm mal bitte.«
»Hola, guapa. Comó puedo ayudar?« Hallo, meine Schöne. Wie kann ich dir helfen?, fragte der junge Latino in einem flirtenden Tonfall, als er bei ihnen ankam, machte dabei jedoch keinen aufdringlichen Eindruck.
»Mir kannst du nicht helfen, aber Wyatt hier braucht einen Job. Sagte Mathieu nicht, dass wir einen neuen Barkeeper suchen?«
»Sí.« Kurz blickte Carlos den anderen Mann an und reichte ihm dann die Hand. »Du willst also als Barkeeper anfangen, Amigo?«
»Vorzugsweise, ich bin aber flexibel.«
»Bei deiner Statur hätte ich dich lieber bei der Seguridad. Nick würde sich über ein bisschen Unterstützung freuen, aber okay, mix mir mal ein paar von den Standardcocktails, dann schauen wir weiter.«
Amelie sah von Carlos zu Wyatt, und ihr fiel auf, dass er gut zehn Zentimeter größer und wesentlich muskulöser als Carlos war, dessen Statur sie bereits für eindrucksvoll gehalten hatte. Kein Wunder, dass sie sich bei ihm auf eine gewisse Art sicher fühlte. Evolutionstechnisch war Wyatt wohl aus dem Guter-Versorger-Ehemann-und-Vater-Holz geschnitzt. Der Gedanke war ihr jedoch sofort peinlich. Wie konnte sie jetzt schon an so etwas denken? Sie kannten sich gerade mal wenige Stunden. »Eigentlich habe ich Wyatt schon zugesagt, aber wenn du darauf bestehst, soll er ein paar Cocktails ohne Alkohol mixen. Wenn er wirklich so gut ist, wie er versprochen hat, und du ebenfalls überzeugt bist, könnt ihr euch zusammensetzen und die Schichtpläne machen.«
»Du bist la jefe«, erwiderte Carlos.
»Ich bin der Boss, genau.« Lächelnd zwinkerte Amelie den beiden zu und fügte im Gehen hinzu. »Ich mag übrigens Bananensaft.«
Amelie schien eine herzliche Frau zu sein, die gleichzeitig auch klug und kompetent war. Trotz des offensichtlichen Chaos blieb sie ruhig und professionell, und keinem schien es in den Sinn zu kommen, sich ihr zu widersetzen. Nachdenklich sah er ihr hinterher und kam dabei nicht umhin, ihren wohlgeformten Po zu begutachten. Oh ja, sie war eine echte Granate, und genau deshalb musste er sich noch mal ins Gedächtnis rufen, weshalb er wirklich hier war. Zu spät bemerkte er, dass Carlos ihn mit finsterem Blick beobachtete.
»Okay, venga«, forderte er Wyatt mürrisch auf, ihm zu folgen.
Während der nächsten halben Stunde hatte Wyatt das Gefühl, als hätte er sich Carlos bereits zum Feind gemacht. Vielleicht war er aber auch einfach kein Sonnenschein und sein finsterer Blick und die ruppige Art waren seine Natur.
»Hey, compañero, wo ist der Boss? Candy hat mich angerufen und war total durch den Wind.« Auch wenn Wyatt ihm den Rücken zugewandt hatte, erkannte er Nicks Stimme sofort.
»Hinten im Amazonas.« Sobald er bei ihnen angekommen war, begrüßte er Carlos mit einem Handschlag und deutete dann auf Wyatt. »Das ist Wyatt, auf Empfehlung vom Boss, der Neue an der Bar.«
»Hey, ich bin Nick.« Ohne sich anmerken zu lassen, dass sie sich bereits seit ihrer Jugend kannten, schüttelten sie einander die Hände.
»Freut mich«, antwortete Wyatt.
»Ebenfalls.« Grinsend nahm er sich ein Glas vom Tresen und trank einen Schluck. »Mir fehlt zwar der Alkohol, aber der Cocktail schmeckt trotzdem. Ich schätze, wir werden uns von nun an wohl öfter sehen. In diesem Sinne bis später, ich schau mal, was der Boss will.«
»Bis dann«, erwiderte Wyatt, dem nicht entgangen war, dass Carlos nun noch grimmiger zu sein schien. Dennoch gelang es ihm, routinierter als erwartet und mit einigen beeindruckenden Handgriffen, die letzten der Cocktails zu mixen und in Gläser zu füllen. »Fertig. Fünf gängige alkoholfreie Cocktails und drei Eigenkreationen.«
Carlos nahm sich einen Strohhalm und probierte den, der ihm am nächsten stand. »Piña Colada.«
»Virgin, genau.«
»Für meinen Geschmack sind Cocktails zu süß, aber er schmeckt immerhin so, wie er schmecken soll, und wenn la jefe sagt, ich soll den Plan machen, mache ich ihn. Wie passt es dir am besten?«
»Ich bin flexibel.«
»Gut.« Erneut musterte Carlos ihn, zwar immer noch misstrauisch, aber dieses Mal aus irgendeinem Grund wohlwollender. »Okay, wenn du willst, kannst du dann direkt heute Abend hinter der Bar anfangen.«
»Danke.«
»Hat Amy, la jefe, mit dir über die Bezahlung und so weiter geredet?«
»Nein.«
»Okay, wir haben jeden Tag außer montags geöffnet. Clubzeiten von zehn bis vier, freitags und samstags bis sechs. Und während des Spring Breaks durchgehend von sechs bis acht. Fünfzehn Dollar die Stunde, Bezahlung nach jeder Schicht, Trinkgelder darfst du behalten. Die neuen Arbeitspläne gibt es jeden Donnerstag. Allgemein ist alles bei uns unkompliziert, bei unentschuldigtem Fehlen sieht es jedoch anders aus. Falls du mal frei brauchst, einfach die Schicht wechseln oder mir vorher Bescheid geben.«
»Okay.«
»Gut, dann bring die restlichen Getränke zu den Mädels in die Kabine und komm heute Abend um acht. Tyler, einer der anderen Barkeeper, wird dich dann einarbeiten und dir alles zeigen. Ich habe dafür gerade keine Zeit.« Damit war für Carlos das Gespräch beendet, und er wandte sich anderen Aufgaben zu.

Wyatt wusste nicht genau, was Carlos gegen ihn hatte, vermutete jedoch, dass es mit Amelie zu tun hatte und dass er einer jener Typen war, der es bei ihr probiert hatte. Bestimmt hatte er versucht, bei ihr zu landen, und war abgeblitzt. Im Grunde sollte es ihm egal sein, Carlos war laut den Informationen, die er hatte, ein ruhiger Genosse, der noch nicht lange im Club arbeitete, und wenn es nur um sein Verhältnis zu Amelie ging, würde sich schon irgendeine Lösung finden. Im Prinzip konnte es nicht besser laufen. Gut gelaunt nahm er sich das volle Tablett und ging in die Richtung, in die Nick verschwunden war und aus der laute Musik kam.
Das, was ihn dort jedoch erwartete, machte ihn total sprachlos und ließ ihn mitten in der Bewegung innehalten. Der Raum war in der Tat ganz im Stil Amazonas eingerichtet, hatte zwei Bars und eine wirklich große Tanzfläche, die von Boxen und Podesten umgeben war, außerdem war an jeder Ecke der Fläche ein Käfig aufgebaut.
Was ihn jedoch wirklich sprachlos machte, waren die Stangen auf den Podesten, besser gesagt die Frau, die kopfüber an einer dieser Stangen hing und nur durch die Muskelkraft ihrer Beine gehalten wurde. Amelie hatte eine wirklich außergewöhnliche Körperbeherrschung. Wyatt war wie erstarrt stehen geblieben und schluckte. Nur von ihren Armen gehalten, bewegte sie sich in eine waagerechte Position und schwang dabei anmutig ihre Beine durch die Luft. Erst dann zog sie ihren Körper zurück an die Stange und ging in eine Art Endposition, bei der sie um die Stange herumwirbelte und galant auf dem Boden landete.
Die Frauen applaudierten und jubelten, was Amelie zum Lachen brachte. »Nicht vergessen, dass das keine Basics sind. Ihr müsst das nicht können«, rief Amelie den Frauen zu und zog sich an der Stange in eine aufrechte Position. »Das war nur eine Demonstration, was Pool Dance alles umfasst. Die Stange und die Basics, die ich euch vorher und auch schon bei anderen Shows in der Vergangenheit gezeigt habe, reichen vollkommen aus. Überlegt euch einfach grob eine Choreografie, probiert euch aus, aber vor allem, habt Spaß.«
Als allgemeines Stimmengewirr und Geplapper ausbrach, löste sich Wyatts Starre. Kopfschüttelnd ging er die wenigen Meter zu der kleinen Gruppe und stellte das Tablett auf dem Tisch ab, auf dem einige Unterlagen ausgebreitet waren und an dem Nick am Laptop arbeitete.
Das erinnerte ihn sofort wieder an den Fall. Er durfte nicht bei jeder Gelegenheit mit seinen Gedanken zu Amelie und ihrem umwerfenden Körper abdriften. Er hatte immerhin einen Job zu erledigen, nicht mehr und nicht weniger.
»Hey«, begrüßte ihn Nick und sah kurz von den Papieren auf.
»Hey.« An die Frauen gewandt rief Wyatt: »Wie schaut es aus, Ladys, Lust auf einen Drink?«
»Oh ja.« Kichernd kamen sie zu ihnen an den Tisch und beäugten ihn.
»Mädels, benehmt euch nicht wie kleine Schulmädchen. Das ist Wyatt, der neue Barkeeper. Wyatt, das sind die Mädels.«
»Hi, Mädels.«
»Hi, Wy-aaatt«, antworteten sie im Chor und begannen, wieder zu kichern.
Da es nur sieben Frauen waren, konnte sich Nick ebenfalls ein Glas nehmen, das er sich direkt griff. »Ich hatte zwar schon einen, aber ich könnte noch eine Erfrischung gebrauchen. Also cheers.« Kurz nippte er an dem Cocktail, der wie ein Mojito aussah. »Wie, der hat auch keinen Alkohol?«
Lachend wuschelte Amelie durch Nicks kurzes Haar und gab ihm dabei einen kleinen Klaps. »Es ist noch nicht mal fünf. Außerdem weißt du, dass ich es nicht gerne sehe, wenn die Belegschaft während der Arbeit Alkohol trinkt.«
»Wie konnte ich das bloß vergessen?« An Wyatt gerichtet fügte er in einem scherzhaften Ton hinzu: »Überleg dir gut, ob du wirklich für so eine Sklaventreiberin arbeiten willst.« Bei diesen Worten grinste er Amelie an.
»Sei doch ehrlich, Nick, du bist gerne mein Sklave«, neckte Amelie ihn nun zurück und wollte sich ebenfalls einen Cocktail nehmen, als Wyatt sie zurückhielt und ihr den reichte, den er extra für sie gemixt hatte. »Hier, das ist deiner.«
»Danke.« Lächelnd nahm sie ihm das Getränk ab und probierte es. »Oh, der ist super. Sogar mit Bananennektar.«
»Ich habe den Wink mit dem Zaunpfahl verstanden.« Als er mit einem Grinsen auf sie herabsah, machten sich mehrere Grübchen in seinem Gesicht bemerkbar.
Bevor sie sich jedoch in diesem Anblick verlor, fragte sie: »Wie heißt er?«
»Ich weiß nicht, hast du eine Idee?«
Immer noch lächelnd legte sie den Kopf zur Seite und sah weiterhin zu ihm auf. Etwas, das sie scheinbar immer tat, wenn sie nachdachte. »Wenn du ihn für mich gemixt hast, dann musst du dir auch einen Namen für ihn ausdenken.«
»Hmm, also gut – wie wäre es mit …« Wyatt beugte sich ein wenig zu ihr herunter und sagte leise: »Bella Nova?«
»Bella Nova«, sprach Amelie nach und lächelte dann. »Das gefällt mir. Und wann ist dein erster Tag bei uns?«
»Heute, vielen Dank noch mal«, antwortete er und richtete sich wieder auf.
»Kein Problem, ich bereue es bisher nicht, dir den Job vermittelt zu haben, vor allem nicht nach diesem echt leckeren Cocktail.« Am liebsten hätte Amelie sich noch etwas länger mit ihm unterhalten und gefragt, wie es mit Carlos gelaufen war, aber im Moment war es zu stressig dafür. Scheinbar waren gefühlt neunzig Prozent ihrer Mitarbeiter total kopflos, daher blieb ihr nun nichts anderes übrig, als sich wieder der Arbeit zuzuwenden und das Gespräch bis zu ihrem Date zu verschieben. Ein Date, auf das sie sich wirklich sehr freute – ihm regelrecht entgegenfieberte. »Sei mir nicht böse, aber ich muss mich noch um einiges kümmern. Fahr nach Hause und komm später zur Öffnungszeit wieder.«
»Also falls ihr bei irgendetwas noch Hilfe braucht, ich habe Zeit und könnte bleiben.«
Dankbar sah Amelie zu ihm auf. Er schien ein wirklich netter Typ zu sein, aber sie befürchtete, dass er sie im Moment nur von der Arbeit ablenken würde. »Ich weiß nicht, brauchst du Hilfe, Nick?«
»Ich bin mit den Papieren jetzt gleich durch, du musst nur noch einige Lieferungen für diese Woche anpassen und andere Sachen neu ordern, die gefehlt haben. Wenn die Lieferanten das Nötigste bis heute Abend nicht mehr beschaffen können, muss im Notfall noch jemand losfahren und die Sachen besorgen. Daher schlage ich vor, dass du dich darum kümmerst. Ich führe Wyatt im Club herum, falls das noch keiner gemacht hat, überprüfe alle Ausgänge und treffe schon mal die nötigen Sicherheitsvorkehrungen für den späteren Einlass, dann ist das erledigt. Bis dahin steht sicher fest, ob und was besorgt werden muss.«
Dankbar fiel Amelie Nick um den Hals. »Was bin ich froh, dass du so viel Ahnung von Logistik und Management hast. Warum übernimmst du eigentlich nicht den Aufgabenbereich?«
»Dein Lob geht mir natürlich runter wie Öl, und ich weiß das Angebot zu schätzen, aber ich versohle ab und zu ganz gerne mal ein paar Ärsche. So ein Organisationsjob wäre mir echt zu langweilig.«
»Wie du willst. Aber auf jeden Fall vielen, vielen Dank, dass du das Chaos für mich beseitigt hast. Tut mir echt leid, dass du deinen freien Nachmittag dafür opfern musstest, aber komm nach der Schicht vorbei, dann bekommst du einen Bonus.«
»Würde ich die Kohle nicht brauchen, würde ich sie ablehnen, aber so nehme ich sie gerne an und sage: Für dich immer wieder, meine Liebe.«
Wyatt wusste Nicks Verhalten nicht richtig zu deuten. Die beiden schienen sich richtig gut zu verstehen, warum hatte er nicht sein Glück bei ihr probiert? Erst als er darüber nachdachte, erinnerte er sich wieder an Donalds Worte: Nick wollte Mathieus Vertrauen nicht verspielen, indem er sich an dessen Cousine heranmachte, und war deshalb – zumindest auf romantischer Ebene – auf Abstand geblieben.
»Gut.« An Wyatt gewandt fragte sie: »Ist das okay für dich?«
»Klar, wie gesagt, ich habe Zeit, und wie es scheint, braucht ihr gerade alle helfenden Hände, die ihr bekommen könnt.«
»Vor allem, wenn ich nachher noch einkaufen muss«, bestätigte Nick. »Alleine würde ich es natürlich auch schaffen, aber uns fehlen wirklich viele Getränke und auch andere Sachen. Wenn die Lieferanten es wirklich nicht rechtzeitig schaffen sollten und ich das alleine machen muss, würde das echt lange dauern.«
»Wie gesagt, kein Problem.«
»Danke, wirklich vielen Dank. Aber macht jetzt erst mal euren Rundgang, ich finde euch später schon.« Amelie warf beiden eine Kusshand zu und verzog sich dann mit den Unterlagen ins Büro.

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