Haven Brotherhood: Trusted & True

Originaltitel: Trusted & True (Men of Haven Book 7)
Übersetzer: J.M. Meyer

Erschienen: 09/2022
Serie: Haven Brotherhood
Teil der Serie: 7

Genre: Contemporary Romance
Zusätzlich: Dominanz & Unterwerfung

Location: USA, Texas, Dallas


Erhältlich als:
paperback & ebook

ISBN:
Print: 978-3-86495-530-3
ebook: 978-3-86495-531-0

Preis:
Print: 16,90 €[D]
ebook: 6,99 €[D]

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Haven Brotherhood: Trusted & True


Inhaltsangabe

Die Haven Brotherhood: Wilde Leidenschaft und unnachgiebige Loyalität, besonders wenn es um ihre Frauen geht.

Die letzte Person, auf die Callie Morgan bei ihrem Vorstellungsgespräch vorbereitet ist, ist Danny Parker - der Mann, der ihre dunkelste Phase miterlebt und ihr ein Ultimatum gestellt hat: "Werde clean oder bitte nie wieder um Hilfe." Seitdem sind mehrere Jahre vergangen und Callie ist durch die Hölle gegangen. Aber sie versucht, ihr Leben in den Griff zu bekommen. Was nicht bedeutet, dass sie den Job nicht unbedingt brauchen könnte. Oder dass ihre unruhige Vergangenheit vollständig hinter ihr liegt.

Als die Schwägerin seines besten Freundes auf der Suche nach einem Job und einer zweiten – oder bereits dritten? – Chance unerwartet vor ihm steht, ist sich Danny unsicher, ob er bereit ist, dieses Risiko einzugehen. Auch wenn er für seinen florierenden Custom Car-Handel dringend Hilfe benötigt.

Callie wieder in sein Leben zu lassen, öffnet Dannys Augen und sein Herz für die Frau, die sie jetzt ist – und für den Mann, der er werden möchte. Falls andere damit ein Problem haben, deren Pech. Einschließlich seiner Callie gegenüber misstrauischen Brüder der Haven Brotherhood. Aber als der gefährliche Teil des Lebens, das Callie zurückgelassen glaubte, in die Stadt kommt und Rache nehmen will, müssen sich die Brüder zusammentun, um Callie zu retten – und das Leben der Haven-Familie, die ins Kreuzfeuer geraten ist.

Teil 7 der Haven Brotherhood-Reihe von Erfolgsautorin Rhenna Morgan ("Rough & Tumble").

Über die Autorin

Die aus Oklahoma stammende Mutter zweier hübscher Töchtern ist attestierte Liebesromansüchtige. Ihr bisheriger Lebenslauf spiegelt ihre Leidenschaft für alles Neue wider: Rhenna Morgan arbeitete u.a. als Immobilienmaklerin, Projektmanagerin sowie beim Radio.

Wie bei den meisten Frauen ist ihr Alltag von morgens...

Weitere Teile der Haven Brotherhood Serie

Leseprobe

Danny

Die Tür vom Büro zur Werkstatt schwang in dem Moment auf, als das Telefon zu klingeln anfing.
„Yo, Boss“, rief Malcom von der Tür aus, die er mit einer Hand offen hielt. „Hier ist eine Lady, die dich sprechen will. Es geht um irgendeinen Job.“
Einen Job?
Das Telefon klingelte weiter, ein Ärgernis, auf das ich gerade keine Lust hatte, selbst wenn es der Auftrag meines Lebens wäre.
Rick musste die Frustration in meinem Gesicht abgelesen haben, denn er meldete sich freiwillig zum Telefondienst. „Ich gehe ran. Keine Sorge.“
Jamey und Jason fingen damit an,...

...sich ihren Anteil an Farbe zu nehmen.
Ich schüttelte mit dem Kopf und versuchte, eine gewisse Logik in die Situation zu kriegen. „Eine Frau?“, rief ich zu Malcom zurück.
Er nickte.
Mein Gehirn hatte noch immer nicht die leiseste Ahnung.
„Ähm, Boss?“, fragte Jason, der neben mir stand und die drei Kanister auf seinen Armen trug. „Ich hätte dich vermutlich vorwarnen sollen. Ich glaube, bei dieser Frau handelt es sich um jemanden, den ich letztes Wochenende hierher geschickt habe.“
„Eine Designerin?“
„Nicht ganz.“ Er zögerte und schien zu überlegen, ob es eine gute Idee war, mir zu sagen, was er getan hatte. „Du hast immer wieder davon gesprochen, jemanden einzustellen, der dir bei dem Bürokram unter die Arme greift. Du weißt schon, jemanden, der deinen Scheiß in Ordnung bringt. Nun, diese Dame ist gerade zurück in die Gegend gezogen. Sie versucht, wieder Fuß zu fassen, und braucht Arbeit, also habe ich ihr meine Karte gegeben und ihr gesagt, dass sie sich an dich wenden soll.“ Eine Seite seines Mundes verzog sich zu einem schiefen Grinsen und er zuckte mit den Schultern. „Vielleicht keine schlechte Idee, oder?“
Der Vorschlag war zwar ein wenig neckisch vorgebracht worden, doch mein Inneres fasste ihn wie einen Schlag in die Rippen auf. Alle meine Brüder, außer Zeke und Ivan, leiteten ihre eigenen Geschäfte und hatten deswegen mit viel mehr Scheiße zu jonglieren als ich. Und was war mit mir? Ich hatte drei Niederlassungen mit insgesamt nicht mehr als fünfundzwanzig Angestellten und konnte nicht einmal ein einfaches Bestellsystem implementieren.
Ich stemmte die Hände in die Hüften und zwang mich dazu, Jason direkt in die Augen zu sehen. „Ich habe darüber nachgedacht, ja. Ich bin nur nicht davon überzeugt, jemanden einzustellen, der keine Ahnung von Autos hat.“
„Nun, sie muss sich doch nicht mit Autos auskennen. Sie muss sich nur um den Scheiß im Büro kümmern und uns den Telefondienst sowie die Laufkundschaft abnehmen. Besser noch, sie könnten den ganzen Buchhaltungskram übernehmen, über den du so geschimpft hast, als du letzten Monat vor dem PC gesessen hast.“ Er zuckte mit den Schultern und deutete auf meine Bucht, in der ich heute eigentlich etwas Zeit verbringen wollte. „Ich weiß nur, dass du eine Menge Zeit damit zubringst, deine leere Bucht anzustarren, anstatt in ihr zu arbeiten. Wenn sich nichts ändert, ändert sich auch nichts, richtig?“
Fuck.
Jason hatte recht. All meine Brüder hatten auch Office Manager, und es war ja nicht so, dass meine Geschäfte nicht genügend Geld einbrachten, um ein angemessenes Gehalt zu bezahlen. Das einzige Problem war, ich hatte absolut keine Ahnung, was für Qualifikationen die richtige Person für den Job mitzubringen hatte.
Ich neigte den Kopf und klopfte Jason auf die Schulter. „In Ordnung, Mann. Ich werde mich mit ihr unterhalten. Mal sehen, was für ein Gefühl ich habe, und dann schauen wir weiter. Aber ich kann dir nichts versprechen.“
„Nein, natürlich nicht. Wenn sie nicht zu uns passt, dann suchst du weiter. Ich will dich nicht unter Druck setzen. Ich habe sie selbst erst am Sonntag kennengelernt und es klang für mich nach einer Win-win-Situation.“
„Kommst du oder willst du, dass ihr sage, dass sie ein anderes Mal wiederkommen soll?“, rief Malcom von der Tür aus.
Auf ein Gespräch mit einer Unbekannten war ich nach dem Vormittag, den ich hinter mir hatte, nicht wirklich vorbereitet – darauf, ein Vorstellungsgespräch zu führen, noch viel weniger. Aber wenn einem das Schicksal eine Lösung in den Schoß legt, wäre es ziemlich dumm, die Lösung nicht wenigstens anzuschauen. Ich grinste Malcom an und machte mich auf den Weg zum Büro. „Nein, ich komme.“
Malcom nickte, drehte sich um, sagte etwas zu der Frau, die im Büro wartete, und eilte dann zu seiner Bucht zurück. Wie der Rest meiner Designer war auch Malcom ein entspannter Typ mit einer Menge Talent. Ich hätte ihn fast abgewiesen, als er in meinem Büro aufgekreuzt war – ein dreiundzwanzigjähriger Hitzkopf, der auf den ersten Blick zu schmächtig wirkte, um allein einen Kotflügel tragen zu können, und ohne nennenswerte Erfahrungen im Gepäck. Aber da war etwas in seinen Augen gewesen, das mich während unseres Gesprächs überzeugt hatte.
Malcom hatte seine Fähigkeiten und seinen Elan bereits vor Ende des ersten Arbeitstages unter Beweis gestellt. Also ja. Man konnte sich irren. Vielleicht war es dementsprechend das Klügste, die Frau wenigstens anzuhören und darauf zu vertrauen, was mir mein Bauchgefühl raten würde.
Die Klimaanlage im Büro traf mich nur ein paar Augenblicke später wie ein Eimer voller Eiswasser. Das war wahrscheinlich auf den Anblick, der sich mir bot, nachdem sich meine Augen an das verminderte Sonnenlicht gewöhnt hatten, zurückzuführen. Das Einzige, was besser ist als die süßen Kurven eines Autos, sind die Rundungen einer Frau. Ein Blick auf die Frau, die mit dem Rücken zu mir stand und die Fotos meiner preisgekrönten Arbeit studierte, und ich wollte schon meine Hände über jede schöne Linie gleiten lassen, die sie zu bieten hatte. Besonders ihr herausragender Arsch, der perfekt von einer ausgeblichenen Jeans umhüllt war, ließ mein Herz höherschlagen.
Moment mal.
Ich kannte diesen Arsch. Und würde mein Bruder Jace ahnen, was ich gerade über seine Frau, Vivienne, gedacht hatte, würde er mich mit dem erstbesten scharfen Gegenstand durchbohren, den er zu fassen bekäme.
Nein, stopp. Das konnte nicht Vivienne sein. Ich habe sie erst gestern Abend gesehen und ihre Haare waren da noch viel länger gewesen. Diese Frau hatte dunkles, gelocktes Haar, genau wie Viv, aber ihres reichte nur bis zum Nacken.
Ich räusperte mich laut genug, um die Musik zu übertönen, die aus den Lautsprechern kam. „Bist du wegen eines Jobs hier?“
Die Frau drehte sich um und ein ganz anderer Strom an Gedanken und Gefühlen verursachte in meinem Kopf und in meinem Bauch das Äquivalent zu einer Massenkarambolage.
Callie Moore.
Viviennes Schwester.
In den letzten sechs Jahren hatte ich aus nächster Nähe einen persönlichen Einblick in ihren langsamen und schmerzhaften Abstieg in die Sucht erhalten. Das erste Mal hatte ich sie, als Gefallen für Jace und Vivienne, eine Treppe hochgetragen, nachdem sie in der Silvesternacht ohnmächtig geworden war. Und ein anderes Mal landete ich im Knast, weil sie versucht hatte, einen örtlichen Drogenbaron übers Ohr zu hauen – nicht, dass die Bullen die Anklage durchbekommen hätten, da ich nur so etwas wie ein Zuschauer gewesen war. Kurz darauf hatte ich sie nach Louisiana gefahren, wo sie sich für ein freiwilliges Entzugsprogramm angemeldet hatte.
Ich dachte, das wäre das letzte Mal gewesen, dass ich sie sehen würde, aber nein. Ich war ein Idiot gewesen und hatte ihr meine Telefonnummer gegeben. Und sie hatte sie gewählt. Zweimal. Einmal, damit ich sie aus den Fängen eines Kredithais befreite, und ein weiteres Mal, damit ich sie gegen Kaution aus dem Gefängnis holte. Von keinem dieser Vorkommnisse habe ich meinen Brüdern oder Vivienne erzählt.
Was mich am meisten schockiert, jetzt, da ich sie vor mir stehen sah, war, dass sie ganz anders aussah als der Taugenichts von Mensch von damals. Nachdem ich ihr seinerzeit mal wieder zur Rettung herbeigeeilt war, hatte ich ihr gesagt, sie solle meine Nummer löschen und sich nicht mehr bei mir melden.
Callies Augen weiteten sich. „Danny?“
Hmm. Ich schätze, dass der Haarschnitt, zu dem Gabe mich überredet hatte, einen größeren Unterschied machte, als ich dachte. „In Fleisch und Blut.“
Der Unglaube, der auf Callies Gesicht abzulesen war, verwandelte sich in Angst. Sie ließ ihren Blick im Zickzack zwischen der Tür und mir hin und her wandern, als wollte sie abschätzen, wie schnell sie es bis zum Parkplatz schaffen würde.
Größtenteils wollte ich, dass sie abhaute. In der Zeit, in der ich sie gekannt hatte, bedeutete sie nichts weiter als schlechte Nachrichten, und zuzusehen, wie jemand sein Leben einfach wegwarf, pisste mich maßlos an. Aus irgendeinem dummen Grund, der sich meiner Logik entzog, ließ ich mich dennoch auf ein Gespräch ein. „Dein Haar sieht anders aus.“
Callie umklammerte ihre Handtasche und wechselte von einem stiefelbeschuhten Fuß auf den anderen. Ganz ehrlich, man könnte meinen, sie hätte es hier mit dem Sensenmann und nicht mit dem Kerl zu tun, der zweimal sieben Stunden in ihre Richtung gefahren war, um ihr aus der Scheiße zu helfen.
„Redest du mit mir oder läufst du weg?“ Ich sagte es ein wenig schärfer, als ich dies beabsichtigt hatte.
Aber es wirkte, denn sie schien aus ihrer Benommenheit zu erwachen und sich meine Frage durch den Kopf gehen zu lassen. Sie fuhr sich mit einer Hand durch die Haare, als wollte sie herausfinden, wie mir diese Frage nur über die Lippen gekommen war, und sie schien offensichtlich eine Antwort gefunden zu haben. „Oh. Ich, äh … ich trage sie jetzt natürlich. Das gehört dazu, wenn man herausfinden möchte, wer man ist.“ Sie rümpfte die Nase. „Das hört sich sicher ziemlich blöd für dich an.“
Nö. Nicht blöd. Sehr überraschend, aber keineswegs blöd. Und jetzt, wo ich genau hinsah, betraf die Veränderung ihres Aussehens mehr als nur ihre Haare. Sie sah zum Beispiel weniger so aus, als wäre sie tagelang zugedröhnt gewesen, und sie hatte sogar etwas Fleisch auf den Knochen.
Die schockierendste Veränderung betraf jedoch ihre Augen – ein sanftes Grün, ganz anders als das Grau ihrer Schwester, aber dennoch die gleiche Augenform. „Du siehst gut aus.“
Ich konnte nicht glauben, dass ich das gesagt hatte, selbst wenn es der Wahrheit entsprach. Die Freude, die mich durchströmte, als sich daraufhin ihre Wangen rosa färbten, war ein noch viel größerer Schock. Vor mir stand Callie Moore – eine Drogensüchtige und Trinkerin, die selbst meine eigene Mutter in den Schatten stellen würde. Und wenn man bedachte, dass der Drogenkonsum meiner Mom sie sowohl ihre Kinder als auch ihre Ehe gekostet hatte und sie nur einen Scheiß auf andere gab, dann will das schon etwas heißen.
Callie zog die Handtasche nach vorn, die über ihrer Schulter hing, und umklammerte sie mit beiden Händen. „Du … äh … du hast dir die Haare geschnitten.“
Genauso wie vorhin in der Werkstatt ließ ich eine Hand reflexartig zu meinen Haaren wandern, die mir die meiste Zeit meines Lebens bis zu den Schultern gereicht hatten, und stand abermals mit leeren Händen da. „Meine Schwester, Gabe. Sie meinte, ich hätte einen neuen Look bitter nötig.“
Fuck. Was zur Hölle stimmte nicht mit mir? Ein neuer Look? Ich klang wie ein sechzehnjähriges Mädchen. Angepisst von mir selbst und davon, welche Richtung der heutige Morgen eingeschlagen hatte, wurde meine Stimme härter. „Ich habe gehört, du bist wegen eines Jobs hier.“
Callie senkte den Kopf und nickte in Richtung Fußboden. „Ja. Tut mir leid.“ Ein Gedanke schien sie in Bewegung zu versetzen, denn sie kramte eine Karte aus der vorderen Tasche ihres Portemonnaies. Sie hielt Abstand zu mir und zeigte mir die Visitenkarte. „Ich habe am Sonntagabend Jason kennengelernt. Ich habe erzählt, dass ich einen Job suche, und er hat mir seine Karte gegeben. Er meinte, du bräuchtest Unterstützung im Büro.“
Ich nahm die Karte an mich, doch es war sinnlos, sie mir näher anzuschauen. Ich wusste, was auf ihr stand, denn ich hatte sie angefertigt. Was mich mehr interessierte, war die Tatsache, dass sie Jason am Sonntagabend getroffen hatte. Ich warf die Karte auf den Schreibtisch. „Bist du nüchtern?“
Ihre Augen weiteten sich und sie starrte auf die Karte. „Ähm … das bin ich, aber ich bin mir nicht sicher, was das mit Jason zu tun hat.“
Das war ein kleiner Pluspunkt zu ihren Gunsten. Sie hätte mir sagen können, wo sie Jason kennengelernt hatte, in der Hoffnung, etwas Mitgefühl von mir zu bekommen. Doch anstatt das zu tun, wahrte sie seine Anonymität. „Das hat nichts mit Jason zu tun. Ich weiß nur zufällig, dass er normalerweise sonntagabends zu den Anonymen Alkoholikern geht, und da habe ich die Puzzleteile einfach zusammengesetzt.“ Ich hielt einen Herzschlag lang inne. „Wie lange?“
Sie hob eine Schulter an und zuckte unbeholfen damit. „Etwas mehr als ein Jahr. Ich bin letztes Wochenende hergezogen.“
„Warum?“
„Warum was?“
„Wieso du hergezogen bist?“
Sie atmete lang und langsam ein und ließ den Atem dann zwischen ihren leicht geöffneten Lippen wieder raus. „Schau, ich weiß, dass mein heutiges Auftauchen dir wahrscheinlich verdächtig vorkommt. Wenn ich du wäre, hätte ich an deiner Stelle gar nicht so lange mit mir gesprochen. Nicht nach all den Schwierigkeiten, die ich dir bereitet habe. Aber ich verspreche dir … ich wusste nicht, dass das hier deine Werkstatt ist.“ Sie drehte sich so weit um, dass sie mit der Hand auf die Bilder zeigen konnte, die sie sich vorhin angeschaut hatte, bevor ich zur Tür hereinkam. „Verdammt, ich wusste doch nicht einmal, was du beruflich machst. Ich war nur …“ Sie hob ihre Hände seitlich in die Höhe. „Ich versuche bloß, Fuß zu fassen. Das ist alles.“
„Das habe ich nicht gefragt. Ich wollte wissen, warum du hierhergezogen bist.“
Ich wusste beim besten Willen nicht, warum ich so schroff zu ihr war. Ich wusste nur, dass mir ihre Antwort wichtig war.
Offenbar war sie für sie genauso wichtig, denn sie presste die Lippen aufeinander und schluckte schwer. Schmerz blitzte in ihren Augen auf. Nicht das blödsinnige „Bitte hilf mir“, das sie schon etliche Male bei diversen Leuten benutzt hatte – mich eingeschlossen –, sondern echter seelischer Schmerz. Als sie sprach, war die Schärfe aus ihrer Stimme verschwunden und durch Zerrissenheit und eine Menge Gefühl ersetzt worden. „Ich schätze, ich habe endlich kapiert, dass es nur einen einzigen Weg gibt, um trocken zu bleiben: Ich muss mich all dem Müll stellen, mit dem ich mein Leben gefüllt hatte, und versuchen, es bei den Menschen wiedergutzumachen, die ich verletzt habe.“
Ich wollte ihr glauben. Nicht so sehr meinetwegen, sondern weil ich ziemlich oft mitbekommen hatte, wie mitgenommen Vivienne war, nachdem Callie sie mal wieder sturzbesoffen angerufen hatte. Mehr noch, ich hatte gehört, wie sie offen über die erschreckende Möglichkeit sprach, ihre Schwester viel zu jung beerdigen zu müssen.
Meine eigene Hintergrundgeschichte in Bezug auf meine Mutter und wie sie noch immer Menschen ausnutzte, um an den nächsten Kick zu gelangen, hatte mich abstumpfen lassen. Ja, ich hatte Typen wie Jason gesehen, die das Beste aus den Anonymen Alkoholikern oder anderweitigen Zwölf-Schritte-Programmen machten und am Ende ein anständiges Leben führten, aber Callie? Wenn ich nicht in diesem Moment mit meinen eigenen Augen ihre körperliche Veränderung vor mir sehen würde, hätte ich wahrscheinlich ganz laut „Bullshit“ gesagt.
„Hast du Vivienne informiert, dass du wieder hier bist?“
Callies Gesicht erblasste ein wenig und sie schüttelte mit dem Kopf. „Noch nicht. Ich wollte mich erst in Ruhe zurechtfinden und Kontakte zu anderen Teilnehmern von dem Programm knüpfen.“ Sie zögerte ein paar Sekunden. „Sie ist schon oft verarscht worden. Ich will sichergehen, dass ich gefestigt genug bin, wenn ich sie anrufe.“
Eine weitere interessante Veränderung. Und eine kluge dazu. „Und du glaubst, dass du in der Lage bist, ein Büro zu leiten?“
Zum ersten Mal, seit ich sie wiedergesehen hatte, wurde Callie etwas lockerer und lachte ironisch, was eigentlich nur Leute machen, die keine Ahnung von dem haben, was sie tun. „Die Wahrheit? Ich weiß nicht, was du brauchst. Ich bin mir aber sicher, dass ich ans Telefon gehen kann. Zudem kenne ich mich mit dem grundlegenden Computerkram aus. Nicht mit dem technischen Zeug, wie Netzwerke, aber dafür bin ich fit in Bezug auf Software.“ Sie ließ den Blick durch den Raum schweifen und verzog den Mund. Als sie auf den Schreibtisch neben mir schaute, grinste sie mich schief an. „Ich bin ziemlich gut im Organisieren von Sachen, also glaube ich, dass ich dir helfen kann.“
„Was für Jobs hast du schon gemacht?“
„Hauptsächlich Aushilfsjobs. In ein paar Lebensmittelläden oder Fast-Food-Ketten. In kleineren Shops habe ich mich wohlgefühlt, aber das Gastronomiegewerbe ist nichts für mich. Zumindest nicht, wenn es nicht unbedingt sein muss. Ich habe etwa ein halbes Jahr lang in einer Tierarztpraxis gearbeitet, was echt cool war. Ich habe mich um die Terminvergabe gekümmert und den Ärzten mit den Tieren geholfen. Im letzten Jahr habe ich bei Walmart, in dessen Nähe ich behandelt wurde, im Lager gejobbt und die Online-Bestellungen abgearbeitet.“
„Wie steht es um deine Schulbildung?“
Für ein oder zwei Sekunden ließ sie den Kopf hängen, ehe sie sich mir wieder zuwandte. „Direkt nach der Highschool habe ich versucht, weiterzumachen. Ich ging aufs Junior College und dachte, ich würde dort einen Abschluss machen, um auf die Krankenpflegeschule gehen zu können.“ Sie rümpfte wieder die Nase. „Partys bis tief in die Nacht sind nicht gerade förderlich, um pünktlich zum Unterricht zu kommen oder gute Note zu schreiben. Sie haben mich nach der Hälfte des zweiten Semesters rausgeschmissen.“
Stille machte sich zwischen uns breit. Das kam mir ganz gelegen, denn ich brauchte ein paar Sekunden, um zu eruieren, wo mir der Kopf stand. Himmel, ich wollte eine Auszeit. Eine echte Auszeit, mit Ruhe und Raum, um meinen Gedanken freien Lauf zu lassen.
Es war ihr hoch anzurechnen, dass sie schwieg und meinen Blicken standhielt. Kein einfaches Unterfangen, wenn man berücksichtigte, dass die meisten Kerle, mit denen ich zu tun hatte, dies nicht konnten. Nicht, dass mir das bei der Entscheidungsfindung helfen würde. Ich verschaffte mir noch ein wenig mehr Zeit, indem ich mich durch die Stapel an Papieren auf meinem Schreibtisch wühlte. „Ich will ehrlich zu dir sein. Ich habe keine Ahnung, was ich tun soll. Wenn du jetzt eine Antwort von mir willst, lautet sie Nein. Wenn du mir ein paar Tage Zeit gibst, lautet sie Vielleicht.“ Ich legte einen Notizblock, den ich aus dem Stapel gefischt hatte, und einen Stift auf die Tischkante. „Wenn ein Vielleicht für dich in Ordnung geht, dann schreib mir deine Kontaktdaten auf, und ich melde mich bei dir, sobald ich mich entschieden habe.“
Mit einem lauten Ausatmen, das verriet, dass sie die Luft angehalten hatte, nickte sie und schlich näher an mich heran. „Ein Vielleicht ist mehr als fair.“ Sie nahm den Stift in die Hand, legte ihre Handtasche auf dem Schreibtisch ab und beugte sich vor, um ihre Daten aufzuschreiben.
Leider trugt dieses Manöver viel dazu bei, das zu betonen, was die obere Hälfte ihrer Sanduhrfigur ausmachte. Ich zwang mich, mich auf das zu konzentrieren, was sie auf das Papier schrieb, und nicht auf das üppige Dekolleté zu starren, das sie mir unwissentlich darbot. Aber verdammt, das führte dazu, dass meine Nase sofort reagierte und sich auf ihr Parfüm fokussierte. Oder vielleicht war es ihre Bodylotion. Was auch immer es war, es war nicht so aufdringlich wie das Zeug, das andere Frauen so auftrugen. Eher wie Blumen, die man roch, wenn man durch den Garten geht und eine leichte Brise ihres Dufts in die Nase getragen wird.
Meine Güte, ich musste völlig verrückt sein. Der letzten Person auf diesem Planeten, der ich auf irgendeine andere Weise als mit höflicher Distanz begegnen sollte, war Callie Moore. Verdammt, selbst wenn sie keine Vergangenheit voller Drogen und Alkohol hätte, steckte ich immer noch bis über beide Ohren in Arbeit. Eine Frau würde die Dinge in meinem Leben nur noch mehr verkomplizieren und wäre definitiv keine Hilfe.
Ich hörte auf, in ihre Richtung zu schauen, und konzentrierte mich stattdessen auf die schwarz-weißen Schachbrettfliesen zu meinen Füßen.
Keine zwanzig Sekunden später riss Callie das Blatt vom Notizblock, auf das sie geschrieben hatte, und reichte es mir. „Hier hast du meine Telefonnummer und meine E-Mail-Adresse. Ich habe dir auch meine Anschrift aufgeschrieben, aber ich müsste noch einmal prüfen, ob die Postleitzahl stimmt.“
Jepp, definitiv kein Parfüm. Wahrscheinlich eine dieser mädchenhaften Körperlotionen, die meine Schwester Gabe auch immer kaufte. Anstatt den Zettel, den sie mir hinhielt, sofort an mich zu nehmen, nutzte ich die Gelegenheit, sie näher zu betrachten, um die optischen Veränderungen im Vergleich zu unserem letzten Aufeinandertreffen gegenüberzustellen. Es war mir ein Rätsel, wie das möglich war, aber sie sah mindestens fünf Jahre jünger aus. Das letzte Mal, als ich ihr geholfen hatte, hatte sie einen tiefen Cut in der Lippe gehabt, weil sie von einem Typen mit der Rückhand geschlagen worden war. Heute waren ihre Lippen frei von Schminke und verdammt küssbar.
Ich schüttelte den Kopf, um diesen albernen Gedanken zu vertreiben, riss ihr das Papier aus den Fingern und trat einen gesunden Schritt zurück. „Ich denke nicht, dass eine falsche Postleitzahl zum Problem wird, denn ich kann mich nicht mehr daran erinnern, wann ich das letzte Mal eine Briefmarke gebraucht habe.“ Ich senkte den Kopf und hoffte, dass das, kombiniert mit meinen Worten, dem Morgen ein Ende bereiten würde. „Danke, dass du vorbeigekommen bist. Ich rufe dich in ein paar Tagen an und lasse dich wissen, wie ich mich entschieden habe.“
Für eine Sekunde sah es so aus, als wollte sie noch etwas sagen, schien es sich dann aber doch anders überlegt zu haben und wich einen Schritt zurück. „Wie ich schon sagte – das ist mehr, als ich erwartet habe.“ Mit einem kleinen reumütigen Lächeln wandte sie sich von mir ab. „Danke, Danny.“
Hinter mir hörte ich den Gong, der die Jungs in der Werkstatt warnte, dass jemand das Büro betreten oder verlassen hatte. Für eine verdammt lange Zeit stand ich einfach nur da und starrte auf die Haupttür zum Büro.
Ich hatte keine Ahnung, was ich tun sollte.
Ich brauchte Hilfe. Das konnte jeder Idiot sehen, auch wenn ich mir selbst nur zähneknirschend eingestand, dass ich nicht alles allein erledigen konnte.
Aber wollte ich wirklich das Risiko eingehen, mir eine genesende Süchtige in meine ohnehin schon chaotische Werkstatt zu holen?
Verdammt, bei so vielen Aufträgen, die hier in bar bezahlt wurden, war es ein enormes Risiko, sie in die Nähe der Kunden zu lassen. Sollte ich das Risiko eingehen und sie einstellen, würde das zwangsläufig bedeuten, ich müsste meinen Brüdern gegenüber ehrlich sein. Ich müsste ihnen endlich gestehen, dass ich ihr, ohne ihr Wissen, schon zweimal aus der Patsche geholfen hatte.
Jepp, um eine Entscheidung treffen zu können, würde ich definitiv Zeit für mich allein in meiner Bucht brauchen. Ich drehte mich zur Werkstatttür um und ging zu meinem Overall, der in der hintersten Ecke lag.
„Yo, Jason“, rief ich ihm zu, als ich an ihm vorbeiging. „Tu mir bitte einen Gefallen und sorg dafür, dass jemand die Anrufe entgegennimmt und die Werkstatt nicht in Flammen aufgeht. Wenn es einen Notfall gibt, dann komm und hol mich.“ Ich schnappte mir meinen Overall vom Haken und öffnete den Reißverschluss. „Ich muss nachdenken.“

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