Van Turner wurde als Mitglied der Carolina Cold Fury berühmt und verhalf dem Team zur Meisterschaft. Er fand auch die Liebe und heiratete die kleine Schwester seines Teamkollegen. Schließlich zog er sich aus dem Spiel zurück, um ein ruhiges Leben in Vermont zu genießen. Nun droht Vans dunkle Vergangenheit seine Zukunft zu zerstören.
Ich habe meine Entscheidung, mit dem Eishockey aufzuhören, nie bereut. Ich habe erreicht, was nur wenige in der Liga erreichen, und bin auf dem Höhepunkt meiner Karriere zurückgetreten. Außerdem habe ich eine wunderschöne Frau Simone an meiner Seite. Wir hatten uns in Vermont niedergelassen und waren bereit, unsere Familie zu vergrößern, als ich von meinem soziopathischen Vater überrascht wurde, diesmal aus dem Grab heraus. Bevor mein Vater, ein Serienmörder, im Gefängnis an Krebs starb, hinterließ er einem Journalisten seine Tagebücher. Aus diesem einen Vermächtnis entstand eine Enthüllungsbiografie, in der seine wahnsinnigen Verbrechen detailliert beschrieben wurden, zusammen mit einer Litanei von Lügen, die mein Leben ruinieren sollten. Da ich aus erster Hand weiß, wie schrecklich es ist, als Kind eines Monsters aufzuwachsen, weiß ich, dass ich unter keinen Umständen ein Kind in dieses Drama hineinziehen kann.
Ich weigere mich, meinem Kind die Hänseleien und Schikanen zuzumuten, die ich selbst ertragen musste, und so tue ich das Einzige, was mir einfällt: Ich trenne mich von Simone und unserem schönen gemeinsamen Leben. In der Gewissheit, dass sie vor der Öffentlichkeit und meiner Vergangenheit sicher sein und die Liebe finden würde, die sie verdient, kehrte ich zum Eishockey zurück und schloss mich den Pittsburgh Titans an. Die langen Stunden auf dem Eis sind das Einzige, was mich von dem, was ich hinter mir gelassen habe, ablenken kann, und ich weiß, dass ich Simone die beste Chance auf Glück gegeben habe. Aber ich hätte meine Frau nicht erneut unterschätzen sollen. Diese Frau akzeptiert einfach kein "Nein" als Antwort. Sie setzt all ihre Überredungskünste ein, um unsere Ehe zu retten. Simone hat mich einmal herumgekriegt, aber das wird ihr nicht noch einmal gelingen. Ich behalte einen klaren Kopf, egal wie sehr sie mich mit ihrer sexy Art in Versuchung führt.
Allerdings habe ich die Rechnung ohne die Wirtin gemacht.
Seit ihrem Debütroman im Jahr 2013 hat Sawyer Bennett zahlreiche Bücher von New Adult bis Erotic Romance veröffentlicht und es wiederholt auf die Bestsellerlisten der New York Times und USA Today geschafft.
Sawyer nutzt ihre Erfahrungen als ehemalige Strafverteidigerin in...
Simone
Ich lache so sehr, dass mein Magen schmerzt, und wenn ich eine volle Blase hätte, würde ich mir wahrscheinlich in die Hose machen. Die anderen Frauen am Tisch haben diese Geschichte schon gehört, aber sie lachen mit.
Ich wische mir die Tränen weg, während ich Tillie kopfschüttelnd ansehe. „Ich kann nicht glauben, dass du das mit Coens Garten gemacht hast.“ Sie hat seine Terrasse und seinen Garten in einen regelrechten Zoo verwandelt, indem sie ihn mit Vogel- und Kleintierfutter, Salzblöcken für Rehe und zahlreichen knalligen Vogelhäuschen übersät hat. Anscheinend waren sie Nachbarn und hatten eine echte Feindschaft. „Wie hat er...
...reagiert?“
Tillie kichert und streicht mit dem Finger über ihr Weinglas. „Er hat mir gedroht, mich schikaniert und mich gezwungen, alles wegzuräumen. Aber … na ja, dann …“ Sie errötet, ihr Lächeln wird weich und melancholisch. „Sagen wir einfach, Coen zu provozieren, macht ihn nicht nur wütend, sondern auch an.“
Trauer durchzuckt mich bei dieser Vorstellung. Genau so ist es mit Van. Oder zumindest war es so, als ich ihn mir das erste Mal geangelt habe. Heutzutage nicht mehr so sehr.
„Was ist mit dir und Van?“, fragt Harlow. „Wie lange seid ihr verheiratet?“
Ich habe eine Minute gebraucht, um mir die Namen aller zu merken. Harlow ist mit Stone verlobt und Anwältin. Während des Abendessens habe ich eine Menge über die Mädels erfahren, die Brienne versammelt hat und die mir einen fertigen Frauenkreis bieten, an den ich mich anlehnen kann.
„Zwei Jahre“, sage ich und hebe mein Wasserglas, um einen Schluck zu trinken. „Wir sind seit drei Jahren zusammen.“
„Er ist eine gute Ergänzung für das Team“, findet Jenna. Sie ist mit einem der Assistenztrainer, Gage Heyward, verlobt. „Sie können jemanden mit seiner Erfahrung in den Play-offs super gebrauchen.“
Mein Blick fällt auf Brienne, und ich frage mich schon die ganze Zeit, ob sie jemandem die Wahrheit über meine Ehe erzählt hat und darüber, wie knapp diese vor einem schrecklichen Tod steht. Nur sie und Sophie wissen es, seit Malik sein großes, dummes Mundwerk aufgerissen hat. Ich habe ihm heute in einem Telefonat die Hölle heißgemacht und ihn verflucht, aber dann zähneknirschend zugegeben, dass ich froh bin, heute Abend mit den Frauen auszugehen.
Allein die Tatsache, dass mir Fragen über Van gestellt werden, ohne dass es einen Hinweis darauf gibt, dass etwas nicht stimmt, sagt mir, dass die beiden Damen kein Wort gesagt haben. Doch es fühlt sich nicht richtig an, sie glauben zu lassen, dass alles in Ordnung ist.
„Ähm, ich sollte wohl erwähnen, dass wir getrennt sind.“
Sie alle sehen mich schockiert und mitfühlend an. Ava, die Freundin von Coach West, drückt meine Hand. „Oh, das tut mir leid.“
„Aber Van ist erst seit letzter Woche im Team“, sagt Danica besorgt. Sie ist mit Camden zusammen. „Es ist passiert, nachdem du hierhergekommen bist?“
Ich atme tief durch und schaue in die Runde. „Es ist eigentlich ein bisschen komplizierter. Und getrennt ist nicht das richtige Wort. Er hat mich in Vermont verlassen, ohne mir überhaupt zu sagen, dass er in die Liga zurückkehrt.“
„So ein Arsch“, meint Stevie, und ich mag es, dass sie offen ihre Meinung kundtut.
Ich habe heute Abend erfahren, dass sie eine Bar besitzt und mit Hendrix zusammen ist. „Ich stimme zu“, sage ich lachend und erkenne den Humor in ihrer Aussage.
„Es ist wegen des Buches“, findet Kiera, und ich drehe den Kopf in ihre Richtung. „Es hat ihn total verwirrt, und er läuft davor weg.“
Mir fällt die Kinnlade herunter, und ich starre sie an. „Woher weißt du das?“
„Ich weiß noch, als der erste Artikel über seinen Vater erschienen ist“, fährt Kiera fort. Sie ist tief in der Eishockeywelt verwurzelt, denn ihr Bruder ist Drake McGinn, derselbe Drake, der mit Brienne verlobt ist. „Habt ihr euch damals nicht getrennt?“
Ich nicke. „Ja. Er ist ausgeflippt, als das passiert ist, und das hat einen Riss zwischen uns verursacht. Aber er hat sich wieder mit mir versöhnt.“
„Und jetzt musst du dich mit den emotionalen Auswirkungen des Buches dieses Bastards beschäftigen“, knurrt Sophie.
Stevie klopft mit der Faust auf den Tisch und lenkt die Aufmerksamkeit aller auf sich. „Ich bin sozusagen neu in dieser Gruppe, genau wie du, aber ich kann dir sagen, dass dir niemand so den Rücken stärkt wie diese Frauen. Brienne hat dich in die Herde gebracht, und jetzt hast du uns alle hinter dir. Ich weiß, dass du uns nicht kennst, doch das wird sich sehr schnell ändern, denn wir haben für heute Abend ein langes Essen geplant, bei dem wir uns gegenseitig alles enthüllen werden. Und nur damit du es weißt … ich bin diejenige, zu der du kommen kannst, wenn du dich rächen und Vergeltung üben willst. Ich bin diejenige, die Van ein Arschloch nennt und Wege findet, ihn zu vernichten, wenn er seinen Kopf nicht aus dem Sand ziehen kann. Außerdem habe ich Zugang zu mehreren fiesen, stämmigen Bikern, die aus Spaß und nicht wegen des Geldes Knochen brechen. So, jetzt weißt du Bescheid.“
Ich starre Stevie einen Moment an, bevor ich in Gelächter ausbreche, so wie alle anderen. Sie amüsieren sich, weil sie über die Männer siegt. Mein Blick trifft auf Brienne. Sie hat die meiste Zeit geschwiegen und sich von den anderen in ein Gespräch verwickeln lassen, aber ihre Botschaft ist klar, als sie meinen Blick erwidert.
Siehst du, ich habe es dir gesagt. Wir stehen hinter dir.
***
Unbeschwert gehe ich die Veranda von Vans Haus hinauf.
Und sofort wird mir wieder das Herz schwer, als ich merke, dass ich ohne nachzudenken von seinem Haus gesprochen habe und nicht von unserem. Ich werfe einen Blick über die Schulter auf die Limousine, die vom Bordstein wegfährt. Mit ihr verschwinden auch all die fröhlichen Schwingungen, die mich den ganzen Abend gestärkt haben.
Das Haus ist dunkel, obwohl das Licht auf der Veranda brennt. Das ist nicht Vans Schuld, denn ich habe es eingeschaltet, bevor ich zum Abendessen ging. Ich weiß, dass das Mannschaftsflugzeug Stunden vor der Ankunft der Limousine, die mich abgeholt hat, gelandet war, aber Van war noch nicht nach Hause gekommen. Vielleicht ist er jetzt drinnen, vielleicht ist er noch fort … wer weiß. Aber ich kann garantieren, dass er sich bereits in seinem Schlafzimmer eingeschlossen hat, um sich nicht mit mir herumschlagen zu müssen, falls er schon da ist.
Ich schließe die Tür auf und schlüpfe hinein. Schnell bringe ich die piepsende Alarmanlage zum Schweigen, indem ich den vierstelligen Code eintippe. Ich lege die Schlüssel auf den Tisch, lasse meine Handtasche auf den Boden fallen und drehe mich um. Plötzlich steht dort im Dunkeln eine große Gestalt.
Ich schreie auf, erkenne dann aber Van.
„Wo zum Teufel warst du?“, fragt er.
Ich schalte das Wohnzimmerlicht an und sehe seinen wütenden Gesichtsausdruck. Es ist die intensivste Emotion, die ich seit Tagen an ihm gesehen habe, und es sind fünf echte Worte, die er zu mir gesagt hat. Mir ist fast schwindelig von so viel Aufmerksamkeit, und ich will mehr. Ich dränge mich an ihm vorbei. „Ich weiß nicht, ob dich das etwas angeht.“
Van umklammert meinen Oberarm und zieht mich zu sich heran. „Deine Sicherheit geht mich etwas an“, knurrt er tief in der Kehle. „Ich habe mir Sorgen gemacht, dass dir etwas zugestoßen ist, weil dein Auto hier war, du aber nicht. Du hättest eine verdammte Nachricht hinterlassen können.“
„So wie du mir mitgeteilt hast, dass du auf Reisen gehst? Du hast seit Tagen keine zwei Worte mit mir gewechselt, Van. Warum sollte ich also so zuvorkommend zu dir sein?“
Ich weiß, das klingt kleinlich, und in Wahrheit dachte ich nicht, dass er überhaupt hier sein würde, um sich Sorgen um mich zu machen, weshalb ich auch keine Nachricht hinterlassen habe. Doch ich hoffe, es wird klar, dass es wehtut, im Ungewissen gelassen zu werden.
„Du hast mir immer noch nicht gesagt, wo du warst.“
Ich bin ihm nichts schuldig, sage aber die Wahrheit. „Ich war mit Freunden unterwegs.“
„Malik und Anna?“
Er hält mich noch fest. Ich weiß nicht, ob er aus Eifersucht oder echter Sorge handelt, aber beides wäre mir recht. Alles, was mich glauben lässt, dass er sich doch noch für mich interessiert.
„Malik und Anna sind Familie, keine Freunde.“
„Du hast gar keine Freunde in Pittsburgh.“
Ich sehe Wut in seinen Augen, was bedeutet, dass er eifersüchtig ist. Normalerweise würde ich das als Waffe einsetzen, doch ich werde ihn niemals glauben lassen, es gäbe jemand anderen. „Ich war mit Brienne Norcross und ein paar anderen Titans-Frauen aus. Sie hat mir eine Limousine geschickt, wie könnte ich da ablehnen?“
Van lässt mich so plötzlich los, dass ich zurückstolpere. „Brienne Norcross?“, fragt er entsetzt. „Warum zum Teufel sollte sie dich einladen? Oder die Frauen der Titans?“
Ich antworte scharfzüngig. „Weil sie sich zufällig dafür interessieren, dass ich hier in einer fremden Stadt allein bin und mich einsam fühle.“
„Und woher wussten sie, dass du hier bist und einsam?“, knurrt er, und sein Gesicht rötet sich, was ich für Verlegenheit halte. „Hast du Brienne angerufen und ihr gesagt, was für ein Idiot dein Mann ist, weil er dich zurückgelassen hat? Hast du dich bei meinem verdammten Boss über dein Elend ausgeheult?“
„Nein, Van.“ Meine Stimme bleibt gelassen. „Malik hat es Baden erzählt. Baden hat es Brienne erzählt. Deine Chefin stand vor der Tür und war intuitiv genug, um sofort zu wissen, dass etwas nicht stimmt, als sie mich gesehen hat. Ich glaube, es waren die dunklen Ringe unter meinen Augen, die vom Schlafmangel herrühren, oder die Tatsache, dass sie vom ständigen Weinen rot waren. Such dir was aus. Jedenfalls hatte sie den Anstand, mich zu fragen, was los ist, und ich habe ihr die Wahrheit gesagt.“
Vans Miene verfinstert sich. „Es tut mir leid“, sagt er leise. „Du weißt, dass ich dir nicht wehtun will, oder?“
Es ist der erste Moment echter Verletzlichkeit, den ich bei ihm erlebe, und ich nutze ihn schnell aus. Ich gehe auf ihn zu und lehne mich an seine muskulöse Gestalt. Meine Hände gleiten über seine Schultern. „Du tust mir aber trotzdem weh. Du schließt mich aus und gibst mir nicht die Chance, um dich zu kämpfen.“
Van erwidert meine Berührungen nicht, doch er zieht sich auch nicht zurück. Seine Stimme ist rau. „Ich will nicht, dass du um mich kämpfst. Ich will, dass du mich vergisst.“
Ich schüttele den Kopf. „Niemals. Das kannst du abhaken. Ich lasse dich nicht gehen, Baby. Und je eher du das akzeptierst, desto schneller können wir anfangen, die Dinge in Ordnung zu bringen.“
„Ich kann nicht …“
Ich nehme seine Hand, ziehe sie an meine Brust und drücke seine Handfläche auf mein Herz. „Du bist hier drin, Van. Du bist mit jeder Zelle meines Wesens verwoben, und dich zu entfernen würde mich umbringen.“
Sein Gesichtsausdruck ist panisch und sein Kiefer angespannt. Worte allein werden ihn nicht erweichen, also bewege ich seine Hand über meine Brust. Meine Brustwarze kribbelt, und Van atmet scharf ein, bevor er versucht, die Hand wegzuziehen. Ich halte ihn fest. „Fass mich an. Bitte.“
Sein Blick fällt auf die Stelle, wo seine Hand auf meiner Brust ruht. Unentschlossenheit liegt in seinen Augen. Ich möchte die Hand ausstrecken und ihn berühren, aber ich glaube, ich sterbe eine Million Tode, wenn er nicht erregt ist. Er wird immer schon bei der kleinsten Provokation hart für mich. Stattdessen ergreife ich seine andere Hand, die lose an seiner Seite hängt, und zwinge sie zwischen meine Beine. „Hier.“
Vans Hand drückt reflexartig zu, und meine Hüften zucken, ein leises Stöhnen entweicht mir. Es ist dieses winzige Geräusch, das Van aus seiner Benommenheit zu holen scheint, und er reißt sich von mir los. Ich atme schwer, eine Mischung aus Verlangen und purer Frustration. Ich kann mir nicht helfen … mein Blick fällt nach unten, und ich bin etwas besänftigt von der Wölbung in seiner Jeans.
„Du willst mich immer noch“, sage ich unverblümt. „Warum ziehst du dich zurück?“
„Ich werde dich bis zu meinem Todestag wollen, Simone. Aber das ändert nichts.“
Ich schreie frustriert auf, balle die Fäuste und stampfe mit dem Fuß auf. „Warum bist du so ein Dickkopf? Warum liebe ich jemanden wie dich überhaupt?“
Vans Gesichtsausdruck bleibt ausdruckslos, und zum ersten Mal in einer unserer Auseinandersetzungen ist er nicht der Erste, der sich abwendet. Ich marschiere zur Tür und bücke mich, um meine Handtasche aufzuheben. Ich hole meine Schlüssel vom Tisch und reiße die Tür ruckartig auf.
„Wohin gehst du?“, fragt Van.
Ich ignoriere ihn, trete über die Schwelle und schlage die Tür hinter mir zu. Ich bin schon halb die Treppe hinunter, als sich die Tür öffnet.
„Simone … wohin gehst du?“
Ich strecke den Mittelfinger in die Luft. Das sollte Antwort genug sein.
„Simone!“, bellt er, aber ich gehe schnurstracks zu meinem Auto, in der Absicht, so viel Abstand wie möglich zwischen uns zu bringen.
Der Mann ist schnell, das muss ich ihm lassen. Er holt mich ein, packt mich am Ellbogen und hält mich auf. „Hast du etwas getrunken? Wenn ja, nehme ich dir die Schlüssel weg.“
Witzig, wie einfache Worte tief einschneiden können. Nein, ich habe nicht getrunken, weil ich mit deinem Kind schwanger bin.
„Ich habe nichts getrunken. Lass mich los.“
„Wohin gehst du?“, fragt er erneut, lässt mich jedoch los.
„Zu Malik.“ Mehr verrate ich nicht, weil ich mir nicht sicher bin, ob ich wirklich dorthin will. Ich weiß nur, dass ich von Van wegwill.
Er mustert mich kurz, dann nickt er. „Sei vorsichtig, okay?“
Ich bemühe mich, keine patzige Antwort zu geben. Stattdessen wende ich mich von ihm ab und gehe um die Vorderseite meines Autos herum. Van geht nicht zurück ins Haus, sondern beobachtet mich mit den Händen in den Taschen. Normalerweise würde ich alles dafür geben, zu erfahren, was in seinem hübschen Kopf vor sich geht, aber im Moment ist es mir egal.
Als ich losfahre, weiß ich, was mich aufmuntern wird. Nicht zu Malik gehen und auch kein Familienmitglied anrufen.
Ich rufe Etta an.
Sie hat mich heute früh angerufen, und ich habe den Anruf nicht entgegengenommen, weil ich ihr aus dem Weg gegangen war. Ich war nicht sicher, was sie wusste, und ich dachte, es wäre Vans Aufgabe, sie zu informieren. Sie hinterließ eine Sprachnachricht, in der sie ein paar böse, aber treffende Worte über ihn fand, und mir wurde klar, dass sie alles wusste, also rief ich sie zurück. Wir hatten ein gutes Gespräch. Ich weinte mich aus. Sie schwor, mir auf jede erdenkliche Weise zu helfen. Sie war das erste offizielle Mitglied meines weiblichen Kreises. Brienne und die anderen haben ihn heute Abend vervollständigt.
„Hallo, Schatz“, gurrt sie, als die Verbindung hergestellt ist.
„Ich hasse ihn“, knurre ich ins Telefon, während ich Gott weiß wohin fahre. Ich kenne mich überhaupt nicht aus, aber das macht nichts. Ich kann Google Maps benutzen, um den Weg zurück zu finden.
„Das tust du nicht. Du liebst ihn so sehr, dass du ihn hassen willst.“
„Ich dringe nicht zu ihm durch“, jammere ich. „Es wäre so viel einfacher, wenn er mich nicht lieben würde. Wenn es ihn nicht interessieren würde. Warum kann er nicht normal sein und eine Affäre haben oder so, um die Ehe zu beenden? Warum wählt er den dümmsten Grund von allen?“
„Du weißt, dass er nicht dumm ist. Sosehr ich auch nicht damit einverstanden bin, was er tut, weiß ich doch, dass er emotional überlastet ist. Er trifft die Entscheidung, die er für die beste hält, um dich zu schützen.“
Er ist viel ritterlicher als das, denke ich mir. Er tut es, um die Kinder zu schützen, die wir haben wollten. Ich sage Etta nicht, dass ich schwanger bin. Ich kann ihr nicht vertrauen, dass sie das Geheimnis vor Van bewahrt. Nur Anna weiß es, und dabei belasse ich es vorerst.
„Mir fallen keine Ideen mehr ein, Etta. Ich habe versucht, zu argumentieren, bis ich schwarz wurde. Ich habe versucht, ihn zu verführen. Ich habe ihn angeschrien. Geweint. Nichts dringt zu ihm durch.“
„Zeit.“
„Was?“
„Es wird Zeit brauchen, bis sich die Sache beruhigt hat. Es wird abklingen. Wir beide wissen das, und er wird sehen, dass es ihn nicht verfolgen wird.“
Bitterkeit lastet auf mir. „Bis die nächste Geschichte herauskommt und er wieder wegläuft.“
Etta streitet das nicht ab, aber wie kann sie auch? Das ist jetzt das zweite Mal, dass Van mich wegen seines Vaters im Stich gelassen hat. Wenn ich die Dinge reparieren würde, könnte ich darauf vertrauen, dass es dabei bleibt?
Ich habe keinen blassen Schimmer.
„Ich liebe dich, Schatz“, sagt sie sanft. „Das weißt du doch, oder?“
„Natürlich. Ich liebe dich auch.“
„Es ist mein innigster Wunsch, dass ihr beide das hinbekommt. Ich glaube, ihr seid seelenverwandt. Aber du musst bedenken, dass Van das womöglich nicht kann. Ich liebe dich und will, dass du glücklich bist, aber vielleicht geht das nicht mit ihm.“
Normalerweise würde ich gegen diese Vorstellung wettern, doch mir fehlt die Energie dazu.
„Aber“, fährt sie fort, „es ist viel zu früh, um das Handtuch zu werfen. Ich möchte, dass du deine Entschlossenheit verstärkst und ihn mit aller Kraft bezirzt. Bleib ihm auf den Fersen und belästige ihn weiter. Mach es ihm klar, okay?“
Ich lächele über die Vehemenz in ihrem Ton. Das gibt mir ein wenig Mut. „Okay. Das werde ich.“
„Willst du, dass ich zu dir komme?“
Ja. Weil Etta diejenige ist, die Van am meisten auf der Welt respektiert. Ihre Anwesenheit könnte den Lauf der Dinge ändern. „Nein. Ich muss das selbst regeln. Entweder schaffe ich es oder es soll nicht sein.“
„Ich habe Vertrauen in dich.“
Das sind schöne Worte, doch ich glaube nicht daran. Ich denke, ich hatte nur ein geborgtes Glück, und es fühlt sich so an, als ob es gerade zu Ende geht.