Delicious: A Delicious Submission

Erschienen: 11/2019
Serie: Delicious
Teil der Serie: 2

Genre: Soft-SM / BDSM
Zusätzlich: Second Chance

Location: London, Deutschland

Seitenanzahl: 320


Erhältlich als:
paperback & ebook

ISBN:
Print: 978-3-86495-413-9
ebook: 978-3-86495-414-6

Preis:
Print: 13,90 €[D]
ebook: 6,99 €[D]

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Delicious: A Delicious Submission


Inhaltsangabe

Der leidenschaftliche Traum von der Unterwerfung durch einen erfahrenen, verantwortungsbewussten Dom wird für Julia zur Hölle. Sie gerät in die Fänge des sadistischen Master Edward, der sie fortan misshandelt und demütigt, anstatt ihr Lust zu bereiten. Am Tiefpunkt ihres Lebens als Edwards Sklavin wird sie von Christopher Stone, einem ehemaligen Schulfreund und ebenfalls Dom, gerettet.

Christopher bietet Julia an, ihr Unterschlupf zu gewähren, bis sie weiß, was sie mit ihrer neugewonnenen Freiheit anfangen will. Der Albtraum aus Qual, Demütigung und Schmerz hat ein Ende. Nie wieder will sie sich einem Mann unterwerfen – bis ihre devote Sehnsucht doch die Überhand gewinnt und Christopher in ihren Fantasien die Hauptrolle spielt.

Kann Julia es wagen, sich ein zweites Mal vertrauensvoll zu unterwerfen und die Dämonen der Vergangenheit hinter sich zu lassen - oder wird sie für immer von ihnen verfolgt werden?

Über die Autorin

Die Literaturwissenschaftlerin Annabel Rose kam erst über Umwege zum Schreiben erotischer Literatur. Warum ausgerechnet erotische Literatur? Weil ihrer Meinung nach Erotik und Sex wichtiger Bestandteil im Leben eines jeden Menschen ist. 

Annabel Rose liebt Frankreich und den Süden, Katzen, intelligente Gespräche,...

Weitere Teile der Delicious Serie

Leseprobe

XXL-Leseprobe bei Book2Look

Moira wimmerte vor Lustschmerz, als er über ihre geröteten Pobacken strich. Er hatte sie so lange mit der Gerte geschlagen, bis ihr Hintern rot wie ein Feuermelder leuchtete. Christopher bevorzugte zwar eigentlich den Rohrstock, aber was das anging, war er wählerisch. Er benutzte nur welche, die er selbst hergestellt hatte und deren Eigenschaften er ganz genau kannte.
Gehorsam kniete Moira vor ihm auf dem Bett, die Hände zusammengebunden, die Beine weit geöffnet. Seine Hand glitt über den heißen, drallen Po, sein Zeigefinger streifte die Poritze und tauchte zwischen ihre Schamlippen. Sie triefte vor Nässe. Sein Kumpel...

...Ben, mit dem er in dem Londoner SM-Club Drew’s Dungeon den Vorabend zu seinem achtundzwanzigsten Geburtstag verbrachte, hatte ihm nicht zu viel versprochen: Moira hatte geradezu um Schläge gebettelt – und er hatte ihr nur zu gern gegeben, wonach sie verlangte. Allerdings nicht, ohne sie vorher zu knebeln.
Er stieß mit zwei Fingern in ihre Vagina und rieb mit dem Daumen über den Kitzler. Ihr Körper zuckte zusammen, aus dem Wimmern wurde ein dunkles Stöhnen. Er musste aufpassen, dass sie nicht zu schnell kam. Offenbar hatten die Hiebe mit der Gerte Moira so erregt, dass sie kurz vor dem Orgasmus stand. Sich von hinten über sie beugend, befreite er sie von dem Knebel.
Er griff mit der freien Hand in ihr Haar, zog ihren Kopf zurück. »Du wirst erst kommen, wenn ich es dir erlaube. Hast du verstanden?«
Ein langer Blick und ein gehauchtes »Ja, Sir« war die erwartete Antwort.
Er ließ ihren Kopf los und forderte sie auf, sich auf den Rücken zu drehen. Nachdem er die Handfesseln gelöst hatte, befahl er ihr, ihre Beine mit den Händen festzuhalten. Mit kurzen, schnellen Stößen fickte er sie mit zwei Fingern – ihrer Klitoris schenkte er zunächst keine weitere Beachtung. Er beobachtete ihr Gesicht, ihren Körper, hörte auf die Laute, die sie von sich gab, und steuerte ihre Erregung, wie es ihm beliebte. Dreimal führte er sie bis kurz vor den Orgasmus, dann entzog er ihr die Finger, streifte ein Kondom über und setzte seinen Schwanz an ihren Scheideneingang. Mit einem einzigen Stoß drang er in sie ein. Nach drei schnellen Stößen legte er den Finger auf Moiras Klitoris – während er sie weiterfickte. Moira jammerte und wimmerte in den schrillsten Tönen. Es musste sie ungeheure Kraft kosten, ihren Höhepunkt zu unterdrücken. Schließlich spürte er, wie sein eigener Orgasmus herannahte. Höchste Zeit, ihr den Befehl zum Kommen zu geben – doch es war bereits zu spät. Moira stöhnte, er sah, wie ihr Körper vom Orgasmus geschüttelt wurde, und spürte, wie ihre Muskeln sich krampfartig um seinen Schwanz zusammenzogen – dann kam er auch.
Behutsam zog er den Schwanz aus ihrer Scheide und entsorgte das Kondom in dem Treteimer neben dem Bett. Dann setzte er sich zu Moira und zog sie in seine Arme.
»Es tut mir leid«, murmelte sie. »Tut mir leid, dass ich ungehorsam war.«
»Schon gut«, beschwichtigte er sie. Er wusste, dass Moira recht hatte. Eigentlich müsste er sie bestrafen, weil sie, entgegen seinem Befehl, gekommen war. Aber Christopher war in Feierlaune. Er hatte viel Spaß mit Moira gehabt und wollte heute großzügig sein und ihr diese Verfehlung durchgehen lassen. »Es ist alles in Ordnung. Mach dir keine Gedanken. Du hast mir sehr gut gedient. Danke, Moira.«
Er blieb noch eine Weile mit ihr auf dem Bett liegen, streichelte sie, genoss ihren warmen Körper, bevor sie gemeinsam duschen gingen. Auf seinen Vorschlag, ihre rote Kehrseite mit einer Pflegesalbe einzureiben, reagierte sie abwehrend.
»Nicht nötig. Außerdem mag ich es, wenn die Striemen noch ein bisschen zu sehen sind, und ich würde die Erinnerung daran gern noch ein wenig behalten«, erklärte sie ihm.
Er nahm es als ein Kompliment. »Mach’s gut, Moira, und pass auf dich auf«, sagte er zum Abschied, gab ihr einen Kuss auf die Stirn und verließ das Zimmer.
Draußen auf dem Gang wartete Ben auf ihn. Als er Christopher sah, erhob er sich. »Alles in Ordnung bei dir?«
»Ja, alles bestens. Bei dir auch?«
Ben nickte. »Sollen wir gehen? Ich kenne noch eine kleine Bar, die um diese Zeit geöffnet hat. Da könnten wir einen Absacker trinken.«
»Ja, gern, warum nicht. Ich könnte wirklich einen ...«
Er kam nicht dazu, den Satz zu vollenden, denn ein markerschütternder spitzer Schrei ließ sie beide innehalten. Ben und er sahen sich an, und Christopher wusste, dass Ben in diesem Moment das Gleiche dachte wie er: Das war kein Lustschrei, sondern einer aus Angst und Panik.
Worte waren nicht nötig. Mit zügigen Schritten gingen sie den Gang entlang, als der Schrei ein zweites Mal ertönte – dieses Mal lauter. Sie gingen eine Treppe hinunter. Vor einer Tür blieb Ben stehen, drückte die Klinke nach unten, aber die Tür war verschlossen. Beide schauten sich um. Es war kein Personal zu sehen, dieser Bereich des Clubs war seltsamerweise wie ausgestorben. Also hämmerte Ben mit der Faust gegen die Tür: »Aufmachen! Sofort aufmachen!«
Seine Forderung wurde ignoriert. Als der Schrei zum dritten Mal erschallte, sah Christopher seinen Freund fragend an: »Du bist doch gut versichert, oder?« Ben nickte. »Dann lass mich das machen, ja?«
Christopher trat zweimal kräftig gegen die Tür, beim dritten Fußtritt gab das Schloss nach, die Tür splitterte und sprang auf. Die Szene, die er in dem Zimmer zu sehen bekam, konnte er zunächst nicht fassen.
Vier Augenpaare blickten ihm und Ben entgegen. Sie gehörten zu vier Männern, die eine auf dem Bett liegende Frau, die sich nach Kräften wehrte, an ihren Extremitäten festhielten. Zwischen ihren Beinen stand, über ihre Scham gebeugt, ein fünfter Mann, der dort mit irgendetwas beschäftigt war. Dass Ben und er gewaltsam in den Raum eingedrungen waren, schien ihn dabei nicht im Geringsten zu stören.
»Hör auf, zu zappeln, Miststück«, hörten sie den Kerl noch sagen, bevor Ben und er neben ihm standen und das verheerende Ausmaß der Situation begriffen: Offenbar handelte es sich hier um einen Gang-Bang, der komplett aus dem Ruder gelaufen war. Die Frau war am ganzen Körper von den Körperflüssigkeiten der Männer bedeckt und ihre Scham war blutig. Sie schrie wie am Spieß, und das war nicht verwunderlich, denn der Typ, der vor ihr stand, war dabei, ihre Schamlippen mit Nadel und Faden zusammenzunähen – und das ganz offensichtlich gegen ihren Willen.
»Hast du total den Verstand verloren?«, schnauzte Ben den Kerl an und zerrte ihn von der Frau weg.
»Hey! Was fällt dir ein? Misch dich nicht in Sachen ein, die dich nichts angehen!« Er versuchte, Ben abzuschütteln, um sich wieder der Frau auf dem Bett zu nähern, aber Christopher versperrte ihm den Weg. »Lass mich sofort los, Arschloch. Das ist meine Sklavin, und ich mache mit ihr, was ich will.«
»Aber nicht, solange ich hier bin«, sagte Ben.
»Das werden wir ja sehen«, entgegnete der Wahnsinnige und holte zum Schlag in Bens Gesicht aus.
Ben konnte dem unvorhergesehenen Hieb nicht rechtzeitig ausweichen. Christopher hörte ein Knacken und sah Blut über Bens Gesicht laufen. Verdammt! Der Kerl hatte ihm wohl das Nasenbein gebrochen. Doch das beeindruckte Ben wenig. Er war mindestens einen halben Kopf größer und kräftiger als sein Widersacher und landete umgehend einen Treffer in die Magengrube seines Gegenübers, dem daraufhin die Luft wegblieb. Christopher war sich sicher, dass Ben allein mit dem Typ fertigwurde, also wandte er sich an die anderen vier Gestalten: »Lasst sie los, ihr Flachwichser! Was seid ihr nur für ein Haufen erbärmlicher Hurensöhne? Lasst sie los, verdammt noch mal!« Die vier Männer schienen wie paralysiert. »Loslassen, habe ich gesagt, oder muss ich erst handgreiflich werden?«
Christopher wusste, dass er gegen vier Gegner gleichzeitig keine Chance hatte, auch wenn er aufgrund seines Boxtrainings mit Sicherheit besser auf eine körperliche Auseinandersetzung vorbereitet war als die Typen vor ihm. Irgendetwas schien jedoch in ihren Gehirnen angekommen zu sein – vielleicht ein letzter Rest von schlechtem Gewissen oder Reue? Er konnte es nicht sagen, aber auf alle Fälle ließ einer der vier die Frau los, die übrigen drei folgten seinem Beispiel mit etwas Verzögerung.
»Raus jetzt!«, befahl er mit einer Kopfbewegung. »Bevor ich mein letztes bisschen Selbstbeherrschung verliere und euch die Eier zusammenbinde.«
Die vier klaubten ihre Klamotten zusammen und verließen, nackt wie sie waren, das Zimmer. Der Psychopath lag mittlerweile keuchend am Boden. Ben hatte ihm die Hände auf den Rücken gedreht und hielt ihn im Schwitzkasten.
»Guck mal, ob du hier was zum Fesseln findest«, forderte Ben ihn auf.
»Du mieser Drecksack«, fluchte der Typ unter ihm. »Das wird dir noch leidtun.«
Christopher sah sich um, fand aber nichts Geeignetes. »Ich habe eine bessere Idee. Stell ihn mal auf die Füße.«
Zu zweit stellten sie ihn aufrecht hin, Ben hielt ihm nach wie vor die Arme auf dem Rücken zusammen.
»Mir geht dein Gequatsche wirklich auf die Eier«, sagte Christopher zu dem Typen. Dann ballte er die rechte Faust, holte aus und traf ihn an der Schläfe. Sofort sackte er zusammen. Er war k. o. Ben ließ ihn angewidert auf den Boden fallen. »Was für ein mieses Arschloch! Einer wie der hat hier nichts verloren. Wenn es irgendwie in meiner Macht steht, sorge ich dafür, dass er Hausverbot und eine Anzeige bekommt.«
Christopher hörte zwar die Worte seines Freundes, war aber längst damit beschäftigt, sich die Frau näher anzusehen. Sie lag apathisch auf dem Bett und wimmerte. Tränen liefen ihr über die Wangen, ihr Make-up war verschmiert, sie zitterte am ganzen Körper. Soweit er erkennen konnte, hatte der Schwachkopf ihre Schamlippen dreimal durchstochen. Sie blutete, die Nadel hing lose am blutverklebten Faden herunter. Er entfernte sie und warf sie in den Mülleimer, bevor er sich über die Frau beugte.
»Wie geht es Ihnen?«, fragte er sie leise. »Können Sie mich verstehen?« Sie nickte. »Ich bin Arzt«, erklärte er ihr. »Haben Sie keine Angst mehr. Es ist vorbei. Ich kümmere mich um Sie. Zuerst muss ich Ihnen aber die Fäden entfernen. Das wird leider noch einmal etwas wehtun, okay? Halten Sie durch, ja?«
Wieder nickte sie, Tränen flossen aus ihren Augen. Er wischte sie behutsam mit dem Daumen fort. »Schhht. Nicht weinen. Alles wird wieder gut.« Er wandte sich an Ben. »Kannst du mir kurz helfen?«
»Klar, was soll ich tun?«
»Spreiz ihre Schamlippen auseinander.« Er zeigte es ihm. »So! Siehst du?«
»Ja. Okay.« Als Ben die Scham der jungen Frau berührte, wurde das Wimmern lauter.
»Das ziept jetzt gleich«, sagte Christopher, bevor er sie mit zwei schnellen Handgriffen von dem Nähfaden befreite. Sie schrie. Laut und durchdringend – bei der zweiten Handbewegung sackte sie ohnmächtig auf dem Bett zusammen. »So ein verdammter Mist. Mein Notfallkoffer ist im Auto«, fluchte Christopher und betrachtete die Wunde. »Ich bräuchte eine Kompresse.«
»Geht auch ein Stofftaschentuch?«
»Besser als nichts. Ist es sauber?«
Ben nickte, griff in die Tasche seines Jacketts und überreichte ihm ein gefaltetes Taschentuch, das Christopher auf die blutenden Einstiche presste.
»Wie geht’s deiner Nase?«, fragte er seinen Freund.
»Tut weh, aber ist auszuhalten.«
»Dann sollten wir besser gehen. Bevor dieser Vollhonk wieder wach wird, meinst du nicht?«
Ben nickte. »Schaffst du es mit ihr allein hier raus? Dann hole ich schon mal den Wagen.«
»Ja, sicher. Geh. Und beeil dich.«
Während Ben sich aus dem Staub machte, hob Christopher die Frau vom Bett herunter und legte sie auf einem der Sessel im Raum ab. Er schlug die blut- und spermaverschmierte Decke beiseite und zupfte das Laken aus den Bettritzen hervor. Vorsichtig, die junge Frau wie ein rohes Ei behandelnd, bettete er sie erneut um und schlug sie in das Betttuch ein, sodass ihr Körper vollständig bedeckt war. Dann nahm er sie auf die Arme und trug sie über den Gang, den Schildern mit der Aufschrift EXIT folgend.
Als er am Ausgang ankam, sah ihn der Türsteher mit finsterem Blick an.
»Was ist hier los?«, fragte er, Christopher den Weg versperrend.
»Das sollten Sie besser den Typ in Raum hundertacht fragen. Der Kerl ist meiner Meinung nach nicht ganz frisch im Oberstübchen. Die Frau hier muss ins Krankenhaus«, dramatisierte er die Lage absichtlich. »Also lassen Sie mich durch. Ich bin Arzt.« Er sah, wie es im Kopf des Mannes arbeitete. »Wenn Sie mir nicht glauben, fassen Sie in die linke Innentasche meines Sakkos, da ist mein Arztausweis drin. Na los, machen Sie schon.«
Der Mann tat nach kurzem Zögern, was Christopher von ihm verlangte, und öffnete die Brieftasche.
»Zweite Karte von unten«, wies er ihn an und sah zu, wie der Mann vor ihm den Ausweis herauszog, betrachtete und wieder zurücksteckte.
»Tut mir leid, Doktor Stone. Ich habe meine Vorschriften. Kann ich Ihnen noch irgendwie behilflich sein?«
»Ja«, erwiderte Christopher, nachdem sich die Brieftasche wieder in seiner Jackentasche befand. »Sie können mir die Tür aufhalten.«

Fünfundvierzig Minuten später waren sie in dem gemieteten Ferienapartment in Kensington angekommen. Christopher hatte die Wunde desinfiziert und der Frau noch während der Fahrt ein Medikament verabreicht, das entzündungshemmend wirkte, sowie ein Sedativum, von dem sie eingeschlafen war. Ben und er hatten ihre Vorderseite gewaschen, ihr Gesicht vom Sperma gereinigt und sie ins Bett gebracht. Im Schlaf sah sie friedlich aus, hatte sogar einmal gelächelt und Christopher dabei an jemanden erinnert. Nur kam er nicht darauf, an wen.
Ohne die ganze Schminke im Gesicht sah sie viel hübscher aus, fand er. Die Haare hatten allerdings einen gewöhnungsbedürftigen Rotton. Orange! Vermutlich schlecht oder selbst gefärbt. Oder gab es tatsächlich Leute, denen eine solche Kunstfarbe gefiel? Wenn er nur wüsste, an wen sie ihn erinnerte ...
Achselzuckend verließ er das Schlafzimmer und schloss die Tür hinter sich. Ben wartete im Wohnzimmer auf ihn. Er kühlte sich die Nase mit ein paar Eiswürfeln, die sie in ein Handtuch gewickelt hatten.
»Lass mich mal sehen«, forderte er seinen Freund auf. Ben entfernte das Handtuch, Christopher betastete die geschwollene Stelle. »Sieht nicht gut aus. Schön weiterkühlen, sonst bist du morgen grün und blau im Gesicht. Und deine Nase«, er befühlte sie mit beiden Händen »die wird nicht mehr gerade zusammenwachsen, wenn du nicht ins Krankenhaus gehst.«
»Ich gehe nicht ins Krankenhaus. Was soll ich denen erzählen? Etwa, dass ich die Treppe runtergefallen bin? Du bist doch Arzt, kannst du das nicht machen?«
»Was? Dir die Nase richten?« Ben nickte. »Tut mir leid. Ich bin Hautarzt und kein Knochenflicker.«
»Aber du operierst doch auch, hast du gesagt. Wieso kannst du dann nicht ...?«
»Ich entferne Muttermale und mache Laserbehandlungen, aber richte doch keine Knochen wieder gerade. Das ist etwas völlig anderes. Tut mir leid, Kumpel, da musst du schon zu einem Spezialisten gehen.«
Ben presste das Handtuch wieder auf sein Gesicht. »Tut mir echt leid, Chris, dass der Abend so zu Ende gegangen ist.«
»Schon gut. In ein paar Jahren erzählen wir uns, wie wir es dem Spinner gegeben haben.«
Ben machte eine Kopfbewegung in Richtung Schlafzimmer. »Was machen wir mit ihr?«
»Ich denke, wir behalten sie über Nacht hier. Ich werde auf dem Sofa schlafen und lasse die Tür einen Spalt offen. Wenn etwas mit ihr sein sollte, will ich in der Nähe sein. Morgen früh sehen wir dann weiter.«
»Na schön. Dann hau ich mich jetzt aufs Ohr. Brauchst du noch etwas?«
»Nein, ich komme zurecht. Gute Nacht.«
Er wartete, bis Ben im zweiten Schlafzimmer verschwunden war, dann zog er sich – bis auf seinen Slip – aus, löschte das Licht und suchte eine bequeme Position auf dem Sofa. Leider war es zum Übernachten nicht ideal. Christopher drehte sich nach rechts und links, aber die richtige Schlafstellung wollte er ums Verrecken nicht finden. Entweder stieß er sich den Fuß an der Lehne oder er wusste nicht, wohin mit dem Arm. Er überlegte bereits, ob er den Wohnzimmertisch verrücken und auf dem dicken Berberteppich, der darunter lag, übernachten sollte, als aus dem Nebenzimmer ein jammerndes Stöhnen an seine Ohren drang.
Mit einem Seufzen erhob er sich, um nachzusehen, ob es der Unbekannten gut ging. Die Situation erinnerte ihn an seine Zeit als Medizinstudent im Krankenhaus. Immer wenn man es sich bei der Nachtwache gerade gemütlich machen wollte, klingelte irgendein Patient und scheuchte einen wieder auf. Gut, dass diese Zeiten vorbei waren. Auf leisen Sohlen schlich er zur Tür, betrat das Zimmer und näherte sich dem Bett.
»Nein ... nein, Sir ... bitte ...«, hörte er sie im Schlaf flehen.
Sie träumte. Nichts Gutes anscheinend. Sie hatte die Decke fortgestrampelt und lag halb entblößt vor ihm, die Haare waren ihr ins Gesicht gefallen. Einen Moment lang betrachtete er ihren Körper, ihr Gesicht. Sie gefiel ihm. Eine richtig Hübsche war sie. Wenn er nur wüsste, an wen sie ihn erinnerte. Er schob ihr die Haare beiseite und deckte sie wieder zu. Ihr Arm hing halb aus dem Bett. Als er ihre Hand ergriff, um den Arm im Bett abzulegen, verstummte das flehende Jammern – setzte aber umgehend wieder ein, als er sie losließ. Er legte seine Hand auf ihre und das Stöhnen hörte auf.
Er runzelte die Stirn. War das ein Trick? Schlief sie gar nicht wirklich? Doch die tiefen gleichmäßigen Atemzüge überzeugten ihn. Sie schlummerte tief und fest. Er hatte schon davon gelesen, dass manche Personen im Schlaf auf Berührungen reagierten, sie sozusagen in ihre Träume einbauten. Anscheinend war das hier der Fall. Was sollte er jetzt machen? Er konnte ja schlecht die ganze Nacht hier herumstehen und Händchen halten. Aber sie loslassen und ihren Albträumen überlassen, wollte er auch nicht. Sie hatte für heute mit Sicherheit genug durchgemacht.
Na schön. Er würde sich also ihretwegen die Nacht um die Ohren schlagen. Er ließ ihre Hand los und umrundete das Bett.
»Nicht! Nein, Sir ... bitte ...«, murmelte sie.
Christopher legte sich auf die andere Betthälfte, benutzte das Laken als dünne Trennwand zwischen ihrem und seinem Körper und schob einen Arm unter ihrem Nacken hindurch, um ihre Hand festzuhalten. Sie verstummte.
Schön, dass sie nun wieder ruhig schlief, aber was war mit ihm? Sein Arm war verdreht, das Handgelenk abgeknickt und ihr Kopf drückte auf seinen Bizeps. Bequem war eindeutig anders. Verdammt! So würde er niemals schlafen können. Es half alles nichts. So vorsichtig wie möglich legte er sich auf die Seite, rutschte, so nah es ging, an sie heran und umschlang sie mit beiden Armen. Sie atmete ruhig weiter. Gott sei Dank, dachte er noch, dann fielen auch ihm die Augen zu.

Konnte bitte mal jemand das Karussell in seinem Schädel abstellen? Soweit er sich erinnerte, hatte er gestern gar nichts getrunken. Trotzdem fühlte sich sein Kopf an, als ob er die Nacht durchgezecht hätte. Er blinzelte ein paarmal und wollte gewohnheitsmäßig nach seiner Uhr tasten, aber es ging nicht. Irgendetwas hielt seinen Arm fest. Die Augen einen Spalt breit geöffnet sah er, was es war. Oder besser gesagt: WER.
Die hübsche Unbekannte von letzter Nacht lag nämlich mit dem Kopf auf seinem Bauch, den linken Arm über seine Brust und seinen rechten Arm ausgestreckt. Oh Mann! Auch das noch! Wie sollte er sich aus dieser Lage befreien, ohne sie aufzuwecken? Er hatte sie nicht angerührt und deswegen ein reines Gewissen, aber würde sie ihm das abnehmen? Immerhin lag sie nackt auf seinem Bauch und er hatte nur einen Slip an. Und nicht nur das. Zu allem Überfluss hatte er auch noch eine Morgenerektion. Scheiße! Manchmal lief einfach nichts, wie es sollte. Und das an seinem Geburtstag!
Also gut, sagte er sich. Bleib cool, Christopher.
So langsam wie möglich veränderte er seine Position, rutschte der Bettkante Zentimeter für Zentimeter entgegen, nach jeder Bewegung eine Pause einlegend, abwartend, ob sie aufwachte oder weiterschlief. Es war eine unsagbar mühsame Prozedur, die ihm endlos vorkam, aber schließlich sank ihr Kopf auf die Matratze und er konnte ihren Arm auf dem Kopfkissen ablegen. Es war geschafft. Christopher erhob sich und schlich auf Zehenspitzen zur Tür. Er sah sich noch einmal um, wollte sich vergewissern, dass sie schlief, als sein Blick auf ihre rechte Schulter fiel.
Sie war tätowiert. Eine Schar von kleinen Schmetterlingen schien über ihr Schulterblatt und den oberen Rücken zu flattern. Nur einer von ihnen, der ganz rechts oben, war größer als die anderen. In seinem immer noch von zu wenig Schlaf benebelten Kopf formte sich ein undeutlicher Gedanke. Schmetterlinge auf dem Schulterblatt ... Es sagte ihm irgendetwas. Aber was? Er machte kehrt und beugte sich über die Schlafende, um sich das Tattoo genauer anzusehen. Die vielen kleinen Schmetterlinge schienen alle zur gleichen Zeit gestochen worden zu sein, aber der große sah älter aus, denn die Farbe war eine andere und ein wenig verblasster als der Rest. Und noch einen Unterschied gab es.
Die Erkenntnis traf ihn wie ein Hammerschlag. Als stünde er an einem Abgrund, zuckte er zurück. Der Körper des Schmetterlings war kein Tattoo. Es war ein längliches Muttermal.
Wenn ich achtzehn werde, lasse ich mir ein Tattoo stechen. Einen Schmetterling, tönte es in seinem Kopf.
Julia!
Daher kannte er sie! Die Unbekannte war Julia. Julia Wagner. Das Mädchen, mit dem er den ersten Kuss erlebt hatte. Aber das hier war kein Mädchen mehr. Das war eine Frau. Und sie war noch viel schöner, als er sie in Erinnerung hatte. Rückwärtsgehend entfernte er sich von dem Bett, trat durch die Tür ins Nachbarzimmer und atmete tief ein und aus, als er sie hinter sich geschlossen hatte. Er ließ sich auf das Sofa sinken, streckte sich darauf aus und schloss die Augen.
Julia!
Wie lange war das her? Es war sein vorletztes Schuljahr gewesen. Vor den Ferien. Er war damals achtzehn gewesen, hatte gerade den Führerschein gemacht. Und jetzt war er achtundzwanzig. Zehn Jahre! Was war die Welt doch für ein Dorf. Oder nein, wie hieß es? Man sieht sich immer zweimal im Leben, oder? In diesem Fall traf das wohl zu.
Bilder aus der Vergangenheit kamen ihm in den Sinn. Die letzten Tage vor ihrer Abreise hatten beide wie die Kletten aneinandergeklebt. Sie hatten sich geküsst, gestreichelt, sich immer wieder versichert, wie sehr sie sich liebten und dass ihre Liebe ewig dauern sollte. Natürlich war alles ganz anders gekommen. In den ersten drei Monaten nach Julias Abreise hatten sie sich leidenschaftliche Liebesbriefe per Mail hin und her geschickt. Abends, im Bett, hatten sie sich stundenlang per Skype unterhalten.
Aber der Alltag holte beide ein, denn alles in allem schienen England und die Engländer doch nicht so schrecklich zu sein, wie Julia befürchtet hatte. Ihre Online-Kontakte wurden immer seltener, und wenn sie sich sahen oder schrieben, dann erzählte Julia von ihren neuen Freundinnen und was sie mit ihnen gemeinsam unternehmen wollte. Immer spärlicher wurden die Nachrichten und irgendwann blieben sie ganz aus. Christopher konnte nicht einmal sagen, wer von beiden aufgehört hatte, zu schreiben. Es spielte auch keine Rolle. In seinem Leben hatte es ebenfalls Veränderungen gegeben. Er hatte das Abitur besser abgeschlossen als erwartet und sich umgehend an der Uni zum Medizinstudium angemeldet. Nach kurzer Zeit hatte er dort einen neuen Freundeskreis gefunden – und auch eine Freundin. Vergessen hatte er Julia dennoch nicht. Der erste Kuss war immer etwas Besonderes für ihn geblieben. Er hätte jedoch niemals erwartet, ihr noch einmal zu begegnen. Schon gar nicht unter den gegebenen Umständen. Ob sie ihn wohl wiedererkennen würde?

Julia streckte sich ausgiebig und drehte sich auf den Rücken. Sie hatte geträumt. Von Edward. Er hatte sie gequält. Wie so oft. Aber da war noch jemand in ihrem Traum gewesen. Ein anderer Mann. Sein Gesicht hatte sie nicht erkennen können. Aber er hatte sie in den Arm genommen, und das hatte sich so echt angefühlt, dass sie so gut geschlafen hatte wie lange nicht mehr. Als sie die Augen aufschlug, wusste sie weder, wo sie war, noch, wie sie dahingekommen war. Sie lag allein und nackt in einem fremden Bett. Wo um alles in der Welt befand sie sich? Und wo war Edward? Sie setzte sich auf, schwang die Beine aus dem Bett und beschloss, ihn zu suchen.