Carolina Cold Fury-Team: Marek

Originaltitel: Marek: A Cold Fury Hockey Novel
Übersetzer: Sandra Martin

Erscheint: 01/2025
Serie: Carolina Cold Fury-Team
Teil der Serie: 11

Genre: Contemporary Romance, Sport Romance
Zusätzlich: Second Chance, Secret Baby / Unwanted Pregnancy

Location: USA, Carolina, Raleigh


Erhältlich als:
paperback & ebook

ISBN:
Print: 978-3-86495-748-2
ebook: 978-3-86495-749-9

Preis:
Print: 16,90 €[D]
ebook: 6,99 €[D]

Carolina Cold Fury-Team: Marek


Inhaltsangabe

Als der heißeste Jungstar der Carolina Cold Fury von einer explosiven Nachricht überrumpelt wird, ist das Spiel weit mehr als nur ein Wettkampf auf dem Eis – es wird zu einem leidenschaftlichen Tanz der Gefühle, der alles verändert.

Marek Fabritis hat gelernt, in der Arena unbarmherzig zu kämpfen und Schläge auszuteilen. Doch als er von einer anonymen E-Mail erfährt, dass er eine dreijährige Tochter hat, von deren Existenz er nichts wusste, trifft ihn die Nachricht wie ein eiskalter Schlag. Seine Ex-Freundin hielt es nie für nötig, ihm von Lilly zu erzählen. Entschlossen, sich nicht das Wichtigste in seinem Leben nehmen zu lassen, kehrt Marek zurück – doch seine Rückkehr ist mehr als ein Familienbesuch. Es ist der Beginn eines gefährlichen Spiels, bei dem er alles riskieren könnte – und nicht nur das Herz der Frau, die er nie ganz vergessen konnte.

Einst ließ Gracen Moore Marek gehen, damit er in der NHL Karriere machen konnte. Seitdem hat sie Marek nie aus dem Herzen lassen können, aber sie wusste, dass ihre Entscheidung, ihn zu verlassen und ihm die Wahrheit vorzuenthalten, den ultimativen Preis fordern könnte. Nun ist sie bereit, sich ihrer Vergangenheit zu stellen, auch wenn es bedeutet, ihre ganze Welt auf den Kopf zu stellen. Die Funken, die zwischen ihr und Marek immer noch fliegen, können nicht einfach gelöscht werden. Doch wird ihre Liebe reichen, um die schmerzhaften Wunden der Vergangenheit zu heilen? Oder wird die Wahrheit das Eis zwischen ihnen endgültig zum Schmelzen bringen?

Das Match um Liebe, Leidenschaft und das, was wirklich zählt, ist eröffnet – und könnte alles verändern.

Ein letztes, heißes Spiel – die New York Times- und USA Today-Bestsellerautorin Sawyer Bennett lässt die Carolina Cold Fury zum allerletzten Mal aufs Eis gehen und verführt die Herzen zu einem explosiven Finale voller Leidenschaft und unwiderstehlicher Liebe!

Über die Autorin

Seit ihrem Debütroman im Jahr 2013 hat Sawyer Bennett zahlreiche Bücher von New Adult bis Erotic Romance veröffentlicht und es wiederholt auf die Bestsellerlisten der New York Times und USA Today geschafft.
Sawyer nutzt ihre Erfahrungen als ehemalige Strafverteidigerin in...

Weitere Teile der Carolina Cold Fury-Team Serie

Leseprobe

Marek

Sobald ich höre, wie die Haustür hinter Reed und seinem vorlauten Mundwerk ins Schloss fällt, wende ich mich Gracen zu. Ich koche vor Wut, nachdem Reed sich bemüßigt gefühlt hat, mir die Leviten zu lesen, als wäre er mein Vater. Einem natürlichen Instinkt folgend, richte ich diese Wut auf Gracen, denn, seien wir ehrlich … sie ist ein leichtes Ziel. Vielleicht macht mich das zu einem Arschloch – aber das ist mir egal.
Nichtsdestotrotz klingen mir Reeds Worte, die er mir gerade auf meiner Veranda entgegengeschleudert hat, noch in den Ohren.
„Ich hoffe, du bist nicht hier, um mir...

...ins Gewissen zu reden“, sagte ich zu ihm, als wir aus dem Haus traten, während Josie direkt auf Gracen zuging.
„Genau deshalb bin ich hier“, antwortete Reed in ruhigem Tonfall. „Du musst diese Wut loslassen, Bruder.“
„Das ist nicht so leicht“, knurre ich und lehne mich zu ihm vor. „Du weißt schon, immerhin hat sie mir mein Kind über drei verdammte Jahre lang vorenthalten.“
Reed zeigte jedoch kein Mitgefühl. „Finde dich damit ab“, erwiderte er. „Es ist nun einmal passiert. Akzeptiere es, denn wenn du dich weiter so abweisend verhältst, verletzt du Lilly dadurch nur.“
Ich wich vor ihm zurück, als hätte er mir eine Faust ins Gesicht gerammt. „Ich würde ihr nie wehtun.“
„Tust du ihrer Mutter weh, dann tust du auch ihr weh“, sagte Reed leise.
Plötzlich fühlte ich mich wie ein kleiner Junge. Ich schüttelte verneinend den Kopf. „Ich würde sie nie spüren lassen, dass ich einen Groll gegen ihre Mutter hege.“
„Sie hat es bereits gespürt“, entgegnete Reed. Für den Bruchteil einer Sekunde hasste ich ihn, denn er hatte recht. „Die Art und Weise, wie du Gracen schikanierst und ignorierst, spricht Bände. Kinder sind sehr aufmerksam. Und da wir gerade darüber sprechen… Was empfindest du eigentlich für Gracen? Es war ziemlich gewagt, sie und Lilly hierher zu bringen und in deinem Haus einzuquartieren.“
Bei den Worten versteifte ich mich augenblicklich. „Es war die einzige Möglichkeit für mich, Zeit mit Lilly zu verbringen.“
„Das stimmt nicht“, entgegnete Reed mit einem blasierten Grinsen. „Du hättest sie dort besuchen oder hier in einem anderen Haus unterbringen können. Wahrscheinlich wäre das sogar besser gewesen, denn du scheinst es kaum ertragen zu können, in Gracens Nähe zu sein.“
Herrgott, insgeheim verfluchte ich Reed für seine Worte. Aber ich würde ihm gegenüber nicht zugeben, dass Gracen immer noch einen Platz in meinem Herzen hatte. In den vergangenen vier Jahren habe ich hin und wieder an sie gedacht.
Ich hatte ein schlechtes Gewissen, weil ich ihr das Herz gebrochen habe.
Vielleicht verhalte ich mich deshalb so abweisend. Solange ich wütend auf sie sein kann, fühle ich mich nicht so schuldig.
Aber meine Schuldgefühle flammen jedes Mal wieder auf, wenn Gracen mich daran erinnert, dass ich mich von ihr getrennt habe, weil ich keine Verantwortung übernehmen wollte. Meine Profikarriere und meine Freiheit waren mir wichtiger. Ich wollte mir keine Gedanken um Gracen machen müssen, wollte keine Verpflichtungen haben und mich von der Liebe ablenken lassen. Ich war ehrlich zu ihr, denn sie hatte es verdient, die Wahrheit zu hören. Fünf Jahre lang war sie nicht nur meine Freundin und Geliebte gewesen, sondern auch meine Vertraute. Ich hatte ihr alles erzählen können und sie nie angelogen. Niemals hätte ich erwartet, dass sie sich unsere Trennung so sehr zu Herzen nehmen würde und von mir glauben könnte, ich hätte sie während der Schwangerschaft nicht unterstützt, wenn ich davon gewusst hätte. Es ist, als würde sie mich nicht wirklich kennen.
Verdammt, das Ganze ist ein einziges Durcheinander.
Ich habe Reed versichert, dass ich gestern Abend mit Gracen gesprochen habe und mich uneingeschränkt auf Lilly konzentrieren und sie kennenlernen will. Das schien ihn etwas zu besänftigen, aber ich weiß, dass er nach wie vor skeptisch ist.
Doch das ist mir egal, denn ich bin immer noch wütend auf ihn. Zum einen mischt er sich in meine Angelegenheiten ein, und zum anderen hatte er recht mit seiner Meinung über mich. Die Stimmung zwischen uns war also etwas angespannt, als er und Josie gingen.
Gracen nimmt einen Schluck Kaffee. Ich weiß, dass sie mir nur ausweichen will, aber ich starre sie unaufhörlich an. Dann begegnet sie endlich meinem Blick, und ich zeige mit einem Nicken auf Lilly.
Ein panischer Ausdruck huscht über Gracens Gesicht. Für einen Moment befürchte ich schon, dass sie einen Rückzieher machen könnte, weil sie glaubt, ich wäre kein guter Umgang für Lilly. Doch dann schenkt sie mir ein fast mutiges Lächeln und kommt auf mich zu.
Sie bleibt direkt vor mir stehen, beugt sich vor und flüstert: „Ich muss zugeben, dass ich keine Ahnung habe, was ich zu ihr sagen soll. Ich weiß, wie wütend du auf mich bist, weil ich dich im Dunkeln gelassen habe. Um ehrlich zu sein habe ich Angst, dass Lilly genauso reagieren könnte.“
Für einen kurzen glanzvollen Moment lasse ich meinen Zorn von mir abfallen und empfinde Mitgefühl für Gracen. Ganz gleich, wie wütend ich auf sie bin, ich will nicht, dass Lilly schlecht über ihre Mutter denkt. Sosehr ich mir auch eine Beziehung zu meiner Tochter wünsche, würde ich niemals die Liebe unterbinden oder schmälern wollen, die sie für Gracen empfindet.
Ohne nachzudenken plappere ich einfach drauflos. „Sag ihr, dass ich unterwegs war und noch nicht die Möglichkeit hatte, sie kennenzulernen. Oder so etwas in der Art.“
Gracen reißt überrascht die Augen auf, als sie hört, dass ich bereit bin, die Schuld auf mich zu nehmen. Insgeheim würde ich das Gesagte am liebsten zurücknehmen. Doch Gracen geht ohnehin nicht auf mein Angebot ein und schüttelt energisch den Kopf. Dann starrt sie mich finster an. „Ich werde sie nicht anlügen. Das alles ist meine Schuld, also werde ich sie auch tragen. Ich bin nur … Ich will einfach nur die richtigen Worte finden.“
„Und was sind die richtigen Worte, Gracie?“, frage ich leise und bin selbst verblüfft, weil ich sie, ohne nachzudenken, mit ihrem Spitznamen angeredet habe. Außer mir hat niemand sie je Gracie genannt.
„Ich weiß es nicht“, murmelt sie. „Sie hat nie nach ihrem Vater gefragt und schien immer damit zufrieden zu sein, ihre Mutter und ihre Großeltern zu haben, die sie vergöttern. Ich bin mir nicht einmal sicher, ob die traditionelle Rollenverteilung einer Familie überhaupt versteht.“
„Du machst Witze“, entfährt es mir erstaunt.
Gracen zuckt mit den Schultern. „Ich wohne bei Mom und Dad. Sie passen auf Lilly auf, wenn ich bei der Arbeit bin. Zu anderen Kindern hat sie nicht viel Kontakt, außer zu ihren Cousins, denn meine Schwester Beverly besucht uns ab und an. Aber Bev wurde geschieden, bevor Lilly geboren wurde, und so hat Lilly auch von ihrer Seite keine Erfahrung mit einer Vaterfigur.“
Das ist einleuchtend. In ihrem Alter kann sie wohl kaum etwas verstehen, was sie nicht erlebt hat. Dabei kommt mir ein Gedanke. „Weiß sie überhaupt, was ein Vater ist?“
Gracen nickt. „Ich denke schon. Ich meine … sie weiß, dass ihr Großvater mein Vater ist. Aber sie hat nie nach ihrem Vater gefragt. Und nun ja … mit Owen …“
„Verdammt“, fluche ich leise und wende mich von ihr ab. Sofort werde ich erneut von Wut gepackt. Sie wollte meine Tochter von einem anderen Mann großziehen lassen.
„Es tut mir leid“, murmelt sie.
„Eine Entschuldigung ist nicht einmal annähernd gut genug“, blaffe ich, wobei ich darauf achte, meine Stimme nicht zu erheben. Am liebsten würde ich sie anschreien.
Gracen seufzt, doch dann strafft sie die Schultern und begegnet wieder meinem Blick. „Du darfst nicht so ein furchterregendes und wütendes Gesicht machen, wenn du dich mit mir und deiner Tochter zusammensetzen willst. Ich will nicht, dass sie Angst vor dir hat.“
Sofort verflüchtigt sich meine Wut, als mir klar wird, wie wichtig es ist, dass Lilly einen guten Eindruck von mir gewinnt. Reed hatte recht. Ich darf meine negativen Gefühle für Gracen nicht in Lillys Gegenwart zur Schau stellen. Es wäre schändlich, sie noch mehr durcheinanderzubringen. Das kann ich ihr nicht antun, denn das arme Mädchen wird auch so schon verwirrt genug sein.
Sobald ich meine Wut unter Kontrolle gebracht habe, verkrampft sich mir vor Angst der Magen. Ich wette, Gracen kann mir meine Beklommenheit deutlich anmerken. Sie hat denselben Ausdruck im Gesicht.
Sie wendet sich ab, greift nach der Fernbedienung und schaltet den Fernseher aus.
„Hey“, jammert Lilly und dreht sich zu ihrer Mutter um. „Ich habe mir gerade Paw Patrol angeschaut.“
„Du kannst es dir später ansehen“, sagt Gracen mit fester, bestimmter Stimme, in der gleichzeitig ein zärtlicher Unterton mitschwingt. Das ist beeindruckend und muss eine mütterliche Gabe sein.
Ich habe die Beziehung zwischen Mutter und Tochter bisher nur am Rande beobachten können, aber ich habe festgestellt, dass Lilly ein liebes Kind ist. Natürlich gibt es auch bei ihr Momente, in denen ihr Temperament die Oberhand gewinnt, doch sie ist immer leicht zu beruhigen. Gracen ist eine wahre Meisterin darin, Lilly nach einem Wutanfall auf andere Gedanken und wieder zum Lachen zu bringen.
„Okay, Mommy“, sagt Lilly mit honigsüßer Stimme. Obwohl ich dieses Kind überhaupt nicht kenne, berührt es mein Herz auf seltsame und ursprüngliche Weise.
„Komm ins Wohnzimmer, Schatz“, fordert Gracen ihre Tochter mit einer Geste auf. „Marek und ich möchten mit dir reden.“
Lilly springt von ihrem Stuhl auf und kommt mit kindlich beschwingten Schritten auf uns zu. Meine Füße fühlen sich an wie Blei, als ich Gracen ins Wohnzimmer folge. Sie setzt sich in einen Sessel am Fenster, von dem aus man einen Blick auf den Garten hat. Lilly klettert ungefragt auf den Schoß ihrer Mutter, während ich mich auf die Couch auf der gegenüberliegenden Seite des Wohnbereichs setze. Zwischen uns steht eine gepolsterte Ottomane, die ich als eine Art Puffer benutze, weil ich Lilly nicht einschüchtern möchte.
Nachdem Lilly auf ihrem kleinen Hintern herumgerutscht ist und es sich auf Gracens Schoß bequem gemacht hat, wirft sie mir einen verstohlenen Blick zu. Ich bemühe mich um ein beruhigendes Lächeln, doch es fühlt sich seltsam an. Lilly blickt sofort zu ihrer Mutter auf, und ich befürchte schon, dass meine Grimasse zu gruselig war.
„Lilly, Schatz“, sagt Gracen leise. Das Zittern in ihrer Stimme ist nicht zu überhören. Sie hat eine Heidenangst, und ich wünschte, ich könnte sie beruhigen, aber ich weiß nicht, wie. Im Grunde will ich ihr nicht helfen, denn sie hat sich diese Grube selbst gegraben, und ich empfinde Genugtuung dabei, sie darin stecken zu lassen. Ich bin wirklich ein kranker Mistkerl. „Du weißt, dass wir hier in Mareks Haus wohnen, nicht wahr?“
Lilly nickt und spitzt die Lippen, während sie ihre Mutter vertrauensvoll anstarrt.
„Nun“, fährt Gracen zögerlich fort. „Vielleicht ist das für dich schwer zu verstehen, aber Marek ist dein Daddy.“
Lilly dreht mir langsam den Kopf zu, und ich kann sehen, dass sie die Worte ihrer Mutter nicht verarbeiten kann. Mein Herz fühlt sich an, als würde es mir jeden Moment aus der Brust springen.
„Er ist dein Daddy, so wie ich deine Mommy bin“, fährt Gracen fort. „So wie dein Opa mein Daddy ist, ist Marek auch dein Daddy.“
Lilly starrt Gracen schweigend an, dann wendet sie sich wieder mir zu. Ich nicke zur Bestätigung und frage mich, ob sie es nun verstanden hat. Auf jeden Fall hält sie sich viel besser, als ich es je könnte.
Gracen zieht Lilly an sich und schlingt schützend einen Arm um ihren Rücken. „Weißt du, Marek und ich waren früher sehr enge Freunde. Wir haben dich aus ganz viel Liebe zusammen erschaffen. Also ist er dein Daddy und ich bin deine Mommy.“
Verdammt. Ich muss schlucken, als die Emotionen mich zu überwältigen drohen. Wir haben dich aus ganz viel Liebe erschaffen.
Ich beiße die Zähne zusammen und versuche, die Gefühle zu unterdrücken, die auf mich einstürmen. Plötzlich erinnere ich mich daran, wie sehr Gracen und ich uns geliebt haben.
Ich beobachte Lilly und wappne mich für die Fragen, die sie ihrer Mutter möglicherweise stellen wird.
Wo war er die ganze Zeit?
Warum hast du es mir nicht schon früher erzählt?
Werden wir für immer hier leben?
Wird er jetzt für immer mein Daddy sein?
Liebt er mich?
Doch dann überrascht sie mich, als sie Gracen eindringlich anstarrt und fragt: „Wirst du ihn heiraten?“
Statt mich Hilfe suchend anzusehen, antwortet Gracen wie aus der Pistole geschossen. „Nein, Schatz. Dein Daddy und ich sind nur Freunde, die dich sehr lieb haben. Wir werden uns beide um dich kümmern und dir helfen, zu einem großen Mädchen heranzuwachsen. Ich weiß, dass das alles schwer zu verstehen ist, und es tut mir leid, dass du jetzt erst davon erfährst. Mommy hätte es dir schon vor langer Zeit erzählen sollen, und es war falsch von mir …“
Ich kann mir das nicht länger mit anhören, also schneide ich Gracen das Wort ab. Zum ersten Mal, seit wir uns mit Lilly zusammengesetzt haben, erhebe ich meine Stimme und rufe ihren Namen, um ihre Aufmerksamkeit zu erregen: „Lilly.“
Sie wendet sich mir zu. Mit ihren blauen Augen, die meinen so ähnlich sind, starrt sie mich verwirrt an. Da ich noch nie ein ernstes Gespräch mit einem Kleinkind geführt habe, habe ich keine Ahnung, ob ich ihr das Richtige sage, aber ich versuche es trotzdem. „Es tut mir leid, dass ich vorher nicht für dich da war. Ich musste gehen und habe dich und deine Mommy wegen meines Jobs zurückgelassen. Doch jetzt sind wir wieder vereint, und ich werde ein guter Dad sein. Versprochen.“
Gracen blickt aus dem Fenster und streichelt Lilly über den Rücken.
„Deine Mommy und ich müssen uns auch erst einmal an die Situation gewöhnen“, fahre ich fort. Ich gehe davon aus, dass sie nur etwa die Hälfte meiner Worte versteht, nichtsdestotrotz muss ich sie loswerden. „Aber wir wollen, dass du glücklich bist, und werden alles dafür tun.“
In meiner Fantasie untermale ich diesen Moment mit dramatischer Musik, und Lilly springt von Gracens Schoß und wirft sich in meine Arme. Bis zu diesem Zeitpunkt war mir nicht bewusst, dass ich mich nach so etwas sehnte. Fast klingt die Melodie in meinen Ohren, doch sie wird jäh unterbrochen, als die Nadel buchstäblich über die Schallplatte kratzt.
Lilly wendet sich Gracen zu, die ihrer Tochter ein strahlendes Lächeln schenkt, das jedoch ihre Augen nicht ganz erreicht.
„Mommy … kann ich jetzt wieder Paw Patrol gucken?“, fragt Lilly.
Mir fällt die Kinnlade herunter. Im Ernst? Das Kind hat gerade herausgefunden, dass es einen Vater hat, der nicht dieser Mistkerl Owen ist, und sie will Paw Patrol schauen?
„Klar, Schatz“, antwortet Gracen und steht aus dem Sessel auf. Sie setzt Lilly hinein und greift nach der Fernbedienung, um den Fernseher einzuschalten.
Ich stehe von der Couch auf und sehe zu, wie Lilly sich in eine alberne Sendung vertieft, in der Hunde Feuerwehrautos fahren und Hubschrauber fliegen.
Gracen will an mir vorbei in Richtung Küche gehen, aber ich packe sie am Ellbogen und ziehe sie ins Nebenzimmer.
„Was zum Teufel“, beginne ich, doch dann wird mir klar, dass Lilly mich wahrscheinlich hören kann, obwohl ich mich um einen gedämpften Tonfall bemühe.
Ich führe Gracen in mein Schlafzimmer und schließe die Tür.
„Was zum Teufel?“, wiederhole ich, diesmal etwas lauter. „Du erlaubst ihr, fernzusehen? Was ist, wenn sie Fragen hat? Was ist, wenn sie nicht versteht, was wir ihr gerade erzählt haben? Hat sie überhaupt begriffen, dass ich ihr Vater bin?“
Mir sträuben sich die Nackenhaare, als Gracen mich mit einem mitleidigen Ausdruck mustert. „Marek, sie versteht es nicht. Wahrscheinlich konnte sie nur ein Minimum von dem verarbeiten, was wir ihr erzählt haben. Wenn und falls sie Fragen hat, wird sie sie stellen, und dann müssen wir bereit sein, sie ihr zu beantworten.“
„Wenn sie nur ein Minimum verstanden hat, müssen wir …“
Gracen entzieht sich meinem Griff. Ich habe gar nicht bemerkt, dass ich sie festhielt, und weiche überrascht zurück. Doch sie ergreift meine Hand und um sie beruhigend zu drücken.
„Das Gespräch mit ihr ist nicht beendet. Aber das wirst du noch lernen“, erklärt sie in einem geduldigen, mütterlichen Tonfall. „Dreijährige haben die Aufmerksamkeitsspanne eines Goldfischs, und ihre sprachliche Kompetenz ist rudimentär. Wahrscheinlich haben wir gerade zwanzig Wörter benutzt, die Lilly nicht verarbeiten konnte. Unter anderem das Wort ‚Daddy‘. Das Konzept müssen wir ihr erst begreiflich machen, sowohl durch Worte als auch durch Taten. Sie wird dich vielleicht weiterhin mit deinem Vornamen ansprechen, aber du musst sie jedes Mal korrigieren und dazu bringen, dich Daddy zu nennen. Oder was du sonst bevorzugst.“
„Daddy klingt gut“, erwidere ich schroff, obwohl ich weiß, dass sie recht hat. Aber wie könnte es anders sein? Sie ist schon viel länger Lillys Mutter, als ich der Vater des Mädchens bin. Und im Grunde bin ich erst seit fünf Minuten ihr Daddy.
„Marek“, sagt Gracen und drückt noch einmal meine Hand, bevor sie sie loslässt. „Lilly ist sehr intelligent und wissbegierig. Sie wird es früher oder später begreifen. Und dann wird sie weitere Fragen haben, die wir beantworten werden. Ich gebe dir den Rat, deine Tochter kennenzulernen. Verbringe so viel Zeit wie möglich mit ihr. Sobald die Saison beginnt, wirst du ziemlich beschäftigt sein.“
Ich nicke schweigend und überlege, wie ich mich Lilly nähern soll. Ich wünschte, ich hätte Lilly und Gracen vorher mehr Beachtung geschenkt, denn nun bin ich mir nicht sicher, wie ich mit meiner Tochter umgehen soll.
„Oh, und Marek“, fügt Gracen leise hinzu.
„Ja?“
„Erzähl ihr nicht noch einmal, dass du uns wegen deines Jobs verlassen hast. Wage es nicht, auch nur einen Bruchteil der Schuld auf dich zu nehmen, falls sie wissen will, wo du dreieinhalb Jahre lang gewesen bist. Auf diese Frage muss ich ihr eine Antwort geben.“
Ich habe keine Gelegenheit, etwas zu erwidern, denn Gracen macht auf dem Absatz kehrt und verlässt mein Schlafzimmer. Und ich fühle mich völlig allein, hilflos und habe keine Ahnung, was ich jetzt tun soll.