Haven Brotherhood Spin-off: NOLA Knights: Mine to Keep

Originaltitel: Mine to Keep: A Steamy Protective Hero Romance
Übersetzer: Jazz Winter

Erschienen: 08/2021
Serie: Haven Brotherhood Spin-off
Teil der Serie: 3

Genre: Contemporary Romance, Mafia Romance
Zusätzlich: Dominanz & Unterwerfung, Thriller

Location: USA, New Orleans, Louisiana


Erhältlich als:
paperback & ebook

ISBN:
Print: 978-3-86495-514-3
ebook: 978-3-86495-515-0

Preis:
Print: 14,90 €[D]
ebook: 6,99 €[D]

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Haven Brotherhood Spin-off: NOLA Knights: Mine to Keep


Inhaltsangabe

NOLA Knights - New Orleans, Louisiana: Ungezügeltes russisches Heißblut und dunkle Vergangenheit. Wenn diese rauen Männer der Bratva eine bestimmte Frau als ihr Ziel auserkoren haben, setzen sie alles daran, dass sie ihnen gehört.

Bonnie Drummond stammt aus einer Familie von Lügnern und Kriminellen. Egal, wie sehr sie versucht, gesetzestreu und geradlinig durchs Leben zu gehen, wird sie immer wieder in das Familiendrama hineingezogen und ist gezwungen, alles zu opfern, um ihre Familie zu schützen. Aber dieses Mal sind sie zu weit gegangen – sie haben sich mit den falschen Leuten angelegt. Um sie zu retten, muss Bonnie diesmal sogar ihr Leben aufs Spiel setzen.

Roman Kozlov, Vollstrecker einer Mafiya-Familie in New Orleans, ist ein Paradebeispiel für das Leben, dem Bonnie zu entkommen versucht. Doch er ist ebenso verlockend wie er auch gefährlich ist - und es dauert nicht lange, bis beider Leben miteinander kollidieren.

Mit Roman findet Bonnie die Familie, die sie nie hatte.

Während der Wettlauf um Antworten immer heftiger wird, wächst auch die aufkeimende Romanze zwischen ihnen. Und da ihr die Gefahr auf den Fersen ist und die Liebe ihr Herz bedroht, muss Bonnie sich ihrer Vergangenheit stellen, wenn sie eine Zukunft haben will.

Über die Autorin

Die aus Oklahoma stammende Mutter zweier hübscher Töchtern ist attestierte Liebesromansüchtige. Ihr bisheriger Lebenslauf spiegelt ihre Leidenschaft für alles Neue wider: Rhenna Morgan arbeitete u.a. als Immobilienmaklerin, Projektmanagerin sowie beim Radio.

Wie bei den meisten Frauen ist ihr Alltag von morgens...

Weitere Teile der Haven Brotherhood Spin-off Serie

Leseprobe

Auf der anderen Seite des Raumes klingelte ein Handy. Das gedämpfte Geräusch stammte aus einer Handtasche, die auf dem kunstvoll dekorierten Büfetttisch lag.
„Oh.“ Cassie wischte sich die Hände ab und eilte hinüber. „Vielleicht ist es Kir.“
Roman hoffte, dass es so war. Während der Zusammenschluss zwischen den Sergeis Beteiligungen in Louisiana und den Unternehmen in Texas mehr Einkommen für die gesamte Familie bedeuten würde, musste sich Roman allein um die lokalen Angelegenheiten kümmern. Er arbeitete deswegen doppelt so viele Stunden wie normal. Wenn er vor Einbruch der Dunkelheit noch etwas Zeit haben wollte, um St. Patrick’s zu besuchen,...

...dann musste er langsam in die Gänge kommen. Er blickte zu Evette und senkte seine Stimme, um Cassies Telefonat nicht zu stören. „Ich lege die heutigen Quittungen auf Sergeis Schreibtisch. Brauchst du noch etwas, bevor ich gehe?“
Ehe sie antworten konnte, schnitt Cassies scharfe Stimme durch den Raum, und sie zog damit die Aufmerksamkeit aller Anwesenden auf sich. „Whoa, Moment mal.“ Sie schüttelte den Kopf und starrte auf den Boden. „Warte, sagt das noch mal, aber diesmal bitte langsamer.“
Seine auf den Straßen Russlands geschliffenen Instinkte flammten augenblicklich auf. Auf seiner Haut breitete sich ein verstärktes Kribbeln aus, ebenso wie in seinen Muskeln. Er war bereit, umgehend zu handeln. Evette und Emerson hörten sofort auf, sauber zu machen und konzentrierten sich ebenfalls auf Cassie.
Es konnte nicht Kir am Telefon sein. Sein langjähriger Waffenbruder war stets ruhig und gesammelt. Besonders, wenn er mit seiner Braut sprach.
Das Stirnrunzeln bei Cassie wurde tiefer. „Bist du sicher, dass sie weg sind?“ Ihre Augen wurden groß und ihr Körper wurde ganz steif. „Bist du in Ordnung?“
Emerson sah zu Evette.
Evette warf Roman einen Blick zu. „Was ist los?“
Er wusste es nicht, doch er war sich verdammt sicher, dass er es herausfinden würde.
„Okay. Okay. Warte.“ Cassie kramte in ihrer Handtasche und zog einen kleinen Notizblock hervor. „Gib mir die Adresse noch einmal.“ Sie zog die Kappe vom Stift und warf ihn auf den Büfetttisch. „4738 Clouet Street?“ Eine Pause. „Okay, gib mir ungefähr zwanzig Minuten. Ich werde so schnell wie möglich da sein.“
Oh nein, das würde sie nicht. Roman wusste genau, in welchem Viertel die Clouet Street lag, und eher würde Hölle zufrieren, bevor er die Braut seines Bruders irgendwo in die Nähe lassen würde. Cassie beendete ihr Telefonat, warf ihr Handy in ihre Handtasche und legte den Gurt um ihre Schulter, ohne von dem begierigen Publikum Notiz zu nehmen. „Hey, Leute. Es tut mir leid, aber ich muss gehen.“
Roman stellte sich ihr in den Weg, noch bevor sie drei Schritte in Richtung Küche machen konnte. „Was glaubst du, wo du hingehst?“
Sie versuchte, an ihm vorbeizukommen.
Er trat zur Seite und blockierte sie erneut.
„Würdest du bitte damit aufhören?“, sagte sie. „Ich muss einer Freundin helfen.“
„Deine Freundin wohnt in Desire. Du wirst nicht in die Nähe dieses Viertels fahren.“
Cassies Kopf schnappte zurück. „Sagt wer?“
„Sage ich. Und dein Ehemann. Und dein vor.“
„Oh Junge“, murmelte Evette. Sie räusperte sich und klopfte Emerson auf die Schulter. „Kiddo, wie wäre es, wenn du nach oben rennst und den Lehm von deinen Händen wäschst. Momma braucht eine Minute, um deiner Tante und deinem Onkel Vernunft einzutrichtern.“
Emerson beäugte Roman und Cassie mit einer Mischung aus Heiterkeit und Besorgnis, wollte sich aber offensichtlich nicht mit seiner Mutter streiten. Er verließ seinen Stuhl und ging in Richtung Treppe. Auf dem Weg dorthin wischte er sich mit Küchentüchern die Hände ab. Kurz bevor er außer Sichtweite war, hielt er inne. „Sei nicht böse auf ihn, Cassie. Onkel Kir würde es nicht gefallen, wenn du wo hinfährst, wo es gefährlich ist, während er nicht da ist.“
Onkel Kir würde es nicht mögen, wenn sie auch nur daran denken würde, allein nach Desire zu fahren, ob er in der Stadt war oder nicht.
„Geh.“ Evette scheuchte ihn mit einer Handbewegung davon. „Und verteil den Schlamm nicht überall.“ Evie wartete nicht darauf, dass ihr Sohn die Treppe emporstieg, sondern sah Cassie an. „Jetzt noch mal von vorne, und erzähl mir, wer diese Freundin ist.“
„Nicht du auch noch“, sagte Cassie.
„Oh ja“, erwiderte Evette. „Definitiv auch ich. Vielleicht hätte ich vor einiger Zeit noch die Nase gerümpft über so viel Vorsicht, aber ich habe aus erster Hand gelernt, wie meine Verbindung zu Sergei gegen ihn eingesetzt werden kann. Du bist mit Kir in der gleichen Position. Das heißt, du musst nachdenken, bevor du handelst.“
„Ich habe Wachen.“
„Ja, die hatten Emerson und ich auch und sind trotzdem auf einem Boot auf halbem Weg Richtung Mexiko mit einer verrückten Frau mit Rachegelüsten gelandet. Oder hast du die kleine Eskapade schon vergessen?“
Wenn man die Röte, die sich auf Cassies Gesicht ausbreitete, bedachte, war die Entführung, die erst vor knapp sechs Monaten geschehen war, noch recht frisch in ihrer Erinnerung. „Nein, die habe ich nicht vergessen.“ Sie sah Roman an. „Aber hier geht es nicht um irgendeine Irre, die sich rächen will. Hier dreht es sich um meine Freundin Bonnie. Sie braucht Hilfe.“
„Welche Art von Hilfe?“, wollte Roman wissen.
Cassie warf die Hände in die Luft. „Ich kenne die Details nicht. Sie war wirklich aufgeregt und klang zu Tode erschrocken. Erzählte, dass jemand bei ihrem Vater aufgetaucht sei, und sie glaubt jetzt, dass diejenigen ihren Vater und ihren Bruder mitgenommen haben.“
„Sie glaubt das? Warum weiß sie es nicht sicher, wenn sie doch dort war? Und warum würden sie sie in Ruhe lassen?“
„Noch mal … ich habe sie nicht gedrängt, Details auszuspucken, aber Bonnie ist ein guter Mensch. Ein bisschen schweigsam vielleicht, wenn es um Privates geht, aber eine gute Person, und sie hat mir ein- oder zweimal geholfen. Und wenn sie mich um Hilfe bittet, werde ich sie ihr geben.“ Sie stemmte ihre Hände in die Hüften und wechselte ihren Blick von Roman zu Evie und zurück. „Und jetzt sagt mir bloß nicht, ihr würdet es anders machen.“
Evette verzog den Mund, als ob die Wahrheit unangenehm schmeckte. „Ist Bonnie diejenige, die du vor ein paar Monaten zum Mädelsabend eingeladen hast und die dann nicht gekommen ist?“
„Wie ich schon sagte, sie ist ziemlich zurückhaltend, was Privates angeht. Ich hatte sie vor einiger Zeit auch zu Lizzys Konzert eingeladen, wo sie auch nicht aufgetaucht ist. Gott weiß, was der Grund dafür war, aber sie ist wirklich cool. Sie scheint einfach Gruppensachen nicht zu mögen.“
Evette warf Roman einen Blick zu und starrte Cassie dann besorgt an. „Bist du sicher, dass sie nur schüchtern ist?“
„Sie arbeitet beim Fernsehsender. Sie ist keine hinterhältige, weibliche fleischfressende Pflanze, die mich in eine Falle locken will.“ Mit einer fast beängstigenden Entschlossenheit sah sie Roman ins Gesicht. „Du wirst mich nicht aufhalten. Ich werde jetzt meine Wachen nehmen und melde mich auf dem Weg dorthin.“
„Nein“, sagte Roman mit einer Endgültigkeit, die ihn selbst überraschte. Zumal die Ablenkung, die er damit für sich schaffte, ihn nur noch weiter in seinem Plan zurückwerfen würde, als es ohnehin schon der Fall war. „Ich werde dich hinbringen. Wir werden uns um diese Bonnie-Person kümmern und dann werde ich dich wieder hierher zurückfahren.“
„Das willst du tun?“ Das Lächeln, das er für seine Ankündigung nicht nur von Cassie, sondern auch von Evette erntete, war es wert, seinen heutigen Besuch im Waisenhaus zu verschieben. Cassie schoss nach vorn und umarmte ihn heftig. Sie murmelte ein „Danke“ an seiner Brust.
Sie zog sich ebenso schnell wieder zurück und zupfte an seinem Arm. „Jetzt aber los. Sie klang wirklich verängstigt.“
Evette zwinkerte Roman zu und schenkte ihm ein wissendes Lächeln. „Klingt so, als solltest du dich besser beeilen, Mr. Teddy Bear. Stellt nur sicher, dass mich einer von euch mit Details anruft, damit ich mir keine Sorgen machen muss.“ Sie drehte sich um und musterte das Chaos auf dem Tisch. „Ich werde hier sein, um mich von den wissenschaftlichen Bemühungen meines Sohnes zu erholen.“

Die Fahrt nach Desire dauerte fast eine halbe Stunde statt der zwanzig Minuten, wie Cassie es Bonnie versprochen hatte. Es lag an der Flut von Menschen, die im Garden District und French Quarter arbeiteten und nun auf dem Weg nach Hause in die abgelegeneren Viertel waren. Cassie blieb währenddessen einigermaßen ruhig, schrieb ihrer Freundin regelmäßig eine SMS und kaute auf ihrer Unterlippe.
Roman verließ die 610 auf die Louisa Street. „Hast du ihr erzählt, dass du jemanden mitbringst?“
Cassie schüttelte den Kopf. „Nein, ich wollte sie nicht noch mehr beunruhigen, als es schon der Fall ist.“ Sie runzelte für einen Moment die Stirn und wandte ihre Aufmerksamkeit dann zu Roman. „Weißt du, ich habe nie verstanden, warum sie so zurückhaltend und vorsichtig war, wo wir uns treffen. Ich habe sie zu Kir und mir eingeladen und angeboten, mich mit ihr bei ihr zu treffen, aber sie hat immer irgendwelche Cafés und Restaurants vorgeschlagen. Du und Evette seid ausgeflippt, als ihr erfahren habt, wo sie lebt. Glaubst du, dass sie deshalb so zögerlich ist? Weil sie vielleicht Angst hat, was ich denken könnte?“
„Du hast gesagt, sie ist im Haus ihres Vaters. Nicht bei sich zu Hause.“
„Hmm.“ Sie starrte wieder nach vorn durch die Windschutzscheibe. „Das hat sie tatsächlich gesagt. Aber vielleicht lebt sie auch in dem Viertel.“ Mit einem Seufzen beobachtete sie die roten Rücklichter vor ihnen, die sie daran hinderten, schneller voranzukommen. „Ich weiß, dass sie sehr vorsichtig mit Geld ist. Ähnlich wie ich es sein musste, bevor ich Kir kennenlernte und mein eigenes Unternehmen gründete.“
„Es ist nichts falsch daran, vorsichtig mit Geld umzugehen.“ Roman wusste das besser als die meisten anderen, denn es fiel ihm, im Gegensatz zu Kir und Sergei, immer noch schwer, leichtfertig Geld auszugeben. Und das, obwohl er genug davon auf der Bank hatte, dass er nie alles würde ausgeben können.
Unabhängig davon stand für ihn fest, dass er mehr über diese Bonnie-Person wissen würde als sie selbst, ehe der Tag vorüber wäre.
Sie kamen an einem Baseballfeld und einem Basketballplatz vorbei, die zu ihrer Linken lagen. Beide Spielfelder waren voller Kinder und umgeben von rostigen Maschendrahtzäunen, die etwa drei Meter hoch waren. Gleich dahinter befand sich eine neu errichtete Kirche.
Zwei Blocks weiter westlich bogen sie in die Clouet Street ein. Wo die anderen Anwesen auf der Straße etwas gepflegt wirkten, schien das Haus an der Adresse, die Bonnie Cassie gegeben hatte, völlig vergessen worden zu sein. Besonders in Kombination mit den von Unkraut überwucherten leeren Grundstücken daneben und gegenüber. Eins der Anwesen hatte nur noch eine Zementtreppe und bröcklige Grundmauern, die erahnen ließen, dass hier einst ein Haus gestanden hatte.
Roman drehte mit seinem Pick-up in der Sackgasse und parkte unter der riesigen Eiche, die weit auf die Straße hinausragte. Er griff nach Cassies Handgelenk, bevor sie die Beifahrertür öffnen konnte. „Du wirst dich an meine Anweisungen halten.“
Cassie kniff die Lippen zusammen, nickte jedoch. „Na gut. Aber verhalte dich nicht wie ein Neandertaler und lass den finsteren Gesichtsausdruck. Sie ist schon verängstigt genug.“
Er stieß ein Brummen aus, checkte die Umgebung nach verdächtigen Aktivitäten und öffnete dann die Fahrertür. Im Gegensatz zu Kir und Sergei bevorzugte Roman Jeans und T-Shirts für den täglichen Gebrauch. Kleidung, die für ein Viertel wie Desire weitaus geeigneter war.
Er öffnete Cassies Wagentür, half ihr aus dem erhöhten Pick-up und blieb dicht hinter ihr, während sie zur Haustür eilte.
Zwei dicke Tropfen getrockneten Blutes befanden sich auf dem Treppenabsatz.
Cassie bemerkte sie nur Sekunden nach Roman und ging an ihnen vorbei. „Nun, das sieht verdächtig aus.“
In der Tat. Suspekt genug, dass Roman sich selbst fragte, ob es klug gewesen war, Cassie überhaupt hierherzubringen.
Bevor er den Gedanken laut äußern oder reagieren konnte, öffnete sich die Haustür, und eine Frau, die mindestens dreißig Zentimeter kleiner war als er, stieß die Fliegengittertür weit auf. Ihr alarmierter Blick landete zuerst auf Roman, und für einen Moment schien es so, als würde sie es bereuen, die Haustür geöffnet zu haben. Sie schluckte schwer und entdeckte dann eine Sekunde später Cassie. Die Frau trat beiseite, um sie hereinzulassen. „Hey. Danke fürs Kommen. Ich wusste nicht, wen ich sonst hätte anrufen können.“
Das heisere Geräusch ihrer Stimme war so einzigartig wie ihre Gesichtszüge – große moosgrüne Augen, die eine Menge Lebenserfahrung widerspiegelten, und Sommersprossen, die über den Nasenrücken und die engelsgleichen Wangen verteilt waren. Das Ganze umrahmt von dunklem rotbraunen Haar, das ihr bis zu den Schultern reichte. Ein bemerkenswertes Gesicht. Vielleicht nicht in der klassischen Definition von Schönheit, aber unvergesslich faszinierend.
Cassie umarmte sie. „Hey, dafür sind Freunde doch da, oder?“ Sie wich zurück, griff Bonnies Schultern. „Hast du irgendetwas von deinem Vater oder Bruder gehört?“
Bonnies Blick wanderte zu Roman. Sie trat zwei Schritte zurück und schob ihre Hände in die Gesäßtaschen ihrer Jeans. „Nein“, erwiderte sie und richtete dann ihre Aufmerksamkeit auf Cassie. „Kein Wort.“ Sie räusperte sich und sah Roman erneut an. Eine eigenartige Reaktion, die besagte, dass sie entweder tief erschüttert war oder unter erheblichen sozialen Problemen litt. „Sorry. Ich will nicht unhöflich sein, aber ich dachte, du bringst Kir oder vielleicht einen der Typen mit, die dir immer folgen.“
Nun, das erklärte zumindest das verstörte Verhalten.
„Schon okay“, erwiderte Cassie. „Ich hätte euch einander vorstellen sollen. Roman, das ist meine Freundin Bonnie Drummond. Wir haben uns beim Fernsehsender kennengelernt, bevor sie mich gefeuert haben.“ Sie deutete auf Roman. „Das ist Kirs Bruder, Roman Kozlov. Ich meine, er ist nicht sein eigentlicher Bruder. Aber …“ Sie hielt inne und hob die Hände. „Weißt du was? Vergiss es einfach. Es ist verwirrend. Kir ist geschäftlich in Houston, aber Roman war bei mir, als du angerufen hast, und hat sich freiwillig angeboten, mitzukommen.“
Freiwillig war ein grober Missbrauch des Wortes. Keine andere Option zu haben, umschrieb die Situation wesentlich besser.
Anscheinend sagte Romans Gesichtsausdruck genau das aus, weil Cassie ihn stirnrunzelnd ansah. Die unausgesprochene Botschaft in ihrer Mimik war eine weibliche Form von Warnung. Sie wurde sie schnell wieder los, bevor sie Bonnie in Richtung der Sitzecke dirigierte, die übersät von Rechnungen und Werbeprospekten war. „Wie wäre es, wenn wir uns alle setzen und du uns erzählst, was passiert ist?“
Bonnie rührte sich nicht. Sie knabberte nur an ihrer Unterlippe und musterte Roman mit der Angst eines in die Enge getriebenen Rehs, das seine Flucht plante.
Roman zog eine Augenbraue hoch und blieb ebenfalls stehen.
„Oh, meine Güte, ihr zwei.“ Cassie ließ sich auf eine Ecke der Couch nieder, die nicht mit Papier bedeckt war. „Bonnie setzt dich endlich. Er ist harmlos, ich schwöre es.“
„Er? Harmlos?“ Bonnies Blick wechselte zwischen den beiden hin und her. „Das ist so, als würde man einen Pitbull als Schoßhund bezeichnen.“
Er hätte auf diese Erwiderung nicht reagieren sollen. Er hätte sein verwegenes Lachen und das anschließende eisige Grinsen besser ins Schach halten sollen, aber ihre unbedachte bissige Bemerkung war zu gut, um sie nicht angemessen zu schätzen.
Ganz zu schweigen davon, wie tödlich exakt ihre Beobachtung war.
Cassie rollte mit den Augen und warf die Hände in die Höhe. „Also schön. Er ist uns gegenüber harmlos. Es sei denn, du starrst ihn weiterhin so an, als hätte er drei Dämonenköpfe. Dann könnte er dich nur aus Spaß erschrecken.“
Mit einer letzten Musterung seiner ein Meter dreiundneunzig umrundete Bonnie schließlich die Sitzecke und nahm weit weg von ihm auf dem Sofa Platz.
„Gut“, sagte Cassie. „Und jetzt erzähl uns, was passiert ist.“
„Äh …“
Roman hatte Mitleid mit der Frau und lief auf und ab, bemerkte dabei jedes Detail. Im Gegensatz zu den anderen Möbeln stand der Sessel schief. Eine Handvoll Rechnungen und Werbebriefe lagen auf dem Boden verstreut. Zwei mögliche Anzeichen eines Kampfes. Beides könnte allerdings der allgemeinen Unordnung zugeschrieben werden. Alles andere schien in Ordnung zu sein, wenn auch abgenutzt und spärlich.
Roman öffnete eine Jalousie am gegenüberliegenden Fenster und studierte das leere Grundstück draußen. Keine Seele regte sich auf der Straße. Nebenbei bemerkte er, wie Bonnie die Ellbogen auf ihren Knien abstützte und ihre Hände aneinander rieb, wobei eine ganze Reihe von Perlenarmbändern an jedem ihrer Handgelenke zart klirrten und die Stille durchbrachen.
„Ich kam her, um mit Dad über die Rechnungen zu sprechen“, erzählte sie. „Ich habe mit den Leuten im Krankenhaus zusammengearbeitet, um einen Zahlungsplan zu erstellen, damit er eine weitere Behandlung planen kann.“
Cassie neigte ihren Kopf und drehte ihn dann zur Tür, als würde sie ihre Ankunft noch einmal in Gedanken durchspielen. „Wo ist dein Auto? Ich habe es draußen nicht gesehen.“
Bonnie grummelte. „Schon wieder kaputt. Also habe ich den Bus genommen.“ Sie schüttelte den Kopf. „Wie auch immer, als ich hier ankam, haben Kev und Dad sich angeschrien. Dad hat ihm an den Kopf geknallt, dass er nur Scheiße im Hirn hätte. Ich weiß nicht, warum er das zu ihm gesagt hat, aber ich muss gestehen, bei Kevin weiß man nie, was er als Nächstes verzapft. Aber dann hat Kevin erwidert, dass ich nicht genug Geld hätte, um es Pauley diesmal zurückzuzahlen.“
„Wer ist Pauley?“, fragte Cassie.
„Pauley Mitchell. Ein Kredithai, mit dem Dad sich schon seit Jahren einlässt. Ihn einen Kredithai zu nennen, ist eigentlich sehr weit hergeholt. Er ist eher ein Pfandhausbesitzer ohne Ladenlokal. Wenn du nicht bezahlst, verschwindet dein Kram, bis du die Summe plus Zinsen aufbringen kannst.“ Bonnie machte eine kurze Pause, aber die Wut in ihrer Stimme, als sie fortfuhr, wuchs. „Ich habe sechs Monate gebraucht, um seine letzten Schulden abzubezahlen. Ich schwöre bei Gott, wenn er sich wieder mit ihm eingelassen hat, werde ich ihn erschießen.“
Die Frau hatte Feuer. Anscheinend hatte sie keine Angst, ihre Meinung zu sagen, oder auf ihre Wortwahl zu achten, solange er nicht derjenige war, den sie dabei anstarrte.
Ihr Vater klang jedoch wie ein Verschwender. Wie jemand, der andere benutzte. Kein Mann sollte sich bezüglich Geld auf eine Frau verlassen, geschweige denn auf die eigene Tochter.
Roman schloss die Jalousie wieder, drehte sich um und ging in die winzige Küche neben dem Wohnzimmer.
„Also, dein Vater und Kevin haben sich gestritten“, nahm Cassie das Gespräch wieder auf. „Was ist dann passiert?“
Bonnie erklärte es ihr, während Roman den Rest des Wohnraumes inspizierte und die umliegenden Grundstücke draußen studierte. Sie erzählte, wie jemand vor dem Haus ihres Vaters aufgetaucht war und ihr Bruder nicht gewollt hatte, dass ihre Anwesenheit bekannt wurde. Wie sie sie dann im Waffenschrank im hinteren Teil des Hauses versteckt hatten und wie hitzig die Auseinandersetzung gewesen war, die sie mitbekommen hatte. Von lauten Stimmen, der anschließenden Rangelei und dann der Stille.
Sicher, dass niemand das Haus beobachtete, kehrte Roman zurück ins Wohnzimmer, blieb neben Cassie stehen und steckte die Hände in seine Anzughosentaschen.
„Und dann bist du herausgekommen und alle waren weg?“, hakte Cassie nach.
„Ja“, antwortete Bonnie und zeigte auf den Sessel. „Das Einzige, was anders war, war, dass der Sessel verschoben war und das Blut an der Tür.“ Sie erhob sich und ging auf und ab. „Es ergibt keinen Sinn. Ich meine, Kevin ist ständig in irgendetwas verwickelt und Schlägereien sind hier an der Tagesordnung, aber etwas fühlt sich daran anders als sonst an.“
Sie drehte sich um und begann erneut, ihre Wanderung aufzunehmen. Dabei raufte sie sich ihr dichtes Haar. Die Aktion hob den Saum ihrer Jacke und gab ihm einen bewundernswerten Ausblick darauf, wie perfekt diese Jeans an ihrem Hintern saß.
Ein außergewöhnlich schöner Arsch.
Einer, den ein Mann gern berühren wollte und zu schätzen wusste.
Cassie räusperte sich.
Roman richtete seine Aufmerksamkeit auf Cassie und bemerkte ihren verkniffenen Blick.
Nicht gut.
Zweifellos nicht gut, wenn sie zu viel in das hineininterpretierte, was sie gerade gesehen hatte, und einen der Kuppelpläne ausheckte, für die Evette und sie bekannt waren.
„Warum haben Sie nicht die Polizei gerufen?“, fragte Roman als Mittel zur Ablenkung.
Bonnie zuckte bei der Frage zusammen, als hätte seine tiefe Stimme sie aus ihren verworrenen Gedanken geholt und grob in die Realität zurückgeschleudert. „Bei meiner Familie?“ Sie stemmte die Hände in die Hüften. „Ich hatte Angst, dass ich es, was immer das hier auch ist, noch schlimmer machen könnte. Bei meinem Glück würde Kev nach seiner Entführung gleich in den Knast wandern. Außerdem würden die Cops mich in alles hineinziehen. Ich bleibe aus einem bestimmten Grund sauber, vielen Dank auch.“
Ein interessanter Kommentar, und ausgesprochen auf eine Weise, von der er sicher war, dass es ihr gar nicht bewusst war. „Und welcher Grund ist das, Ms. Drummond?“
Sie senkte das Kinn und starrte ihn an wie eine gereizte Bibliothekarin, die einen zu lauten Besucher in ihren stillen Hallen rügte. „Ich habe einen Bruder, der nur durch ein Wunder nie im Gefängnis gelandet ist, und einen Vater, der glaubt, die Leute um ihr Geld zu betrügen wäre einfacher, als einen Job zu behalten.“
„Und Ihre Mutter?“
Bonnie richtete sich auf und straffte ihre Schultern. Während ihre Stimme recht selbstsicher klang, lag da doch ein gewisses Zittern dahinter. „Sie hat sich mit einem Knall verabschiedet. Hat sich auf einer Party betrunken und dann ihren Wagen um einen Baum gewickelt, als ich sechzehn war.“
Faszinierend.
Ihr Schmerz war offensichtlich, wirbelte in ihren schönen Augen herum. Aber sie hatte keine Angst davor, jeden wissen zu lassen, woher sie stammte. Edel wie eine Königin, die ihr Territorium verteidigte.
Selbstbewusst durch die Schlachten, die sie überlebt hatte.
Die Stille im Raum wurde dichter und er wurde sich des Gewichtes von Cassies Blick sehr bewusst.
Er riskierte es, sie anzusehen.
Ja, ihre Aufmerksamkeit war einzig auf ihn gerichtet, und da lag eine tiefe, fast schon beängstigende Überlegung in ihren himmelblauen Augen. Ein sanftes Lächeln hob für einen Moment lang ihre Lippen, dann stand sie auf und schulterte ihre Handtasche. „Nun, du musst dir keine Sorgen um deinen Bruder und deinen Vater machen“, sagte sie zu Bonnie. „Wir werden dir dabei helfen, sie zu finden.“ Sie wandte sich zu Roman um und neigte ihren Kopf. Ihre Worte klangen süß, doch dahinter steckte eine teuflische unausgesprochene Herausforderung. „Das werden wir doch, nicht wahr, Roman?“
Und da war es. Seine Kupplerin hatte das Spielfeld bezogen und machte ihren ersten Schachzug.
Ein weiser Mann würde jetzt ein Ausweichmanöver in Betracht ziehen. Er würde ihnen die Wahrheit sagen, und sie darauf hinweisen, mit wie wenig Anhaltspunkten hier gearbeitet werden musste. Und dass jede Suche Stunden oder sogar Tage dauern konnte und es nie eine Garantie gab, in welchem Zustand ihre Familie sein würde, wenn sie gefunden würde – wenn sie überhaupt gefunden würde. Zumindest garantierte eine Verzögerung der Zusage, bis Kir und Sergei dazustoßen konnten, eine gesunde Distanz zu diesem feurigen Rotschopf.
Dennoch, die schlimmsten Feinde waren stets die Unbekannten. Wenn jemand in New Orleans Gewalt gegen Menschen verübte – egal, aus welchem Viertel sie stammten –, dann musste sein pakhan davon erfahren.
Bonnie beobachtete ihn von der anderen Seite des Zimmers aus, die Hände tief in die Taschen ihrer Jacke gestopft und die Lippen fest aufeinandergepresst.
Es war ein sehr küssenswerter Mund. Selbst wenn sie vor Besorgnis, Zweifel und Unsicherheit zusammengeklemmt waren, wirkten ihre Lippen voll und waren garantiert weich.
Aber darüber hinaus war er von ihrem Auftreten fasziniert. Die unverhohlene Ausdruckskraft in der Art, wie sie sich bewegte. Die Offenheit in ihrem Gesicht und die Stärke, die sie wie ein Schild trug.
Diese Frau hatte in ihrem kurzen Leben viel gesehen.
Wahrscheinlich viel mehr, als sie bereits erzählt hatte. Dessen war er sich sicher. Wenn sie Cassie wirklich so wichtig war, warum sollten sie ihr nicht mit ihren Ressourcen helfen? Noch dazu, wenn es einen Schläger hervorlockte.
Er nickte Bonnie zu und richtete dann seine Aufmerksamkeit auf Cassie. „Da, sestrenka, für dich und deine Freundin werden wir sie finden.“