Haven Brotherhood Spin-off: NOLA Knights - Hers to Tame

Ori­gi­nal­ti­tel: Hers to Tame: A Steamy Ro­man­tic Sus­pen­se
Über­set­zer: Jazz Win­ter

Er­schie­nen: 02/2021
Serie: Haven Bro­ther­hood Spin-off
Teil der Serie: 2

Genre: Con­tem­pora­ry Ro­mance, Dark Ero­ti­ca, Mafia Ro­mance
Zu­sätz­lich: Con­tem­pora­ry, Thril­ler

Lo­ca­ti­on: USA, Loui­sia­na, New Or­leans


Er­hält­lich als:
pa­per­back & ebook

ISBN:
Print: 978-3-86495-503-7
ebook: 978-3-86495-504-4

Preis:
Print: 14,90 €[D]
ebook: 6,99 €[D]

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und allen gän­gi­gen On­line­händ­lern und im Buch­han­del

Haven Brotherhood Spin-off: NOLA Knights - Hers to Tame


In­halts­an­ga­be

Als „av­to­ri­tet“ des mäch­tigs­ten Ver­bre­cher­syn­di­kats in New Or­leans dient alles, was Kir Va­si­lek sagt und tut einem be­stimm­ten Zweck. Nie­mals ver­liert er seine Cool­ness, denn das Leben sei­ner Brü­der - sei­ner Fa­mi­lie - hängt davon ab. Aber dann spa­ziert Cas­sie Mc­Clin­tock zu­rück in sein Leben, und es ist so gut wie un­mög­lich, cool zu blei­ben. Cas­sie war die­je­ni­ge, die ent­kom­men ist - und Kir ist be­reit, all seine ei­ge­nen Re­geln zu bre­chen, um zu ver­hin­dern, dass dies noch ein­mal pas­siert.

Es ist eine Sache, über die rus­si­sche Mafia zu be­rich­ten; doch es ist etwas ganz an­de­res, mit einem von ihnen zu schla­fen, be­son­ders mit einem, der so ge­fähr­lich und sünd­haft sexy ist wie Kir Va­si­lek. Ob­wohl die In­for­ma­tio­nen, die er Cas­sie einst zur Ver­fü­gung stell­te, ihre Kar­rie­re be­flü­gel­ten - und die Er­in­ne­rung an seine Be­rüh­run­gen sie nachts immer noch wach hält -, weiß Cas­sie viel zu viel über Kirs Welt.

Aber als Kir sie bit­tet, einen grau­sa­men Mord zu un­ter­su­chen, kann Cas­sie nicht wi­der­ste­hen – weder der Mor­der­mitt­lung, noch der Lei­den­schaft, die sie di­rekt in Kirs Arme zu­rück­zieht ... und in sein Herz.

Kir zu zäh­men - und dabei zu hel­fen, die Fa­mi­lie zu ret­ten, wie sie sich selbst nennt - ist nicht die Story, die sie ur­sprüng­lich schrei­ben woll­te. Aber nun ist Cas­sie fest dazu ent­schlos­sen, dass diese Story ein Happy End be­kommt.

Über die Au­to­rin

Die aus Okla­ho­ma stam­men­de Mut­ter zwei­er hüb­scher Töch­tern ist at­tes­tier­te Lie­bes­ro­man­süch­ti­ge. Ihr bis­he­ri­ger Le­bens­lauf spie­gelt ihre Lei­den­schaft für alles Neue wider: Rhen­na Mor­gan ar­bei­te­te u.a. als Im­mo­bi­li­en­mak­le­rin, Pro­jekt­ma­na­ge­rin sowie beim Radio.

Wie bei den meis­ten Frau­en ist ihr All­tag von mor­gens...

Wei­te­re Teile der Haven Bro­ther­hood Spin-off Serie

Le­se­pro­be

Zwei Mi­nu­ten und einen kur­zen Spa­zier­gang über die Stra­ße spä­ter hin­ter­frag­te sie ihren Drang, den kli­ma­ti­sier­ten Fern­seh­sen­der hin­ter sich zu las­sen . Sie würde ga­ran­tiert ihre Fri­sur und ihr Ma­ke-up vor der nächs­ten Sen­dung vor der Ka­me­ra noch ein­mal auf­fri­schen las­sen müs­sen.
Der bei­ßen­de Ge­ruch von Ge­wür­zen und kö­cheln­den Soßen prall­te ihr ent­ge­gen, als sie die Tür zum Re­stau­rant öff­ne­te, ge­folgt von dem em­si­gen Ge­schnat­ter der An­ge­stell­ten hin­ter der Theke, die dar­auf be­dacht waren, schnell die Auf­trä­ge zu er­le­di­gen. Im El Torro war stän­dig Be­trieb, ob­wohl es kei­nen Dri­ve-in-Schal­ter, ver­rückt ver­nünf­ti­ge Prei­se und an­stän­di­ges Essen hatte. Vor allem die Leute,...

...​die nach einem Bar­be­such noch her­ka­men, moch­ten das fa­mi­li­en­geführ­te Re­stau­rant be­son­ders. Cas­sie würde al­ler­dings nie ver­ste­hen, wie man sich nach einer durch­zech­ten Nacht noch me­xi­ka­ni­sches Essen zu­trau­en konn­te.
In der drit­ten Reihe von war­ten­den Kun­den stu­dier­te Cas­sie die Spei­se­kar­te. Wenn sie sich an die Ein-Dol­lar-Op­tio­nen hielt, konn­ten Bon­nie und sie je einen Zwöl­fer­pack Tacos essen, aber wo­nach ihr tat­säch­lich der Sinn stand, war die Mons­ter­plat­te, die ihr ein biss­chen von allem geben konn­te.
Zu­min­dest das war eine Sache, die sie Liz­bet vor­aus­hat­te. Noch nie hatte Cas­sie sie mehr als einen Salat essen sehen. Cas­sie hin­ge­gen konn­te mor­gens, mit­tags und abends Junk­food fut­tern und sich immer noch dünn füh­len. Einer der Vor­tei­le eines guten Stoff­wech­sels.
Eine Se­kun­de spä­ter wurde sie sich einer Prä­senz hin­ter ihr be­wusst, bevor eine volle männ­li­che Stim­me mit einem köst­li­chen rus­si­schen Ak­zent in der Nähe ihrer Ohr­mu­schel rum­pel­te: „Ich bin mir nicht ganz si­cher, ob die­ses Un­ter­neh­men die Le­bens­mit­tel­kon­trol­len be­stan­den hat.“
Meine Güte, die­ser Mann war in di­rek­ter Reich­wei­te ab­so­lut ge­fähr­lich. Auch ohne kör­per­li­chen Kon­takt schick­te er eine Gän­se­haut über ihren ge­sam­ten Leib und he­bel­te ihre Auf­nah­me­fä­hig­keit gänz­lich aus. An­statt sich um­zu­dre­hen, blick­te sie wei­ter zur Theke. Es wäre bes­ser ge­we­sen, ihr Lä­cheln unter Kon­trol­le zu be­kom­men, aber was das be­traf, hatte sie längst ver­lo­ren. „Mr. Va­si­lek, ich hatte dich nicht für einen El-Tor­ro-Fan ge­hal­ten.“
„Mr. Va­si­lek heißt es jetzt plötz­lich wie­der?“ Er stell­te sich neben sie und stu­dier­te eben­falls die Spei­se­kar­te. Wie üb­lich trug er einen ma­kel­lo­sen Anzug – die­ser war hell­grau und kom­bi­niert mit einem wei­ßen Hemd und einer dun­kel­grau­en Kra­wat­te. Wäh­rend sein Ton­fall zwang­los wirk­te, war seine Laut­stär­ke doch eher dis­kret. „Ich bin mir ziem­lich si­cher, dass wir beide weit über den Punkt hin­aus sind, wo For­ma­li­tä­ten noch er­for­der­lich sind.“
„Ach wirk­lich?“
„Nun, wir haben uns ge­gen­sei­tig nackt ge­se­hen, und ich finde, so­bald ich mei­nen Vor­na­men von den Lip­pen einer Frau wäh­rend ihres Hö­he­punk­tes ge­hört habe, ver­liert mein Nach­na­me all sei­nen Reiz für mich.“
Nein, Cas­sie. Nicht daran den­ken. Das ist ge­fähr­li­ches Ge­län­de.
Aber es war be­reits zu spät.
Die be­rau­schen­de Art, wie er sie be­rührt hatte, wie er ihre Haut ge­nos­sen hatte, als wäre es der köst­lichs­te Ge­nuss, und wie er sich Zeit ge­nom­men hatte, ihr Ver­lan­gen auf­zu­bau­en – all das hatte sich in ihr Ge­hirn ge­brannt. Und die­ses Ge­fühl, ihm so nah zu sein, ohne etwas zwi­schen ihnen – noch nie hatte sie so etwas er­lebt. Es war elek­tri­sie­rend. Eine Ver­bun­den­heit jen­seits jeder Vor­stel­lungs­kraft oder De­fi­ni­ti­on.
Sie räus­per­te sich und sah ihn an. „Ich denke nicht, dass das hier der rich­ti­ge Ort ist, um un­se­re Ver­gan­gen­heit … un­se­re Zwi­schen­spiel­chen zu be­spre­chen.“
„Dem stim­me ich zu.“ Er er­wi­der­te ihren Blick und deu­te­te dann auf die Tür. „Lass uns an einen ge­schmack­vol­le­ren Ort gehen und über eine be­lie­bi­ge An­zahl von Din­gen spre­chen … Zwi­schen­spiel­chen ein­ge­schlos­sen.“
Oh nein. Daran zu den­ken, war schon ris­kant genug. Dar­über zu reden, wäre, als würde man an einer Tank­stel­le ein La­ger­feu­er an­zün­den. „Ich denke, ich blei­be lie­ber im Rah­men mei­nes Bud­gets und esse schnell etwas, damit ich wie­der zu­rück zum Sen­der kann.“ Kaum hatte sie ihren Ar­beits­platz er­wähnt, zähl­te sie eins und eins zu­sam­men. „Was machst du über­haupt in die­sem Teil der Stadt?“
„Ich bin dir ge­folgt.“
„Du hast was getan?“
„Ich bin dir ge­folgt. Ich habe auf dem Park­platz ge­war­tet in der Hoff­nung, dich nach dei­ner letz­ten Nach­rich­ten­sen­dung zu er­wi­schen. Dann habe ich ge­se­hen, wie du über die Stra­ße ge­gan­gen bist. Also bin ich hier.“
Keine Hin­ter­list. Keine cle­ve­ren Aus­re­den. Bloß die kalte, nack­te Wahr­heit.
Die letz­ten Kun­den vor ihr nah­men ihre Ta­bletts von der Theke, und das rot­ge­sich­ti­ge Mäd­chen, das die Kasse be­setz­te, stand nun ihr ge­gen­über. „Hallo, was kann ich Ihnen brin­gen?“
Nimm die Tacos.
Das ist we­ni­ger chao­tisch.
Und bil­li­ger.
„Ich hätte gern die Mons­ter­plat­te zum Hie­r­es­sen und drei knusp­ri­ge Rind­fleisch-Ta­cos zum Mit­neh­men, bitte.“
Und damit ver­flog die Mög­lich­keit, sich diese Woche nach der Ar­beit noch ein­mal me­xi­ka­ni­sches Essen gön­nen zu kön­nen. Sie schüt­tel­te das schlech­te Ge­wis­sen ab, öff­ne­te ihre Geld­bör­se und zog ein paar Ein-Dol­lar-Schei­ne her­aus. „Könn­te ich die Be­stel­lung zum Mit­neh­men in etwa zwan­zig Mi­nu­ten be­kom­men?“
„Na klar.“ Die Kas­sie­re­rin blick­te zu Kir. „Ir­gend­et­was für Sie?“
„Nyet.“ Kir steck­te die Hand in seine Ta­sche und holte eine sil­ber­ne Klam­mer her­vor, die einen or­dent­li­chen Bat­zen Geld­schei­ne um­schloss. Er öff­ne­te die Geld­klam­mer, nahm einen Zwan­zi­ger her­aus und reich­te ihn der Kas­sie­re­rin. „Das ist alles.“
Cas­sie sah auf den Geld­schein, der in der Kasse ver­schwand, und dann zu­rück zu Kir. „Ich kann mein Essen selbst be­zah­len.“
„Ich bin mir si­cher, dass du das kannst, aber ich lasse dich nicht be­zah­len, wenn du mit mir zu­sam­men bist.“ Er nick­te in Rich­tung der Ein-Dol­lar-No­ten, die in ihrer Hand ge­fal­tet waren. „Steck das weg und heb es dir für einen wei­te­ren Aus­flug zu einer Darm­sa­nie­rung auf.“
„Aber …“
„Wir könn­ten na­tür­lich jetzt dar­über dis­ku­tie­ren, doch das ist nicht ver­han­del­bar mit mir. Be­trach­te es ein­fach als Ver­hal­ten, das tief in mir ver­wur­zelt ist und das ich in mei­nem Alter nicht mehr än­dern werde.“
Cas­sie warf einen Blick auf eine etwas rund­li­che­re Frau hin­ter ihr, die die In­ter­ak­ti­on zwi­schen ihnen be­ob­ach­tet hatte. Sie hob eine Au­gen­braue, als woll­te sie Cas­sie für ver­rückt er­klä­ren, wenn sie die Ein­la­dung ab­leh­nen würde.
Den Kopf ge­senkt, stopf­te Cas­sie die Schei­ne wie­der zu­rück in ihre Geld­bör­se. „Dan­ke­schön.“
„Gern ge­sche­hen.“
Wäh­rend sie auf ihre Be­stel­lung war­te­te, schwieg Kir und be­ob­ach­te­te nicht nur das em­si­ge Trei­ben auf der an­de­ren Seite der Theke, son­dern auch die Gäste, die hin­ter ihnen in den roten Sitz­ecken saßen.
Als sie ihr Essen bekam, gab es noch zwei Sitz­mög­lich­kei­ten – eine in der hin­te­ren Ecke und ein Tisch für zwei in der Nähe der Tür. Kir nahm ihr die Ent­schei­dung ab und führ­te sie in Rich­tung des Ti­sches für zwei.
Sie nahm ein paar Ser­vi­et­ten aus dem Spen­der an der Glas­wand. „Also, wor­über woll­test du mit mir reden?“
„Du denkst, dass ich eine Agen­da habe?“
„Nun, du hast selbst ge­sagt, dass du auf dem Park­platz auf mich ge­war­tet hast. Du warst letz­te Nacht schreck­lich gleich­gül­tig zu mir, also gehe ich davon aus, dass du aus einem pro­fes­sio­nel­len Grund hier bist, oder?“
Kir lehn­te sich auf dem Stuhl Rich­tung Fens­ter zu­rück, einen Arm auf der Rü­cken­leh­ne und den an­de­ren auf dem Tisch vor sich. „Ich würde nicht das Wort gleich­gül­tig ver­wen­den.“
Wenn sie nicht be­reit ge­we­sen wäre, ihre ei­ge­ne Hand zu ver­spei­sen, hätte sie sich auf ein ver­ba­les Hin und Her si­cher­lich ein­ge­las­sen. Statt­des­sen mach­te sie sich über ihr Essen her und warf ihm einen Blick zu, der ihm – wie Tante Frie­da es be­zeich­ne­te – klar­ma­chen soll­te, dass sie nicht den gan­zen Tag Zeit hatte.
Das jun­gen­haf­te Grin­sen, das sie dafür von ihm ern­te­te, war ab­so­lut ent­waff­nend. Die Art von Lä­cheln, das von fre­chen Ker­len ein­ge­setzt wird, die sich ihrer An­zie­hungs­kraft durch­aus be­wusst sind und jede Ge­le­gen­heit nut­zen, um diese ein­zu­set­zen.
„Du hast eine geist­rei­che Art an dir, Cas­sie. Ich wette, es gibt nicht viele, die sich gern mit dir an­le­gen.“
„Du hast Liz­bet noch nicht ge­trof­fen.“
„Wen?“
Cas­sie wink­te das Thema mit der Gabel bei­sei­te und spieß­te einen wei­te­ren Bis­sen auf. „Nicht wich­tig. Be­ant­wor­te ein­fach die Frage.“
„Wel­che Frage?“
„Wenn du nicht gleich­gül­tig warst, wie wür­dest du es dann nen­nen?“
Sein Lä­cheln ver­blass­te. Er mus­ter­te sie einen Mo­ment auf­merk­sam. „Wü­tend.“ Damit stieß er einen lan­gen Atem­zug aus, und die Span­nung, die sich auf seine Schul­tern ge­legt hatte, ließ nach. „Als du deine Grün­de je­doch er­klärt hat­test, konn­te ich deine Hand­lungs­wei­se nach­voll­zie­hen.“
Cas­sie schnapp­te sich einen Tor­til­la­chip. „Ja, nicht ge­ra­de meine Glanz­stun­de.“ Sie senk­te ihre Stim­me und beug­te sich vor. „Aber zu mei­ner Ver­tei­di­gung sei ge­sagt, dass ich nicht jeden Tag her­aus­fin­de, dass ich mit je­man­dem schla­fe, der der Mafia an­ge­hört.“
Sein Mund zuck­te. „Das klingt wie etwas aus einem Thril­ler. Und fürs Pro­to­koll“, sagte er und ahmte ein­deu­tig ihre vor­he­ri­ge Aus­sa­ge nach, „du weißt nicht, ob ich ma­fiya bin. Eben­so ver­mu­te ich, dass du kei­ner­lei prak­ti­sche Er­fah­rung damit hast, was diese Be­zeich­nung über­haupt be­deu­tet.“
„Du leug­nest es?“
„Werde ich ge­ra­de in­ter­viewt?“
Oh, es war ver­lo­ckend. Sehr ver­lo­ckend.
Aber es fühl­te sich total falsch an. „Nein.“ Sie nahm einen wei­te­ren Bis­sen zu sich. „Ich möch­te nur wis­sen, mit wem ich es zu tun habe.“
Der Kom­men­tar er­nüch­ter­te so­fort jeg­li­chen Sinn für ein ver­ba­les Spiel­chen. Ob­wohl er sich nicht aus sei­ner ent­spann­ten Hal­tung her­aus­be­weg­te, lag in sei­nen him­mel­blau­en Augen eine In­ten­si­tät, die sie ver­un­si­cher­te. „Ich bin ein eh­ren­wer­ter Mann und – un­ab­hän­gig von mei­ner Ar­beit oder mei­ner ge­gen­wär­ti­gen Zu­ge­hö­rig­keit – wirst du in mei­ner Obhut stets si­cher sein.“
In mei­ner Obhut.
Ober­fläch­lich be­trach­tet klang es köst­lich ro­man­tisch und weck­te all die Ide­al­vor­stel­lun­gen vom Rit­ter in der glän­zen­den Rüs­tung, von dem sie einst ge­träumt hatte. Aber das war si­cher­lich nicht das, was er damit ge­meint hatte. Wahr­schein­lich han­del­te es sich dabei um etwas, was sich nur schwer aus dem Rus­si­schen ins Ame­ri­ka­ni­sche über­tra­gen ließ. „Also bist du be­reit, das, was ge­sche­hen ist, hin­ter dir zu las­sen, und du bist hier, um … was?“ Dort wei­ter­zu­ma­chen, wo wir auf­ge­hört haben?
Woll­te sie das?
Könn­te sie das?
Nur weil er nicht be­stä­ti­gen woll­te, was er be­ruf­lich mach­te, hieß das nicht, dass er so rein wie frisch ge­fal­le­ner Schnee war.
Er mus­ter­te sie. Wie ein töd­li­ches Raub­tier, das sie ein­deu­tig nicht als Be­dro­hung wahr­nahm, sie aber viel­leicht aus purem Spaß zum Mit­tag­es­sen ver­til­gen würde. „Du hat­test er­wähnt, dass un­se­re letz­te Be­geg­nung für dich be­ruf­lich sehr lu­kra­tiv ge­we­sen ist. Ich glau­be, wir haben mög­li­cher­wei­se eine wei­te­re Ge­le­gen­heit, zum ge­gen­sei­ti­gen Nut­zen zu­sam­men­zu­ar­bei­ten.“
Das fet­ti­ge Essen droh­te, ihre Spei­se­röh­re wie­der em­por­zu­krie­chen, und sie hätte schwö­ren kön­nen, dass ihre Lun­gen auf die Hälf­te ihrer Größe ge­schrumpft waren. Was wirk­lich ab­so­lut dumm war. Eine ge­schäft­li­che Be­zie­hung war um Län­gen bes­ser als eine per­sön­li­che. Oder das würde sie sein, so­bald sie einen Weg ge­fun­den hätte, alle Er­in­ne­run­gen daran zu lö­schen, wie er den ge­sun­den Men­schen­ver­stand di­rekt aus ihr her­aus­ge­küsst und ge­strei­chelt hatte.
Sie schob ihre kal­ten Boh­nen auf dem Tel­ler hin und her und ver­such­te, wie­der Ap­pe­tit zu ent­wi­ckeln. „Er­zähl mir mehr.“
Er rück­te mit dem Stuhl näher und ver­schränk­te die Arme auf dem Tisch. „Ich brau­che je­man­den, der mit mir eine Liste von Per­so­nen er­stellt, die am meis­ten von Al­fon­sis Ver­schwin­den be­trof­fen sind, und du hast eine Menge Zeit damit ver­bracht, dich mit die­sen Leu­ten zu be­fas­sen.“
„Warum?“
„Keine be­son­ders spe­zi­fi­sche Frage. Geht es auch kon­kre­ter?“
„Warum brauchst du diese In­for­ma­ti­on über die Men­schen, die am meis­ten von Al­fon­sis Ver­schwin­den be­trof­fen sind?“
Sein Ge­sichts­aus­druck ver­än­der­te sich nicht, aber es lag etwas Stahl­har­tes in sei­ner Stim­me. Wie ein kom­pro­miss­lo­ser Ab­grund, der deut­lich mach­te, dass je­mand eine Gren­ze über­schrit­ten hatte, die er bes­ser ge­mie­den hätte. „Weil wü­ten­de Men­schen dazu nei­gen, vor­schnel­le Maß­nah­men zu er­grei­fen. Und vor­schnel­le Maß­nah­men sind nicht gut für meine Fa­mi­lie.“
Ro­mans erns­te Mimik, als er letz­te Nacht an den Tisch zu­rück­ge­kom­men war, kehr­te so­fort wie­der in ihre Er­in­ne­run­gen zu­rück. Sie hatte seine Worte viel­leicht nicht ver­stan­den, aber seine Bot­schaft hatte eine knur­ren­de Dring­lich­keit ge­habt. Nach­dem sie so schnell wie mög­lich aus der Bar ver­schwun­den war, um wei­te­re Un­be­hol­fen­heit oder Ver­le­gen­heit zu ver­mei­den, hatte sie gute zehn Mi­nu­ten in ihrem Auto ge­ses­sen, um sich wie­der zu be­ru­hi­gen. Roman und Kir hat­ten nur drei Mi­nu­ten nach ihr die Bar ver­las­sen. „Hat das etwas damit zu tun, dass Roman und du letz­te Nacht kurz nach mir ge­gan­gen seid?“
„Ich trage viel Ver­ant­wor­tung. Du wärst über­rascht, wie oft mich meine Mit­ar­bei­ter an­ru­fen und zu sich bit­ten.“
Eine Ant­wort, aber keine di­rek­te. Was be­deu­te­te, dass sie nah an die Wahr­heit her­an­ge­kom­men war oder den Nagel auf den Kopf ge­trof­fen hatte.
Sie schob ihr Ta­blett weit genug von sich fort, um seine Kör­per­hal­tung imi­tie­ren zu kön­nen. Ihm zu hel­fen, nach­dem sie ihn so schä­big be­han­delt hatte, wäre eine weit­aus bes­se­re Art von Ent­schul­di­gung als bloße Worte. An­de­rer­seits wäre es eine köst­li­che Qual, mit ihm zu­sam­men­zu­ar­bei­ten. „Viele Men­schen ver­trau­en mir ihre Ge­füh­le und Ge­dan­ken in die­sen Fol­ge­sto­rys an. Warum soll­te ich deren Ver­trau­en miss­brau­chen, indem ich sie mit dir teile?“
Au­gen­blick­lich grins­te er, und seine Augen fun­kel­ten mit der Be­frie­di­gung eines Man­nes, der wuss­te, dass er einen Fisch am Haken hatte. „Weil man nie weiß, wann und wo man eine neue Story auf­grei­fen kann.“
Eins muss­te sie ihm las­sen, er wuss­te, wel­che Knöp­fe er bei ihr drü­cken muss­te. Bei dem Tempo, mit dem sie Sto­rys fand, würde sie wohl bald eher mit Bon­nie um den Platz an der Re­zep­ti­on buh­len müs­sen. Wenn er zu­min­dest neue Wege zu guten Ideen er­öff­nen würde, würde sie diese Chan­ce si­cher­lich nicht vor­bei­zie­hen las­sen.
Sie sah auf ihre Uhr und schnapp­te sich die Pa­pier­tü­te, die das Per­so­nal ihr in­zwi­schen ge­bracht hatte, vom Tisch. „Wir kön­nen ein ernst­haf­tes Ge­spräch dar­über füh­ren und sehen, wie es läuft. Aber nicht jetzt. Ich muss zu­rück. Wie wäre es, wenn wir uns in einem Café tref­fen oder so?“
„Ich möch­te lie­ber, dass un­se­re Un­ter­hal­tung in einem pri­va­ten Rah­men statt­fin­det. Ich werde zu dir nach Hause kom­men.“
„Nein.“
Die ru­hi­ge und nach­drück­li­che Di­rekt­heit ihrer Ant­wort schien ihn zu über­ra­schen. „Warum nicht?“
„Fragst du mich das jetzt allen Erns­tes?“
Für einen Mo­ment kam es ihr tat­säch­lich so vor, als könne er ihre Er­wi­de­rung nicht ein­ord­nen, doch dann brei­te­te sich Ver­ständ­nis in sei­nem Blick aus und seine Lip­pen form­ten sich zu einem er­freu­ten Grin­sen. „Du hast Angst, mit mir al­lein zu sein.“
„Ha!“ Das schar­fe La­chen, ge­paart mit dem ner­vi­gen Schnau­ben kam bel­lend über ihre Lip­pen, hall­te leicht von der Fens­ter­front zu­rück und zog ei­ni­ge Bli­cke auf sie. Sie straff­te ihre Schul­tern, erhob sich, senk­te je­doch ihre Stim­me. „Das hät­test du wohl gern.“
Sein Lä­cheln schwank­te nicht, nicht ein­mal für eine Se­kun­de. Aber da wuchs auch eine ge­fähr­li­che Neu­gier in der Art, wie er sie mus­ter­te. „Viel­leicht stimmt das tat­säch­lich. Und an­ge­sichts der Rö­tung dei­nes Hal­ses zu ur­tei­len, bin ich nicht der Ein­zi­ge.“
Er stand auf und führ­te sie in Rich­tung Tür.
Cas­sie war dank­bar für den Aus­weg. Sie woll­te ge­ra­de nach dem Griff der Glas­tür grei­fen, um sie auf­zu­sto­ßen, aber er war schnel­ler und hielt diese weit für sie auf. Es wäre bes­ser ge­we­sen, wenn sie das ge­sam­te Thema sein ge­las­sen hätte, doch ihr Stolz woll­te ein­fach nicht ko­ope­rie­ren. „Dich nicht in mei­nem Haus haben zu wol­len, hat nichts mit Sex zu tun.“
Je­den­falls nicht nur mit Sex.
Er ging neben ihr her, über den Park­platz bis zur Stra­ße da­hin­ter. „Dann könn­test du es mir viel­leicht er­klä­ren.“
„Wirk­lich?“
„Bitte. Denn ich bin völ­lig rat­los in die­ser Sache.“
Mit einem Seuf­zen kon­zen­trier­te sie sich auf das weit­läu­fi­ge, ein­stö­cki­ge Ge­bäu­de des Sen­ders auf der an­de­ren Stra­ßen­sei­te. Es war sehr wenig getan wor­den, um die but­ter­gel­be Zie­gel­stein­fas­sa­de auf den neus­ten Stand zu brin­gen, die in den spä­ten 1960ern und frü­hen 1970ern so be­liebt ge­we­sen war. Die He­cken waren au­ßer­ge­wöhn­lich lang­wei­lig, aber die rie­si­ge ame­ri­ka­ni­sche Flag­ge, die auf dem Ge­bäu­de wehte, brach­te zu­min­dest etwas mehr Farbe ins Spiel. „Bitte ver­steh mich nicht falsch, aber du ar­bei­test für einen Mann, der ver­däch­tigt wird, eine immer grö­ßer wer­den­de kri­mi­nel­le Fa­mi­lie zu füh­ren. Ich glau­be nicht, dass es eine gute Idee ist, dir zu sagen, wo ich wohne.“
„South Fran­klin Ave­nue Num­mer 1023.“
Cas­sie blieb so ab­rupt ste­hen, dass sie ins Schwan­ken ge­riet. „Wie hast du … Ich meine, ich bin dort erst vor Kur­zem ein­ge­zo­gen.“
Sein Lä­cheln wurde wei­cher und seine Worte wähl­te er mit sanf­ter Ab­sicht. „Ich bin ein sehr gründ­li­cher Mann, Cas­sie. Du kannst doch un­mög­lich davon aus­ge­hen, dass ich nicht alles über eine Per­son in Er­fah­rung brin­ge, was ich kann, bevor ich wich­ti­ge In­for­ma­tio­nen mit ihr teile.“
Sehr gründ­lich.
Er­schre­ckend gründ­lich.
Sie schüt­tel­te die Vor­ah­nung ab und setz­te ihren Weg zum Sen­der fort, wenn auch auf etwas wack­li­ge­ren Bei­nen. „Umso mehr Grün­de für uns, dass wir uns an einem öf­fent­li­chen Ort tref­fen.“
„Also gut, dann hole ich dich ab und wir gehen ir­gend­wo­hin.“
„Nicht nötig.“ Sie über­prüf­te beide Rich­tun­gen der Stra­ße und eilte hin­über. „Sag mir ein­fach, wo du reden willst, und ich tref­fe dich dort.“
„Ich fürch­te, dich ab­zu­ho­len und dort­hin zu be­glei­ten, ist nicht ver­han­del­bar.“
Sie run­zel­te die Stirn in seine Rich­tung, ging aber wei­ter. „Es gibt eine Menge Punk­te, über die du nicht ver­han­delst. Warum ist das einer davon?“
„Weil ich nicht daran in­ter­es­siert bin, dass je­mand an­de­res zu­hört, wäh­rend ich sehr in­ter­es­siert daran bin, zu er­fah­ren, was du zu er­zäh­len hast. Also ist der beste Weg, für un­se­re Pri­vat­sphä­re zu sor­gen, dass nie­mand sonst weiß, wo wir hin­ge­hen wer­den, ein­schließ­lich dir.“
Sie blieb nur einen Meter vor der Ein­gangs­tür des Sen­ders ste­hen. „Du traust mir nicht?“
„Soll­te ich?“
Hmm. Er hatte da ein gutes Ar­gu­ment. Und an­ge­sichts der Tat­sa­che, wie sie ihn nach ihrem zwei­ten Date igno­riert hatte, könn­te er sich noch immer fra­gen, ob sie ihn nur be­nutzt hatte. „Also schön, hol mich mor­gen um acht bei mir ab. Aber wähl bitte kei­nen schi­cken Ort aus, son­dern ein Café oder so etwas. Kein Star­bucks. Was die für einen Kaf­fee ver­lan­gen, ist kri­mi­nell.“
Sein Mund zuck­te, als ob es das Ein­zi­ge wäre, was er tun konn­te, um ein La­chen zu un­ter­drü­cken. „Du scheinst ent­schlos­sen zu sein, mich Ein­rich­tun­gen mit be­grenz­ten Stan­dards aus­lie­fern zu wol­len.“ Er nick­te, ein Bild­nis vol­ler Sanft­mut und Zu­ver­sicht. „Ich werde mich be­mü­hen, einen Ort zu wäh­len, der dei­nen Er­war­tun­gen ent­spricht.“ Er streck­te die Hand aus, In­nen­flä­che nach oben. „Dann bis mor­gen.“
Er hatte tolle Hände. Nicht so glat­te wie je­mand, der in ein Büro ein­ge­sperrt war, son­dern rich­ti­ge Män­ner­hän­de. Etwas schwie­lig, mit lan­gen Fin­gern und rauen Kup­pen. Von all den Din­gen aus ihrer ge­mein­sa­men Zeit waren es die Be­rüh­run­gen, die sie sich am häu­figs­ten in Er­in­ne­rung rief. Genau aus die­sem Grund wäre es klug, zu­künf­tig jeg­li­chen Kör­per­kon­takt mit ihm zu mei­den.
Ma­so­chis­tisch, wie sie war, und ganz das wohl­er­zo­ge­ne Te­xas­mäd­chen ließ sie ihre Hand in seine glei­ten.
Oh ja.
Immer noch groß­ar­tig.
Elek­tri­sie­rend und warm. Ex­trem auf­ge­la­den und vol­ler Ver­spre­chen.
Und das war nur eine Be­rüh­rung ihrer Hand.
„Noch­mals vie­len Dank für das Abend­es­sen. Es war nicht not­wen­dig, aber ich weiß es zu schät­zen.“ Sie hass­te die Atem­not in ihrer Stim­me und ver­such­te, seine Hand los­zu­las­sen.
Kir hielt sie fest, be­weg­te seine Dau­men­kup­pe sub­til über die sen­si­ble Stel­le zwi­schen ihrem Dau­men und Zei­ge­fin­ger. So als würde er sich an an­de­re, in­ti­me­re Punk­te er­in­nern, an denen er sie be­rührt hatte. „Ich ver­si­che­re dir, das Ver­gnü­gen war ganz auf mei­ner Seite.“
Er ließ sie sanft los, dreh­te sich ohne zu zö­gern um und schlen­der­te zu­rück zum Park­platz, als könn­te er kein Wäs­ser­chen trü­ben.
Ihn zu be­ob­ach­ten war wirk­lich etwas, das man ge­nie­ßen konn­te. Ein Ge­nuss, von dem sie nicht ein­mal ge­wusst hatte, dass sie ihn sich gönn­te, bis er zum Bür­ger­steig ge­lang­te, sich um­dreh­te und die Au­to­tür öff­ne­te.
Na toll, und jetzt hat er dich auch noch dabei er­wischt, wie du ihm hin­ter­her­ge­starrt hast.
Sie zog eine der Glas­tü­ren auf und be­trat den ark­ti­schen Emp­fangs­be­reich.
„Mädel, der Typ war ja heiß“, sagte Bon­nie, bevor sich Cas­sies Augen nach dem blen­den­den Son­nen­schein an­pas­sen konn­ten. „Ist er dein Freund?“
„Oh nein.“ Sie stell­te die Pa­pier­tü­te auf die Theke und schüt­tel­te den Kopf. „Nur ein Kon­takt, der mir vor ei­ni­ger Zeit mit ein paar Sto­rys ge­hol­fen hat.“
Und der mich für an­de­re Män­ner rui­niert hat. Aber warum über De­tails dis­ku­tie­ren?
Bon­nie nahm die Tüte und öff­ne­te sie, doch ihr Ki­chern als Er­wi­de­rung mach­te deut­lich, dass sie kein Wort von dem glaub­te, was Cas­sie ge­sagt hatte. „Uh-uh. Sah für mich so aus, als würde er einen Plan aus­he­cken, wie er dich aus dei­nen pro­fes­sio­nel­len Kla­mot­ten holen kann.“
Ja, und ge­nau­so hatte es sich auch an­ge­fühlt. Aber dar­über würde sie jetzt nicht nach­den­ken. Oder über­haupt je­mals, wenn sie es ver­hin­dern konn­te. „Nö, das war nur etwas Ge­schäft­li­ches.“ Sie we­del­te in Rich­tung Tüte und mach­te sich auf den Weg zu­rück zur Nach­rich­ten­re­dak­ti­on.
„Gute oder schlech­te Ge­schäf­te?“
Cas­sie schob die Tür auf und warf Bon­nie einen letz­ten Blick zu. „Ich habe mich noch nicht ent­schie­den. Könn­te ein Lot­te­rie­ge­winn sein oder der größ­te Feh­ler mei­nes Le­bens.“

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