Sons of Devil MC: Landon

Er­schie­nen: 01/2025
Serie: Sons of Devil MC
Teil der Serie: 2

Genre: Con­tem­pora­ry Ro­mance, Motor­cy­cle Club Ro­mance

Lo­ca­ti­on: USA, Chi­ca­go


Er­hält­lich als:
pa­per­back & ebook

ISBN:
Print: 978-3-86495-722-2
ebook: 978-3-86495-723-9

Preis:
Print: 16,90 €[D]
ebook: 6,99 €[D]

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Sons of Devil MC: Landon


In­halts­an­ga­be

Leah Ca­ven­dish liebt ihre große Schwes­ter, die seit einem ver­hee­ren­den Ver­kehrs­un­fall im Koma liegt, von gan­zem Her­zen. Ihre Liebe reicht so tief, dass Leah kei­nen an­de­ren Aus­weg mehr sieht, als ihren Job als Bar­che­fin des Sons of Devil MC an den Nagel zu hän­gen und ihren Kör­per zu ver­kau­fen, um das nö­ti­ge Geld für die Be­hand­lung ihrer Schwes­ter zu ver­die­nen und ihr somit das Leben zu ret­ten.
Als sie ihre Diens­te in Chi­ca­gos Eli­te-Her­ren­club an­bie­ten möch­te, trifft sie aus­ge­rech­net auf Lan­don Ward, Road­cap­tain der Sons of Devil, der ihr ein An­ge­bot un­ter­brei­tet, das sie nicht aus­schla­gen kann.
Be­zie­hun­gen? Hoch­zei­ten? Liebe? Keine Chan­ce!
Für Lan­don sind das Fremd­wör­ter, denn der mus­kel­be­pack­te Voll­blut-Bi­ker liebt nichts mehr als seine Frei­heit. Doch als ihn per­sön­li­che Um­stän­de dazu zwin­gen, seine Le­bens­ein­stel­lung noch ein­mal zu über­den­ken, geht er ein Ar­ran­ge­ment ein, das nicht nur sein Leben völ­lig durch­ein­an­der­wir­belt.

Über die Au­to­rin

Ari­zo­na Moore ist das Pseud­onym einer deutsch­spra­chi­gen Au­to­rin und steht für Liebe, Herz­schmerz, Drama und einen Hauch ero­ti­schem Pri­ckeln.
Bü­cher sind und waren schon immer ihre größ­te Lei­den­schaft. An­fäng­lich hat sie ihre Ge­schich­ten nur für sich selbst zu Pa­pier...

Wei­te­re Teile der Sons of Devil MC Serie

Le­se­pro­be

Lan­don

Halt, stopp. Habe ich ge­ra­de rich­tig ge­se­hen? Nein, das kann nicht sein. Aus­ge­schlos­sen. Nie und nim­mer ist Leah, un­se­re Leah, so­eben mit Jason im Be­spre­chungs­zim­mer des For­bid­den Dreams ver­schwun­den.
Ich blei­be auf der un­ters­ten Stufe der Trep­pe ste­hen, die zu Ja­sons Kon­troll­zen­trum in der ers­ten Etage führt, und bin immer noch fel­sen­fest davon über­zeugt, Leah ge­se­hen zu haben.
Sie war es.
Sie muss es ge­we­sen sein.
Irr­tum aus­ge­schlos­sen.
Ich bli­cke zu der ver­schlos­se­nen Tür, die so­eben hin­ter den bei­den ins Schloss ge­fal­len ist.
Was zum Teu­fel hat sie hier ver­lo­ren?
Ja­sons Club ist...

...​privat, also nicht für je­der­mann zu­gäng­lich. Eine Mit­glied­schaft im Dreams kos­tet ein klei­nes Ver­mö­gen. Kein Nor­mal­ver­die­ner kann sich die Diens­te die­ses Eta­blis­se­ments leis­ten. Und Frau­en sind grund­sätz­lich von einer Mit­glied­schaft aus­ge­schlos­sen. Der ein­zi­ge Weg, um als Pussy hier her­ein­zu­kom­men, ist als An­ge­stell­te.
Im Dreams ver­keh­ren nur die reichs­ten der Rei­chen, die Crème de la Crème. Po­li­ti­ker, Staats­an­wäl­te, Rich­ter, Schau­spie­ler, Un­ter­neh­mer. Dis­kre­ti­on wird in die­sen Hal­len groß­ge­schrie­ben. Alles, was sich in die­ser Villa ab­spielt, ist und bleibt streng ver­trau­lich. Nichts davon ist je nach drau­ßen ge­drun­gen. Und das soll schon was hei­ßen, denn der Laden exis­tiert seit über drei­ßig Jah­ren. Wer seine Ehe­frau be­trü­gen will oder auf ab­ge­fah­re­nen Sex steht, ist hier genau rich­tig. Vor­aus­ge­setzt, er ver­fügt über das nö­ti­ge Klein­geld. Kein Wunsch bleibt im Dreams un­er­füllt.
Ich meine, mich daran zu er­in­nern, dass vor etwa sechs Mo­na­ten das Ge­rücht die Runde mach­te, dass eine ehe­ma­li­ge An­ge­stell­te des Dreams, die re­gel­mä­ßig einem nam­haf­ten A-Pro­mi zu Diens­ten war, über des­sen se­xu­el­le Nei­gun­gen aus­pa­cken woll­te. Be­sag­te Dame soll, so er­zählt man sich, von heute auf mor­gen von der Bild­flä­che ver­schwun­den sein. Na­tür­lich, bevor sie mit den Me­di­en spre­chen konn­te. Man mun­kelt, dass Jason für ihr Ver­schwin­den ver­ant­wort­lich war. Be­wei­se, die auf ihn hin­deu­te­ten, gab es je­doch nie.
Plötz­lich kom­men mir wie­der Leahs Worte von neu­lich Abend, als sie ge­kün­digt hat, in den Sinn: Ich … ich … weiß gar nicht, wie ich es dir sagen soll, aber … aber … Ich muss lei­der kün­di­gen. Du weißt, dass ich meine Ar­beit und den Club über alles liebe, aber es gibt da eine Fa­mi­li­en­an­ge­le­gen­heit, um die ich mich zwin­gend küm­mern muss. Lei­der sehe ich keine an­de­re Mög­lich­keit, als den Club zu ver­las­sen, da ich die­ser … Auf­ga­be nur in den Abend­stun­den nach­kom­men kann, was sich aber mit mei­nen Ar­beits­zei­ten über­schnei­den würde. Wenn es einen an­de­ren Weg gäbe, würde ich euch nie­mals ver­las­sen … Das kannst du mir glau­ben. Ihr seid mir alle un­heim­lich ans Herz ge­wach­sen. Jeder Ein­zel­ne von euch.
Mit einem Mal er­ge­ben ihre Worte einen Sinn.
Im Dreams sind die Ar­beits­zei­ten auf den Abend li­mi­tiert. Tags­über hat der Club in der Regel ge­schlos­sen. Ich glau­be, dass sie bloß an einem Nach­mit­tag in der Woche ge­öff­net haben. Und na­tür­lich nach Ab­spra­che, was Jason sich ganz be­son­ders ver­gü­ten lässt.
Fuck.
Ich werde das Ge­fühl nicht los, dass mit Leah etwas nicht stimmt.
Nun, da ich so dar­über nach­den­ke, fällt mir wie­der ein, dass sie in letz­ter Zeit sehr an­ge­spannt ge­wirkt hat. Sie schien ner­vös und ir­gend­wie trau­rig zu sein, als würde sie etwas be­las­ten. Ich kann nicht sagen, ob sie Pro­ble­me, Ärger oder gar Geld­sor­gen hat, denn so dicke waren wir nie mit­ein­an­der. Si­cher, ab und an haben wir uns un­ter­hal­ten und her­um­ge­flachst, aber das ging nie über ober­fläch­li­chen Small Talk hin­aus.
Ich weiß, dass Fal­lon, Matts Old Lady, und Leah sich na­he­ste­hen. Die zwei ver­brin­gen viel Zeit mit­ein­an­der. Nach Matts Ent­füh­rung ist eine Freund­schaft zwi­schen den bei­den Frau­en ent­stan­den. Mein Bru­der war total happy dar­über, dass Fal­lon im Club je­man­den ge­fun­den hatte, dem sie sich an­ver­trau­en konn­te, da Fal­lon zu Be­ginn nicht ganz frei­wil­lig bei uns ge­we­sen ist. Aber das ist eine an­de­re Ge­schich­te.
Viel­leicht weiß Fal­lon mehr über sie. Ich werde sie bei nächs­ter Ge­le­gen­heit dazu aus­hor­chen.
„Was ist los, Bru­der? Hast du einen Geist ge­se­hen? Du bist blas­ser als die Wand“, meint der Pro­s­pect, den ich zur Un­ter­stüt­zung mit­ge­nom­men habe, la­chend.
„Kann man so sagen“, ent­geg­ne ich brum­mend. „Hast du sie auch ge­se­hen?“
Der An­wär­ter schaut mich an, als würde er un­se­re Spra­che nicht ver­ste­hen. „Ge­se­hen? Wen?“
„Leah. Wieso ist sie hier?“
„Nein, habe ich nicht.“ Er schüt­telt den Kopf. „Al­ler­dings könn­te ich mir schon vor­stel­len, hier auf sie zu tref­fen. Ich meine, mich daran zu er­in­nern, dass sie neu­lich fal­len­ge­las­sen hat, dass die Dinge mo­men­tan nicht ganz so ein­fach für sie sind. Sie küm­mert sich um ihre Schwes­ter, die im Koma liegt. Die Pfle­ge soll wohl recht kost­spie­lig sein. Da sie kei­ner­lei Kon­takt mehr zu ihrer Fa­mi­lie hat, muss sie ganz al­lein für die Kos­ten auf­kom­men. Und dafür braucht man Geld. Weit­aus mehr Kohle, als sie von uns be­kom­men hat. Ich habe mal ge­hört, dass die Mä­dels, die hier ar­bei­ten, vier- bis fünf­stel­li­ge Sum­men pro Monat ver­die­nen kön­nen. Fuck, wenn ich eine Pussy hätte, würde ich so­fort im Dreams an­fan­gen. Was gibt es Bes­se­res, als zu fi­cken und damit auch noch Cash zu ma­chen?“
„Woher weißt du das?“, ver­lan­ge ich von ihm zu wis­sen.
Er zuckt mit den Ach­seln. „Wir un­ter­hal­ten uns ab und an mit­ein­an­der. Ich bin ein guter Zu­hö­rer.“
Leah hat uns be­lo­gen.
Schei­ße, sie hat uns ga­ran­tiert nicht wegen einer Fa­mi­li­en­an­ge­le­gen­heit in den Sack ge­hau­en. Oder wie passt ihre Be­grün­dung mit dem zu­sam­men, was mir der Pro­s­pect ge­ra­de ge­steckt hat?
Meine Ge­dan­ken kom­men zum Er­lie­gen, da die Tür des Mee­tin­g­raums auf­schwingt und Jason pfei­fend ins Foyer spa­ziert kommt.
„Geh schon mal in den Kon­troll­raum und mach dich mit den Über­wa­chungs­sys­te­men ver­traut. Ich komme gleich nach“, be­feh­le ich dem An­wär­ter und sprin­ge von der Stufe. „Jason, warte mal. Hast du einen Mo­ment für mich?“, rufe ich dem In­ha­ber des Dreams hin­ter­her, der ge­ra­de im Be­griff ist, in sei­nem Büro zu ver­schwin­den.
„Schlech­tes Ti­ming, Kum­pel. Viel­leicht spä­ter?“
„Was hat Leah Ca­ven­dish hier ver­lo­ren?“, frage ich, ohne mich noch län­ger mit Höf­lich­kei­ten auf­zu­hal­ten. „Ich habe sie in dei­nen Be­spre­chungs­raum gehen sehen.“
„Du kennst die Klei­ne?“ Fra­gend blickt Jason zu mir auf. „Sie be­wirbt sich um eine Stel­le als Dream-Girl.“ Er wa­ckelt mit den Au­gen­brau­en.
„Bitte, was?“ Mir fällt alles aus dem Ge­sicht. „Ver­giss es, du wirst sie auf gar kei­nen Fall ein­stel­len. Schick sie nach Hause.“
„Nach Hause schi­cken? Du machst wohl Witze! Ich wäre ein Voll­trot­tel, wenn ich mir die­ses Juwel durch die Lap­pen gehen ließe. Hast du sie dir mal an­ge­se­hen? Schei­ße, das Mäus­chen ist heiß mit ihrer ma­kel­lo­sen Haut, den fas­zi­nie­ren­den Augen und ihren rie­si­gen Tit­ten. Und erst ihr Arsch … Hal­le­lu­ja, was man mit dem alles an­stel­len könn­te. Die Män­ner wer­den sich darum prü­geln, sie fi­cken zu dür­fen“, schwärmt er. „Leah ver­kör­pert die per­fek­te Un­schuld, wor­auf unser Kli­en­tel be­son­ders scharf ist. Diese geile Stute könn­te eins mei­ner bes­ten Pfer­de im Stall wer­den.“
Wut durch­strömt meine Adern, da er so her­ab­las­send über Leah spricht. Diese geile Stute könn­te eins mei­ner bes­ten Pfer­de im Stall wer­den. Spinnt er? Der hat doch nicht mehr alle Lat­ten am Zaun. Er stellt sie wie ein Stück Vieh dar, das meist­bie­tend auf einer Auk­ti­on ver­scha­chert wer­den soll.
Mir ist klar, dass die Damen, die im Dreams ar­bei­ten, aus frei­en Stü­cken hier sind und je­der­zeit gehen kön­nen, wenn das ihr Wunsch ist. Doch das mil­dert nicht im Ge­rings­ten die Wut, die sich in die­ser Se­kun­de zu einer tie­fen Ent­schlos­sen­heit formt. Mit jeder Faser mei­nes Seins werde ich ver­hin­dern, dass er sie zur Hure macht. Nur über meine Lei­che.
„Jason, wenn du kei­nen Stress mit den Sons of Devil willst, dann schick un­se­re Bar­da­me so­fort nach Hause. Soll­te auch nur einer dei­ner Kun­den Hand an Leah legen, sorge ich per­sön­lich dafür, dass du dei­nes Le­bens nicht wie­der froh wirst“, drohe ich ihm und meine jedes ein­zel­ne Wort bit­ter­ernst.
„Wow, Kum­pel, immer schön lo­cker durch die Hose atmen“, ent­geg­net er la­chend. „Bist du etwa scharf auf das Blond­chen? Ist sie dein Mäd­chen? So wie du dich auf­führst, könn­te man glatt mei­nen, dass sie dir ge­hört.“
Sie ist ganz be­stimmt nicht mein Mäd­chen, aber so etwas wie eine Freun­din. Leah war lange Zeit Teil der De­vils-Fa­mi­lie, und wir be­schüt­zen die­je­ni­gen, die zu uns ge­hö­ren. Zwar hat sie uns ver­las­sen, doch ich bin fel­sen­fest davon über­zeugt, dass hin­ter ihrer Kün­di­gung mehr steckt, als sie uns weis­ma­chen woll­te.
„La­be­re kei­nen Scheiß, Jason“, zi­sche ich. „Ich und eine feste Freun­din? Pah, eher friert die Hölle zu.“
„Und wieso machst du dann so einen Auf­riss? Was ist das fucking Pro­blem, Lan­don? Wenn du, wie heißt das bei euch Bi­kern noch gleich, ach ja, kei­nen An­spruch auf sie er­ho­ben hast, steht es ihr frei, zu tun und zu las­sen, was immer sie will. Und wie ich un­se­rem in­ti­men, klei­nen Ge­spräch ent­neh­men konn­te, ist Leah fest ent­schlos­sen, eins mei­ner Mäd­chen zu wer­den“, er­wi­dert er.
„Ein letz­tes Mal im Guten, Jason: Schick. Sie. Ver­dammt. Noch. Mal. Wie­der. Nach. Hause.“
„Sorry, Gro­ßer, aber das kannst du kni­cken. Ich lasse mir ein sol­ches Sah­ne­stück doch nicht wegen dei­ner Be­find­lich­kei­ten durch die Lap­pen gehen. Ich bin Ge­schäfts­mann.“ Mit die­sen Wor­ten kehrt er mir den Rü­cken zu und ver­schwin­det in sei­nem Büro.
Wut­ent­brannt zücke ich so­fort mein Handy und wähle Coles Num­mer, da ich ohne die Zu­stim­mung des Prez nichts un­ter­neh­men darf. Alle Ak­tio­nen müs­sen mit Cole ab­ge­stimmt und von ihm ge­neh­migt wer­den. In die­sem Fall ist das sogar be­son­ders wich­tig, da Jason Coles Freund ist. Ohne den Segen des Prä­si­den­ten kann ich kei­nen Staub auf­wir­beln. Ob mir das passt, oder nicht.
Be­reits nach dem zwei­ten Klin­geln geht er ran. „Jo, Lan­don, was gibts? Pro­ble­me?“
„Kann man so sagen“, murm­le ich. „Hör zu, Leah ist im Dreams. Sie hat bei uns ge­kün­digt, um eins von Ja­sons Mäd­chen zu wer­den. Wuss­test du davon?“
„Bitte, was?“
„Noch mal, sie ist hier, Prez. Jason mein­te eben zu mir, dass sie bei ihm an­fan­gen will“, wie­der­ho­le ich mich.
Es herrscht einen Mo­ment lang Stil­le zwi­schen uns, dann höre ich den Prez flu­chen. „Schei­ße, ich wuss­te, dass es um ihre fi­nan­zi­el­le Lage nicht so rosig be­stellt ist, aber dass sie sich pro­sti­tu­ie­ren muss …“
„Was soll ich tun, Cole? Wir kön­nen doch nicht dabei zu­se­hen, wie Leah, un­se­re Leah, ihren Kör­per an ir­gend­wel­che rei­chen, alten Säcke ver­kauft. Was, wenn sie an einen die­ser Wich­ser gerät, wegen denen ich hier bin? Komm schon, Bru­der, Leah ge­hört doch quasi zur Fa­mi­lie.“
Cole seufzt. „Du wirst die Füße still­hal­ten, Lan­don. Sorry, Bru­der, aber die Sache geht uns nichts an. Leah hat Jason aus frei­en Stü­cken auf­ge­sucht. Wir sind nicht für sie ver­ant­wort­lich, sie steht nicht unter un­se­rem Schutz. So ist das nun mal, und das weißt du ganz genau.“
„Das ist nicht dein ver­damm­ter Ernst. Re­geln hin oder her, sie war jah­re­lang bei uns be­schäf­tigt, hat so viel für uns getan und war sich fürs nichts zu scha­de. Bru­der, wir spre­chen hier über Leah. Die Frau, die uns in jeder be­schis­se­nen Si­tua­ti­on bei­ge­stan­den hat.“
„Meinst du, das weiß ich nicht? Fuck, was er­war­test du von mir?“, will er wis­sen.
„Dass du mir dein ver­damm­tes Okay gibst, sie von hier weg­zu­schaf­fen. Das wäre doch ein ziem­lich guter An­fang.“
„Und dann? Wie geht es wei­ter?“
„Keine Ah­nung, Mann“, ant­wor­te ich.
„Sorry, Lan­don, aber du be­kommst von mir kein grü­nes Licht. Wie ich schon sagte, sie ist ein frei­er Mensch. Wir dür­fen uns nicht in ihre An­ge­le­gen­hei­ten ein­mi­schen, außer …“
„Außer, was?“, falle ich ihm ins Wort, denn ich bin nicht ge­ra­de der Ge­dul­digs­te.
„Du be­an­spruchst sie of­fi­zi­ell für dich. Dann wäre die Aus­gangs­la­ge eine völ­lig an­de­re.“
An­spruch auf Leah er­he­ben?
What the fuck?
Ist Cole noch bei Sin­nen?
Schei­ße, ich will sie nicht zu mei­ner Old Lady ma­chen, denn wenn ich nur daran denke, eine feste Bin­dung ein­ge­hen zu müs­sen, kräu­seln sich mir die Fuß­nä­gel. Das will ich weder mit ihr noch mit sonst wem. Mein Herz schlägt ein­zig und al­lein für die Frei­heit. Ich bin gerne für mich. Und wenn mich von Zeit zu Zeit doch der Wunsch nach Zwei­sam­keit und In­ti­mi­tät über­kommt, suche ich mir ein kurz­wei­li­ges – und ganz be­son­ders wich­tig –, un­ver­bind­li­ches Aben­teu­er.
Die Frau­en, die sich auf mich ein­las­sen, wis­sen immer, woran sie bei mir sind. Ich lege meine Kar­ten stets offen auf den Tisch. Ich würde ihnen nie etwas vor­ma­chen, denn da wären Stress und Ärger vor­pro­gram­miert. Und ich kann nichts we­ni­ger aus­ste­hen als wü­ten­de oder heu­len­de Fu­ri­en.
Eine Be­zie­hung be­deu­tet Ver­ant­wor­tung. Drei­zehn Buch­sta­ben, die mir echt Schiss ma­chen: Ver­ant­wor­tung. Was meine Rolle im Club an­be­langt, bin ich über­aus ver­ant­wor­tungs­be­wusst, aber da geht es um Bikes, Aus­puf­fe und Lacke und nicht um einen at­men­den, le­ben­den Men­schen, den man ver­let­zen könn­te.
Die Vor­stel­lung, je­man­dem emo­tio­nal nah und für sein Glück mit­ver­ant­wort­lich zu sein, ist ab­schre­ckend. Ich will mich weder fest­le­gen noch Ver­pflich­tun­gen ein­ge­hen, denn bei­des engt mich der­ma­ßen ein, dass ich das Ge­fühl be­kom­me, als würde ich einen Teil der Kon­trol­le über mein Leben ab­ge­ben. Es ist schwer, zu er­klä­ren, wie ich mich dabei fühle. Meine El­tern haben ver­sucht, jeden As­pekt mei­nes Da­seins zu lei­ten, zu len­ken, zu steu­ern und zu kon­trol­lie­ren. Und bis zu einem ge­wis­sen Punkt ist ihnen das auch ge­lun­gen. Mir wurde ge­sagt, was ich an­zu­zie­hen, mit wem ich mich auf einem Event zu un­ter­hal­ten, wie und wann ich zu lä­cheln habe. Man hat mir meine Frei­zeit dik­tiert. Mit wem ich mich zu ver­ab­re­den habe, wel­chen Sport ich be­trei­ben muss und wel­ches In­stru­ment ich zu er­ler­nen habe. Glaubt ihr, dass ein vier­zehn­jäh­ri­ger Junge, in der Blüte sei­ner Pu­ber­tät, scharf dar­auf ist, Ak­kor­de­on zu spie­len, auf Golf­plät­zen den Schlä­ger zu schwin­gen und Wirt­schafts­ma­ga­zi­ne zu stu­die­ren, wäh­rend an­de­re Play­sta­ti­on zo­cken, Freun­de tref­fen und ihren ers­ten Kuss be­kom­men? Fuck, es war die Hölle.
Das pas­siert mir kein zwei­tes Mal. Meine Un­ab­hän­gig­keit, meine Frei­heit sind mir das Hei­ligs­te.
Also nein, ich will nichts Fes­tes. Und An­spruch auf eine Frau zu er­he­ben, ist eine bom­ben­fes­te Sache, ohne die Op­ti­on auf Rück­tritt. Wer zur Old Lady ge­macht wird, hat die höchst­mög­li­che Stel­lung als Frau in­ner­halb eines Clubs inne. Eine Old Lady ist für die an­de­ren Mit­glie­der tabu. Der Mann geht sei­ner Old Lady ge­gen­über eine Ver­pflich­tung ein, die schwe­rer wiegt als jede Har­ley: Er ist ihr Be­schüt­zer in einer Welt vol­ler Ge­fah­ren und Her­aus­for­de­run­gen. Seine Pflich­ten er­stre­cken sich über die Gren­zen des Clubs hin­aus, denn er ist nicht nur ihr Part­ner, son­dern auch ihr Ver­bün­de­ter und Kom­pli­ze in allen Aben­teu­ern, die so­wohl das Leben als auch die Stra­ße be­reit­hal­ten.
Al­ler­dings habe ich noch ein letz­tes Ass im Ärmel, um Cole um­zu­stim­men. „Ich will sie zwar nicht zu mei­ner Old Lady ma­chen, habe je­doch vor, sie zu hei­ra­ten, Bru­der. Sie soll mir als mein Ci­ti­zen Wife bei der Erb­schafts­sa­che hel­fen. Ob sie es tut, weiß ich noch nicht, aber was würde es für einen Ein­druck auf den Notar oder mei­nen Bru­der ma­chen, wenn meine Ehe­frau als Nutte ar­bei­tet? Man würde mich der Schein­ehe be­zich­ti­gen, und die Kohle wäre futsch.“
Ich höre Cole laut ein- und wie­der aus­at­men, dann flucht er. Da­nach herrscht er­neut ein viel zu lan­ger Mo­ment der Stil­le zwi­schen uns.
Ich hoffe, dass ihm die­ser Vor­schlag aus­reicht, um mir grü­nes Licht zu geben. Wieso es mir so wich­tig ist, sie von hier weg­zu­schaf­fen, ist mir selbst ein rie­sen­gro­ßes Rät­sel. Ich habe keine lo­gi­sche Er­klä­rung dafür. Manch­mal ver­ste­he ich mich selbst nicht.
„Okay, ich bin zu einem Kom­pro­miss be­reit“, sagt Cole schließ­lich. „Nimm sie aus dem Dreams mit zu dir nach Hause und un­ter­hal­te dich mit ihr. Wenn sie dei­nen Deal nicht an­neh­men will und wei­ter­hin ent­schlos­sen ist, für Jason zu ar­bei­ten, ak­zep­tierst du ihre Ent­schei­dung und hältst brav die Füße still. Ab­ge­macht?“
„Klingt fair. Danke, Prez“, ent­geg­ne ich.
„Nichts zu dan­ken, Bru­der. Ich rufe jetzt Jason an, um ihm mit­zu­tei­len, was wir so­eben be­spro­chen haben. Regle die Sache fried­lich, Lan­don, denn ich habe keine Lust auf Stress mit mei­nem Kum­pel. Wir sehen uns mor­gen im Club. Ach, und viel Er­folg mit Leah, Lan­don.“
Die Lei­tung ist tot.
Er hat das Ge­spräch be­en­det, ohne mir die Chan­ce ge­ge­ben zu haben, mich von ihm zu ver­ab­schie­den.
Nun, da ich sein Ein­ver­ständ­nis habe, ver­staue ich mein Te­le­fon wie­der in der Ho­sen­ta­sche und mache mich auf den Weg zum Be­spre­chungs­zim­mer. Wie ich die Un­ter­hal­tung mit Leah an­ge­hen werde, weiß ich noch nicht. Ich werde wohl im­pro­vi­sie­ren, denn ich war noch nie je­mand, der Züge im Vor­aus plant oder sich einen Schlacht­plan zu­recht­legt. Ich werde spon­tan und in­tui­tiv ent­schei­den, was ich tun oder sagen wer­den.
Am Ende zählt nur eins: dass sie zu­stimmt, meine Ehe­frau zu wer­den.


Leah

Indem ich im Mee­tin­g­raum des Dreams auf und ab gehe, ver­su­che ich, meine Ner­vo­si­tät wegen des be­vor­ste­hen­den Eig­nungs­tests ir­gend­wie unter Kon­trol­le zu be­kom­men. Immer, wenn ich un­ru­hig, trau­rig oder auf­ge­kratzt bin, muss ich mich be­we­gen. Es ist wie ein Zwang. Als sich ir­gend­wann die Tür öff­net, rutscht mir mein Herz schlag­ar­tig in die Knie­keh­len. Ein gro­ßer, breit­schult­ri­ger blon­der Mann, der breit vor sich hin grinst, be­tritt den Raum. Ein eis­kal­ter Schau­er läuft mir über den Rü­cken.
„Guten Abend, Leah, ich bin Sam, Ja­sons rech­te Hand. Wir zwei wer­den uns nun mit­ein­an­der ver­traut ma­chen, damit ich deine Eig­nung zum Dream-Girl be­ur­tei­len kann“, teilt er mir mit und leckt sich süf­fi­sant über die Lip­pen.
Die Stim­me mei­nes Ge­gen­übers klingt, als wäre er Ket­ten­rau­cher und würde tag­täg­lich li­ter­wei­se har­ten Al­ko­hol in sich hin­ein­schüt­ten. Seine Stimm­far­be ist alles an­de­re als an­ge­nehm, sym­pa­thisch oder ver­trau­en­er­we­ckend, was meine in­ne­re Un­ru­he nur noch mehr ver­stärkt.
Ich schlu­cke schwer und zit­te­re mitt­ler­wei­le am gan­zen Leib. Ich pro­bie­re, die Angst, die sich un­auf­halt­sam immer wei­ter in mir aus­brei­tet, ir­gend­wie aus­zu­blen­den, was mir aber nicht ge­lin­gen will. Mein Herz klopft nun­mehr so laut, dass der Kerl es si­cher­lich schla­gen hören kann. Nichts­des­to­trotz läch­le ich, um meine Un­si­cher­heit zu über­spie­len. Mein Ge­gen­über soll nicht wis­sen, dass mir der Arsch auf Grund­eis geht. Ich brau­che die­sen Job und wuss­te, wor­auf ich mich ein­las­se. Mir war be­wusst, was mich er­war­ten wird.
„Sag, Leah Ca­ven­dish, wieso bist du hier? Aus Lan­ge­wei­le?“, fragt er mich. „Du bist doch Phils klei­ne Schwes­ter, oder? Hat dein Daddy dir etwa den Geld­hahn zu­ge­dreht? Kannst du dir nicht mehr wö­chent­lich eine neue Ta­sche von Prada oder Gucci kau­fen?“
Schei­ße.
Schei­ße.
Schei­ße.
Ich bin sprach-, aber allem voran fas­sungs­los, denn seine Fra­gen tref­fen mich völ­lig un­vor­be­rei­tet. Ich war nicht dar­auf ein­ge­stellt, auf je­man­den zu tref­fen, der mich oder meine Fa­mi­lie kennt. Nun be­reue ich es umso mehr, Jason mei­nen rich­ti­gen Namen ge­nannt zu haben. Aber wenn ich ihm etwas vor­ge­macht hätte, hätte das etwas ge­än­dert? In die­sem Club ver­keh­ren Män­ner – Gott, was für eine Dop­pel­deu­tig­keit –, die sich in den glei­chen Krei­sen wie Dad und Phil be­we­gen. Ich habe die­ser High So­cie­ty lange Zeit selbst an­ge­hört. Frü­her oder spä­ter hätte mich si­cher­lich ir­gend­wer er­kannt, des­sen bin ich mir si­cher.
Lo­gi­scher­wei­se steht meine Fa­mi­lie auf­grund des Fir­men­er­folgs dau­er­haft im Spot­light der Öf­fent­lich­keit, wo­hin­ge­gen ich still und heim­lich von der Bild­flä­che ver­schwun­den bin. Die Pres­se hat zwar immer wie­der bei mei­ner Fa­mi­lie nach­ge­fragt, wo ich denn ab­ge­blie­ben sei, doch Dad hat dan­kens­wer­ter­wei­se stets mit einem kein Kom­men­tar ge­ant­wor­tet. Seit gut vier Jah­ren ziert kein Bild von mir ir­gend­ei­ne Ti­tel­sei­te. Meine vir­tu­el­len Spu­ren in Form von Ins­ta­gram und Face­book habe ich ver­wischt, um in der An­ony­mi­tät un­ter­zu­tau­chen. Ich habe all meine Ac­counts ge­löscht. Die schreck­li­chen Mo­na­te nach un­se­rem Un­fall waren ge­spickt von Schlag­zei­len, die meine Fehl­ge­burt, die Tren­nung von mei­nem Freund sowie das Schick­sal mei­ner Schwes­ter the­ma­ti­sier­ten. Ab­ge­schirmt von den Bli­cken der Öf­fent­lich­keit brauch­te ich Zeit für mich, um meine Ver­lus­te auf­zu­ar­bei­ten.
Auch wenn Jason mir Dis­kre­ti­on zu­ge­si­chert hat, kann ich sei­nem Wort blind ver­trau­en? Darf ich mir si­cher sein, dass weder die Pres­se noch Phil oder gar Dad von mei­nem Job im Dreams er­fah­ren?
Aber an­ders ge­dacht, würde das etwas än­dern? Ich meine, ich gehe mei­ner Fa­mi­lie am Arsch vor­bei. Sie hat mich hän­gen­las­sen, als ich ihre Un­ter­stüt­zung am drin­gends­ten ge­braucht habe. Sol­len sie doch ruhig er­fah­ren, wohin mich ihre Igno­ranz, ihr Starr­sinn, ihre Gleich­gül­tig­keit ge­trie­ben haben. Sie schä­men sich oh­ne­hin schon für mich.
„Ich brau­che das Geld“, lau­tet meine knap­pe, aber ehr­li­che Ant­wort, die ge­nau­so banal klingt, wie sie ist. Wie soll ich ihm sonst er­klä­ren, wieso ich hier bin?
Weil es mir Spaß macht, mit wild­frem­den Ker­len zu vö­geln?
Weil ich dar­auf stehe, die Fan­ta­si­en von rei­chen, alten Kna­ckern zu er­fül­len?
Weil mich die Vor­stel­lung, ein Lust­ob­jekt zu sein, an­macht?
Weil ich se­xu­ell frus­triert bin und im nor­ma­len Leben kei­nen Schwanz ab­be­kom­me?
Ganz be­stimmt nicht, denn nichts davon ent­spricht der Wahr­heit.
Was ich ga­ran­tiert nicht ma­chen werde, ist ihm die Um­stän­de zu er­läu­tern, die mich dazu zwin­gen, mei­nen Kör­per ver­kau­fen zu müs­sen. Soll er doch von mir den­ken, was er will. Dann bin ich eben die ver­wöhn­te, klei­ne Göre, deren Daddy ihr den Geld­hahn zu­ge­dreht hat.
Ich will ein­fach nur die­sen be­schis­se­nen Eig­nungs­test hin­ter mich brin­gen und gut.
„Nun, dich zu tes­ten, wird mir be­son­ders viel Freu­de be­rei­ten, Leah Ca­ven­dish“, zischt er. Er lä­chelt mich an, ein Hauch von Grau­sam­keit spie­gelt sich mit einem Mal in sei­nen Augen wider. Wieso er mich plötz­lich so hass­er­füllt an­blickt, weiß ich nicht. „Wie wäre es, wenn du dich jetzt ganz lang­sam für mich aus­ziehst, damit ich dich …“
Ehe er die­sen wi­der­wär­ti­gen Satz zu Ende füh­ren kann, fliegt die Tür zum Be­spre­chungs­zim­mer auf und kracht mit einem oh­ren­be­täu­ben­den Knall gegen die Wand. Er­schro­cken wei­che ich einen Schritt zu­rück, dann drehe ich mich zur of­fen­ste­hen­den Tür um.
Der Schock lässt je­doch kei­nes­wegs nach, da ich nun Lan­don Ward im Raum ste­hen sehe.
Ach, du Schei­ße. Warum ist er hier? Und wes­halb ist er wie ein Bull­do­zer in die­sen Raum hin­ein­ge­walzt?
Lan­dons Blick ist auf Sam ge­rich­tet, sein Ge­sichts­aus­druck wirkt mör­de­risch. „Einen Scheiß­dreck wird sie tun“, blafft er. „Sam, so­fort raus hier.“
Sam schnalzt miss­bil­li­gend mit der Zunge. „Wes­halb soll­te ich mich ver­pis­sen? Du hast mir gar nichts zu sagen, Biker. Das Dreams ist der Club mei­nes Cou­sins, und ich nehme aus­schließ­lich An­wei­sun­gen von Jason ent­ge­gen. Mein Be­fehl lau­te­te klar und deut­lich, diese klei­ne Schlam­pe auf Herz und Nie­ren zu tes­ten“, ent­geg­net er un­be­ein­druckt von Lan­dons Auf­tritt.
Lan­don zuckt mit den Schul­tern und tritt einen Schritt auf Sam zu. Dabei lässt er den Kopf ein paar­mal krei­sen und seine Fin­ger­ge­len­ke kna­cken. „Wenn du scharf dar­auf bist, dass ich dich zu Hack­fleisch ver­ar­bei­te, dann bleib ruhig hier. Mir macht es ab­so­lut nichts aus, dich um deine Front­zäh­ne zu er­leich­tern. Ich weiß nur nicht, ob du ge­nau­so viel Spaß daran hät­test wie ich. Der Letz­te, der wegen mir seine Schnei­de­zäh­ne ver­lo­ren hat, hat ziem­lich laut ge­flucht, Blut ge­spuckt und letzt­end­lich wie ein klei­nes Baby nach sei­ner Mommy ver­langt.“
„Okay, okay, du hast mich über­zeugt. Ich ver­zie­he mich.“ Als würde man ihn mit einer Waffe be­dro­hen, reckt Sam beide Hände in die Höhe. Lang­sam geht er an Lan­don vor­bei, je­doch nicht, ohne ihn mit einem feind­se­li­gen Blick zu be­den­ken. Ehe er den Raum ver­lässt, hält er noch kurz an der Tür inne, um das Wort an mich zu rich­ten. „Zu scha­de, klei­ne Ca­ven­dish, wir zwei hät­ten eine Menge Spaß mit­ein­an­der haben kön­nen. Nun werde ich mei­nem Cou­sin wohl be­rich­ten müs­sen, dass du nicht das Zeug dazu hast, eins sei­ner Dream-Girls zu wer­den.“
Als Sam die Tür hin­ter sich zu­knallt und uns al­lei­ne zu­rück­lässt, bin ich zu nichts an­de­rem fähig, als zu blin­zeln. Ich bin immer noch total ver­wirrt und frage mich, was zum Hen­ker Lan­don hier ver­lo­ren hat.
Mein Ge­gen­über presst die Lip­pen fest auf­ein­an­der und schrei­tet auf die Tür zu, um diese ab­zu­schlie­ßen. Das Ge­räusch des sich im Schloss dre­hen­den Schlüs­sels lässt mich noch mehr ver­kramp­fen, als das oh­ne­hin schon der Fall ist.
Nor­ma­ler­wei­se habe ich keine Angst vor Lan­don. Ganz und gar nicht. Er hat mir noch nie etwas getan. Doch nun?
Ich würde Lan­don in die Ka­te­go­rie harte Scha­le, wei­cher Kern ein­sor­tie­ren. Na­tür­lich würde er selbst nie zu­ge­ben, dass er auch eine sen­si­ble Seite hat, um sein Image als knall­har­ter Biker zu wah­ren. Als Bar­da­me hat man je­doch viel Zeit, seine Gäste zu stu­die­ren.
Lan­don ist im Club über­aus be­liebt, weil er hilfs­be­reit ist, immer ein of­fe­nes Ohr für seine Brü­der hat, und auch wenn es mal stres­si­ger zu­geht, nie schlecht ge­launt ist. Er ist nicht ge­ra­de der Red­se­ligs­te, dafür ist er ein sehr guter Zu­hö­rer. So­bald es Pro­ble­me im Club ge­ge­ben hat, war er zur Stel­le, um die Brän­de zu lö­schen.
Im Ge­gen­satz zu ei­ni­gen an­de­ren Mit­glie­dern des MC ist er den Club­da­men immer mit Re­spekt und Höf­lich­keit be­geg­net. Und mir na­tür­lich auch. Wenn ich zum Bei­spiel schwe­re Bier­fäs­ser vom Lager in die Bar zu schlep­pen hatte, war er sich nie zu scha­de, mir zur Hand zu gehen. Neu­lich, als meine Schicht zu Ende war und die ver­damm­te Kette mei­nes Fahr­rads immer wie­der ab­ge­sprun­gen ist, hat er sich des Pro­blems an­ge­nom­men. Er hat mei­nen Draht­esel in die Werk­statt ge­bracht, die Kette nach­ge­spannt, geölt und wie­der auf­ge­zo­gen. Au­ßer­dem hat er auch noch meine Brem­sen ein­ge­stellt und mein Vor­der­licht re­pa­riert.
Auf Au­ßen­ste­hen­de wirkt er ziem­lich ein­schüch­ternd, was ver­mut­lich an sei­ner im­po­san­ten Größe von knapp zwei Me­tern, sei­nem brei­ten Kreuz, den vie­len Tä­to­wie­run­gen, sei­nem Bart und der Le­der­kut­te liegt. Seine tiefe, rau­chi­ge Stim­me, die ich als über­aus an­ge­nehm und sexy emp­fin­de, trägt viel­leicht auch einen ge­wis­sen Teil dazu bei.
Ich gebe zu, dass ich Lan­don mit sei­nen sma­ragd­grü­nen Augen und dem Kör­per­bau eines grie­chi­schen Got­tes schon immer ir­gend­wie an­zie­hend fand. Manch­mal, wenn er bei mir an der Theke saß, um sein Fei­er­abend­bier zu ge­nie­ßen, habe ich mir vor­ge­stellt, wie es sich wohl an­füh­len würde, meine Fin­ger­spit­zen durch seine sei­di­gen brau­nen Haare glei­ten zu las­sen. Doch am meis­ten zie­hen mich seine brei­ten, star­ken Ober­ar­me an.
Heute jagt er mir je­doch zum ers­ten Mal Angst ein, denn ich habe ihn noch nie so wü­tend er­lebt. Zu­min­dest noch nie mir ge­gen­über.
„Könn­test du mir ver­fickt noch mal er­klä­ren, was du hier zu su­chen hast, Leah?“ Er tritt auf mich zu, legt eine Hand an mein Kinn und zwingt mich dazu, den Kopf zu heben, um ihn an­zu­schau­en. Ent­täu­schung und Wut las­sen seine Augen ir­gend­wie eine Nu­an­ce dunk­ler als üb­lich er­schei­nen.
Ich atme tief ein, denn ich habe kei­nen Zwei­fel daran, dass er genau weiß, wieso ich hier bin. Ganz ge­wiss nicht, um mit Sam und Jason bei einer Tasse Tee ein Pläusch­chen zu hal­ten.
„Ge­gen­fra­ge, warum nimmst du dir das Recht her­aus, mir die Chan­ce auf einen gut be­zahl­ten Job zu ver­sau­en? Was hast du hier ver­lo­ren?“
Der Griff um mein Kinn wird noch eine Spur fes­ter. Lan­don mus­tert mich. Er be­gut­ach­tet das haut­enge Glit­zer­kleid, das ich trage und das ich mir extra für den heu­ti­gen Abend in einem Se­cond­hand­la­den ge­kauft habe. Auch wenn es ein gro­ßes Loch in meine Kasse ge­ris­sen hat, wuss­te ich, dass ich es haben muss, da es meine Kur­ven per­fekt in Szene setzt. Beim An­pro­bie­ren des Klei­des habe ich mich so sexy wie schon lange nicht mehr ge­fühlt. Doch nun, wo ich vor Lan­don stehe, komme ich mir in die­sem Fum­mel wie ein bil­li­ges Flitt­chen vor.
„Gut, dann ich zu­erst“, sagt Lan­don. „Das Dreams ge­hört Coles Kum­pel. Jason hat mo­men­tan ein paar Si­cher­heits­pro­ble­me und bat un­se­ren Prez um Hilfe. Des­halb bin ich hier. Was ist deine Er­klä­rung?“, will er wis­sen.
Da er mitt­ler­wei­le mein Kinn frei­ge­ge­ben hat, schaue ich be­schämt zu Boden. Ich bin nicht län­ger dazu in der Lage, ihm ins Ge­sicht oder gar in die Augen zu bli­cken. Die Si­tua­ti­on ist mir ein­fach nur un­an­ge­nehm.
„Leah, hast du auch nur den Hauch einer Vor­stel­lung davon, was man im Dreams von dir er­war­tet? Dass dich not­gei­le Typen an­fas­sen kön­nen, wann und wo sie das wol­len? Dass sie mit dir an­stel­len kön­nen, wo­nach auch immer ihnen der Sinn steht?“, fragt er, doch ich blei­be stumm.
Schwer schlu­ckend nicke ich. Ich bin zwar blond, aber nicht blöd. Na­tür­lich ist mir be­wusst, wor­auf ich mich ein­las­se.
„Ja, das weiß ich, Lan­don, aber das än­dert nichts an mei­ner Ent­schei­dung, ein Dream-Girl wer­den zu wol­len“, sage ich. „Au­ßer­dem, was geht es dich an, was ich mit mei­nem Kör­per, mit mei­nem Leben an­fan­ge? Bist du mein Dad?“ Ich wechs­le in den Of­fen­siv­mo­dus, da An­griff be­kannt­lich die beste Ver­tei­di­gung ist. „Ver- oder be­ur­tei­le ich dich für dei­nen Le­bens­stil? Kom­men­tie­re ich es, wenn ihr je­man­den in euren Kel­ler schleppt und fol­tert? Wer bist du, dass du dir das Recht her­aus­nimmst, hier her­ein­zu­plat­zen? Misch dich ge­fäl­ligst nicht in Dinge ein, die dich nichts an­ge­hen.“
Da er nicht wis­sen kann, was mo­men­tan bei mir los ist – ich habe ihm schließ­lich nie von Lilly er­zählt –, kann er auch nicht nach­voll­zie­hen, was in mir vor­geht, was mich be­wegt und an­treibt. Er ist ja kein Hell­se­her. Trotz­dem soll er mich in Ruhe las­sen. Es geht ihn einen feuch­ten Keh­richt an, wie ich mein Leben lebe. Wäh­rend er seine Brü­der und den Club hat, die ihm zur Seite ste­hen, die ihm den Rü­cken stär­ken, bin ich auf mich al­lei­ne ge­stellt. Doch viel schlim­mer als das Al­lein­sein, ist die Tat­sa­che, dass es da je­man­den gibt, um den ich mich zu küm­mern habe, der mich braucht.
Vor ein paar Jah­ren hätte ich mir nie träu­men las­sen, mich mal in solch einer Si­tua­ti­on wie­der­zu­fin­den. Ich hatte alles … Geld, Freun­din­nen, eine Fa­mi­lie, einen fes­ten Freund, An­se­hen und Re­spekt. Und jetzt? Was habe ich nun? Was ist mir ge­blie­ben?
Nicht ein­mal meine Würde.
Ich tue das hier ganz ge­wiss nicht aus Spaß an der Freu­de. Das Leben mei­ner Schwes­ter hängt von die­sem Job ab, und Lan­don hat mir so­eben die Chan­ce auf schnel­les Geld ver­saut. Jason wird mir si­cher­lich keine Mög­lich­keit mehr ein­räu­men, ihm zu be­wei­sen, dass ich das Zeug dazu habe, eins sei­ner Mäd­chen zu sein, nach­dem Sam ihm be­rich­tet hat, was ge­ra­de vor­ge­fal­len ist.
Schei­ße.
Was mache ich denn nun?
Ich bin so was von am Arsch.
Und das ist al­lein Lan­dons Schuld.
Ich hätte sei­nen Auf­tritt in ge­wis­ser Weise nach­voll­zie­hen kön­nen, wenn wir Freun­de wären, wenn uns etwas ver­bin­den würde. Dem ist aber nicht so. Die ein­zi­ge Ver­bin­dung, die wir haben, ist, dass ich für den Club ge­ar­bei­tet habe, in dem er Mit­glied ist.
Nicht mehr und nicht we­ni­ger.
Was in­ter­es­siert es ihn also, was ich tue?
Gott, ich bin so ver­dammt sauer auf ihn, dass ich plat­zen könn­te. Ich will ihm so viele Dinge um die Ohren pfef­fern, will mei­ner Wut Luft ma­chen, bin je­doch zu fas­sungs­los, um mei­nen Emo­tio­nen frei­en Lauf zu las­sen.
Ni­ckend tritt Lan­don noch etwas dich­ter an mich heran, so­dass nicht ein­mal mehr ein Blatt Pa­pier zwi­schen uns pas­sen würde. Aus­at­mend ver­gräbt er eine Hand in mei­nen Haa­ren. „Ich ver­ur­tei­le dich nicht, Leah, son­dern will dich ver­ste­hen.“ Die Fin­ger­spit­zen sei­ner frei­en Hand lässt er pro­vo­kant über den An­satz mei­ner Brüs­te tän­zeln. „Ist es das, was du willst? Dass Kerle dich be­grap­schen, wann immer ihnen da­nach ist? So, wie ich es ge­ra­de tue? Willst du für jeden Wich­ser die Beine breit­ma­chen, der mit einem Bün­del Geld­schei­ne winkt?“
Ver­flucht, er ist mir viel zu nah.
Doch was noch weit­aus er­schre­cken­der als das ist, ist die Tat­sa­che, dass sich der Wunsch in mir breit­macht, dass er mich noch mehr be­rührt. Dass er mich strei­chelt und lieb­kost. Ich weiß, dass er mich mit sei­nen Be­rüh­run­gen bloß aus der Re­ser­ve zu lo­cken ver­sucht, aber was soll ich sagen? Seine Fin­ger auf mei­ner Haut zu spü­ren, fühlt sich ver­dammt gut an.
Das ist doch irre.
Wieso sehne ich mich mit einem Mal da­nach, dass er meine Brüs­te mit sei­nen gro­ßen Hän­den um­schließt, mit mei­nen stei­fen Nip­peln spielt? Ich hätte nichts da­ge­gen ein­zu­wen­den, wenn er mich auf den Kon­fe­renz­tisch heben, mir den Rock mei­nes Klei­des hoch­schie­ben, mein Hös­chen vom Kör­per fet­zen und mich hart fi­cken würde.
Ver­lie­re ich etwa ge­ra­de den Ver­stand?
Bin ich noch bei Sin­nen?
Ist das nor­mal?
Ich glau­be nicht.